Titel: | Ansichten verschiedener französischer Fabrikanten über den gegenwärtigen Zustand ihres Industriezweiges in Frankreich, und über die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes für ihre Fabriken. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. LXXVI., S. 479 |
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LXXVI.
Ansichten verschiedener franzoͤsischer
Fabrikanten uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand ihres Industriezweiges in
Frankreich, und uͤber die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes fuͤr
ihre Fabriken.
Im Auszuge aus dem Temps und Moniteur
universel.
(Fortsezung und Beschluß von Heft 5, S.
479.)
Gegenwaͤrtiger Zustand ihres Industriezweige in
Frankreich.
III. Fabrikation von plattirten Waaren.
1. Aussagen des Hrn. Parquin,
Fabrikanten plattirter Waaren.
Frankreich erzeugt gegenwaͤrtig Welt mehr plattirte Waaren als
fruͤher. Als ich vor zehn Jahren meine Fabrik errichtete, bestanden nur 4
oder 5 Fabrikanten, waͤhrend sich gegenwaͤrtig deren Zahl auf 20
belaͤuft; ich machte fruͤher jaͤhrlich fuͤr 40,000,
gegenwaͤrtig aber fuͤr 700,000 Fr. Geschaͤfte. Meine Fabrik
erzeugt unter allen uͤbrigen am meisten; denn ich bin beinahe der
einzige, der eine namhafte Menge Fabrikat zur Ausfuhr liefert. Ich erlangte diese hohe Stufe hauptsaͤchlich aber
nur dadurch, daß ich in den Gefaͤngnissen, wo der Arbeitslohn viel
wohlfeiler ist, Werkstaͤtten errichtete. Die Englaͤnder
haben einen großen Vortheil vor uns voraus, indem ihnen ihr ausgewalztes
Kupfer weit wohlfeiler zu stehen kommt, als uns. Wir muͤssen uns an die
Strekwerke zu Imphy und Romilly wenden; das ausgewalzte Kupfer kostet uns die
erste Qualitaͤt 44 und die zweite 34 Sous das Pfund, waͤhrend die
englischen Plattirer mit Kupfer arbeiten, welches ihnen nur 26 Sous das Pfund
kostet. Wir fuͤhren nur Rohkupfer aus England und Rußland ein, und dieses
zahlt 2 Fr. per Kilogr. Zoll; es muß aber gereinigt und ausgewalzt werden, was
in den Fabriken von Imphy und Romilly geschieht, und was den Preis bedeutend
erhoͤht. Das Kupfer, welches in England 26 Sous kostet, kommt unserem
Kupfer zu 34 Sous gleich, waͤhrend es jenem Kupfer, welches bei uns zu 44
Sous notirt wird, an Guͤte nachsteht. Wir brauchen bei unseren Arbeiten
Kupfer von erster Qualitaͤt, well wir mit der Drehebank arbeiten: ein
Verfahren, welches vor dem in England gebraͤuchlichen Ausschlagen den
Vorzug verdient. In England kostet das Auswalzen des Kupfers 1 bis 2 Sous per
Pfund; in Frankreich hingegen kommt es uns auf 12 Sous. Die Werkstaͤtten,
welche ich in den Gefaͤngnissen errichtete, und in denen man mir zu 20
Sous des Tags arbeitet, glichen bisher diesen Uebelstand aus; allein dieß ist
gewiß kein natuͤrlicher Zustand.
Fr. Wie viel betraͤgt Ihre Ausfuhr, und wohin
findet sie Statt?
A. Ich fabricire fuͤr 700,000 Fr. Waaren, und davonfuͤhre ich
fuͤr 400,000 Fr. aus; die ausgefuͤhrten Artikel gehen
hauptsaͤchlich nach Suͤd-America, Buenos-Ayres,
Chili, nach der Havannah, und nur sehr wenig in die Vereinigten Staaten.
Fr. Wuͤrde es den franzoͤsischen
Fabriken Gefahr bringen, wenn das Einfuhrverbot, womit die englischen plattirten
Waaren belegt sind, aufgehoben wuͤrde?
A. Es wuͤrde uns vielmehr zum Vortheile gereichen, vorausgesezt, daß in
England auch die franzoͤsischen Waaren dieser Art zugelassen
wuͤrden. In Frankreich werden naͤmlich jaͤhrlich nur
fuͤr 1 1/2 Mill. Fr. derlei Waaren verbraucht, waͤhrend der
jaͤhrliche Verbrauch in England gegen 30 Mill. betraͤgt; es ist
daher sehr wahrscheinlich, daß ich in England weit mehr Absaz finden
wuͤrde, als die Englaͤnder in Frankreich finden koͤnnten.
Die englische Fabrikationsmethode ist alt und kostspielig; waͤre die
Einfuhr in beiden Laͤndern frei und ohne alle Einschraͤnkung, so
koͤnnten die franzoͤsischen Artikel wahrscheinlich nicht nur wegen
der groͤßeren Mannigfaltigkeit ihrer Formen, sondern auch wegen ihrer
Wohlfeilheit den Vorzug erringen.
Fr. Betraͤgt der Zoll in England wirklich 20
Procent?
A. Ja; und dessen ungeachtet wuͤrde ich in London eine Niederlage meiner
Artikel errichten, wenn ich nicht schon bei uns hinreichend beschaͤftigt
waͤre. Die Englaͤnder sind uͤbrigens nicht so wie wir
gebunden, ihre plattirten Artikel mit einer Marke zu versehen; das Gesez,
welches uns hiezu zwingt, wurde von Leuten fabricirt, die von unserem
Geschaͤfte gar keinen Begriff hatten.
Fr. Fordert die Verwaltung denn etwas Anderes, als
daß Sie Buͤcher halten und Deklarationen machen?
A. Sie zwingt uns zum Markiren.
Fr. Und wenn Sie dieß nicht thun, kommt man dann in
die Magazine, um es zu bewerkstelligen?
A. Wir befinden uns immer unter den Streichen des Gesezes. Ueberdieß ist das
Gesez nur illusorisch; denn die Feingehalte, welche auf jedem einzelnen
Stuͤke angegeben werden, koͤnnen nicht genau seyn. An jenen
Artikeln, welche lediglich aus plattirtem Kupfer bestehen, laͤßt sich die
Quantitaͤt des darin enthaltenen Silbers allerdings angeben; allein an
den andern Artikeln laͤßt sich das Verhaͤltniß unmoͤglich bestimmen.
