Titel: | Ueber die Kraft des unbegränzten Wassers. Von Wilhelm Fickler, königlich preußischer Baumeister in Uerdingen. |
Autor: | Wilhelm Fickler [GND] |
Fundstelle: | Band 55, Jahrgang 1835, Nr. XXXIII., S. 181 |
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XXXIII.
Ueber die Kraft des unbegraͤnzten Wassers.
Von Wilhelm Fickler, koͤniglich preußischer Baumeister
in Uerdingen.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Fickler, uͤber die Kraft des unbegraͤnzten
Wassers.
Vorwort.
Die Kraft sich bewegender fluͤssiger Massen, namentlich des Wassers und des
Windes, gewaͤhrt so betraͤchtlichen Nuzen, daß die Erforschung der
Groͤße dieser Kraͤfte und die Vervollkommnung derjenigen Maschinen,
wozu diese Kraͤfte benuzt werden, von vielen um Kuͤnste und
Wissenschaften verdienten Maͤnnern versucht wurde.
Insbesondere wurden mancherlei Versuche und Beobachtungen uͤber die
vortheilhafteste Benuzung des Wassers auf Raͤder angestellt, deren Resultate
aber auf die befremdendste Weise von einander abweichen. Namentlich zog schon der
franzoͤsische Gelehrte de Parcieux in der Mitte
des vorigen Jahrhunderts aus seinen Versuchen den Schluß, daß das Wasser durch den
Druk wirkend einen groͤßeren Effect auf Raͤder leiste, als durch den
Stoß, und die Versuche Banks schienen ebenfalls zu
ergeben, daß die Kropfraͤder und oberschlaͤchtigen Raͤder einen
groͤßeren Effect leisten als Raͤder im geraden Gerinne. Dahingegen
will der neuere Gelehrte Poncelet das ganze
Gefaͤlle als Wasserstand benuzt haben, und das Wasser an die tiefsten
Schaufeln leiten, also nach den bisherigen Ansichten der Gelehrten nur allein durch
den Stoß wirken lassen.
So entgegengesezte Resultate muͤssen um so mehr befremden, als dieselben aus
Erfahrungen und von Maͤnnern hergeleitet wurden, denen man
hinlaͤngliche Umsicht zu dergleichen Beobachtungen zuzutrauen berechtigt ist;
es muͤssen dieselben daher zu der Vermuthung Veranlassung geben, daß beide
Resultate richtig seyn koͤnnen, und ich habe es in meiner Theorie der Kraft
sich bewegender fluͤssiger Massen versucht zu zeigen, aus welchen Gruͤnden diese
Erfahrungen so sehr von einander abweichen, und wie man die Anordnung treffen
muͤsse, um bei gleichen zur Wirkung kommenden Wassermengen gleiche, so wie
die groͤßten Effecte zu erzielen.
Obgleich indeß diese Theorie der Kraft sich bewegender fluͤssiger Massen
bereits seit ein und einem halben Jahre die Presse verlassen hat, ist mir doch noch
keine oͤffentliche Beurtheilung derselben zu Haͤnden gekommen, noch
habe ich erfahren, daß man irgendwo Versuche zur Pruͤfung und Berichtigung
derselben angestellt hat, und dieß in einer Zeit, wo so bedeutende Summen
fuͤr Kunst und Wissenschaft verschwendet werden. Daß dieß in einer
voͤlligen Nichtbeachtung jener Theorie seinen Grund haben sollte,
laͤßt sich nicht wohl erwarten, denn die darin enthaltenen Wahrheiten
muͤssen sich jedem denkenden Geiste zu sehr aufdringen, wenn diese Theorie
auch in vielen Theilen noch nicht vollendet ist, ich auch nicht erwartete, bei dem
Mangel an Muße und Gelegenheit zu eigenen Beobachtungen, diese Theorie, woran die
Bemuͤhungen so vieler Gelehrten bisher scheiterten, so bald zur Vollendung zu
bringen und einstweilen das mittheilte, was meiner Ueberzeugung nach fuͤr die
Industrie von großem Nuzen seyn konnte.
Sogleich nach dem Erscheinen dieser Theorie fuͤhrte mich indeß die
umfassendere Untersuchung uͤber die Anwendung derselben auf expansible
fluͤssige Massen, auf einen darin fuͤr die Berechnung der Kraft des
unbegraͤnzten Wassers enthaltenen Rechenfehler, indem bei Berechnung dieser
Kraft nach den Versuchen Bossuts fuͤr die
hydrostatische Kraft das ganze Wasserprofil vor der Ebene irrthuͤmlich in
Rechnung gebracht war, anstatt nur das Geringe des Aufstaues in Rechnung zu bringen;
so kann es nun geschienen haben, als ob diese Theorie, da die hydraulische Kraft bei
großer Belastung und geringer Geschwindigkeit des Rades nur sehr gering wird, doch
bei Raͤdern im unbegraͤnzten Wasser nicht richtig, also nicht
allgemein anwendbar sey. Ich waͤhle daher diesen Weg, diese Luͤke
durch nachfolgende Paar Bogen einstweilen auszufuͤllen, bis es die
Umstaͤnde erlauben und wuͤnschenswerth machen sollten, dieß
ausfuͤhrlicher in einer Anwendung dieser Theorie auf expansible
Fluͤssigkeiten nachzuholen.
Die indeß Statt gehabte Umaͤnderung der in der gedachten Theorie naͤher
beschriebenen Muͤhle auf der ehemaligen Karthause bei Juͤlich, hat
aber ebensowohl von der Richtigkeit des von mir von dieser Muͤhle Gesagten,
als davon einen Beweis geliefert, wie wenig eine allgemeine Anwendung jener Theorie
noch zu erwarten ist. Es war naͤmlich im April vorigen Jahres diese
Muͤhle zugleich fuͤr eine Knochenstampfmuͤhle eingerichtet,
worin 15 Stampfen von einer zweihubigen Daumenwelle in Bewegung gesezt wurden. Leztere
wurde mittelst einer Kette ohne Ende getrieben, welche uͤber ein Rad auf der
Daumenwelle der Oehlmuͤhle von 3 1/2 Fuß Durchmesser und uͤber ein
anderes auf der Daumenwelle der Knochenstampfmuͤhle von 2 1/2 F. Durchmesser
geleitet war. Dem Wasserrade hatte man anstatt sonst einen Fuß, nunmehr einen und
einen halben Fuß Ringtiefe und dabei noch wieder einen Boden gegeben –
wahrscheinlich doch wohl um zu sehen, ob bei dieser Ringtiefe saͤmmtliche 15
Stampfen in Betrieb gesezt werden koͤnnten. Es zeigte sich indeß bald, daß
hier, wo die Massen immer wieder von Neuem in Bewegung gesezt werden muͤssen,
und die Maschine also nicht, wie wenn die Oehlmuͤhle im Betriebe ist, einen
stetigen Schnekengang annehmen kann, diese Belastung zu groß war und nicht mehr als
die Haͤlfte der Stampfen angehaͤngt werden durfte.
Der zweihubigen Welle dieser Knochenstampfmuͤhle hatte man die mangelhafte
Einrichtung, die Daumen nach der Schneke zu sezen, gegeben, was hier doppelt
nachtheilig war, da nur die Haͤlfte der Stampfen, also ein Mal die vorderen
sieben, und dann, wenn das Knochenmehl in diesem Theile des Troges fein genug war,
die anderen 8 in Bewegung gesezt werden konnten, so daß immer fast gleichzeitig 4
oder 3 Stampfen von der halben Schneke gehoben wurden und fast gleichzeitig
niederfielen, wodurch ein sehr ungleichfoͤrmiger Beharrungsstand Statt fand.
Jede Stampfe wurde 16 bis 17 Zoll hoch gehoben und war von Eichenholz 4 1/2 Zoll im
Quadrat stark, 11 Fuß lang und mit 30 bis 32 Fuß schweren eisernen Schuhen versehen,
so daß jede circa 120 Pfund wog.
Das Wasserrad bewegte sich in einer Minute sieben Mal um seine Achse, waͤhrend
sich die Daumenwelle funfzehn Mal um ihre Achse bewegte, also jede Stampfe 30 Mal in
einer Minute gehoben wurde.
Der Effect war daher nach einem einfachen Ueberschlage, wenn man annimmt, daß
durchschnittlich immer eine Stampfe ganz auf den Daumen wirkt und jede Stampfe von
120 Pfd. schwer 1 1/3 F. hoch gehoben wird.
120 . 30 . 1 1/3 = 4800 Pfd.
excl. der Reibung der Maschine und ohne
Beruͤksichtigung des Umstandes, daß die Daumen so vertheilt sind, daß immer
etwas mehr wie eine Stampfe normal auf den Daumen wirkt. In der mehrgedachten
Theorie ist aber der hydraulische Druk unter obigen Umstaͤnden zu 5536 Pfd.
berechnet worden.
Die Schaufeln des Wasserrades wurden nur zur Haͤlfte mit Wasser
gefuͤllt, und also war der Boden des Rades ganz unnuͤz, auch klagte man am 14. Mai 1833
bei etwas trokener Witterung schon sehr uͤber Wassermangel.
Sonach hat sich bereits der groͤßte und wesentlichste Theil dessen, was ich
uͤber die Anordnung und Umaͤnderung dieser Muͤhle gesagt habe,
praktisch bewaͤhrt und manche andere Muͤhle jener industriereichen
Gegend koͤnnte mit Sicherheit zu einem hoͤheren Grade der
Vollkommenheit gebracht werden.
Hat aber jene Theorie noch wenig Beachtung gefunden, so muß man auf der anderen Seite
um so mehr erstaunen, wie, obgleich man von der Mangelhaftigkeit der
fruͤheren Theorien uͤberzeugt war, man dennoch annahm, die Kraft,
welche man als an dem Umfange des Wasserrades wirkend berechnete, sey richtig
erforscht, dagegen pflanze das Rad nur gewisse Procente dieser Kraft fort, und es
bleibt immer bemerkenswerth, wie ganze Commissionen dergleichen Unterstellungen mit
dem groͤßten Ernst machen konnten, anstatt an der Richtigkeit der Berechnung
der Kraft zu zweifeln. Wahrlich, wenn Kaͤstner es
schon eine Spielerei nennt, daß Physiker den Versuch, daß eine Feder im luftleeren
Raume eben so schnell als andere Koͤrper faͤllt, ihren
Schuͤlern vormachen, was wuͤrde er erst zu einer solchen Unterstellung
sagen, die noch den Nachtheil hatte, daß man nicht fortfuhr mehrere Versuche zu
machen, um die Kraft richtig zu erforschen, und so Raͤder nach Mustern baute,
von deren Vorzug man sich die Gruͤnde gar nicht anzugeben wußte; zu wie
großen Nachtheilen ein solches Verfahren aber Veranlassung geben kann, ist mir
nirgends so auffallend vorgekommen, als in einer Tuchfabrik bei Duͤren.
