Titel: | Ueber die Perkins'schen Heizapparate mit überhiztem Wasser. Von C. B. |
Autor: | Prof. Christoph Bernoulli [GND] |
Fundstelle: | Band 55, Jahrgang 1835, Nr. LX., S. 334 |
Download: | XML |
LX.
Ueber die Perkins'schen Heizapparate mit uͤberhiztem Wasser. Von C. B.
Perkins's Heizapparate mit uͤberhiztem Wasser.
Wie mittelst Dampf, so lassen sich Zimmer oder andere Raͤume auch mit heißem
Wasser heizen, wenn man durch diese Roͤhren fuͤhrt, und durch die
Roͤhren heißes Wasser laufen laͤßt; und eine bestaͤndige
Circulation des Wassers ist bekanntlich auf folgende Weise erhaͤltlich:
Die durch den zu heizenden Raum laufende Roͤhre bringt man einerseits mit dem
Boden eines Kessels, andererseits mit dem oberen Ende einer aus demselben senkrecht
aufsteigenden Roͤhre in Verbindung, und fuͤllt dann durch eine oben
angebrachte Ansazroͤhre Kessel und Roͤhren mit Wasser. Wird nun das
Wasser im Kessel allmaͤhlich zum Kochen gebracht, so erhizt sich auch das in
den Roͤhren enthaltene Wasser. Da dieses aber in den Roͤhren sich
fortwaͤhrend erkaͤltet, waͤhrend es in der senkrechten wenig
Waͤrme verliert, und jene Wassersaͤule daher specifisch schwerer ist
als diese, so ergibt sich eine Stoͤrung des hydrostatischen Gleichgewichtes,
und daraus ein anhaltendes Aufsteigen des im Kessel heiß werdenden Wassers, und ein
fortdauerndes Zuruͤkfließen des kaͤlter gewordenen in den Kessel.
– Bei gehoͤrigen Verhaͤltnissen des Kessels und der
Roͤhren und angemessener Feuerung mag das Wasser bis nahe an den Siedepunkt
erhizt werden und lauwarm zuruͤkfließen. Jedenfalls kann der sich bildende
Dampf durch sie entweichen, und nach Bedarf Wasser nachgefuͤllt werden.
Da diese Heizart besonders geeignet ist, eine gleichfoͤrmige Temperatur
hervorzubringen, so ist sie von Bonnemain zur Heizung von
Bruͤtestuben empfohlen worden. Hie und da werden auch Treibhaͤuser auf diese Weise geheizt;
und in England ist sie selbst in groͤßeren Gebaͤuden angewendet
worden, obschon in diesem Falle Kessel und Roͤhren, da das Wasser kaum
100° heiß werden kann, ein bedeutendes Volumen haben muͤssen.
Compendioͤser und wahrscheinlich auch Brennstoff ersparend ist ein neues, von dem beruͤhmten Perkins eingefuͤhrtes System. Mit dem besten Erfolge soll derselbe
seit einigen Jahren eine Menge solcher Heizapparate schon in England errichtet
haben. In Zuͤrich sah ich welche neulich in den Werkstaͤtten des Hrn.
Eschers, deren Leistungen ebenfalls in hohem Grade
befriedigen sollen.
Der Perkins'sche Apparat unterscheidet sich von den
fruͤheren wesentlich dadurch, daß hier das in geschlossenen Roͤhren
circulirende Wasser auf mehrere hundert Grad (2–300° C.) erhizt wird.
Um dem Wasser eine solche Temperatur ertheilen zu koͤnnen, muß dasselbe
natuͤrlich in Roͤhren eingeschlossen seyn, und diese muͤssen
also eine bedeutende Staͤrke haben; denn das Wasser kann nun in dem Maße eine
hoͤhere Temperatur, ohne zu sinken, annehmen, als es einen Widerstand
erleidet, der dem Druke eines dieser Temperatur entsprechenden Dampfes gleichkommt.
Soll es auf 122° C. erhizt werden, so muß die Roͤhre einem Druke von 2
Atm. widerstehen, weil das Wasser bei dieser Hize ein Bestreben hat, sich in Dampf
von zweifacher Spannung zu verwandeln. Besizt Dampf von 160° eine Spannung
von 6 Atm., Dampf von 200° die von 15 Atm., und Dampf von 250° die von
38 Atm. u.s.w., so muͤssen die Roͤhren, in denen Wasser so stark
erhizt werden soll, einen Druk von wenigstens so vielen Atmosphaͤren
aushalten koͤnnen.