Man sollte sich mit der Marke des Fabrikanten begnuͤgen. Das Gesez,
welches uns zwingt, jedes Mal den Feingehalt anzugeben, wollte wohl
allenfallsige Betruͤgereien verhuͤten; allein es bewirkt gerade
das Gegentheil, und zwingt uns solche zu begehen. Vor zehn Jahren markirte man
zu 1/60, seither wurde die Marke immer erhoͤht, so daß
Gegenstaͤnde, die oft nur mit 1/100 fabricirt sind, mit 1/10 markirt
werden, indem man sie, wenn dieß nicht geschaͤhe, nicht kaufen
wuͤrde. Und wenn dieß so fortgeht, so sehe ich nicht ein, warum man im
naͤchsten Jahre nicht bloß Gegenstaͤnde, die mit 1/5 markirt sind,
kaufen wollte. Die Englaͤnder haben keine solchen Marken, und kennen bloß
schlecht und gut plattirtes Gut, waͤhrend wir eine unendliche Anzahl von
Sorten haben. Der englische Fabrikant ist bloß gezwungen, seine Artikel mit
seinem eigenen Zeichen zu versehen, und verkauft je nach dem Zutrauen, welches
er einstoͤßt, mehr oder weniger.
Fr. Welcher Ansicht sind Sie in Betreff der
Zoͤlle?
A. Als Fabrikant plattirter und kupferner Waaren muß ich wuͤnschen, daß
das ausgewalzte Kupfer frei gegeben werde; meine Fabrik koͤnnte eine weit
groͤßere Ausdehnung erlangen, wenn mich das Kupfer nicht so hoch zu
stehen kaͤme. Ich erzeuge gegenwaͤrtig woͤchentlich 7 bis
800 Paare kupferner Leuchter; in England sah ich eine Fabrik, welche deren
woͤchentlich 4000 Paare fabricirte. Ich kann das Duzend Handleuchter nur
zu 10 Fr. verkaufen, waͤhrend man es in England zu 6 Fr. haben kann. So
lange das ausgewalzte Kupfer so hoch im Preise bleibt, als es
gegenwaͤrtig ist, werden wir uns gegen England immer im Nachtheile
befinden. Wir haben nur sehr wenige Kupferwalzwerke, und dieß traͤgt
wesentlich zu der Kostspieligkeit des Materials bei.
Fr. Glauben Sie, daß unsere Kupferwalzwerke in Folge
der Verminderung des Zolles, welcher auf ihren Fabrikaten ruht, nicht leiden
muͤssen?
A. Wahrscheinlich wuͤrden die Besizer dieser Werke ihre Preise
erniedrigen, ihr Capital loͤschen, oder statt ihrer großen Fabriken in
unserer Mitte deren kleinere errichten.
Fr. Welchen Zoll halten Sie fuͤr die
englischen plattirten Arbeiten am geeignetsten?
A. Ich fuͤr meinen Theil wuͤnsche gar keinen, unter der Bedingung
der Reciprocitaͤt jedoch; denn wenn bei uns auf das englische Fabrikat
ein Zoll gelegt wird, so wird man in England auch auf das unsrige einen legen,
und ich wuͤnschte, wie gesagt, gar keinen.
Fr. Sie wissen wohl, daß wir zwar bei uns den Zoll
herabsezen oder aufheben koͤnnen, daß sich aber nicht voraussehen
laͤßt, was man in anderen Laͤndern thun wird?
A. Ich wuͤrde nur in demselben Verhaͤltnisse Zugestaͤndnisse
machen, in welchem man uns welche macht.
Fr. Glauben Sie nicht, daß sich ungefaͤhr eine
Gleichheit der Umstaͤnde ergeben wuͤrde, wenn gegenseitig ein Zoll
von 20% festgesezt wuͤrde?
A. Wir haben gegenwaͤrtig schon die Befugniß, unser Fabrikat gegen einen
Zoll von 20% nach England einfuͤhren zu duͤrfen; ich sehe also
nicht ein, welchen Nuzen wir bei dieser Maßregel haben sollten, sondern glaube
vielmehr, daß sie uns von Nachtheil seyn wuͤrde.
Fr. Wenn die englische Regierung jedoch den
Einfuhrzoll um die Haͤlfte herabsezen sollte?
A. Nicht der Zoll von 20% ist es, der unsere Ausfuhr nach England hindert; wenn wir unsere
Fabrikate nicht dahin verkauften, so geschah dieß bloß, weil wir nicht wollten;
ich wenigstens wuͤrde, wenn es mir bei uns an Arbeit und Absaz fehlte,
gleich fuͤr England fabriciren.
Fr. Selbst bei dem Unterschiede im Preise der
Rohstoffe?
A. Ja; denn der Preis der Rohstoffe ist bei den gemeineren, wohlfeilen Artikeln
allerdings von großer Wichtigkeit; allein bei den schoͤnen und bessern
Artikeln ist der Gehalt an Silber immer derselbe, und dagegen der Unterschied im
Preise des Kupfers von geringerer Wichtigkeit. Dieser Unterschied
betraͤgt z.B. auf eine Mark Silber von 10 Fr. nur 14 Sous, und aus diesem
Grunde behaupte ich, daß ich des hoͤheren Preises des Kupfers ungeachtet
dennoch meine plattirten Waaren in England mit Vortheil verkaufen kann. Ich
wuͤrde z.B. zierlich geformte Leuchter nach England senden, und bin
gewiß, daß ich sie wohlfeiler verkaufen kann, als die Englaͤnder die
ihrigen. Es ist naͤmlich wohl zu merken, daß die Englaͤnder alle
ihre Artikel ausschlagen, und daß die Matrizen ihnen sehr theuer zu stehen
kommen. Es gibt in Birmingham Fabriken, in welchen man an 3 Millionen Matrizen
vorraͤthig hat. Wir hingegen fabriciren Alles mit Formhoͤlzern,
wobei ein Arbeiter in einem halben Tage ein Paar Leuchter fertig bringt. Da der
Preis der Matrizen, von denen jede auf 4–500 Fr. zu stehen kommt, bei dem
Gestehungspreise der Fabrikate in Anschlag kommen muß, so zweifle ich nicht, daß
wir, die wir mit der Drehebank arbeiten, unsere Artikel wohlfeiler zu liefern im
Stande sind. Die Matrizen, deren sich die Englaͤnder bedienen,
haͤufen sich uͤberdieß in den Magazinen an, und verhindern einen
groͤßeren und fortwaͤhrenden Wechsel in den Formen; deßhalb findet
man unter den englischen Fabrikaten immer auch wieder alte Formen,
waͤhrend wir alle Jahre mit unseren Formen wechseln, und daher immer das
Neueste und Eleganteste haben.