–
Ich schließe daher dieses Vorwort mit dem aufrichtigen Wunsche, daß man bald der
Theorie der Kraft sich bewegender fluͤssiger Massen in meinem Vaterlande
Aufmerksamkeit schenken und die Resultate derselben zum Vortheile der Industrie
benuzen moͤge.
––––––––––
§. 1. Wenn sich eine fluͤssige Masse, sey sie expansibel oder
nichtexpansibel, frei im Raume oder in Gerinnen und Flußbetten bewegt, so muß eine
Ebene, welche sich mit derselben mit gleicher Geschwindigkeit bewegt, ohne Zweifel
die bewegende Kraft dieser fluͤssigen Masse annehmen, und die Groͤße
dieser Kraft muß bei gleichartigen Massen offenbar von dem Querschnitte dieser
darauf wirkenden fluͤssigen Masse, oder von der Groͤße der Ebene und
ihrer Geschwindigkeit abhaͤngen.
Ist die Richtung der Bewegung der fluͤssigen Masse normal auf die Ebene, so
wird von ihrer Groͤße selbst die Groͤße der
fluͤssigen Masse und die Groͤße der Kraft derselben, welche
darauf wirkt, abhaͤngen, sonst aber von der Projection der Ebene auf den auf die Richtung
der Bewegung der fluͤssigen Masse gedachten normalen Querschnitt derselben,
indem sich die Groͤßen der Bewegung wie die Massen multiplicirt mit ihren
Geschwindigkeiten verhalten.
§. 2. Bewegen sich nicht alle Theile der fluͤssigen Masse mit gleicher
Geschwindigkeit, wie z.B. das in Gerinnen sich bewegende Wasser, so muß doch ohne
Zweifel die Groͤße der in dem Wasser vorhandenen bewegenden Kraft von der
mittleren Geschwindigkeit und der Groͤße des Querschnittes
abhaͤngen.
Bewegt sich ein Wasserstrahl aus der vertikalen Oeffnung eines Gefaͤßes, wo
offenbar die unteren Wasserfaͤden, welche in der Oeffnung einen
groͤßeren Druk erleiden, eine groͤßere Geschwindigkeit haben, und die
mittlere Geschwindigkeit des Strahles ist der mittleren Geschwindigkeit des in einem
Gerinne sich bewegenden Strahles von gleichem Querschnitte gleich, wo die unteren
Wasserfaͤden eine geringere Geschwindigkeit haben, so wird doch unfehlbar die
bewegende Kraft beider Wasserstrahlen von gleicher mittlerer Geschwindigkeit
einander gleich seyn, indem wir die Kraͤfte nur aus ihren Wirkungen kennen,
hier aber die in gleichen Zeiten durchlaufenen Raͤume die Wirkung ist, wonach
wir die Groͤße der Bewegung der Massen also auch der bewegenden Kraft
beurtheilen.
Bewegt sich eine Ebene, welche normal auf die Richtungslinie der Bewegung der
fluͤssigen Masse steht, mit lezterer mit gleicher Geschwindigkeit fort, so
haͤngt die Groͤße der Bewegung oder der bewegenden Kraft von der
Groͤße der Ebene, von der Geschwindigkeit derselben und der Art der bewegten
fluͤssigen Masse ab: diese Kraft wollen wir die hydraulische Kraft der fluͤssigen Masse nennen.
§. 3. Denkt man sich, daß in einem Gerinne Wasser gegen eine vertikale Ebene
geleitet wird, welche das Gerinne gleichsam abschließt, indem sie dem Querschnitte
des Gerinnes gleich, jedoch ohne Reibung an den Waͤnden des Gerinnes gedacht
werden mag, so wird wenn eine Kraft auf die Ebene der Richtung des Wassers
entgegenwirkt, diese Ebene dem andringenden Wasser nicht eher ausweichen, als bis
der hydrostatische Druk des Wassers vor der Ebene jene Kraft uͤberwindet;
alsdann aber wird die Bewegung der Ebene so lange beschleunigt seyn, bis der
Beharrungszustand eingetreten, das ist, wenn der Abfluß des Wassers mit der Ebene
dem Zuflusse gleich geworden ist, sey es, daß der Wasserzufluß von einem nahen oder
entfernten Behaͤlter und dem Abhange des Gerinnes oder Flußbettes oder von
dem Abhange des Wasserspiegels herruͤhrt. Denn so lange der Abfluß des
Wassers vor der Ebene dem Zuflusse noch nicht gleich geworden ist, muß sich das
Wasser vor der Ebene noch zu erheben trachten, und wieder eine noch schnellere Bewegung der
Ebene erfolgen.
Indem aber das Wasser vor der Ebene und mit ihm der hydrostatische Druk zuerst so
lange anwaͤchst, bis die entgegenwirkende Kraft uͤberwunden wird,
wuͤrde, wenn das Wasser eben so hoch vor der Ebene bliebe, und sich dasselbe
unmittelbar vor der Ebene mit ihr mir gleicher Geschwindigkeit bewegte, das
mechanische Moment der auf die Ebene wirkenden Kraft dem mechanischen Momente des
jener Kraft gleichen hydrostatischen Drukes gleich seyn. Da aber, sobald Bewegung in
der Richtung des Wasserzuflusses erfolgt, auch noch die hydraulische Kraft
hinzukoͤmmt, und beider mechanisches Moment dem mechanischen Momente der
entgegenwirkenden Kraft gleich seyn muß, sobald ein Gleichgewicht waͤhrend
der Bewegung eintritt, so muß der hydrostatische Druk in eben dem Maße abnehmen als
die hydraulische Kraft zunimmt, also auch das Wasser wieder so lange vor der Ebene
sinken, oder das Wasserprofil wieder so lange kleiner werden, bis Abfluß mit der
Ebene dem Zuflusse gleich, aber auch zugleich das mechanische Moment der
entgegenwirkenden Kraft dem mechanischen Momente der beiden so eben
erwaͤhnten Kraͤfte gleich geworden ist. Der dann noch bleibende
hydrostatische Druk des Wasserprofils waͤhrend der Bewegung soll die
hydrostatische Kraft heißen, weil sie durch den hydrostatischen Druk des
Wasserprofils waͤhrend der Bewegung gebildet oder veranlaßt wird; die
bewegende Kraft, welche aber nach Verhaͤltniß der Geschwindigkeit dieses
Wasserprofils in derselben vorhanden ist und welche sich der Ebene mittheilt, ist
die hydraulische Kraft. Beide Kraͤfte zusammen bilden in diesem Falle den hydraulischen Druk, die Gesammtwirkung des Wassers,
welche der entgegenwirkenden Kraft gleich, indem auch waͤhrend der Bewegung
Wirkung der Gegenwirkung stets gleich, ein Gleichgewicht waͤhrend der
Bewegung vorhanden seyn muß.
Bewegt sich die Ebene im unbegraͤnzten Wasser, d.h. ist der Querschnitt des
Wassers gegen die Ebene als sehr groß zu betrachten, so wird sich die Ebene
ebenfalls um so langsamer bewegen, je groͤßer die auf die Ebene wirkende
Kraft ist, wie die Versuche Bossut's mit Raͤdern
im unbegraͤnzten Wasser beweisen, mithin kann nicht so viel Wasser mit der
Ebene abfließen, als wenn keine Kraft auf die Ebene wirkt und sie sich mit dem
Wasser mit gleicher Geschwindigkeit bewegt. Es muß sich daher das Wasser vor der
belasteten Ebene anstauen, dadurch eine groͤßere Geschwindigkeit des Wassers
neben der Ebene entstehen, daher sich die Wasserfaͤden vor der Ebene zum
Theil von ihrer geraden Richtung ablenken muͤssen.
Wie sehr das Wasserprofil zunimmt, wenn eine Ebene der Bewegung entgegentritt,
laͤßt sich aus den von Woltmann in seiner Theorie
des hydrometrischen Fluͤgels §. 46. mitgetheilten Beobachtungen
schließen, wo das Wasserprofil eines Gerinnes von 564 Quadratzoll, dessen
Geschwindigkeit 9,66 Fuß, wenn die Stoßflaͤche von 112 Quadratzoll senkrecht
darin stand, zu 680 Quadratzoll anwuchs.
§. 4. Wirkt nun auf eine solche sich mit der unbegraͤnzten
fluͤssigen Masse bewegenden Ebene eine Kraft der Richtung der bewegten
fluͤssigen Masse entgegen, so muß sich der davon herruͤhrende Druk
nach allen Seiten hin der bewegten fluͤssigen Masse mittheilen und nach allen
Seiten hin selbst nach Oben, wo die nicht expansible fluͤssige Masse von
einer expansiblen, der Luft, begraͤnzt wird, wirken, und uͤberall
Wirkung der Gegenwirkung gleich seyn, da die Theile einer fluͤssigen Masse in
einem ununterbrochenen Zusammenhange stehen.
Es ist hier nicht meine Absicht, eine Theorie aufzustellen, wie die Wassertheilchen
einander den Druk mittheilen und ein Gleichgewicht unter einander wieder
herzustellen suchen muͤssen, und wie die Luft mit darauf einwirkt, sondern
nur zu versuchen die durch genaue Versuche und Beobachtungen bekannten
verbuͤrgten Resultate zusammenzustellen, um daraus fuͤr die Anwendung
diejenigen Schluͤsse zu ziehen, die den allgemeinen Naturgesezen,
vorzuͤglich dem, daß bei jeder Mittheilung der Bewegung Wirkung und
Gegenwirkung gleich seyn muͤsse, gemaͤß, allgemeine Guͤltigkeit
haben muͤssen. Es wird insbesondere hiebei einstweilen hinlaͤnglich
seyn zu eroͤrtern, auf welche Weise die Ebene den Druk uͤberhaupt
empfaͤngt.
Ich bemerke nur, daß wenn man annimmt, der Druk einer fluͤssigen Masse theile
sich derselben bis an ihre Graͤnzen mit, dieß nur von in feste
Graͤnzen eingeschlossenen fluͤssigen Massen in aller Strenge gelten
kann, nicht aber in Teichen, Flußbetten und Gerinnen, wo das Wasser an der
Oberflaͤche von einer elastischen Fluͤssigkeit begraͤnzt wird,
welche dem Druke nachgibt, und so dem Druke auf die Wassertheilchen hier theilweise
einen Ausweg verstattet, so daß die Wirkung gegen die entfernteren Wassertheilchen
immer mehr und mehr abnimmt, wie die Wellenkreise einer an einem Punkte in Bewegung
gesezten Wassermasse, je entfernter von dem Mittelpunkte immer schwacher werden;
dieß Phaͤnomen laͤßt sich vielleicht dadurch erklaͤren, daß der
nach allen Seiten, also auch nach der Oberflaͤche hin wirkende Druk nur so
weil die Oberflaͤche erhebt, als derselbe den Druk der Luft auf die
Oberflaͤche uͤberwindet, und endlich ins Gleichgewicht kommt, dann
faͤllt das erhobene Wasser wieder und so entsteht, indem sich der Druk weiter
fortpflanzt, eine entferntere aber schwaͤchere Wirkung in einem groͤßeren
Kreise. Wenigstens scheinen die Wellenkreise eine Erhebung an ihren Graͤnzen
zu zeigen. Hiedurch erklaͤrt sich auch, warum der Druk auf eine Ebene, welche
das Gerinne gleichsam abschließt, sich nur so weit erstrekt, als von demselben eine
geringere Geschwindigkeit, bei einem groͤßeren Querschnitte als die
urspruͤngliche des Wassers im Gerinne bewirkt wird.
