Titel: | Ueber das unter dem Namen der Cagniardelle bekannte Schraubengebläse. Vorgetragen am 16. Mai 1834 von Hrn. Cagniard-Latour in der Sizung der Akademie der Wissenschaften in Paris. |
Fundstelle: | Band 55, Jahrgang 1835, Nr. XXXIV., S. 212 |
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XXXIV.
Ueber das unter dem Namen der Cagniardelle
bekannte Schraubengeblaͤse. Vorgetragen am 16. Mai 1834 von Hrn. Cagniard-Latour in der Sizung der Akademie der
Wissenschaften in Paris.
Aus dem Bulletin de la
Société d'encouragement. Oktober 1834, S. 389.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Ueber das unter dem Namen der Cagniardelle bekannte
Schraubengeblaͤse.
Ich habe mir in gegenwaͤrtiger Abhandlung die Aufgabe gesezt, die
merkwuͤrdigen Resultate der Anwendung des Schraubengeblaͤses an den
Huͤttenwerken bekannt zu machen, indem es diesen Resultaten gemaͤß
scheint, daß man sich in Zukunft an den Hohoͤfen keiner anderen Art von
Geblaͤse zu bedienen hat, wenn man dieselben mit dem moͤglich
groͤßten Vortheile betreiben will.
Da sich die Umstaͤnde, die mich auf die Erfindung des
Schraubengeblaͤses brachten, in einiger Hinsicht an jene Methoden
knuͤpfen, die man in lezter Zeit zum Behufe des Eindampfens gewisser
Fluͤssigkeiten in Vorschlag brachteHr. Brame Chevalier zeigte in einer Abhandlung,
welche H. Dumas am 25. November 1833 der Akademie
der Wissenschaften vorlegte, an, daß er es durch Anwendung von heißer Luft zum
Eindiken des Runkelruͤbensyrupes zu einem Mehrertrage an Producten
gebracht habe, der je nach der Qualitaͤt der angewendeten Substanzen
6 bis 8 Proc. betraͤgt. A. d. O., so glaube ich dieser Umstaͤnde hier in Kuͤrze
erwaͤhnen zu muͤssen.
Ich bemerkte im Jahre 1809, wo ich mich mit verschiedenen theoretischen
Untersuchungen uͤber den Gyps zu beschaͤftigen anfing, daß, wenn ich
eine Aufloͤsung des schwefelsauren Kalkes aus den Steinbruͤchen des
Montmartre bei der Siedhize und ohne Beruͤhrung mit der Luft abdampfte, ich
einen schwefelsauren Kalk erhielt, der sich nicht als Gyps verwenden ließ. Ich
wollte daher wissen, ob dasselbe Verhaͤltniß auch dann obwalte, wenn die
Aufloͤsung nur bei 60° und unter Zutritt der atmosphaͤrischen
Luft abgedampft wuͤrde. Ich trieb zu diesem Behufe mit Huͤlfe eines
gewoͤhnlichen Blasebalges Luft in die Aufloͤsung, wobei ich jedoch
alsbald bemerkte, daß die eingetriebene Luft bei dem Durchgange durch die auf die
angegebene Weise erwaͤrmte Fluͤssigkeit bedeutend an Volumen zunahm,
indem sie eine große Menge Wasserdampf aufnahm. Dieß brachte mich auf die Idee, daß
diese Luft, indem sie ein Gewicht verlieren muß, welches dem Gewichte des Wassers,
das sie aus der Stelle treibt, gleichkommt, beim Emporsteigen vom Grunde der
Fluͤssigkeit an die Oberflaͤche derselben eine Triebkraft geben
muͤßte, die zum Betriebe des Blasebalges hinreichend waͤre; d.h. mein
Apparat muͤßte, wenn er ein Mal in Bewegung gesezt ist, von selbst arbeiten,
wenn der zur Eindikung dienende Kessel immer eine gehoͤrige Quantitaͤt
Fluͤssigkeit enthielte, und wenn diese Fluͤssigkeit immer auf
gehoͤriger Temperatur erhalten wuͤrde.
Um nun diesen Zwek zu erreichen, brachte ich ein Eimerrad, welches die ganze
Laͤnge des Kessels einnahm, in die Aufloͤsung. Die Windroͤhre
war so gestellt und angebracht, daß die Luft, welche unter das Rad trat, in die
Eimer, deren Muͤndung nach Unten gelehrt war, eintrat, und daß das Rad also
durch die Gewalt, mit der die Luft emporzusteigen strebte, in Bewegung gesezt
wurde.