Fr. Sie sind demnach bei Luxusartikeln im Vortheile,
weil Sie mit mehr Geschmak und schneller arbeiten?
A. Ja; aber ungluͤklicher Weise haben wir den Zwang der Marke und den
hohen Preis der Rohstoffe gegen uns.
Fr. Wenn aber der Zoll auf das ausgewalzte Kupfer
erniedrigt werden wuͤrde?
A. Der Zoll auf dasselbe sollte nicht hoͤher stehen, als jener auf das
Rohkupfer; und waͤre dieß der Fall, so bin ich gewiß, daß
ungefaͤhr 50,000 Personen mehr mit der Behandlung des Kupfers
beschaͤftigt seyn wuͤrden. Ich zweifle keinen Augenblik, daß die
Fabrikation von plattirten Arbeiten durch die Herabsezung des Zolles
außerordentlichen Aufschwung erhalten wuͤrde, obschon sie bei uns kaum je
jene Ausdehnung erlangen duͤrfte, deren sie sich in England erfreut.
Fr. Woher glauben Sie wohl, daß dieß kommen
duͤrfte?
A. In England zahlt das Silber 30 Fr. Controlauflage; in Frankreich hingegen nur
2 Fr. Man kann daher in England eine Mark gearbeitetes und controlirtes Silber
nicht unter 110 Fr. bekommen; und da die nicht controlirten Gegenstaͤnde
dem Verkaͤufer keine Sicherheit gewahren, so gibt man den plattirten
Waaren den Vorzug. In Frankreich hingegen, wo man eine Mark gearbeitetes Silber
zu 60 Fr. bekommt, gibt man nicht gern 30–40 Fr. fuͤr die Mark
plattirter Arbeiten. Aus diesem Grunde fabricirt man in England so viele und so
gute Arbeiten dieser Art; man erzeugt deren welche, die aus 1/5 Kupfer und 4/5
Silber bestehen, und bei denen man den Gebrauch des Silbers beinahe ganz umgehen zu
koͤnnen glaubt. Ich wiederhole schließlich, daß ich die Einfuhr
englischer plattirten Waaren durchaus nicht fuͤrchte; denn wir werden die
neuen Formen derselben bald nachmachen, und sie dann wohlfeiler liefern, als
dieß den Englaͤndern moͤglich ist; ich fuͤrchte, wie
gesagt, die Concurrenz nur bei den gewoͤhnlichen und ordinaͤren
Artikeln, wo es mehr auf den Preis der Rohstoffe ankommt.
2. Aussagen des Hrn. Gaudais,
Fabrikanten plattirter Waaren.
Fr. Ist Ihre Fabrikation sowohl in Hinsicht auf
Quantitaͤt, als in Hinsicht auf Qualitaͤt und Wohlfeilheit im
Fortschreiten begriffen?
A. Ja; wir haben in allen diesen Beziehungen Fortschritte gemacht. Ich betreibe
mein Geschaͤft nun 15 Jahre lang, war anfangs nur Depositaͤr einer
Fabrik, und verkaufte jaͤhrlich fuͤr 25,000 Fr. Waaren;
gegenwaͤrtig bin ich selbst Fabrikant, besitze ein Material im Werthe von
300,000 Fr., und mache jaͤhrlich fuͤr 400,000 Fr.
Geschaͤfte. Es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß die
franzoͤsischen Kupferwalzwerke mit ihren Preisen herabgingen. Der
Rohstoff kommt denselben auf 24 Sous das Pfd. zu stehen, und die Fabrik zu
Romilly verkauft uns dasselbe in Platten zu 1 Fr. 70 Cent. Das Kupfer von Imphy
taugt nicht fuͤr unser Geschaͤft; wir sind gezwungen unser Kupfer
von Niederdruck, einer in der Naͤhe der Schweiz gelegenen Gießerei,
welche ihr Brennmaterial aus der Schweiz bezieht, kommen zu lassen. Dieses
Kupfer verdient zwar in Hinsicht auf Feinheit und Dehnbarkeit vor allen
uͤbrigen Kupfersorten den Vorzug; allein es kommt uns auch auf 2 Fr. 25
Cent, zu stehen, weil es eine große Streke Weges zu Land verfahren werden muß.
– Der Gestehungspreis der englischen und franzoͤsischen Fabrikate
gegen einander laͤßt sich nur sehr schwer bestimmen. Die
Englaͤnder fabriciren mit weit groͤßeren Kosten als wir, um die
wir ihnen in dieser Hinsicht voraus sind; allein sie haben so viele Absazwege,
daß sie ihre Fabrikate mit mehr Vortheil absezen. Es ist zwar wahr, daß man vor
Allem suchen muß, so wohlfeil als moͤglich zu fabriciren; allein wenn man
seine Fabrikate nicht unterzubringen weiß, wird man die Fabrikation auch
beschraͤnken muͤssen. Hat man einen großen Absaz, so
entschaͤdigt man sich an der Menge, und daher kann man, wenn man 2000
Stuͤke fabricirt, jedes einzelne wohlfeiler geben, als wenn man z.B. nur
12 erzeugen wuͤrde. Die ersteren Stuͤke werden dem Fabrikanten
allerdings mehr kosten; dagegen werden ihm aber die lezteren auch beinahe gar
nichts kosten.
Fr. Dieß bezieht sich auf die Gegenstaͤnde,
welche ausgeschlagen werden; allein es gibt auch noch andere Artikel, und Sie
wissen, daß das ausgewalzte Kupfer in Frankreich theurer ist, als in
England?
A. Die Englaͤnder beziehen wie wir ihr Kupfer hauptsaͤchlich aus
Schweden und Rußland; ich glaube daher, daß die franzoͤsischen
Kupferschmelzen und Walzwerke bei Verbesserung ihrer Einrichtungen ihr Kupfer
eben so wohlfeil geben koͤnnten, als die Englaͤnder.
Fr. Das Conseil hat erfahren, daß es in England
Walzwerke gibt, die bloß fuͤr die Plattirer arbeiten, und welche
wohlfeileres Kupferblech liefern, als die unseren; ist dich richtig?
A. Dieß ist wohl moͤglich; allein darauf beruht die Wohlfeilheit ihrer
Fabrikate gewiß nicht allein.
Fr. Fuͤhren Sie welche von Ihren Fabrikaten
aus, und wohin?
A. Nur der dritte Theil meines Fabrikates wird ausgefuͤhrt; doch ist die
Ausfuhr im Zunehmen; der groͤßte Theil geht nach Suͤdamerika.