Nicht minder erklaͤrt sich hiedurch., warum Fahrzeuge in Gerinnen und engen
Canaͤlen einen groͤßeren Widerstand von Wasser erleiden als im
unbegraͤnzten Wasser, indem die Seitenwaͤnde des Gerinnes jene
Wellenkreise, die, in so fern sich der Druk nach allen Seiten hin ausbreiten will,
Druksphaͤren bilden, unterbrechen und Segmente abschneiden, welche von festen
Ebenen begraͤnzt werden und wohin der Druk sich nicht weiter verbreiten
kann.
§. 5. Ist die bewegte fluͤssige Masse nicht expansibel, so bedingt die
Groͤße der Ebene in Vergleich mit dem Querschnitte der fluͤssigen
Masse die Wirkung der Kraft auf die Ebene, so wie die Aenderung der Bewegung der
fluͤssigen Masse.
Ist naͤmlich die Ebene dem Querschnitte der fluͤssigen Masse gleich,
und schließt dieselbe also des Gerinne gleichsam ab, so wird, wie bereits gedacht,
die nichtexpansible fluͤssige Masse, wie das Wasser, den ihm
entgegenstehenden Widerstand durch Anwachsen zu einem groͤßeren Querschnitte
zu uͤberwinden trachten, bis der groͤßere hydrostatische Druk des
Wassers auf die Ebene die demselben entgegenwirkende Kraft uͤberwindet und
sich die Ebene mit dem Wasser wieder fortbewegt, wobei aber dasselbe dem
groͤßeren Querschnitte gemaͤß vor der Ebene auf eine gewisse
Entfernung, und zwar so weit der Aufstau reicht, eine geringere Geschwindigkeit
angenommen hat, mithin wird nun die bewegende Kraft des Wassers auf die Ebene
unmittelbar von diesem groͤßeren Querschnitte und der geringeren
Geschwindigkeit der fluͤssigen Masse abhaͤngen.
Ist die Ebene dem Querschnitte des Wassers nicht gleich, und zwar lezterer
groͤßer, und wie man sich auszudruͤken pflegt, unbegraͤnzt, so
kann zunaͤchst wieder die Ebene, wenn keine Kraft auf dieselbe der Richtung
des Wassers entgegen wirkt, sich mit demselben mit gleicher Geschwindigkeit
fortbewegen, und es wird die Ebene mit der hydraulischen Kraft des Wassers
fortgefuͤhrt, welche von der Groͤße der Ebene, ihrer Geschwindigkeit
und der Art der fluͤssigen Masse abhaͤngt.
Wirkt aber auf die Ebene eine Kraft der fluͤssigen Masse entgegen, so kann
diese Kraft zunaͤchst so groß seyn, daß die Ebene gegen den Andrang der
fluͤssigen Masse in Ruhe bleibt. In diesem Falle muͤssen sich die
Wasserfaͤden vor der Ebene ablenken und so mittelbar durch das vor der
Ebene befindliche ruhende Wasser einen Druk auf die Ebene ausuͤben; auch hat
Daniel Bernoulli den Normaldruk der in krummen Linien vor
der Ebene abgleitenden Wasserfaͤden zu bestimmen gelehrt. So genau indeß das
Resultat der Theorie Bernoulli's mit der Erfahrung, so
wie mit dem Resultate der allgemeinen Theorie der Kraft bewegter Massen, wie sie Eytelwein vortraͤgt, hinsichtlich der Wirkung
isolirter Strahlen auf hinlaͤnglich große Ebenen uͤbereinstimmt, eben
weil bei hinlaͤnglich großen Ebenen die Bedingungen der Theorie Bernoulli's hinsichtlich des Abgleitens der
Wasserstrahlen erfuͤllt werden (obwohl die Erfahrung lehrt, daß die Ebene
wenigstens vier Mal so groß seyn muß als der Querschnitt des Strahles, und Eytelwein von einem ganz anderen Gesichtspunkte ausgeht,
und die Wirkung des Strahles als einen Stoß betrachtet, oder doch wenigstens
annimmt, daß alle Theile zum Stoße gelangen, was streng genommen nicht richtig seyn
kann, im dem die bereits angestoßenen Wassertheilchen nicht ploͤzlich
verschwinden und den uͤbrigen zum Stoße Plaz machen koͤnnen), so tritt
doch bei dem Abgleiten der Strahlen des unbegraͤnzten Wassers vor einer Ebene
ein ganz anderes Verhaͤltniß ein, da diese Strahlen, indem sie sich vor der
Ebene ablenken, zugleich auf die uͤbrigen neben der Ebene vorbeifließenden
wirken muͤssen, mithin die Bedingungen der Theorie Bernoulli's nicht mehr Statt finden.
Aus der Uebereinstimmung der Resultate der beiden gedachten Theorien mit der
Erfahrung, wonach diese Wirkung eines isolirten Strahles auf eine
hinlaͤnglich große Ebene dem Druke einer Wassersaͤule gleich ist,
welche doppelt so hoch als die der Geschwindigkeit zugehoͤrige Hoͤhe
ist, geht natuͤrlich auch der Saz hervor, daß die Wirkung des Stoßes des
Strahles dennoch vollstaͤndig bewirkt wird, obwohl die Wassertheilchen nicht
alle unmittelbar auf die Ebene ihren Stoß ausuͤben koͤnnen, und
theilweise nur mittelbar auf dieselbe wirken.
Wenn man eine Ebene im unbegraͤnzten Wasser dem Strome entgegenfuͤhrt,
so folgt das Wasser der Hinteren Ebene, und muß also auch mit einer hydraulischen
Kraft auf die Hintere Flaͤche der Ebene wirken. Bei einer dem Strome
entgegenstehenden ruhenden Ebene kann eine solche Wirkung des Wassers auf die
Hintere Flaͤche der Ebene nicht Statt finden, und es kann dasselbe durch
seine Bewegung nur einen Druk auf die vordere Flaͤche ausuͤben, obwohl
der hydrostatische Druk auf die Hintere Flaͤche der Ebene dadurch geringer
werden kann, daß das Wasser hinter der Ebene dem uͤbrigen folgen will, und
daselbst nur durch Widerstroͤme ersezt wird.
Mit der eben gedachten Normalkraft der sich vor der Ebene ablenkenden Wassertheilchen,
welche eine sich bewegende fluͤssige Masse auf eine ruhende, ihr
entgegenstehende Ebene ausuͤbt, wird man die Kraft wohl vergleichen, und man
sollte im ersten Augenblike glauben, ihr ganz gleichstellen koͤnnen, wenn man
eine Ebene im ruhenden unbegraͤnzten Wasser mit eben der Geschwindigkeit
fortbewegt, als womit das Wasser sich gegen die ruhende Ebene bewegte, wie z.B. Bossut Beobachtungen mit Ebenen oder vielmehr mit
Fahrzeugen anstellte, welche sich im ruhenden unbegraͤnzten Wasser bewegten,
indem in diesem Falle offenbar die Wassertheilchen in aͤhnlicher Art aus
ihrer Lage gedraͤngt werden, und sich vor der Ebene ablenken muͤssen,
wie sich dieselben vor der ruhenden Ebene im bewegten Wasser ablenken, nur
laͤßt es sich erwarten, daß da in dem fließenden Wasser die Wassertheile
hinter der Ebene ein Bestreben haben, sich von der Ebene zu entfernen, der Druk auf
die Hintere Flaͤche der Ebene nicht ganz so groß seyn kann, als auf die
Hintere Flaͤche einer Ebene, die sich im ruhenden Wasser bewegt; mindestens
ergeben die Beobachtungen Woltmann's den Druk des sich
bewegenden Wassers gegen eine ruhende Ebene ungefaͤhr zu 5/4 des Drukes,
welchen nach Bossut's Versuchen die bewegte Ebene in
einer ruhigen fluͤssigen Masse erleidet, wenn man bei lezterem die vom
Aufstau herruͤhrende hydrostatische Kraft abzieht. Es kann indeß seyn, daß
Woltmann seine Beobachtungen ebenfalls mit Ebenen
anstellte, welche theilweise aus dem bewegten Wasser hervorstanden, in welchem Falle
dann von dem beobachteten Druk = 5/4 des der Geschwindigkeitshoͤhe
angemessenen noch die hydrostatische Kraft abzuziehen, und der Unterschied beider
Wirkungen sehr unbedeutend seyn wuͤrde.
Man kann ferner diesen Druk, den eine ruhende Ebene in einer bewegten
fluͤssigen Masse, so wie den, welchen eine bewegte Ebene im ruhenden Wasser
erleidet, auch wohl mit dem Druke und dem Bestreben vergleichen, welchen ein jener
Ebene gleicher Theil der horizontalen Seitenflaͤche eines Gefaͤßes von
der uͤber ihr stehenden fluͤssigen Masse erleidet. Hier ist Bestreben
nach Bewegung durch Druk einer vom Wasser umgebenen Wassersaͤule; dort geht
aus der Bewegung einer von Wasser umgebenen Wassermasse, welche der Hoͤhe
einer gleichen Saͤule gemaͤß ist, Druk hervor, und so laͤßt
sich wohl der aus dem reinen Verstandesbegriffe gezogene Grundsaz, daß bei jeder
Mittheilung von Bewegung und bewegender Kraft Wirkung der Gegenwirkung gleich seyn
muß, mittelbar hier anwenden, denn diese von der Bewegung herruͤhrende
Wirkung eines Wasserstrahles muß gewiß der urspruͤnglichem Kraft gleich seyn, welche eben diese
Geschwindigkeit hervorbringen wuͤrde.
Aus diesen Gruͤnden will ich diese Kraft, welche eine ruhende Ebene im fließenden Wasser, oder
eine bewegte Ebene im ruhenden Wasser ihrer Geschwindigkeit gemaͤß erleidet,
die urspruͤngliche Kraft (l'impulsion initiale) nennen, und es geben obige
Betrachtungen zugleich ein leichtes Mittel an die Hand, die Groͤße derselben
zu bestimmen.