Ferner ist zu beachten, daß sich das Wasser mit der Erhoͤhung der Temperatur
ausdehnt. Um wie viel es sich bei diesen Hizgraden ausdehne, ist meines Wissens noch
nicht genau ausgemittelt; da das Ausdehnungsverhaͤltniß aber von
0–100° zunimmt, und bei 100° per
Grad ungefaͤhr 1/1000 betraͤgt, so mag das Volumen bei der Erhizung
auf 2 oder 300° sehr ansehnlich groͤßer werden. Es muß daher der Raum
der Roͤhren diese spaͤtere Ausdehnung des Wassers gestatten.
Da nun aber, wenn das Wasser und hiemit die Heizroͤhre 2–300°
heiß ist, diese ungleich mehr Waͤrme an die umgebende Luft (durch Mittheilung
und Ausstrahlung) abzugeben vermag, und aus demselben Grunde eine weit
groͤßere Differenz des specifischen Gewichtes, und daher eine viel raschere
Circulation sich ergeben muß, so sieht man, daß bei diesem Systeme Roͤhren
von ungleich kleineren Durchmessern genuͤgen werden, und daß solche dann auch
leicht von der
erforderlichen Staͤrke herzustellen seyn moͤgen. Auch wird das Wasser
in aͤhnlichen Roͤhren, statt in einem Kessel, sich erhizen lassen.
Die Roͤhren, die Perkins gebraucht, gleichen
Flintenlaͤufen, sind aber um 4''' diker und doppelt zusammengeschweißt. Ihr
aͤußerer Durchmesser betraͤgt etwa 14''' und der innere kaum 6'''. Auf
den laufenden Fuß fassen sie also nur etwa 2 Kub.'' Wasser; und eine Roͤhre
von 400' nur 5 1/2 Kub'.
Ein Theil dieser Roͤhren ist in 20 oder 30 Windungen trompetenaͤhnlich
neben und uͤber einander geschlungen, und dieser liegt in dem Ofen, und
vertritt die Stelle des Kessels. Der Ofen nimmt demnach einen uͤberaus
kleinen Raum ein; denn fuͤr eine Laͤnge von 80 oder mehr Fuß
Roͤhren genuͤgt ein Raum von 6–8 Kub'. Die uͤbrigen
Roͤhren fuͤhren das Wasser erst senkrecht in die Hoͤhe, und
dann wie bei den vorigen Apparaten durch die Zimmer.
Bei Hrn. Escher heizt ein solcher Apparat mehrere
uͤber einander liegende, uͤber 100' lange Saͤle. Da dieser wie
der vorige Winter ungewoͤhnlich milde ist, so hat die Erfahrung noch nicht
lehren koͤnnen, was er zu leisten vermag. Das Wasser wird lange nicht bis auf
den Grad erhizt, auf den der Apparat berechnet ist. Ab, sichtlich wurde die Hize
aber mehrere Male so weit getrieben, daß Blei mit der aufsteigenden Roͤhre in
Beruͤhrung gebracht schmolz, was eine Hize von 320 C. anzeigt.
Zur Bemessung der Temperatur scheinen uͤbrigens keine thermometrischen Mittel
vorhanden zu seyn: sie kann jedoch einiger Maßen nach der Anlaufsfarbe
abgeschaͤzt werden, welche einzelne blanke Stellen, je nachdem sie erhizt
sind, zeigen.
Am oberen Theile des Apparates ist eine Roͤhre, die anfangs leer gelassen
wird; die sich zuerst mit Dampf fuͤllt, dann zugeschraubt wird, und deren
Raum die Ausdehnung des Wassers gestattet. Die Ausdehnung der Roͤhren selbst,
da sie eine einzige zusammenhaͤngende Laͤnge bilden, und nirgends fest
eingemauert sind, kann keinen Uebelstand erzeugen.
Das Merkwuͤrdigste bleibt indessen, daß diese Apparate troz der ungeheueren
Spannung des also erhizten Wassers voͤllig gefahrlos seyn sollen. Hr. Escher hat sich naͤmlich uͤberzeugt, daß
nicht nur Roͤhren von der angegebenen Beschaffenheit eine Erhizung auf 300
und mehr Grad aushalten, sondern auch daß absichtlich veranstaltete Berstungen
durchaus keine Explosion zur Folge haben.