Fr. Glauben Sie, daß den franzoͤsischen
Fabriken ein Nachtheil erwachsen wuͤrde, wenn man das Einfuhrverbot,
womit die englischen plattirten Maaren belegt sind, durch einen Schuzzoll
ersezen wuͤrde?
A. Ich war anfangs zu Gunsten des Einfuhrverbotes gestimmt; allein seit ich
naͤher uͤber die Sache nachgedacht, habe ich gefunden, daß dieser
Egoismus nicht mit den Fortschritten der Aufklaͤrung und der Fabrikation
vertraͤglich ist, und daß er sich namentlich nicht mit der Zunahme des
Verkehres zwischen England und Frankreich vereinen laͤßt. Wuͤrde
das Einfuhrverbot heute aufgehoben, so wuͤrde ich morgen zu London eine
Niederlage errichten, Ich stimme daher fuͤr die Zulassung der englischen
plattirten Waaren gegen einen gehoͤrigen Schuzzoll.
Fr. Wie groß soll dieser Zoll seyn?
A. Die franzoͤsischen plattirten Waaren zahlen in England 20 Proc.; ich
wuͤrde die englischen Artikel mit einem Zolle von 30 Proc. belegen; oder
ich wuͤrde den Zoll nach dem Gewichte bestimmen.
Fr. Haben Sie uͤber das gegenwaͤrtig
bestehende Gesez in Betreff der Marke zu klagen?
A. Dieses Gesez ist sehr unvollkommen, und verraͤth volle Unkenntniß mit
unserem Industriezweige. Ich wuͤnschte, daß dieses Gesez aufgehoben
wuͤrde, und dieß koͤnnte um so eher geschehen, als der
Staͤmpel keine wirkliche Garantie gewaͤhrt. Wir staͤmpeln
mit 5, 10 und 20, und alle diese Marken sind falsch. Man wollte uns zwingen den
wahren Gehalt anzugeben, und doch gibt es viele Artikel, an denen er sich gar
nicht angeben laͤßt. Ein Leuchter z.B. besteht aus 8 bis 10
Stuͤken, welche saͤmmtlich verschieden plattirt sind, je nachdem
sie mehr oder weniger der Reibung ausgesezt sind. Selbst an den ganz gut
plattirten Artikeln, deren Raͤnder aus Silber bestehen, ist noch ein
Unterschied zu machen; denn diese Raͤnder bestehen nicht immer aus
massivem Silber, sondern sie sind innen oft mit Zinnloth ausgefuͤllt.
Fr. Bestehen in Frankreich noch an anderen Orten, als
zu Paris, Fabriken plattirter Waaren?
A. Rein.
Fr. Wie hoch schaͤzen Sie den ganzen Betrag
der franzoͤsischen Fabrikation, und in welchem Verhaͤltnisse steht
die Ausfuhr?
A. Frankreich erzeugt ungefaͤhr fuͤr 2 Mill. Franken, und davon
wird die Haͤlfte ausgefuͤhrt.
Fr. Man sagte uns, England fabricire jaͤhrlich
fuͤr 30 Mill. Fr.; woher glauben Sie wohl, daß diese große Ueberlegenheit
gegen uns herruͤhre?
A. In Frankreich ist diese Art von Fabrikation noch ganz neu: meine Fabrik z.B.
besteht erst seit 15 Jahren; in England hingegen hat sie schon seit 100 Jahren
Wurzel geschlagen. England hat seine Arme uͤberall hin ausgedehnt; es hat
die Dessins seiner Fabrikate in alle Weltgegenden versandt, und es versieht seit
langen Jahren schon das Ausland. Solche herkoͤmmliche Gewohnheiten
verlieren sich nicht ploͤzlich; doch ist auch unsere Ausfuhr im Zunehmen,
unsere Arbeiter werden gewandter und die Preise unserer Fabrikate sinken.
Fr. Welche Artikel sind bei der zahlreicheren Classe
am meisten im Gebrauche?
A. Leuchter. Man erzeugt gegenwaͤrtig in Frankreich 6 zoͤllige
Leuchter, das Paar zu 3 Fr., welche ehemals 12 bis 15 Fr. kosteten. Freilich
kommt bei diesem niedrigen Preise auch etwas auf Kosten der
Qualitaͤt.
Fr. In welchem Verhaͤltnisse steht bei diesem
großen Unterschiede zwischen 3 und 13 Fr. die Verschlechterung der
Qualitaͤt?
A. Man kann 8/4 der Abnahme des Preises auf Rechnung der Fortschritte der
Fabrikation, und 1/3 auf Abnahme der Qualitaͤt sezen. Meine Fabrikate von
erster Qualitaͤt haben von der englischen Concurrenz nichts zu
fuͤrchten. Ich bin der erste, der die schoͤnen plattirten Artikel
mit silbernen Raͤndern fabricirte, welche Heuer zur Ausstellung kamen,
und bin uͤberzeugt, daß ich in England einen sehr großen Absaz haben
werde.
Fr. Welcher Zoll glauben Sie, daß an die Stelle des
Einfuhrverbotes gesezt werden soll?
A. Ich glaube, daß man auf die plattirten Artikel erster Qualitaͤt einen
nach dem Werthe berechneten Zoll legen soll, welcher ungefaͤhr 30 Proc.
betragen koͤnnte; daß die gemeinen Artikel hingegen nach dem Gewichte zu
verzollen seyn duͤrften.
3. Aussagen des Hrn. Veyrat,
Fabrikanten plattirter Waaren.
Frankreich erzeugt gegenwaͤrtig beilaͤufig fuͤr 6 Mill. Fr.
plattirter Waaren, wie ich theils aus den Mauthregistern, theils aus den Angaben
verschiedener Fabriken berechnet habe. Man muß vor Allem anerkennen, daß die
englischen Fabriken Vieles vor den unserigen voraus haben. Sie sind
saͤmmtlich in großem Maßstabe gebaut, folglich nicht so zahlreich,
weßhalb denn auch weniger Concurrenz zwischen denselben Statt findet; sie sind
allgemein bekannt und vollkommen classificirt; sie koͤnnen große Opfer
bringen, um sich die schnellsten Fabrikationsmethoden anzueignen; Opfer, vor
denen wir zuruͤckschrecken oder die uͤber unsere Kraͤfte
sind. Es mangelt ihnen nie an Capitalien, die sie zu wohlfeilen Bedingungen
haben koͤnnen; die großen und reichen Herren Englands treten gern mit
industriellen Unternehmern in Verbindung, oder legen ihre Capitalien zu 2 und 3
Proc. in Fabriken an; in Frankreich hingegen wissen eben diese Herren mit ihrem
Gelde nichts Anderes zu machen, als es zum Ankaufe von Laͤndereien oder
zum Boͤrsenwucher zu verwenden; sie glauben noch immer sich etwas zu
vergeben, wenn sie sich in industrielle oder commercielle Operationen
einlassen.