Es kommt uͤberhaupt bei obigen Eroͤrterungen darauf an, die Wirkung
einer mit irgend einer Geschwindigkeit gegen die ruhende Ebene fließenden
Wassermenge oder den Widerstand, welchen eine sich bewegende Ebene im ruhenden
Wasser erleidet, zu bestimmen, und obgleich in der Wirklichkeit diese
Kraftaͤußerung nur mittelbar durch das Ablenken der Wassertheile vor der
Ebene geschehen kann, und es daher natuͤrlich war, daß Daniel Bernoulli die Wirkung dieses sichtbaren Phaͤnomens
zu bestimmen suchte, so laͤßt sich doch schon aus reinen
Verstandesconsequenzen schließen, daß von jener Wirkung des betreffenden
Wasserstrahles, seiner Geschwindigkeit gemaͤß, nichts verloren gehe und man
daher die Kraft, welche in den Wasserstrahl wirkt, nach Eytelwein aus den allgemeinen Gesezen der bewegenden Kraͤfte
berechnen koͤnne, dagegen muß man bei der Theorie Bernoulli's bedenken daß, vor einer vom Wasser im unbegraͤnzten
Wasser umgebenen Ebene, das Ablenken der Wassertheilchen nicht anders geschehen
kann, als daß dieselben auch auf die umgebenden Wassermassen nach allen Seiten hin
wirken, und dadurch auf die Ebene selbst zuruͤkwirken.
Obgleich daher die ganze Wassermasse nicht nach und nach auf die Ebene unmittelbar
wirkt, so ist dieß doch mittelbar der Fall, so daß man den aus dieser
Geschwindigkeit entstehenden Druk dem gleichsezen kann, welchen eben diese
Geschwindigkeit in eben diese Wassermasse hervorbringen wuͤrde, und die
Erfahrung gibt fuͤr die Richtigkeit dieser Schluͤsse in der Anwendung
der reinen Verstandesprincipien ein sicheres Criterium, indem sie lehrt, daß beide
Wirkungen gleich sind.
So glaube ich, laͤßt sich die Art der Wirkung des unbegraͤnzten Wassers
auf Ebenen, die sich seiner Bewegung entgegenstellen, oder welche sich in dem
ruhenden Wasser bewegen wollen, vollkommen begreifen, wenn wir auch dadurch die
Wechselwirkung aller einzelnen Wassertheilchen vor und hinter der Ebene nicht genau
ermessen, und nur aus der Erfahrung die Groͤße dieser Wirkung bestimmen
koͤnnen.
Anmerkung. Wie und warum die Gestalt der Oeffnung eines
Gefaͤßes eine andere Geschwindigkeit des Strahles als die hypothetische
bedingen kann, seze ich hier als bekannt voraus, und verweise uͤbrigens in
dieser Hinsicht auf den §. 8 meiner mehrgedachten Theorie.
Es moͤchte indeß noch eines Beweises beduͤrfen, daß die der
Geschwindigkeit zugehoͤrige Hoͤhe mit der Hoͤhe einer
druͤkenden Wassersaͤule in der oben angenommenen Beziehung stehe. Denn
daß das Product 2 hfγ (nach der unten folgenden
Bedeutung der Buchstaben) dem Ausdruke fuͤr die Kraft eines Wasserstrahles
d.h. dem fuͤr die Groͤße der Quantitaͤt der Bewegung desselben
= c/2g Mγ in
arithmetischer Beziehung gleich ist, gibt wohl noch keinen apodiktischen Beweis, der
das Bewußtseyn der Nothwendigkeit bei sich fuhrt, fuͤr die Gleichheit beider,
in allen Faͤllen, den einen fuͤr den anderen substituiren zu
koͤnnen, so wie, um nur einen Fall zu erwaͤhnen, in der Mechanik immer
erst zu untersuchen ist, ob mit entgegengesezten Zeichen vorkommende Groͤßen
wirklich entgegengesezte Groͤßen sind.
Es ist naͤmlich nach Eytelwein's Handbuch der
Mechanik und Hydraulik, wenn die bewegende Kraft P der
Masse Q in der Zeit t die
Geschwindigkeit c mittheilt, diese Kraft
P = c/2gt Q,
wo g = 15 5/8 Fuß die
Fallhoͤhe eines Koͤrpers in der ersten Secunde bedeutet.
Sezt man hierin Mγ = Q, wenn naͤmlich M die in jeder Secunde
gegen die Ebene stroͤmende Wassermenge und γ das Gewicht einer kubischen Einheit des Wassers bedeutet, also in
der Zeit t das Gewicht der Wassermenge = tMγ gegen die Ebene stroͤmt und darauf
wirkt, so wird
P = c/2gt Q = c/2gt tMγ = c/2g Mγ,
welcher leztere Ausdruk bekanntlich
= c²/2g
fγ = 2 hfγ
ist, wenn f die Groͤße der
Ebene also cf = M die
Wassermenge, und h die zu der Geschwindigkeit c gehoͤrige Hoͤhe bedeuten, und also
P = c/2g Mγ = c²/2g fγ = 2 hfγ,
und das Moment dieser Kraft
Pc = c²/2g Mγ = 2 hMγ
die Quantitaͤt der Bewegung des Wasserstrahls.
Diese Quantitaͤt der Bewegung theilt sich der Ebene offenbar mit, wenn sich
die Ebene mit dem Wasserstrahle mit gleicher Geschwindigkeit bewegt.
Wenn aber auf die Ebene eine Kraft der Wirkung des Wasserstrahls entgegen wirkt, also
ein Theil dieser Quantitaͤt der Bewegung durch jene Kraft aufgehoben wird,
und also die Ebene sich mit dem Wasserstrahl nicht mehr mit gleicher Geschwindigkeit
fortbewegen kann, so kann diese Quantitaͤt der Bewegung, da die
Wassertheilchen nicht alle nach einander zur unmittelbaren Wirkung auf die Ebene
gelangen koͤnnen, nicht anders als mittelbar auf die Ebene zur Wirkung
kommen, indem die Wassertheilchen sich vor der Ebene ablenken. Wenn, um zuerst den
einfachsten Fall zu sezen, die Ebene gegen den Andrang des Wassers in Ruhe bleibt,
die auf die Ebene wirkende Kraft also so groß ist, daß die Quantitaͤt der
Bewegung des Wasserstrahls sie nicht zu uͤberwinden vermag, so muͤssen
die sich vor der Ebene ablenkenden Wassertheilchen zugleich auf die uͤbrigen
neben der Ebene vorbeifließenden eine Wirkung aͤußern, welche durch den vor
der Ebene erfolgenden Aufstand noch vergroͤßert werden, und wodurch die
Bewegung der neben der Ebene vorbeifließenden Wassertheilchen beschleunigt werden
muß. Da nun bei jeder Mittheilung von Bewegung Wirkung der Gegenwirkung gleich ist,
so muß dadurch auch eine Ruͤkwirkung auf die Hintere Flaͤche der Ebene
entstehen, welche indeß vielleicht nur durch die Erfahrung genau ermittelt werden
kann.
Die Beobachtungen Woltmann's geben die Kraft des
unbegraͤnzten Wasserstrahls auf eine ruhende Ebene im unbegraͤnzten
Wasser, womit die Ebene f gehalten werden muß, um der
Wirkung des Wassers das Gleichgewicht zu halten, also in Ruhe zu bleiben = 5/4 hMγ ; da nun die Quantitaͤt der Bewegung
des Wasserstrahls = c²/2g
Mγ = 2 hMγ ist, so ist die
Wirkung auf die Hintere Flaͤche der Ebene = 2 hMγ – 5/4 hMγ = 3/4 hMγ = 3/4 c²/4g Mγ .
Bewegt sich eine Ebene im ruhenden Wasser mit einer Geschwindigkeit c, so muͤssen sich die Wassertheilchen eben so
vor der Ebene ablenken, wie sich das mit eben der Geschwindigkeit bewegende Wasser
vor der ruhenden Ebene ablenkt, und es ist wohl kein Grund vorhanden, die Wirkung
ein und desselben Phaͤnomens nicht gleich zu sezen, so daß also die Wirkung
der sich vor der bewegten Ebene im ruhenden Wasser ablenkenden Wassertheilchen, der
Quantitaͤt der Bewegung des sich mit eben der Geschwindigkeit bewegenden
Wassers gleich seyn muß, also
= c²/2g
cfγ = c²/2g Mγ = 2 hMγ,
welche Kraft hier den Widerstand des ruhenden Wassers
bildet.
Indem sich aber die Ebene bewegt, muß das Wasser der Hinteren Flaͤche der
Ebene folgen, und also auf dieselbe mit einer hydraulischen Kraft hfγ = c²/4g fγ wirken, deren
Moment hcfγ = hMγ ist, welche also von obigem Widerstande abzuziehen ist. Es
bleibt also dieser Widerstand noch 2 hMγ –
hMγ = hMγ,
wozu noch die vom Aufstau des Wassers vor der Ebene herruͤhrende
hydrostatische Kraft kommt, wie dieß die Beobachtungen Bossut's mit Fahrzeugen im ruhenden unbegraͤnzten Wasser
bestaͤtigen.
Nimmt man an, daß die Bewegung der Ebene unendlich klein wird, d.h. daß sie in Ruhe
bleibt, sich dagegen das Wasser bewegt, so scheint es, kann man der Analogie nach
schließen, daß hier in eben der Art eine Wirkung auf die Hintere Flaͤche der
Ebene Statt finden muͤsse, welche der Geschwindigkeit des Wassers eben so
gemaͤß ist, wie vorher der Geschwindigkeit der Ebene, was dann zu eben dem
Resultat fuͤhrte, wie die obigen Betrachtungen.
In beiden Faͤllen laͤßt es sich aber erwarten, daß da das fließende
Wasser schon eine Tendenz hat, sich in der der Richtung der Ebene entgegengesezten
Richtung zu bewegen, die Ruͤkwirkung auf die Hintere Flaͤche der Ebene
nicht wohl eben so groß seyn kann, als im ruhenden Wasser; ob aber gerade, wie die
Woltmann'schen Versuche ergeben haben sollen, die auf
die Ebene als Wirkung verbleibende Kraft in allen Faͤllen = 5/4 hMγ ist, kann nur dann mit Gewißheit
uͤbersehen werden, wenn diese Versuche vollstaͤndig mitgetheilt
werden, indem schon, wenn dieselben mit Ebenen angestellt wurden, welche theilweise
aus dem Wasser hervorstanden, von jener Kraft die vom Aufstau herruͤhrende
hydrostatische Kraft abzuziehen seyn wuͤrde.
Auch ist es nicht unmoͤglich, daß die Wassertheilchen, welche nicht auf die
Ebene wirken, sondern neben der Ebene ohne Wirkung auf dieselbe vorbeifließen
wuͤrden, durch ihren Zusammenhang mit denen, welche nothwendig auf die Ebene
wirken muͤssen, ebenfalls auf die Ebene wirken, wodurch wohl die Wirkung des
sich bewegenden Wassers auf die vordere Flaͤche der Ebene ebenfalls
groͤßer wuͤrde, als auf die Hintere, welcher Fall bei dem Widerstande
des ruhenden Wassers nicht eben so vorhanden ist, und wovon also die von Woltmann beobachtete groͤßere Wirkung bis 5/4 hMγ theilweise mit herruͤhren kann.