Ich haͤtte mich zum Eintreiben der Luft in die Windroͤhre desselben
Geblaͤses bedienen koͤnnen, dessen ich mich vorher bediente; allein
ich dachte es waͤre interessanter, wenn ich mich zu diesem Behufe eines
rotirenden Geblaͤses bedienen wuͤrde, weil man dann nur das
Geblaͤse und das Rad durch eine Verzahnung mit einander in Verbindung zu
sezen brauchte, um zu bewirken, daß beide Mechanismen einander gegenseitig in
Bewegung sezen.
Ich sann daher auf ein Geblaͤse, welches folgende Bedingungen
erfuͤllte: 1) sollte dasselbe eine unmittelbare und continuirliche rotirende
Bewegung haben; 2) sollte es keine Ventile haben; 3) sollte es beinahe keine Reibung
und folglich auch keine Reparatur bedingen; 4) endlich sollte zu dessen Bewegung so wenig Triebkraft
als moͤglich erforderlich seyn.
Nach einigem Nachdenken ergab sich mir, daß die Loͤsung dieses complicirten
Problemes vielleicht in der einfachen Archimed'schen
Schraube gelegen seyn duͤrfte; d.h. daß, indem diese Schraube bei
gehoͤriger Neigung, und wenn man sie nach der einen Richtung dreht, das
Wasser in der Luft emporzuheben vermag, sie durch eine Bewegung nach
entgegengesezter Richtung die Luft auch in die Fluͤssigkeit hinab treiben
muͤßte, wenn man dieselbe beinahe bis zur Mitte ihrer oberen Muͤndung
getaucht erhielte. Ich beeilte mich die Anwendung dieses neuen Principes mit einer
hoͤlzernen Schraube, so wie man sich ihrer bei den
Entwaͤsserungsarbeiten bedient, zu erproben, fand jedoch hiebei, daß die
Fugen der Schraubenwindungen, wenn sie auch dem Wasser keinen merklichen Durchgang
gestatteten, doch die Luft so leicht durchdringen ließen, daß dieselbe, sobald sie
nur einigen Druk erlitt, im Inneren der Schraube emporstieg, anstatt durch deren
untere Muͤndung auszutreten.
Da mir ein zweiter Versuch, den ich mit einer Schraube anstellte, deren Fugen genauer
als gewoͤhnlich schlossen, kaum bessere Resultate gewaͤhrte, so goß
ich geschmolzenen Talg in die Schraube, indem ich glaubte, daß dieser fette
Koͤrper in die Fugen eindringen und dieselben vollkommen verschließen
wuͤrde. Ich fand nun auch wirklich, daß diese Schraube, wenn sie auf die
angegebene Weise untergetaucht gehoͤrig gedreht wurde, die Luft, die sie bei
jeder Umdrehung an der Oberflaͤche aufnahm, unter die Fluͤssigkeit
hinabschaffte, und daß dieß selbst dann geschah, wenn diese Umdrehung sehr langsam
erfolgte: so daß also, wenn man das untere Ende der Schraube unter eine mit Wasser
gefuͤllte Gloke brachte, diese schnell mit der Luft erfuͤllt wurde,
die sich an dem unteren Ende der Schraube gleichwie aus der Windroͤhre eines
Geblaͤses entwikelte.
Gesezt nun, die eben erwaͤhnte Gloke communicire an ihrem Scheitel mit einer
gebogenen Roͤhre, deren Ende unter das Eimerrad fuͤhrt, und dieses Rad
selbst stehe durch eine Verzahnung und durch ein dem Cardan'schen aͤhnliches Gefuͤge mit der
Geblaͤsschraube in Verbindung. Gesezt ferner, die Luft nehme in Folge der
Beruͤhrung, in die sie mit dem heißen Wasser kam, einen fuͤnf Mal
groͤßeren Raum ein, als fruͤher, wie es denn bei einer Temperatur von
75° R. auch wirklich der Fall ist, so erhellt klar, daß das Rad, wenn sich
dasselbe umdreht, nicht bloß die Schraube in Bewegung sezen, sondern auch noch eine
verschieden anwendbare dynamische Wirkung hervorbringen wird; denn die Schraube
darf, um die Luft unter das kalte Wasser zu treiben, nicht mehr als den
fuͤnften Theil jener Kraft verbrauchen, welche durch das Emporsteigen der Luft im warmen Wasser
erzeugt wird.