Es hat sich als unmoͤglich erwiesen den Gehalt der plattirten Waaren genau
zu ermitteln. Die Englaͤnder, welche in dieser Kunst unsere Vorfahrer
sind, geben keinen solchen Gehalt an; die franzoͤsischen Fabrikanten
hingegen sind gezwungen, außer ihrem Namen, der in der Muͤnze darauf
gedrukt wird, auch noch einen zweiten Staͤmpel darauf zu sezen, der mit
5,10, 20, 30, 40 kr. den Gehalt angeben soll. Diesen lezteren Staͤmpel
sezen die Fabrikanten selbst nach Belieben darauf, und hieraus ergeben sich
nothwendig große Mißbraͤuche. Eine der ersten Bedingungen Treue und
Glauben wieder herzustellen, und unsere Waaren den englischen gleich zu bringen,
liegt daher in der Aufhebung dieser Staͤmpel.
Die Regierung wuͤrde sich sehr irren, wenn sie den gegenwaͤrtigen
Zustand und die Fortschritte gewisser Industriezweige und namentlich jene der
Plattirkunst lediglich nach den Artikeln beurtheilen wollte, die bei der lezten
Industrieausstellung zur Schau gebracht wurden. Dergleichen Arbeiten werden
gewoͤhnlich um schweres Geld fuͤr solche Gelegenheiten fabricirt
und bleiben dann in den Magazinen unverkauft. Gerade jene Fabriken, welche bei
der Ausstellung am meisten glaͤnzten, beschaͤftigen meistens am
wenigsten Arbeiter. Es ist mit gutem Grunde sehr zu befuͤrchten, daß die
Englaͤnder, wenn das Einfuhrverbot aufgehoben werden sollte, unsere
Fabriken durch augenblikliche Aufopferung von 50 Proc. zu Grunde richten; so
machten sie es in Daͤnemark mit ihren Blechwaaren, in Deutschland mit
mehreren gewebten Zeugen, in den Colonien, da wo sie mit uns zusammentrafen, und
so machen sie es endlich auch auf den Messen zu Frankfurt und Leipzig. Ein
solcher Krieg gegen unsere Fabriken ist ihnen um so leichter, als sie ohne
Vergleich reicher sind, als wir, und als bei ihnen beinahe auf alle Artikel, die
sie ausfuͤhren, hohe Praͤmien ertheilt werden, waͤhrend
diese Praͤmien bei uns sehr selten und sehr unbedeutend sind. Ich erlaube
mir zur Unterstuͤzung meiner Angaben folgende, von 34 Fabrikanten
unterzeichnete Note vorzulegen.
„Wir haben von der Ansicht des Hrn. Veyrat
in Betreff der Zulassung der englischen plattirten Waaren Kenntniß genommen
und theilen dieselbe vollkommen. Wir hoffen, daß sich alle unsere
Mitgenossen fuͤr die Aufrechthaltung des Einfuhrverbotes aussprechen
werden, weil uns alle Nachforschungen, die wir uͤber diesen
Gegenstand anstellten, zu der Ueberzeugung brachten, daß jede andere
Maßregel das groͤßte Ungluͤk uͤber unsere Fabriken
herbeifuͤhren wuͤrde. Einfuhrzoͤlle, wie hoch sie auch
seyn moͤgen, werden uns nicht gegen die englische Concurrenz
schuͤzen; die große Ausdehnung unserer Kuͤsten gestattet uns
keine Aufsicht, bei der wir sicher waͤren, der Schmuggler habhaft zu
werden; waͤhrend bei dem Einfuhrverbote die eingeschmuggelten Waaren
zu jeder Zeit und an jedem Orte ergriffen werden koͤnnen. Wir zahlen
demnach auf den aufgeklarten Geist der Commission, und hoffen, daß dieselbe
jede Maßregel zuruͤkweisen wird, welche nicht nur eine große Anzahl
von Arbeitern brodlos machen, sondern uns selbst auch um unser Hab und Gut
bringen wuͤrde.“
Fr. Wie groß ist die Zahl der Plattirarbeiter
gegenwaͤrtig, und wie groß war sie vor 10 Jahren?
A. Sie belauft sich gegenwaͤrtig auf 3000, und vor 10 Jahren war sie wohl
eben so groß. Zur Zeit der Juliusrevolution, wo die Arbeiten eine momentane
Unterbrechung erlitten, haben viele Arbeiter ihre Profession gewechselt; die
Cholera raffte deren gleichfalls eine bedeutende Anzahl hinweg, und mehrere der
besten Arbeiter wurden in's Ausland gezogen. Gegenwaͤrtig scheint jedoch
deren Zahl wieder im Zunehmen.
Fr. Sie schaͤzen die jaͤhrlichen
Erzeugnisse der franzoͤsischen Fabriken auf 6 Mill. Fr.; nach anderen
Aussagen betragen sie nur 1 1/2 Mill.?
A. Ich machte meinen Anschlag nach dem J. 1829; und mit diesem Jahre mag die
Masse der Geschaͤfte gegenwaͤrtig ziemlich gleich seyn. Man kann
hieruͤber ein beim Ministerium befindliches Document vom J. 1827
nachsehen. Was die Ausfuhr betrifft, so geben die Schaͤzungen der Mauth
kaum einen sicheren Anhaltspunkt.
Fr. Was Sie von den englischen Ausfuhrpraͤmien
sagten, beruht auf einem Irrthume, denn in England besteht so wenig als bei uns
eine solche; man zaͤhlt bei der Ausfuhr bloß die fuͤr das Inland
bestimmte Controlauflage zuruͤck. Sie glauben also, daß die Aufhebung des
Einfuhrverbotes den franzoͤsischen Fabriken nachtheilig werden
muͤsse?
A. Ich bin uͤberzeugt, daß mit dem Freigeben der Einfuhr von unseren 40
Fabriken 30 fallen wuͤrden, obschon ich fuͤr meinen Theil diese
Maßregel nicht fuͤrchten, sondern bei der Annahme derselben in London
selbst eine Niederlage errichten wuͤrde.
Fr. Wie laͤßt sich diese Besorgniß aber mit
den gestrigen Angaben vereinigen, wonach beinahe die Haͤlfte unserer
Fabrikate ausgefuͤhrt wird?