Bewegt sich die Ebene zwar noch mit dem Wasser, aber mit geringerer Geschwindigkeit
als die urspruͤngliche des Wassers, so muͤssen sich die
Wassertheilchen in eben der Art, aber nach Maßgabe der relativen Geschwindigkeit
beider, vor der Ebene ablenken, dadurch also auch eine der relativen Geschwindigkeit angemessene
urspruͤngliche Kraft auf die Ebene bewirkt werden, welche also
= 5/4 (c – v)²/4g fγ =
5/4 h'fγ,
und das Moment derselben
= 5/4 h'f (c – v) γ = 5/4 h'Mγ,
wenn h' die zu (c – v)
gehoͤrige Hoͤhe bedeutet, wozu dann aber noch die hydraulische Kraft
nach Maßgabe der Geschwindigkeit v und eine
hydrostatische Kraft nach Maßgabe des Aufstaues des Wassers vor der Ebene
hinzukommt.
Bewegt sich die Ebene dem Strome entgegen, so wird natuͤrlich eine
urspruͤngliche Kraft nach Maßgabe der Summe beider Geschwindigkeiten des
Wassers und der Ebene, und eine hydrostatische Kraft nach Maßgabe des Aufstaues
Statt finden, in welchem Falle also die urspruͤngliche Kraft
5/4 (c + v)²/4g fγ,
und das Moment derselben
5/4 (c² + v)²/4g (c + v) fγ = 5/4 (c + v)²/4g
Mγ.
Denn ob das Wasser sich mit der Geschwindigkeit c + v, oder sich das Wasser nur mit der Geschwindigkeit c, die Ebene aber noch mit der Geschwindigkeit v dem Wasser entgegenbewegt, muß fuͤr die
urspruͤngliche Kraft gewiß ganz gleichguͤltig, so wie die auf die
Ebene in beiden Faͤllen zur Wirkung kommende Wassermenge (c + v) f = M seyn.
Es ist zu wuͤnschen, daß hieruͤber noch Versuche angestellt werden
moͤchten, um diesen wichtigen Gegenstand der Wahrheit naher zu
fuͤhren.
§. 6. Ist die auf die Ebene der Richtung der fluͤssigen Masse entgegen
wirkende Kraft nicht so groß, daß die Ebene gegen den Andrang derselben in Ruhe
bleibt, sondern bewegt sie sich mit der fluͤssigen Masse mit irgend einer
geringeren Geschwindigkeit als die urspruͤngliche Geschwindigkeit der
fluͤssigen Masse mit fort, so muß dann nach eben dem Geseze, daß Wirkung der
Gegenwirkung gleich seyn muß, das mechanische Moment der entgegen wirkenden Kraft
dem der Kraft der fluͤssigen Masse gleich seyn.
Die bewegende Kraft der fluͤssigen Masse besteht aber in diesem Falle: 1) Aus
der im vorigen Paragraph entwikelten urspruͤnglichen
Kraft nach Verhaͤltniß ihrer relativen Geschwindigkeit.
Denn so wie bei der ganz ruhenden Ebene muͤssen sich auch bei der, jedoch mit
einer geringeren Geschwindigkeit als die der fluͤssigen Masse sich bewegenden Ebene die
Wassertheilchen vor der Ebene ablenken, welche nicht mit der Ebene abfließen
koͤnnen, mithin hieraus eine der relativen Geschwindigkeit der Ebene und der
fluͤssigen Masse gemaͤße urspruͤngliche
Kraft auf die Ebene entstehen, so wie, wie wir spaͤter sehen werden,
die expansiblen fluͤssigen Massen vor Ebenen, die sich mit einer geringeren
Geschwindigkeit bewegen, als die expansible fluͤssige Masse selbst, eine der
relativen Geschwindigkeit angemessene Elasticitaͤt vor der Ebene
annehmen.
2) Aus der hydraulischen Kraft der fluͤssigen
Masse, welche von der Groͤße der Ebene, ihrer Geschwindigkeit, welche der
Geschwindigkeit der fluͤssigen Masse unmittelbar vor der Ebene gleich, und
der Art, respective dem specifischen Gewichte der fluͤssigen Masse
unmittelbar vor der Ebene abhaͤngt.
Endlich 3) wenn die Ebene zum Theil aus der nicht expansiblen fluͤssigen Masse
hervorsteht, so wird, wenn eine Kraft auf die Ebene der Richtung der
fluͤssigen Masse entgegen wirkt, ein Aufstau vor der Ebene entstehen, der
einen hydrostatischen Druk auf die Ebene hervorbringt, dessen mechanisches Moment
den beiden zuerst genannten Kraͤften hinzuzurechnen ist. Diesen
hydrostatischen Druk wollen wir, in so fern derselbe waͤhrend der Bewegung
besteht, die hydrostatische Kraft nennen.
Diese drei vorgedachten Kraͤfte bilden in diesem Falle also die Gesammtwirkung
der unbegraͤnzten fluͤssigen nicht expansiblen Masse, welche wir, wie
uͤberhaupt die jedesmalige Gesammtwirkung einer nicht expansiblen
fluͤssigen Masse den hydraulischen Druk nennen
wollen.
§. 7. Expansible fluͤssige Massen, welche sich bewegen, koͤnnen
fuͤr die Praxis als in allen Theilen ihres Querschnittes von gleicher
Geschwindigkeit und gleicher Dichtigkeit angesehen werden, wirken daher auf alle
Theile einer ihnen entgegenstehenden geraden Ebene mit gleicher Kraft.
Bleibt die Ebene in Ruhe, d.h. ist die auf die Ebene wirkende Kraft so groß, daß sie
von der Kraft der darauf wirkenden fluͤssigen Masse nicht uͤberwunden
wird, so muß dieselbe vor der Ebene nach dem Geseze, daß Wirkung und Gegenwirkung
einander gleich seyn muͤssen, eine Elasticitaͤt annehmen, eben so
groß, als die in einem Gefaͤße eingeschlossene expansible
Fluͤssigkeit, oder wie die Kraft, womit sie auf die Ebene druͤken
wuͤrde, wenn sie aus diesem Gefaͤße durch eine kleine Oeffnung mit
eben der Geschwindigkeit dringen wuͤrde, als womit sich diese
fluͤssige Masse gegen die Ebene bewegt.
Ich will daher auch diese Kraft die urspruͤngliche
pneumatische Kraft nennen.
Ist diese ganze der Geschwindigkeit gemaͤße Elasticitaͤt der
fluͤssigen Masse nicht erforderlich, die auf die Ebene wirkende Kraft zu
uͤberwinden, sondern tritt schon bei einer geringeren Elasticitaͤt
derselben, Bewegung der Ebene ein, so wird diele Elasticitaͤt der relativen
Geschwindigkeit beider der Ebene und der luftfoͤrmigen Masse gemaͤß
seyn; die Gesammtwirkung der expansiblen fluͤssigen Masse auf die sich
bewegende Ebene besteht dann also:
1) aus der gedachten urspruͤnglichen Kraft, welche von der relativen
Geschwindigkeit der Ebene und der Luft abhaͤngt;
2) aus der hydraulischen Kraft, welche von der Geschwindigkeit der Ebene, die der
Geschwindigkeit der fluͤssigen Masse unmittelbar vor der Ebene gleich seyn
muß, und der Art oder respectiven Dichtigkeit der fluͤssigen Masse
unmittelbar vor der Ebene abhaͤngt.
Beide Kraͤfte zusammen bilden die Gesammtwirkung der expansiblen
fluͤssigen Masse, welche der pneumatische Druk heißen mag.
Eine hydrostatische Kraft wie bei nicht expansiblen fluͤssigen Massen kann
hier nicht Statt finden.
Anmerkung. Wendet man diese Grundsaͤze richtig an,
so erhaͤlt man das mechanische Moment des pneumatischen lateralen oder
Seitendrukes, wenn man die in meiner Theorie der Kraft sich bewegender
fluͤssiger Massen angenommene Beziehung beibehaͤlt, wo β der Winkel ist, welchen die schiefe Ebene mit
der Normalebene auf die Richtung der Bewegung der fluͤssigen Masse
bildet.
Pv
= 1/4 g (4/3 c² + v² sin. β ) sin. β cos. β cfγ'
= 1/8 g (4/3 c² + v² sin. β ) sin. 2 β
cfγ'
= 1/4 g (4/3 c² + v² sin. β ) sin. β Mγ,
wonach der in der eben gedachten Theorie gegebene Ausdruk
fuͤr die Kraft des Windes auf Windmuͤhlenfluͤgel zu berichtigen
ist.
§. 8. Aus den hier vorgetragenen Entwikelungen gehen nun nachfolgende
Ausbruͤte fuͤr die Berechnung des hydraulischen Drukes nicht
expansibler fluͤssiger Massen, welche unter dem Namen Wasser verstanden
werden moͤgen, hervor, deren Resultate genau mit den Beobachtungen Woltmann's und Bossut's
uͤbereinstimmen, und wonach die in meiner Theorie der Groͤße der Kraft
sich bewegender fluͤssiger Massen fuͤr diesen Fall, naͤmlich
fuͤr die bewegende Kraft des unbegraͤnzten
Wassers, zu berichtigen sind, nur die Ausbruͤte fuͤr die Berechnung
des hydraulischen Drukes des Wassers in geraden und Kropfgerinnen bleiben
ungeaͤndert, jedoch ist der von dem wasserhaltenden Bogen herruͤhrende
Druk, welcher der ganzen Hoͤhe dieses Bogens proportional ist, analog mit dem
Druke des Wassers in
einer Roͤhre von gleicher Hoͤhe, mit dem Namen der urspruͤnglichen Kraft zu benennen; die
hydrostatische Kraft ist immer nur der halben Hoͤhe des Aufstaues vor der
Ebene gemaͤß.
Es sey nun:
a die Laͤnge der Ebene,
B die Hoͤhe derselben, so weit das Wasser darauf
wirkt,
f = aB der
Flaͤcheninhalt dieses Theils der Ebene, worunter also der Querschnitt der
fluͤssigen Masse unmittelbar vor der Ebene zu verstehen ist,
b die Erhebung des Wassers oder die Hoͤhe des
Aufstaues desselben vor der Ebene,
c die Geschwindigkeit der fluͤssigen Masse,
v die Geschwindigkeit der Ebene,
h die zu der relativen Geschwindigkeit (c – v) gehoͤrige Hoͤhe,
h' die zu der Geschwindigkeit der Ebene v gehoͤrige Hoͤhe,
p, die urspruͤngliche Kraft,
p' die hydraulische Kraft,
p'' die hydrostatische Kraft,
P der hydraulische Druk,
γ das Gewicht einer kubischen Einheit der
fluͤssigen Masse oder des Wassers, so ist
1) die urspruͤngliche Kraft, welche von der relativen Geschwindigkeit der
Ebene und des Wassers herruͤhrt, nach §. 6.
p = (c
– v)²/4g
aBγ = (c – v)²/4g fγ = hfγ,
wenn h die zu der relativen
Geschwindigkeit (c – v) gehoͤrige Hohe
ist.