Diese Resultate ergaben sich auch wirklich mit einer Maschine, die ich nach dem eben
beschriebenen Principe erbauen ließ, und uͤber welche Hr. Carnot am 8. Mai 1809 der Akademie in Paris einen sehr
guͤnstigen Bericht erstattete.Man findet diesen Bericht im Bulletin de la
Société d'encouragement, 9e
année S. 44 Dieselbe Maschine wurde uͤbrigens auch bei dem folgenden
zehnjaͤhrigen Preisconcurse ehrenvoll erwaͤhnt.Diese Erwaͤhnung lautete folgender Maßen: „Hr. Cagniard-Latour ist der Erfinder einer
Feuermaschine (machine à feu),
uͤber welche die Commission des Institutes einen sehr
guͤnstigen Bericht erstattete. Die Classe der physikalischen und
mathematischen Kuͤnste ist der Ansicht, daß diese Maschine sehr
nuͤzliche Anwendung finden duͤrfte; und sollte sich dieß
durch die Erfahrung bewahrt zeigen, so kann der Erfinder bei dem
naͤchsten Concurse gerechte Anspruͤche auf einen Preis
machen.“ A. d. O.
Ich benuzte den vollstaͤndigen Apparat, so wie ich denselben oben beschrieben
habe, uͤbrigens bisher noch zu nichts Anderem, als zum Eindampfen; er
duͤrfte sich auch besonders in dieser Hinsicht, und hauptsaͤchlich in
jenen Faͤllen, in welchen das Eindampfen gewisser Fluͤssigkeiten
mittelst heißer Luft von besonderem Vortheile ist, sehr nuͤzlich
erweisen.
Was das Schraubengeblaͤse betrifft, so will ich mich uͤber den Nuzen,
den dasselbe sowohl in Frankreich, als anderwaͤrts der Industrie brachte,
nicht weiter verbreitenHr. Roard, der das Schraubengeblaͤse zuerst
im Großen in Anwendung brachte, bedient sich desselben seit dem Jahre 1812
in seiner Bleiweißfabrik zu Clichy, um Kohlensaͤure in die
Aufloͤsungen von basisch essigsaurem Bleie einzutreiben. Sein
Geblaͤse, welches aus zwei Schrauben von 4 Fuß im Durchmesser und 7
1/2 Fuß Laͤnge besteht, wird durch eine Dampfmaschine in Bewegung
gesezt. Acht andere Schraubengeblaͤse, von denen sich eines am
Spitale St. Louis, 2 am Creuzot, und 5 an der koͤnigl.
Beleuchtungsanstalt befanden, dienten zu verschiedenen Versuchen in Bezug
auf die Reinigung des Leuchtgases. A. d. O., indem derselbe bereits hinreichend bekannt ist, da Hr. d'Arcet sich dessen in verschiedenen Fabriken mit Vortheil
bediente.
An der oben beschriebenen Maschine steht die Schraube, wie gesagt, mit einer Gloke in
Verbindung. Diese Gloke ist jedoch in gewissen Faͤllen entbehrlich, indem es,
um zu demselben Zweke zu gelangen, hinreichen wuͤrde, wenn man den unteren
Theil der Schraubenscheide etwas uͤber die Schraubengaͤnge hinaus
verlaͤngerte, und das Ende der Roͤhre, durch welche sich die ein Mal
comprimirte Luft an den Ort ihrer Bestimmung zu begeben hat, unmittelbar in diese
Verlaͤngerung, welche einiger Maßen als Gloke zu dienen haͤtte,
leitete. Eine der beiden aͤquilibrirten Schrauben, welche ich fuͤr die
koͤnigl. Beleuchtungsanstalt erbaute, und die ich in meiner im Jahre 1823 erschienenen
Schrift beschrieb, hatte eine derlei Verlaͤngerung. Ebendieß ist auch bei der
sehr großen Schraube, von der weiter unten die Rede seyn wird, der Fall.