A. Ich weiß zwar, daß es einige Laͤnder gibt, wo man die
franzoͤsischen Tafelgebraͤuche angenommen, und wo daher die
franzoͤsischen Modelle den Vorzug haben; ich weiß, daß wir einige Artikel
erzeugen, weiche in England nicht fabricirt werden; allein ich halte die Ausfuhr
doch nicht fuͤr so groß, als man sie angab. Ich selbst fuͤhre
beilaͤufig die Haͤlfte meiner Fabrikate aus, und zwar in die
spanischen Colonien, nach Deutschland, nach Neu-York, Neu-Orleans,
und etwas Weniges uͤberall hin.
Die Englaͤnder arbeiten, um noch Einmal hierauf zuruͤkzukommen, mit
wohlfeileren Rohstoffen; deßhalb wuͤrde ich aber ihre Concurrenz nicht
fuͤrchten, sondern hauptsaͤchlich deßhalb, weil sie ihre Capitale
nur zu 3 Proc. verzinsen, waͤhrend wir sie zu 5 und 6 Proc. verzinsen
muͤssen. Die Arbeiter in den englischen Fabriken werden ganz zu
Maschinen, indem jeder derselben immer nur Eine Arbeit zu verrichten hat, und es
daher in dieser zur groͤßten Fertigkeit bringt; sie schlagen auch Alles
aus, waͤhrend unsere Arbeiter aushaͤmmern. Endlich sind die
Englaͤnder nicht der Gefahr ausgesezt sich ihre neu erfundenen Formen
sogleich entzogen zu sehen; ihre Geseze schuͤzen sie in dieser Hinsicht
mehr, als uns die unserigen.
Fr. Haben Sie uͤber das Auswalzen des Kupfers
nicht zu klagen?
A. Wir koͤnnen uns nur mit Schwierigkeiten gute Walzen verschaffen. Ich
wuͤrde deßhalb nicht die Freigebung der Einfuhr des ausgewalzten Kupfers,
sondern jene der Walzen fordern. Wir wuͤrden gern 15 bis 20 Proc. geben,
um uns solche Walzen zu verschaffen, indem wir das Kupferblech von Imphy und
Romilly noch Einmal auf unseren eigenen Walzen behandeln.
Fr. Glauben Sie, daß die Fabrikation plattirter
Waaren in Frankreich eine große Ausdehnung erlangen koͤnne, da bei uns
die hohe Controle, welche die Englaͤnder bezahlen muͤssen, nicht
besteht, und da bei uns die Silberarbeiten nur um 1/3 mehr kosten, als die
plattirten Arbeiten?
A. Ich glaube allerdings, daß eine groͤßere Ausdehnung unserer Fabrikation
zu erwarten ist, und daß die plattirten Artikel, namentlich was groͤßere
Gegenstaͤnde sind, wegen ihrer Wohlfeilheit immer den Vorzug erhalten
werden. Ich bin selbst Silberarbeiter, und kann Sie versichern, daß die Arbeit
in Silber vier Mal so viel Zeit fordert, als die Plattirarbeit. Ein etwas
vollstaͤndiges Silberservice kommt auf 50–60,000 Fr. zu stehen;
ein aͤhnliches plattirtes kostet nur 10,000 Fr., und kann, wenn es gut
gemacht ist, 20 Jahre dauern, so daß man in wenigen Jahren schon an den
Interessen eines Silberservices den Preis eines plattirten Services gewonnen
hat.
Fr. Glauben Sie, daß die franzoͤsischen
Fabrikate in England Absaz finden wuͤrden, wenn daselbst der 20 Proc.
betragende Zoll aufgehoben wuͤrde?
A. Die Artikel, die wir in England unterzubringen im Stande waͤren,
wuͤrden gewiß den Nachtheil, den die Englaͤnder uns in unserem
Lande zufuͤgen wuͤrden, bei weitem nicht aufwiegen. Mit dem
Freigeben der Einfuhr wuͤrden in Paris sogleich englische Waarenlager
erstehen, die unsere Fabriken in Kuͤrze erdruͤken wuͤrden.
Die englischen Modelle sind zwar nicht so elegant, wie die unserigen; allein bei
der Anglomanie, welche gegenwaͤrtig bei uns eingerissen, sind wir dessen
ungeachtet gezwungen erstere zu copiren.
Fr. Sie haben doch oben gesagt, daß Sie die englische
Concurrenz nicht fuͤrchten, und daß sie sogar in London eine Niederlage
errichten koͤnnten; dieß beweist doch, daß Sie ihre Fabrik als den
englischen voraus betrachten?
A. Nicht alle unsere Fabriken sind im Stande dasselbe zu thun, wie ich.
Fr. Haben Sie uͤber das Gesez, gemaͤß
welchem markirt werden muß, nichts mehr zu bemerken?
A. Ich wiederhole nur, daß dieses Gesez schlecht ist, und bemerke noch, daß Alles
vermieden werden sollte, was den Ursprung des Fabrikates beurkundet. Ich will
nur eine einzige Thatsache anfuͤhren. Die Einfuhr unserer Fabrikate nach
Italien ist großen Schwierigkeiten unterworfen, weil in Vicenza eine Fabrik
besteht, welche von der oͤsterreichischen Regierung nach allen
Kraͤften unterstuͤzt wird. Unser Fabrikat wurde in Mailand
weggenommen, was nicht der Fall gewesen waͤre, wenn man es nicht am
Staͤmpel erkannt haͤtte.
4. Aussagen des Hrn. Balaine,
Fabrikanten plattirter Arbeiten.