Das mechanische Moment dieser urspruͤnglichen Kraft oder die Gesammtwirkung
derselben waͤhrend einer Zeiteinheit
p (c
– v) = (c –
v)²/4g (c – v) aBγ = (c – v)²/4g (c – v) fγ = h (c – v) fγ,
und wenn man die in Bezug auf diese Kraft zur Wirkung kommende
Wassermenge M nennt, wo
(c – v) f = Mp (c – v) = (c – v)²/4g Mγ = hMγ.
Fuͤr v = o, oder wenn die Ebene gegen den Andrang der
fluͤssigen Rasse in Ruhe bleibt, wird diese urspruͤngliche Kraft
pc = c²/4g cfγ = hcfγ =
hMγ
wie gehoͤrig (§. 5.). Denn ob eine Ebene den
Druk c²/4g fγ
erhaͤlt, und sich waͤhrend einer Zeit um c
fortbewegt, oder ob die ruhende Ebene durch die Geschwindigkeit eben den Druk empfangt,
und dieser Druk nun eine Zeiteinheit hindurch dauert, muß fuͤr die
Gesammtwirkung in eben dieser Zeit, welche wir das mechanische Moment nennen,
offenbar ganz gleich seyn.
2) Die hydraulische Kraft
p' = v²/4g aBγ = v²/4g fγ = h'fγ
und das mechanische Moment dieser Kraft
p' v = v²/4g vaBγ = v²/4g vfγ = h'vfγ,
und wenn man die in Bezug auf diese Kraft zur Wirkung kommende
Wassermenge M' = vf
nennt,
p' v = v²/4g M'γ = h'M'
γ.
Diese Kraft ist naͤmlich der bewegenden Kraft eines aus der Oeffnung eines
Gefaͤßes stroͤmenden Wasserstrahles von eben dem Querschnitt f und Geschwindigkeit v,
oder bei eben der Drukhoͤhe h' des Wassers
uͤber der gedachten Oeffnung gleich, indem das Wasser unmittelbar vor der
Ebene keine andere Geschwindigkeit haben kann, als die Ebene selbst, woruͤber
man die Paragraphen 8 und 9 der gedachten Theorie nachlesen wolle.
3) Die hydrostatische Kraft
p'' = 1/2 b²aγ = 1/2 bf
'γ,
wenn f' = ab gleich dem Flaͤcheninhalt der von dem
Aufstau bespuͤlten Ebene ist. Daher das mechanische Moment dieser
hydrostatischen Kraft
p''v = 1/2 b²avγ = 1/2 bfvγ
= 1/2 bM''γ,
wenn M'' = bf' die in Bezug auf diese Kraft waͤhrend einer Zeiteinheit zur
Wirkung kommende Wassermenge ist.
Es ist daher der hydraulische Druk, welcher aus den eben gedachten drei
Kraͤften zusammengesezt ist
P
= p + p' + p''
= (c – v)²/4g
fγ + v²/4g fγ + 1/2 bf'γ
= [(h + h') f + 1/2 bf'] γ,
und das mechanische Moment des hydraulischen Drukes, oder die
Gesammtwirkung der waͤhrend einer Zeiteinheit, theils mittelbar, theils
unmittelbar zur Wirkung kommenden Wassermenge
= p (c
– v) + p'v + p''v
= [(c – v)²/4g c – v + v²/4g v] fγ + 1/2 bf'vγ
= [[h (c
– v) + h'v] f + 1/2 bf'v] γ
= [hM + h'M' + 1/2 bM''] γ
Fuͤr v = o, oder wenn
die Ebene gegen den Andrang des fließenden Wassers in Ruhe erhalten wird, ist daher
der hydraulische Druk des Wassers dessen urspruͤngliche Geschwindigkeit c
P
= [c²/4g f + 1/2 bf'] γ
= [hf + 1/2 bf'] γ,
und das mechanische Moment oder die Gesammtwirkung
desselben
= pc + p''
v
= [c²/4g
cf + 1/2 bcf'] γ
= [hM + 1/2 bM''] γ,
indem in diesem Falle die von der Geschwindigkeit v der Ebene und des unmittelbar vor der Ebene sich
bewegenden Wassers herruͤhrende hydraulische Kraft verschwindet, die
hydrostatische Kraft aber von der Geschwindigkeit c des
Wassers abhaͤngt. Denn ob auch hier, wie bei der urspruͤnglichen
Kraft, eine Ebene den hydrostatischen Druk 1/2 bfγ, erhaͤlt, und sich die Ebene waͤhrend einer
Zeiteinheit, wo dieser Druk fortdauert, um c fortbewegt,
oder ob vor der ruhenden Ebene ein der Geschwindigkeit des Wassers c gemaͤßer Aufstau entsteht, und den
hydrostatischen Druk 1/2 bfγ, hervorbringt, und
nun waͤhrend einer Zeiteinheit fortdauert, oder auf die Ebene wirkt, muß
wohl, reinen Verstandesbegriffen gemaͤß zu schließen, fuͤr die
Groͤße des mechanischen Momentes oder der Gesammtwirkung waͤhrend
einer Zeiteinheit, ganz gleich seyn.
Um die Resultate dieser Ausdruͤke mit denen der Erfahrung zu vergleichen, will
ich nur drei der in der gedachten Theorie der Kraft sich
bewegender fluͤssiger Massen angefuͤhrten Beispiele
uͤber die Kraft des unbegraͤnzten Wassers hienach berechnen, und zwar
da das sechszehnte Beispiel wie dort berechnet bleibt, die Beispiele 17, 20 und 23
nach den Beobachtungen Bossut's, welche derselbe
§. 1033 und 1040 seiner Hydrodynamik mittheilt, woraus nachfolgende Tafel ein
Auszug ist.
Textabbildung Bd. 55, S. 200
No. des Versuchs; Anzahl der
Schaufeln des Rades; Last welche gehoben wurde in Pfunden; Dauer der Bewegung in
Secunden; Anzahl der Umdrehungen des Rades
Der Durchmesser der Welle, worauf sich die Schnur, woran das Gewicht hing,
aufwikelte, betrug den zwoͤlften Theil des Durchmessers des Rades, so daß
sich also die Kraft zwoͤlf Mal so schnell bewegte, als die Last. Der mittlere
Durchmesser des Rades betrug 2 2/3 Fuß. Die Geschwindigkeit des unbegraͤnzten
Wassers, worin sich das Rad bewegte, war 5,71 Fuß, die Laͤnge der Schaufeln
war = 5 Zoll, und wurde das Rad so gestellt, daß die Schaufeln 4 Zoll tief
eintauchten.
Es war daher nach dem ersten Versuch §. 1033. die Geschwindigkeit der
Schaufeln
Textabbildung Bd. 55, S. 201
die Geschwindigkeit der Last
1/12 · 3,82' = 0,32',
das beobachtete mechanische Moment der Last
= 0,32 · 24 = 7,68 Pfund,
wozu nach den in meiner Theorie der Kraft sich bewegender
fluͤssiger Massen etc. gegebenen Eroͤrterungen an Nebenhindernissen
noch etwa 1 Pfd. fuͤr Reibung und Steifigkeit der Seile, so wie 1 bis 2
Pfunde fuͤr den Widerstand hinzukommen, welchen bei dieser Geschwindigkeit
des Rades die Schaufeln dadurch erleiden, daß sie sich aus dem Unterwasser
hervorheben muͤssen.
Nach den gefundenen Ausbruͤten ist nun aber
1) die urspruͤngliche Kraft, da c – v = 5,71 – 3,82 = 1,89 Fuß und die dazu
gehoͤrige Hoͤhe nach der von Bossut
mitgetheilten Tabelle h = 0,06', daher das mechanische
Moment der urspruͤnglichen Kraft
p (c – v)
= h (c – v) f
γ
= 0,06 · 1,89 · 5/12 · 70 =
1,102
2) das mechanische Moment der hydraulischen Kraft,
da die zu v
= 3,82' gehoͤrige Hoͤhe h = 0,241'
= 0,06 · 1,89 · 5/12 · 4/12
· 3,82 · 70 =
8,954
3) das mechanische Moment des hydraulischen Drukes = 10,056, wozu also nach den in
der gedachten Theorie gegebenen Eroͤrterungen nur ein kleiner Zusaz
fuͤr die hydrostatische Kraft kommen wuͤrde, also der Aufstau vor den
Schaufeln nur sehr gering seyn und außer Acht gelassen werden kann.
Nach dem dritten Versuche, §. 1040, ist, wenn man bei dieser groͤßeren
Belastung des Rades von 40 Pfund den Aufstau vor den Schaufeln, mit
Beruͤksichtigung des niedrigeren Standes des Unterwassers hinter den
Schaufeln zu 1 1/2 Zoll sezt, zunaͤchst:
1) die Geschwindigkeit der Schaufeln
Textabbildung Bd. 55, S. 201
3) das beobachtete mechanische Moment der Last, exclusive der Nebenhindernisse =
0,272 · 40 = 10,88 Pfd.,
4) das mechanische Moment des hydraulischen Drukes, und zwar:
a)
das der urspruͤnglichen Kraft, da c – v = 5,71
– 3,26 = 2,45, die dazu gehoͤrige Hoͤhe h = 0,0993
p (c – v) = 0,0993 · 5/12
· 11/24 · 2,45 · 70 =
3,233 Pfd.
b)
das der hydraulischen Kraft, da v = 3,26 und die dazu gehoͤrige Hoͤhe h' = 0,176'
p'v = 0,176 : 5/12 ·
11/24 · 3,26 · 70 =
7,661 –
c)
das der hydrostatischen Kraft
p''v = 1/2 · 3/24
· 3/24 · 5/12 · 3,26 · 70 =
0,742 –
weil der Aufstau = 1 1/2 Zoll = 3/24 Fuß gesezt worden
ist,
d)
das des hydraulischen Drukes
–––––––––
= p (c – v) + p'v + p''v =
11,636 Pfd.
Nach dem 15ten Versuch, § 1040, ist
1) die Geschwindigkeit der Schaufel
Textabbildung Bd. 55, S. 201
2) die Geschwindigkeit der Last
1/12 · 2,272 = 0,189',
3) das beobachtete mechanische Moment der Last, exclusive
der Nebenhindernisse
= 0,189 · 64 = 12,096 Pfd.