Ich glaube bemerken zu muͤssen, daß diese Vorrichtung ungeachtet der großen
Aehnlichkeit, die sie mit der Archimed'schen Schraube zu
haben scheint, doch in zwei Hauptpunkten von derselben verschieden ist. Das
Schraubengeblaͤse comprimirt naͤmlich das Gas und verliert durch seine
Untertauchung unter das Wasser einen großen Theil seines Gewichtes, so daß es,
selbst wenn es arbeitet, wegen der in ihm enthaltenen Luft ganz von der
Fluͤssigkeit getragen wird; waͤhrend die gewoͤhnliche Schraube
keine Compressionsmaschine ist, und statt bei ihrer Bewegung leichter zu werden,
vielmehr wegen des Wassers, welches sie aufnimmt, sehr schwer wird, wodurch
nothwendig die Reibung der Achse in den Zapfenlagern bedeutend erhoͤht werden
muß.
Aus diesen Gruͤnden der Verschiedenheit, welche der beruͤhmte Montgolfier sogleich erkannte, stand dieser große
Erfinder auch nicht an zu erklaͤren, daß die Archimed'sche Schraube durch meine Anwendung derselben zu einer neuen
Maschine geworden sey. Auch gestand derselbe in den schmeichelhaftesten
Ausdruͤken zu, daß meine Erfindung eine der complicirtesten Aufgaben
loͤse, was auch mit dem Berichte uͤbereinstimmt, den Carnot uͤber dieselbe erstattete, und der also
lautete: „Die Maschine des Hrn. Cagniard
scheint uns mehrere neue und sinnreiche Ideen zu umfassen, und ihre Anwendung,
die auf einer guten Theorie und auf einer tiefen Kenntniß der Geseze der Physik
beruht, wird sich gewiß unter vielen Umstaͤnden in vielen Kuͤnsten
und Gewerben von hohem Nuzen bewaͤhren. Ich glaube daher, daß der
Erfinder Aufmunterung von Seite der Akademie verdiene, und daß die Akademie
dessen Maschine gutheißen soll.“
Man sollte meinen, daß bei dem nun 2000jaͤhrigen Alter der Archimed'schen Schraube deren pneumatische Wirkung schon
laͤngst haͤtte entdekt werden sollen; und doch erhellt aus den
Versuchen, die ich oben auffuͤhrte, daß meine Erfindung nicht wohl das Werk
des Zufalles seyn konnte: ja es ist sogar wahrscheinlich, daß dieselbe ohne die
Umstaͤnde, die meine Forschungen veranlaßten, noch lange Zeit unbekannt
geblieben seyn wuͤrde. Wer sollte aber glauben, daß zu der Zeit, zu welcher
ich meinen ersten fruchtlosen Versuch machte, mehrere Mechaniker, unter denen sich
sehr gelehrte Maͤnner befanden, mich abhalten wollten, meiner Erfindung Folge
zu geben, indem sie all mein Streben fuͤr vergebene Muͤhe hielten? Sie
waren naͤmlich der Ueberzeugung, daß, selbst wenn die Waͤnde der
Schraube aus Eisenblech
bestehen sollten, d.h. wenn sie ganz luftdicht waͤren, dieses Gas, indem es
viel leichter ist als Wasser, doch immer im Inneren der Schraube emporsteigen
wuͤrde, anstatt bei der unteren Muͤndung der Schraube auszutreten.
Hieraus erhellt, daß die hydraulische Wirkung der Schraube bis zu jener Zeit
wenigstens nur hoͤchst unvollkommen studirt worden war.
Um diese Wirkung zu erklaͤren, sagt man gewoͤhnlich, daß das Wasser in
der Schraube emporsteige, weil diese Fluͤssigkeit in den Spiraleimern, in
denen sie enthalten ist, herabsteigt. Ich schlage vor, dieser Erklaͤrung noch
Folgendes beizufuͤgen.
An jener Maschine, welche die Metalldreher den Wagentraͤger oder Support
nennen, wird die Hauptschraube solcher Maßen in Zapfenlagern getragen, daß sie sich
umdreht, ohne ihre Stelle zu veraͤndern. Waͤhrend dieser Zeit bewegt
sich die Schraubenmutter, die den Meißel traͤgt, gerade, d.h. in einer mit
der Achse der Schraube parallel laufenden Richtung, indem sie sich, da sie in Falzen
ruht, nicht drehen kann. An einer Maschine hingegen, an der sich die Schraubenmutter
mittelst einer gehoͤrigen Form und Einrichtung umdrehte, wuͤrde, wie
man wohl einsehen wird, gerade das Gegentheil Statt finden; d.h. hier wuͤrde
sich die Schraube gerade bewegen, wenn sie durch irgend ein der Wirkung der oben
erwaͤhnten Falzen analoges Hinderniß verhindert wuͤrde sich
umzudrehen.