Die Fabrikation plattirter Waaren gewinnt seit einigen Jahren, besonders was die
besseren Qualitaͤten betrifft, immer groͤßere Ausdehnung; vor
wenigen Jahren noch erzeugte man nur leichte Waaren, die groͤßten Theils
ausgefuͤhrt wurden; erst seit 5–6 Jahren liefern unsere Fabriken
auch schoͤne Fabrikate, die im Lande verkauft werden. Unsere Fabrikation
mag im Ganzen 1 1/2 bis 2 Mill. betragen. Wir fuͤhren einen Theil nach
Holland und Belgien und etwas weniges auch nach den Colonien aus; doch haben wir
in fruͤherer Zeit nach den lezteren so viele schlechte Waare versendet,
daß unsere Fabrikate daselbst in Mißkredit gekommen sind. Ich selbst arbeite
groͤßten Theils fuͤr unser Land und fuͤhre nur den vierten
Theil meiner Produkte aus. Ich erzeuge nur gute und schoͤne Waaren,
weßhalb meine Fabrik sich auch eines ziemlichen Rufes erfreut. Die Aufhebung des
Einfuhrverbotes, oder selbst die Vertauschung desselben gegen entsprechende
Zoͤlle, wuͤrde meiner Ansicht nach, den franzoͤsischen
Fabriken den Untergang bringen, und in Paris gegen 10,000 Arbeiter in Elend
stuͤrzen. Die englischen Fabrikate sind seit mehr dann 60 Jahren in ganz
England und in dessen Colonien allgemein gebraͤuchlich, und dieser lange
Gebrauch hat deren Ruf außerordentlich befestigt. Der Vorzug, den die plattirten
Waaren daselbst vor den silbernen genießen, erklaͤrt sich leicht durch
die hohe Auflage, welche auf den Silberarbeiten lastet, und wodurch diese
lediglich zu Luxusartikeln werden. Da der Verbrauch demnach sehr groß ist,
waͤhrend die Fabriken nicht zahlreich und mit Capitalien
uͤberfuͤllt sind; da ferner die Fabrikate keinem zu großen Wechsel
unterworfen sind, st scheuen die Fabriken, wenn es noͤthig seyn sollte,
nicht eine Ausgabe von 20,000 Fr., um ein Modell im Großen herzustellen, welches
nach 10 Jahren noch neu seyn wird, und dessen Ertrag sie im Voraus mit Sicherheit berechnen
koͤnnen. In Frankreich ist die Fabrikation hingegen noch in der Kindheit;
erst seit einigen Jahren brachte man es durch viele Aufopferungen zu den
Resultaten, die man bei der lezten Industrieausstellung sah, und die noch nichts
weniger, als vollkommen sind. Wenn man bedenkt, daß die Silberarbeiten in
Frankreich per Mark nur 2 Fr. 85 Cent. Auflage zahlen, und daß die plattirten
Arbeiten anfangs so schlecht waren, daß Jedermann damit unzufrieden war, so wird
man sich nicht wundern, daß unsere Kunst nur so hoͤchst langsam an
Ausbreitung gewann. Der leichte und Abwechselung liebende Franzose will immer
Neues, und daher ist es unmoͤglich auf die Anschaffung der Modelle große
Kosten zu verwenden; aus diesem Grunde und bei dem geringeren Absaze werden wir
auch noch lange nicht mit den Englaͤndern Concurrenz halten
koͤnnen. Beruͤksichtigt man ferner noch, daß man
gegenwaͤrtig mit wahrer Wuth fuͤr die englischen Formen
eingenommen ist, und daß wir dieselben, namentlich was die gothischen betrifft,
nicht so wohlfeil nachzumachen im Stande sind, so wird man zu der Ueberzeugung
gelangen, daß unsere Fabriken mit der Aufhebung des Einfuhrverbotes zu arbeiten
aufhoͤren muͤßten. Es versteht sich, daß sich diese Bemerkungen
nur auf die guten plattirten Arbeiten beziehen, und daß sie sich nicht auf die
ganz gewoͤhnlichen schlechten Fabrikate anwenden lassen. Auf diese
lezteren wuͤrde man uͤbrigens mit Unrecht einen zu großen Werth
legen; denn das Publicum wird dieselben bald zu wuͤrdigen wissen, und in
weniger dann 5 Jahren werden sie ganz ausgemerzt seyn. Es waͤre
moͤglich, daß wir vielleicht in diesen ordinaͤren Sotten mit den
Englaͤndern Concurrenz halten koͤnnten; allein auch dieß ist nicht
wahrscheinlich, weil die Englaͤnder das Kupferblech, dessen Preis hier
doch hauptsaͤchlich in Betracht kommt, um 1/3 wohlfeiler beziehen. Um mit
England rivalisiren zu koͤnnen, muͤßte man auch bei uns auf die
Silberarbeiten eine so hohe Auflage legen, wie in England; denn dann
wuͤrde auch bei uns der Verbrauch an plattirten Arbeiten eben so
zunehmen, wie in England, und wir koͤnnten in Folge dieses
groͤßeren Absazes mehr auf die Anschaffung von Modeln und auf die
uͤbrige Ausruͤstung unserer Fabriken verwenden, und zugleich
unsere Waaren auch wohlfeiler liefern.
Wenn es ja ein Mittel gibt unseren Industriezweig bei uns emporzubringen und auf
eine Stufe zu heben, auf der er uͤberall mit dem Auslande concurriren
kann, so muͤßte man meines Erachtens folgender Maßen zu Werke gehen. Man
muͤßte vorlaͤufig das Einfuhrverbot auf alle fremde Maren, gegen
die wir nicht Concurrenz halten koͤnnen, ausgenommen die Silberarbeiten
wuͤrden auch bei uns mit einer hohen Auflage belegt, beibehalten. Dann
muͤßte man das unvollkommene Gesez, dem die Plattirer gegenwaͤrtig
unterworfen sind, umarbeiten, und die Fabrikanten hindern nicht ungestraft den
Glauben des Publicums durch einen Staͤmpel zu beruͤken, der immer
hoͤher ist, als der wirkliche Gehalt, den er ausdruͤken sollte.
Auf diese Weise wird man unsere Fabriken gewiß maͤchtig heben und ihnen
einen großen Absaz sichern, ohne daß die Silberarbeiter dabei
beeintraͤchtigt wuͤrden; denn wer Silber haben will, wird doch
immer lieber Silber kaufen. Was den Staͤmpel selbst betrifft, so
waͤre dessen Aufhebung meiner Ansicht nach ein grober Fehler. So wie er
gegenwaͤrtig ist, ist er allerdings illusorisch und bloße Luͤge,
weil man den Abnehmern dadurch schlechtere Waare fuͤr bessere
anhaͤngen will. Man sollte eine Einrichtung treffen, gemaͤß
welcher der
Staͤmpel auch wirklich das bewirken koͤnnte, was er bewirken soll;
der Fabrikant soll gezwungen seyn neben seinem Namen oder seinem Fabrikzeichen
auch den wahren Gehalt anzugeben, und im Falle einer falschen Angabe criminell
bestraft werden.
Fr. Wie laͤßt sich aber ermitteln, daß die
Angabe falsch ist, und wie laͤßt sich an jenen Artikeln, die aus
verschiedenen Theilen bestehen, von denen manche, die der Reibung weniger
ausgesezt sind, schwaͤcher plattirt werden, der Gehalt bestimmen?
A. Man muͤßte von 10 bis 12 Stuͤken eines opfern, und dasselbe von
den Probirern, die den Gehalt gegen 75 Cent. angeben werden, untersuchen lassen.