Nimmt man nun an, daß bei dieser großen Belastung des Rades das Wasser sich beinahe
bis zur Hohe der Schaufeln aufgestaut hat, und daß das Wasser hinter den Schaufeln
tiefer stehen muß, als wenn das Rad nicht belastet ist, so wird man diesen Aufstau
wohl zu 2 Zoll rechnen duͤrfen. Es ist daher
4)
das mechanische Moment der urspruͤnglichen
Kraft, da (c – v) = 5,71 – 2,272 = 3,438 und die dazu
gehoͤrige Hoͤheh = 2,3419'' =
0,195' ist
p (c – v) = 0,195 · 5/12
· 6/12· 3,438 · 70 =
9,777 Pfd.
5)
das der hydraulischen Kraft
p'v = 0,0854 · 6/12
· 6/12 · 2,272 · 70 =
2,492 –
6)
das der hydrostatischen Kraft
p''v = 1/2· 1/6
· 1/6 · 5/12 · 2,272 · 70 =
0,920 –
7)
daher das mechanische Moment des hydraulischen
–––––––––
Drukes = p (c – v) + p'v + p''v =
13,189 Pfd.
Vergleicht man dieses mechanische Moment des hydraulischen Drukes mit dem
beobachteten, so sieht man, daß dasselbe nur 1 Pfd. groͤßer ist, welcher
Ueberschuß ungefaͤhr fuͤr Reibung und Steifigkeit der Seile in
Rechnung gebracht werden muß, und daß fuͤr den Widerstand, welchen die
Schaufeln, indem sie sich aus dem Unterwasser erheben, erleiden, bei dieser geringen
Geschwindigkeit derselben wenig zu rechnen ist.
Jedoch haͤtte der Aufstau fuͤr die hydrostatische Kraft oder vielmehr
der Unterschied zwischen Ober- und Unterwasser an der tiefsten Schaufel auch
wohl noch etwas groͤßer gesezt werden koͤnnen. Uebrigens gelten die in
der gedachten Theorie gemachten Bemerkungen hinsichtlich der Abnahme der
hydraulischen Kraft und des Anwachsens der urspruͤnglichen Kraft bei der
groͤßeren Belastung und der geringeren Geschwindigkeit des Rades, so wie die
daraus gezogenen Schluͤsse nur, wenn die vom Aufstau herruͤhrende
hydrostatische Kraft gering ist, und in den meisten Faͤllen außer Acht
gelassen werden kann.
§. 9. Bewegt sich eine Ebene im ruhenden Wasser, wie bei den Versuchen Bossut's mit Fahrzeugen, so faͤllt, wie bereits
bemerkt wurde, die hydraulische Kraft weg, indem dieß diejenige Kraft ist, welche
eine sich bewegende fluͤssige Masse nach Verhaͤltniß ihrer
Geschwindigkeit auf die sich mit ihr mit gleicher Geschwindigkeit bewegende Ebene
ausuͤbt; die urspruͤngliche Kraft aber,
welche von der Bewegung der Ebene gegen das ruhende Wasser herruͤhrt, indem sie dasselbe
zwingt, nach den Seiten abzugleiten, wuͤrde eben so groß seyn, als ob sich
das Wasser mit eben der Geschwindigkeit gegen die ruhende Ebene bewegte (indem, wie
gedacht, beide Wirkungen sehr wohl mit dem Druke oder dem Bestreben nach Bewegung,
welches von einer entsprechenden Wassersaͤule auf die horizontale
Seitenflaͤche eines Gefaͤßes ausgeuͤbt wird, verglichen werden
koͤnnen §. 5), wenn nicht, wie erwaͤhnt, durch die Bewegung des
fließenden Wassers der Druk auf die Hintere Flaͤche der Ebene um etwas
geringer, also die verbleibende Kraft auf die vordere Flaͤche um etwas
groͤßer waͤre, und zwar nach Woltmann's
Beobachtungen um ein Viertheil des ganzen Druks, von welchem Ueberschuß man jedoch
noch die hydrostatische Kraft abzuziehen hat, wenn die Ebene theilweise aus dem
Wasser hervorsteht, und diese Versuche in der Art gemacht seyn sollten.
Diese urspruͤngliche Kraft gegen bewegte Ebenen im ruhenden Wasser ist daher,
wenn v die Geschwindigkeit der Ebene ist
p = v²/4g aBγ = v²/4g
fγ,
und das mechanische Moment derselben
pv = v²/4g fvγ = hfvγ =
hMγ,
wenn M = fv die auf die Ebene (mittelbar) zur Wirkung kommende Wassermenge ist.
Steht die Ebene theilweise aus dem Wasser hervor, so muß sich ein Aufstau des Wassers
vor der Ebene erzeugen, welcher einen hydrostatischen Druk = 1/2 b² aγ auf die
Ebene hervorbringt, wenn man die §. 8. gewaͤhlte Bezeichnung
beibehaͤlt, und welche wir die hydrostatische Kraft genannt haben, deren
mechanisches Moment, welches in beiden Faͤllen wohl richtiger mit dem
allgemeinen Namen einer Gesammtwirkung belegt wuͤrde, also von der
Geschwindigkeit des Wassers oder im anderen Falle von der der Ebene
abhaͤngt.
Diese Gesammtwirkung ist daher, wenn die Ebene sich im ruhenden Wasser bewegt
p''v = 1/2 b² avγ = 1/2 bf'vγ,
wenn die Ebene aber im fließenden Wasser von der
Geschwindigkeit v in Ruhe erhalten wird
p''v = 1/2 b² avγ = 1/2 bf'vγ
jener gleich, wenn man die Geschwindigkeit des Wassers mit v bezeichnet.
Endlich ist der hydraulische Druk
P = p + p'',
und zwar, wenn die Ebene gegen ruhendes Wasser bewegt wird
P
= v²/4g aBγ + 1/2 b² aγ = [v²/4g B + 1/2
b²] aγ
= [hB + 1/2 b²] aγ
= [hf + 1/2 bf'] γ.
Dagegen wenn die Ebene gegen den Andrang des fließenden Wassers in Ruhe erhalten
wird
P = 5/4 c²/4g aBγ
nach den Beobachtungen Woltmann's,
und worin wahrscheinlich die hydrostatische Kraft schon mit begriffen ist.
Daher ist das mechanische Moment des hydraulischen Druks oder die Gesammtwirkung
desselben waͤhrend einer Zeiteinheit, und zwar auf eine bewegte Ebene im
ruhenden Wasser
Pv
= [v²/4g Ba + 1/2 b²a] vγ = [v²/4g f + 1/2 bf'] vγ
= [hf + 1/2 bf'] vγ =
[hM + 1/2 bM'']
γ,
wenn M und M'' die in Bezug auf jede dieser Kraͤfte zur Wirkung kommenden
Wassermengen bedeuten.
Das mechanische Moment des hydraulischen Druks des fließenden Wassers auf eine gegen
den Andrang desselben in Ruhe bleibende Ebene ist nach §. 6.
Pc = 5/4 c²/4g fcγ = 5/4 hfcγ = 5/4 hMγ,
wenn h die zu der Geschwindigkeit
c gehoͤrige Hoͤhe ist.
Wird in dem Ausdruk fuͤr das mechanische Moment des hydraulischen Druks auf
Ebenen, die sich im ruhenden Wasser bewegen, bei einer geringen Geschwindigkeit der
Ebene der Aufstau, welcher zwar nie ganz verschwinden kann, so klein, daß derselbe
außer Acht zu lassen ist, so wird b = o daher das mechanische Moment dieses hydraulischen
Druks
Fv = v²/4g fvγ = v²/4g Mγ = hMγ.
Wird ein Fahrzeug dem Strome eines fließenden Wassers entgegengezogen, so
faͤllt natuͤrlich ebenfalls die hydraulische Kraft weg, und es kommt
fuͤr die urspruͤngliche Kraft die Geschwindigkeit des Stromes zu der
Geschwindigkeit des Fahrzeuges noch hinzu, daher ist in diesem Falle der Widerstand
oder der hydraulische Druk, wenn c die Geschwindigkeit
des Stromes
P
= v²/4g fγ + c²/4g fγ + 1/2 bf'γ
= [1/4g (v² + c²) f + 1/2 bf'] γ,
und die Gesammtwirkung waͤhrend einer Zeiteinheit oder
das mechanische Moment dieses hydraulischen Drukes
= [v²/4g
vf + c²/4g
cf + 1/2 bf'] γ
= [1/4g (v² + c³) f + 1/2 bf'v] γ.
§. 10. Ist die Ebene in den im vorigen Paragraph eroͤrterten
Faͤllen unter irgend einem Winkel α gegen
die Richtung der Bewegung des Wassers geneigt, so wird der hydraulische Druk auf
diese schiefe Ebene ebenfalls aus den beiden Kraͤften, der
urspruͤnglichen und der hydrostatischen Kraft bestehen.
Was zuerst die urspruͤngliche Kraft nach der Richtung der Bewegung EA in Fig. 9 betrifft, so kann
man dieselbe in zwei Kraͤfte zerlegen, wovon die eine EF mit der Ebene parallel derselben nichts thut,
die andere FA normal auf die Ebene wieder in zwei
Kraͤfte zerlegt werden kann, wovon die eine FC normal auf die Richtung der Bewegung durch andere Kraͤfte
aufgehoben werden muß, und die bei Fahrzeugen, wo beide Ebenen unter ein und
demselben Winkel gegen einander und gegen die Richtung der Bewegung geneigt sind,
sich gegenseitig aufheben; die andere aber CA der
Theil der urspruͤnglichen Kraft oder des Widerstandes ist, welcher nach der
Richtung der Bewegung auf die schiefe Ebene bewirkt wird.
Ist nun
EA = p = v²/4g aBγ =
v²/4g fγ =
hfγ
die urspruͤngliche Kraft des Wassers, dem normalen Querschnitt gemaͤß, sey es auf eine
ruhende Ebene von der Groͤße dieses Querschnittes im fließenden Wasser, oder
auf eine solche sich bewegende Ebene im ruhenden Wasser, so ist
FA
= p sin. α
und
AC
= p sin.² α
= v²/4g f sin.² αγ = hf sin.² αγ,
daher das mechanische Moment dieser urspruͤnglichen
Kraft, da sich jeder Punkt der Ebene nach dieser Richtung CA mit der Geschwindigkeit v bewegt
pv sin.² α =
v²/4g fv
sin.² αγ = hfv sin.² αγ = hM sin,
αγ,
wenn M = fv
sin. α die in einer Zeiteinheit in Bezug auf diese Kraft zur Wirkung
kommende Wassermenge, deren Querschnitt f sin. α
oder die Projection der schiefen Ebene, auf den auf die Richtung der Bewegung
normalen Querschnitt des Wassers ist.