In diesem lezteren Falle befindet sich nun beinahe die schief geneigte Archimed'sche Schraube, wenn dieselbe arbeitet; d.h. man
kann diese Schraube als eine Schraubenmutter betrachten, welche sich auf den Zapfen
ihrer Spindel dreht, ohne ihre Stelle zu veraͤndern, waͤhrend das in
dieser Schraubenmutter enthaltene Wasser als ein Schraubentheil, der nicht so viel
Reibung erleidet, daß er sich zugleich mit der Schraubenmutter umdrehen muß, nur
eine geradlinige Ortsveraͤnderung erleidet.
In dem Berichte Carnot's befindet sich folgende Stelle:
„Die Archimed'sche Schraube, die in dieser
Maschine angewendet ist, erzeugt die Wirkung eines wahrhaften Blasebalges, so
daß sie auch an den Huͤttenwerken als solcher benuzt werden
koͤnnte. Ja man kann sie sogar sowohl wegen ihrer Einfachheit, als wegen
ihrer Soliditaͤt und fortwaͤhrenden Thaͤtigkeit, so wie
auch wegen der Ersparniß an Triebkraft, die sie im Vergleiche mit den anderen,
zu denselben Zweken bestimmten Vorrichtungen darbietet, als das beste aller
bekannten Geblaͤse betrachten; denn die Schraube wird durch ihre
Untertauchung unter das Wasser sehr leicht und sehr beweglich, so daß die
Reibung der Zapfen beinahe Null ist.“
Ich habe am Eingange dieser Abhandlung gesagt, daß man gegenwaͤrtig mit der auf die
Huͤttenwerke angewendeten Cagniardelle sehr merkwuͤrdige Resultate
erhalte. Diese Angabe gruͤndet sich auf eine Note, welche mir Hr.
André Koechlin, der beruͤhmte Deputirte des
Oberrheines, in Bezug auf eine Cagniardelle, welche nun seit 7 Jahren an einem
seiner Huͤttenwerke in Thaͤtigkeit ist, mitzutheilen die Guͤte
hatte. Diese Note lautet naͤmlich also:
„Die Schraube hat 8 1/2 Fuß Durchmesser, eine eben so große Laͤnge
und 4 Schraubengewinde. Sie besteht aus angestrichenem Eisenbleche; ihr
Koͤrper wird von eisernen Reifen getragen, und an diese Reifen stoßen
eiserne Arme, welche von der aus Schmiedeisen verfertigten Achse ausgehen. Da
mehrere Menschen in der Schraube Plaz haben, so war es leicht die inneren
Waͤnde derselben so anzustreichen, daß sie eben so gut schlossen, als die
Waͤnde eines Gasometers.“
„Der Behaͤlter, in welchem die Schraube untergetaucht ist, besteht
aus Mauerwerk. Bei jeder vollkommenen Umdrehung treibt die Schraube 160 Kubikfuß
Luft bei einem Druke von 1/2 Pfd. per Quadratzoll
unter das Wasser; und da sie in jeder Minute gewoͤhnlich 6
Umgaͤnge macht, so treibt sie mithin innerhalb dieser Zeit 960 Kubikfuß
Luft ein: d.h. eine Quantitaͤt, wie sie zur Speisung eines Hohofens von
mittlerer Groͤße erforderlich ist.“
„Der Apparat haͤlt 20 Schmiedeessen und 2 Oefen à la
Wilkinson, welche in 24 Stunden 30,000 Kilogr.