Was die zusammengesezten Artikel betrifft, so machen diese kein Hinderniß; denn
die Theile, welche der Abnuͤzung weniger ausgesezt sind, koͤnnen
wohl duͤnner ausgewalzt seyn, muͤssen aber doch immer den
gehoͤrigen Gehalt haben.
Der wahre Gehalt ließe sich also nur durch Aufopferung der Gegenstaͤnde
ermitteln. Wie koͤnnte man aber dann auf gesezliche Weise
staͤmpeln? Man muͤßte sich an die Angabe des Fabrikanten halten,
und der Behoͤrde bliebe weiter nichts uͤbrig als diese Angabe
durch den Staͤmpel zu versichern?
A. Ich will nicht, daß die Verwaltung den Fabrikanten in Fesseln lege; man soll
jeden derselben arbeiten lassen, sie sollen aber immer unter dem Geseze stehen,
und im Falle man eine falsche Angabe entdekt, gestraft werden.
Fr. Dieß ist, bis auf den Umstand, daß Sie eine
Criminalstrafe verlangen, auch bei dem gegenwaͤrtigen Geseze der Fall.
– Wo beziehen Sie Ihr Kupfer her, und wie hoch kommt es Ihnen zu
stehen?
A. Da das Kupfer von Imphy zu bruͤchig ist, so beziehe ich dasselbe von
Hrn. Steffan zu Belfort. Dieses Kupfer ist
geschmeidiger, als das englische; es kommt mich aber gegenwaͤrtig auf 4
Fr. 20 Cent. per Kilogr. zu stehen, und nach dem 1. Januar werde ich es
wahrscheinlich noch theurer bezahlen muͤssen.
5. Aussagen des Hrn. Berthelon,
Fabrikanten plattirter Waaren.Die Aussagen des Hrn. Berthelon stimmten
im Wesentlichen mit jenen seiner beiden Vorgaͤnger
uͤberein; wir heben daher nur jene Stellen aus, die davon
abweichen. A. d. R.
Ich fabricire hauptsaͤchlich Tafelservice und habe meine Fabrik so
eingerichtet, daß ich nur Fabrikate erster Classe erzeuge. Ich liefere
jaͤhrlich fuͤr 180 bis 190,000 Fr. Waaren; fruͤher hatte
ich 20, gegenwaͤrtig aber nur mehr 10 Proc. Gewinn. Meine Fabrikate
eignen sich im Ganzen saͤmmtlich zur Ausfuhr; doch versende ich nur den
vierten Theil, wovon das Meiste nach Spanien, Rußland und Polen geht. Ich
arbeite weniger fuͤr die Kaufleute, als fuͤr meine Abnehmer, die
großen Theils aus großen Herren, Ministern, Gesandten etc. bestehen. Der Preis
des Kupfers kommt bei meinen feineren Fabrikaten wenig in Anschlag, und es fehlt
mir, um meine Fabrik zu erweitern, nur an Capitalien, die bei uns viel schwerer
ankommen, als in England, wo aristokratische und demokratische Capitalisten ihre
Gelder in industrielle Unternehmungen stecken.
Fr. Glauben Sie, daß Sie mit einem Schuzzolle die
Concurrenz der Englaͤnder aushalten koͤnnten?
A. Ich zweifle sehr daran, besonders am Anfange der Veraͤnderung, indem
die Franzosen jezt dem englischen Geschmake huldigen. Da dieser Geschmak jedoch
nicht lange dauern kann, so wird man bald wieder auf die franzoͤsischen
Formen zuruͤckommen, und dieser Wechsel wird abermals nachtheilig werden,
indem die englischen Modelle in kurzer Zeit unbrauchbar. seyn werden. Ich
fuͤrchte uͤberdieß, daß das Streben nach Wohlfeilheit unseren
Fabrikaten bedeutenden Schaden bringen wird. Man verkauft gegenwaͤrtig
schon plattirte Waaren von 40 Gehalt fuͤr solche, deren Gehalt man zu 20
angibt, und dergleichen Betrug sollte verhindert werden.
Fr. Auf welche Weise koͤnnte dieß
geschehen?
A. Man muͤßte zuerst den Staͤmpel aufheben, und dann die
Fabrikanten zwingen ihre Waaren zu dem Gehalte, den sie ihnen beilegen,
abzugeben. Dieß ist jedoch bis auf einen gewissen Grad unmoͤglich.
Fr. Liegt die Garantie des Kaͤufers nicht
hauptsaͤchlich in dem Rufe der Fabrik?
A. Allerdings; allein auch dieser ist, ich gestehe es offen, sehr vom Zufalle
abhaͤngig. Ich machte z.B. keine sehr guten Geschaͤfte, weil ich
nur zu gut arbeitete; meine Collegen fabricirten schlechtere Waaren und
verkauften davon bei niedrigerem Preise mehr und vortheilhafter, weil die
Abnehmer durch den Staͤmpel hintergangen wurden.
Fr. Was koͤnnen sie uͤber die
Quantitaͤt der jaͤhrlichen Fabrikate und uͤber die Zahl
unserer Fabriken plattirter Waaren angeben?
A. Unsere Fabrikation ist auf Paris beschrankt, und kann monatlich auf 100 bis
120,000 Fr. geschaͤzt werden. Wir haben neun Fabrikanten, die im Großen
mit einem Treibwerke arbeiten, und außerdem eine Menge kleinerer Anstalten, in
denen man nur eine Drehebank und Formhoͤlzer findet, und welche von
Arbeitern, die die Fabriken verließen, errichtet wurden. Diese lezteren
verfertigen nur einzelne Gegenstaͤnde, wie z.B. Handleuchter, die sie an
die Commissionaͤre abliefern; sie bringen den Fabriken, die ein großes
Material haben, großen Nachtheil.
Fr. Es schiene hienach, daß die 34 Fabrikanten, auf
die man sich in fruͤheren Angaben bezog, aus solchen Arbeitern
bestuͤnden. Geben Sie Ihre mit Fleiß und Sorgfalt gearbeiteten Artikel
heut zu Tage wohlfeiler, als vor 10 Jahren?
A. Die Preise sind beinahe dieselben. Ein Paar Leuchter, welches ich
fruͤher zu 19 Fr. verkaufte, gebe ich jezt zu 15 Fr. Ich weiß zwar, daß
man deren auch zu 7 Fr. verkauft, welche der Kaͤufer kaum von den
meinigen zu unterscheiden im Stande ist; allein mein Fabrikat hat 20, und
lezteres nur 12 Gehalt.
[Fortsetzung.]