Daß diese Ausdruͤke mit Beobachtungen uͤber die Kraft des bewegten
Wassers auf ruhende Ebenen uͤbereinstimmen, geht aus den von Woltmann in dem Anhange zu seiner Theorie des
hydrometrischen Fluͤgels mitgetheilten Tafeln uͤber den parallelen
Druk des Wassers auf ruhende Ebenen hervor, woraus man zugleich sieht, daß auch bei
schief dem Strome entgegenstehenden Ebenen aus dem angefuͤhrten Grunde, so
wie, weil noch eine hydrostatische Kraft hinzukoͤmmt, die Kraft etwas
groͤßer ist, als der Ausdruk
v²/4g fv sin.²
αγ = P
sin.² α.
nach Woltmann's Bezeichnungsart
ergeben wuͤrde.
Kennt man die Projection der schiefen Ebene auf den normalen Querschnitt des Wassers,
z.B. den normalen Querschnitt des Fahrzeuges, so ist, wenn dieser Querschnitt durch
f'' bezeichnet wird,
f'' = f/sin. α.
Daher die urspruͤngliche Kraft
v²/4g f'' v sin.
αγ = h f'' v sin.
αγ.
Ferner werden wir nun die hydrostatische Kraft fuͤr
diesen Fall zu bestimmen haben, welche von dem sich vor der Ebene aufstauenden
Wasser herruͤhrt, indem dem hydrostatischen Druke des tieferen Theiles des
Wassers von dem Wasser hinter der Ebene das Gleichgewicht gehalten wird.
Diese Kraft wirkt urspruͤnglich normal auf die Ebene, welche daher die
Richtungslinie dieser Kraft ist, von der die Gesammtwirkung waͤhrend einer
Zeiteinheit abhaͤngt.
Ist diese hydrostatische Kraft
FA = p₀'' = 1/2 b² aγ . Fig. 10.
und bewegt sich die Ebene um AE = BC = v
in dieser Richtung fort, so ist, wenn man diese Kraft in zwei andere nach FD und DA
zerlegt, die Kraft FD normal auf die
Richtungslinie der Bewegung diejenige, welche von anderen Kraͤften aufgehoben
werden muß und bei Fahrzeugen mit spizen Vordertheilen sich gegenseitig selbst
aufhebt.
Die Kraft DA aber nach der Richtung der
Bewegung
DA = p₀'' sin. α = p''.
Bewegt sich nun die Ebene mit der Geschwindigkeit C'B' =
CB = AE
fort, so ist AB die Geschwindigkeit dieser Kraft, und es folgt aus dem Parallelogramm der Geschwindigkeiten,
daß wenn die Geschwindigkeit der Kraft p₀'' = AB = 1 ist, die
Geschwindigkeit der Kraft DA oder p'' = 1/sin. α ist =
AE.
Mithin ist das mechanische Moment dieser Kraft p'':
Textabbildung Bd. 55, S. 207
Ist a die Laͤnge der Projection der schiefen Ebene
oder die lange des auf die Richtung der Bewegung normalen Querschnittes des
Fahrzeuges, so wird dieses mechanische Moment der hydrostatischen Kraft, da a = a/sin. α
Textabbildung Bd. 55, S. 207
Daher in diesem Falle der hydraulische Druk
Textabbildung Bd. 55, S. 207
und das mechanische Moment desselben
Textabbildung Bd. 55, S. 207
Daß die Resultate dieser Ausdruͤke mit den Beobachtungen Woltmann's mit ruhenden Ebenen im bewegten Wasser uͤbereinstimmen,
ist bereits erwaͤhnt worden, daß sie aber auch mit denen von Bossut mit bewegten Ebenen im ruhenden Wasser
uͤbereinstimmen, davon moͤgen folgende Beispiele einen
hinlaͤnglichen Beweis liefern.
Die Fahrzeuge, womit Bossut seine Beobachtungen anstellte,
indem sie im ruhenden unbegraͤnzten Wasser bewegt wurden, hat derselbe mit
Nummern bezeichnet, wovon hier nur diejenigen erwaͤhnt werden, welche mit
einem geraden Hintertheile versehen waren, indem da, wo auch dieses durch gegen
einander geneigte Ebenen gebildet wird, der Widerstand aus den angegebenen
Gruͤnden geringer wird.
Diese Fahrzeuge bestanden aus einem Parallelepipedum, dessen Grundflaͤche ein
Rectangel ABCE, dessen Breite AB= 19 Zoll 8 Linien Pariser Maaß, und dessen
Laͤnge BC = 6 Fuß 1 Zoll war. Bei Nr. 9
bildete eine rechtekige gerade Flaͤche AB
den Vordertheil. Fig. 11.
Bei Nr. 10 wurde vor dieser rechtekigen Flaͤche ein Vordertheil ADB angebracht, dessen Grundflaͤche einen
gleichschenklichten Triangel bildete, dessen Hoͤhe DH 9 Zoll 9 1/2 Linie betrug.
Bei Nr. 11 hatte der eben gedachte Triangel eine Hoͤhe DH von 19 Zoll 8 Linien.
Die Beobachtungen selbst theilt Bossut in den Paragraphen
891 bis 899 mit, wovon nachfolgende hier ihren Plaz finden moͤgen.
Hinsichtlich der Hoͤhe des Aufstaues ist zu bemerken, daß in den nachfolgenden
Tafeln in den Beispielen, wo von Bossut nur der Aufstau
an der Spize beobachtet und angegeben ist, derselbe an den Seiten und danach die
mittlere Hoͤhe des Aufstaues so groß angenommen wurde, als er bei anderen
aͤhnlichen Beobachtungen Bossut's daselbst
gefunden wurde.
Textabbildung Bd. 55, S. 208
Nummer des Versuches; Nummer des
Fahrzeuges; Steigungswinkel der Ebenen; Laͤnge der Ebene; Laͤnge
der Projection der Ebene; Tiefe, zu welcher das Fahrzeug eintaucht; Hoͤhe
des Aufstaues vor der Ebene in Pariser Linien; Anzahl der halben Secunden, worin
50 Fuß durchlaufen wurden; Geschwindigkeit der Ebene; Die der Geschwindigkeit v
zugehoͤrige Hoͤhe; Von der Theorie; Hydraulischer Druk;
Hydrostatische Kraft; Urspruͤngliche Kraft; Nach der Teorie; Nach der
Erfahrung
Spaͤter stellte Bossut mit einem aͤhnlichen
Prisma noch eine Reihe Versuche in eben der Art uͤber den Widerstand des
unbegraͤnzten Wassers an; die Laͤnge des prismatischen Fahrzeuges
betrug bei diesen Versuchen 4 Fuß, die Breite 2 Fuß und der Winkel der Spize des
Vordertheiles variirte von 12 zu 12 Grad, von 12 bis zu 180 Grad. Die Fahrzeuge
wurden so belastet, daß sie 2 Fuß tief eintauchten. Die in folgender Tafel
berechneten Resultate moͤgen auch hier von der vortrefflichen
Uebereinstimmung der Theorie mit der Erfahrung sowohl bei den
groͤßten als den kleinsten Winkeln einen Beweis liefern.
Berechnung eines der folgenden Beispiele, und zwar Nr. VI, wo α = 84°.
Es ist:
v = 96/77,50 = 1,24' = 14,68'', daher nach der von Bossut mitgetheilten Tabelle
h = 0,297'' = 0,0247';
f'' = aB =
2 · 2 = 4.
Die Laͤnge der schiefen Ebene
α = a,/sin. α = 2/sin.
84° = 2,01'.
Daher der hydraulische Druk
P = [hf'' sin. α +
1/2 b² a,/sin. α] γ.
– [0,0247' · 2 · 2 0,09945 + 1/2 ·
1/6 · 1/6 2,01] 70
= 6,88 + 1,95 = 8,83 Pariser Pfund.
Textabbildung Bd. 55, S. 210
Nummer des Versuches; Winkel an der
Spize des Vordertheiles; Steigungswinkel der schiefen Ebenen; Laͤnge der
Ebene; Laͤnge der Projection der Ebene; Tiefe, zu welcher das Fahrzeug
eintaucht; Hoͤhe des Aufstaues vor der Ebene in Pariser Linien; Anzahl
der Secunden, worin 96 Fuß durchlaufen wurden; Geschwindigkeit der Ebene; Die
der Geschwindigkeit v zugehoͤrige Hoͤhe; Nach der Theorie;
Hydraulischer Druk; Die hydrostatische Kraft; Die urspruͤngliche Kraft;
Nach der Erfahrung
Hienach wird man nun leicht im Stande seyn, die noch stehen gebliebenen
Maͤngel im Vertrage an sich evidenter kehren meiner Theorie der Kraft sich
bewegender fluͤssiger Massen, so wie die daraus entstandenen Rechnungsfehler
zu berichtigen.
§. 11. Noch moͤchte es hier nicht am unrechten Orte seyn, einstweilen
schließlich die Hauptformeln fuͤr die Berechnung der Kraft expansibler fluͤssiger Massen mitzutheilen; und es
ist, wenn man die mitgetheilten Beobachtungen Woltmann's
dabei mit zum Grunde legt, 1) der pneumatische Druk des Windes auf eine dem
Luftstrome normal entgegenstehende Ebene, z.B. auf ein Segel, welches sich in der
Richtung des Windes bewegt, wenn man die bisherige Bezeichnungsart
beibehaͤlt, wonach c die Geschwindigkeit des
Windes, v die der Ebene, γ' das Gewicht der Luft:
Textabbildung Bd. 55, S. 211
2) Weicht eine schief dem Winde entgegenstehende Ebene nach irgend einer Richtung AB, Fig. 12 aus, welche mit
einer Normale AC auf die Richtung des Windes den
Winkel δ macht, so ist das Moment des
pneumatischen Drukes
Textabbildung Bd. 55, S. 211
wird v = o, oder fragt man nur nach dem Bestreben nach Bewegung, wie Woltmann seine Versuche anstellte, so ist dieß Moment
Textabbildung Bd. 55, S. 211
3) Hieraus wird der eigentliche sogenannte pneumatische schiefe Druk, wenn
naͤmlich δ = 45° und die Richtung
der Bewegung BA normal auf die schiefe Ebene, also
δ = α
ist
Textabbildung Bd. 55, S. 211
Wird hierin v = o, so wird,
wie bei den Versuchen Woltmann's Pc = 4/3 c²/4g · cf cos. βγ,
und die urspruͤngliche pneumatische Kraft
Textabbildung Bd. 55, S. 211
4) Wird δ = 90°, oder fraͤgt man
nach dem Momente des Paralleldrukes,
Textabbildung Bd. 55, S. 211
und wenn v = o, oder wenn, wie bei den Versuchen Woltmann's, die Ebene in Ruhe bleibt,
Textabbildung Bd. 55, S. 212
5) Wird δ = o, oder
fraͤgt man nach dem pneumatischen lateralen oder Seitendruk, wie bei
Windmuͤhlen, so wird
Textabbildung Bd. 55, S. 212
und wenn hierin v = o, oder wenn die Ebene in Ruhe bleibt,
Textabbildung Bd. 55, S. 212