Gußeisen in Gaͤnsen in zweiten Fluß bringen, in Thaͤtigkeit. Er
wird durch eine Dampfmaschine (pompe-à-feu) in Bewegung gesezt, und verbraucht
eine Triebkraft, welche zwei Pferdekraͤften gleichkommt. Um mit einem
Geblaͤse von alter Einrichtung dieselbe Wirkung zu erzeugen, brauchte man
angestellten Berechnungen gemaͤß eine drei Mal groͤßere Kraft:
d.h. 6 Pferdekraͤfte. Eine Gans, welche mittelst eines von 2
Pferdekraͤften betriebenen Kolbengeblaͤses fruͤher erst
nach 2 Stunden in Fluß kam, schmilzt jezt bei der Anwendung des
Schraubengeblaͤses laͤngstens in 15 Minuten; und bei dieser
schnellen Schmelzung erlangt das Gußeisen einen solchen Grad von
Fluͤssigkeit, daß man sehr zarte, große und leicht zu bearbeitende
Gegenstande daraus zu gießen vermag, ohne daß man hiezu, wie bisher, Gußeisen
von erster Qualitaͤt anzuwenden brauchte. Wenn man fruͤher große
Gegenstande, z.B. von 10,000 Kilogr. schmolz, so mußte die Hize
gewoͤhnlich 10 Stunden lang ununterbrochen fortgesezt werden;
gegenwaͤrtig reichen 2 Stunden hiezu hin, und wegen der großen
Fluͤssigkeit des Metalles bilden sich nun keine solchen Klumpen mehr wie
fruͤher, welche den Schmelzofen verstopften und oͤftere
Aufbesserungen noͤthig machten.“
„Der Apparat arbeitet nun seit sieben Jahren, ohne daß er irgend einer
Ausbesserung bedurft haͤtte. Die Quantitaͤt des Brennmateriales
betraͤgt nur einen Theil auf 12 Theile Gußeisen, waͤhrend bei den
gewoͤhnlichen Geblaͤsen dieses Verhaͤltniß von 1/4 bis zu
1/6 wechselt. Mehrere der guten Wirkungen des Schraubengeblaͤses scheinen
hauptsaͤchlich daher zu kommen, daß der Luftstrom, den dasselbe liefert,
regelmaͤßiger ist, und die Temperatur nicht so sehr wechselt, als wie
dieß an den gewoͤhnlichen Geblaͤsen der Fall ist.“
„Ich glaube daher, daß die Cagniardelle fuͤr Hohoͤfen unter
allen bekannten Geblaͤsen das beste ist, und bemerke nur noch, daß man,
um die Zahl der Umdrehungen, die man die Maschine in einer Minute machen lassen
will, von 1 bis zu 10 zu wechseln, und um folglich nach Belieben 160 bis 1600
Kubikfuß Luft zu erzeugen, nur ein einfaches Rad abzuaͤndern
braucht.“
Aus dieser Note ergibt sich demnach, daß die HH. André Koechlin und Comp. in Folge der Ersezung ihres
Kolbengeblaͤses durch eine Cagniardelle folgende Vortheile erzielten: 1)
fallen beinahe alle Unterhaltungskosten der Maschine weg, indem sich dieselbe fast
gar nicht abnuͤzt, da sie so zu sagen ohne Reibung arbeitet; 2) ist der
Verbrauch an Triebkraft bei gleicher Wirkung geringer; 3) erfordern die
Schmelzoͤfen weit weniger Ausbesserungen; 4) ist der Verbrauch an
Brennmaterial bedeutend geringer; und 5) endlich sind die Producte von besserer
Qualitaͤt.
Fig. 30 ist
ein senkrechter Durchschnitt der Cagniardelle durch die Achse der Schraube und des
Behaͤlters, in welchem sich dieselbe dreht, genommen.
Fig. 31 ist
ein Grundriß von Oben.
A stellt einen Cylinder aus Eisenblech vor, der den
Koͤrper der Schraube bildet.
B ist die Achse dieses Cylinders, welche in schief
geneigter Stellung fixirt ist, und um welche sich der Cylinder dreht.
C ist ein großes, an dem Koͤrper der Schraube
befestigtes Winkelrad.
D ein Getrieb, welches in das leztere Rad eingreift, und
durch die Dampfmaschine in Bewegung gesezt wird.
E die mittlere, zur Circulation des Wassers dienende
Roͤhre.
F eine gekniete Roͤhre, deren Muͤndung
sich uͤber dem Niveau des Wassers im Wasserbehaͤlter befindet, und
welche die Luft, die durch die Schraube unter das Wasser getrieben worden, an den
Ort ihrer Bestimmung leitet.
G ein Wassermanometer, das den Druk dieser Luft
andeutet.
H ein gemauertes Beken, in welchem sich das Wasser
befindet, in das die Schraube getaucht ist.