Titel: | Beschreibung einer verbesserten Jagdflinte. |
Fundstelle: | Band 55, Jahrgang 1835, Nr. LXIII., S. 343 |
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LXIII.
Beschreibung einer verbesserten
Jagdflinte.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Beschreibung einer verbesserten Jagdflinte.
Als Besizer einer bedeutenden Gewehrsammlung, welche ziemlich Alles enthaͤlt,
was in diesem Fache Neues von einigem praktischen Werthe bisher erfunden wurde, und
als großer Jagdfreund, war ich schon laͤngst hinsichtlich der Einrichtung der
gewoͤhnlichen Jagdgewehre nicht ganz befriedigt. Dieß veranlaßte mich schon
vor ungefaͤhr 12 Jahren daruͤber nachzudenken, wie eine Jagdflinte so
eingerichtet werden koͤnnte, daß sie keinen der bisherigen Maͤngel
mehr darbietet, und zugleich eine groͤßere Sicherheit mit ihrem Gebrauche
verbunden ist. Nach langen und muͤhsamen Versuchen construirte ich endlich zu
damaliger Zeit eine Doppelflinte, welche von Hinten mit eisernen Patronen geladen
wird, und die ich erst im J. 1827 im 1sten Oktoberhefte des XXVI. Bandes des
Polytechnischen Journals, so wie auch in einigen anderen Zeitschriften bekannt
machte, und zwar deßwegen so spaͤt, weil ich zuvor durch vielfaͤltigen
Gebrauch dieses Jagdgewehres die Ueberzeugung gewinnen wollte, daß es in jeder
Beziehung Alles leistet, was ich davon erwartet hatte.
Seitdem erhielt ich aus Paris mehrere franzoͤsische, meiner Erfindung mehr
oder weniger nachgeahmte Flinten, und zwar zuerst die eines Hrn. Pauly, welche aͤußerst complicirt, dabei unbequem
und sehr theuer, aber vortrefflich gearbeitet ist; hierauf eine von Hrn. Plondeur erfundene, die auch vorzuͤglich
gearbeitet, allein in ihrem Mechanismus so zusammengesezt und so kostspielig ist,
daß nicht viele Liebhaber sich entschließen moͤchten, sich ein solches Gewehr
anzuschaffen, besonders da es bei oͤfterem Gebrauche bald Schaden leidet.
Kaum hatte Hr. Robert seine neue Gewehreinrichtung bekannt
gemacht, welche von Vielen fuͤr das Non plus
ultra gehalten wird, als mir eine sehr schoͤne Doppelflinte nach
seiner Construction zukam, so wie auch ein trefflich gearbeiteter Zwilling des Hrn.
Pottet.
Die Erfindung des Hrn. Pauly hatte lange Zeit sich der
Ehre zu erfreuen, die hohe Protektion des großen Jagdfreundes Karl X zu besizen; sie
scheint aber nur dazu geeignet, einen Herrn, welchem Duzende von Jaͤgern zu
Diensten stehen, befriedigen zu koͤnnen, denn die Behandlung einer solchen
Flinte erfordert nothwendig mehrere Augen und Haͤnde, indem in jede papierne
Patrone eine durchbohrte mit einer messingenen Kappe versehene Schraube
eingeschraubt werden muß, um dann ein Knallkoͤrnchen als Zuͤndkraut
aufsezen zu koͤnnen; sie moͤchte auch immer auf der Jagd einen mit
seinem Werkzeuge versehenen Buͤchsenmacher nicht uͤberfluͤssig
machen. Alle hier erwaͤhnten Gewehre werden, so wie das von mir schon vor 12
Jahren erfundene, ebenfalls von Hinten geladen, aber nicht mit eisernen, sondern mit
papiernen Patronen, deren Anfertigung nicht nur sehr zeitraubend ist, sondern auch
Geschiklichkeit erfordert. Die groͤßte Genauigkeit ist unumgaͤnglich
noͤthig, um solche Patronen anwenden zu koͤnnen, denn sowohl das
Schießpulver, als auch das Blei, womit sie gefuͤllt werden, muͤssen
mit der groͤßten Festigkeit hinein gepreßt werden, damit die Patronen, welche
sehr genau in die Laͤufe passen muͤssen, keine Runzeln bekommen, sonst
moͤchten sie schwerlich eingeschoben werden koͤnnen. Davon abgesehen
fragt es sich, ob das mit Zwang in diese Patrone eingepreßte Schießpulver nicht zum
Theil zu Mehlpulver zerquetscht wird, wo alsdann der Schuß an seiner Kraft
unausbleiblich verlieren muͤßte? Auch moͤchte ich diejenigen, welche
viel mit solchen genau passenden Patronen schießen, fragen, ob es nicht oft
vorgekommen ist, daß der Pulverdampf und Ruß, der sich nach mehreren
Schuͤssen in den Laͤufen ansezt, es nicht nothwendig macht, dieselben
zu reinigen, um die Patronen ohne Hinderniß einschieben zu koͤnnen? Ich weiß,
daß viele gute Jaͤger, nachdem sie die Eigenschaften solcher schoͤnen
Gewehre kennen gelernt hatten, erklaͤrten, daß sie ihnen ihre
gewoͤhnlichen Flinten vorziehen; eine genaue Pruͤfung der Sache ergibt
auch, daß dieses Urtheil nicht aus Vorliebe fuͤr das
Gewohnte entsprang. Man darf auch nicht uͤbersehen, daß diese
Patronen von verschiedenfarbigem Papier gemacht oder numerirt werden muͤssen,
damit man sich, da sie sehr dicht verleimt sind, merken kann, welche Schrotnummern
sie enthalten; denn eine Verwechselung muͤßte aͤrgerlich seyn, und
wollte man auf 36 Schritte, falls aus Versehen mit Becassinschrot geladen
waͤre, einen Fuchs oder einen Rehbok schießen, so muͤßte offenbar
Samiel helfen, wenn nicht gepudelt werden sollte. Die Verfertiger solcher Gewehre
pflegen ihre Abnehmer auch mit Patronen dieser Art von verschiedenen Schrotnummern
zu versehen, die sehr elegant sind; ich besize deren sogar rosafarbige! Mit den Flinten von der Erfindung des Hrn. Robert wurden mir keine buntfarbigen Patronen zu Theil,
sondern weiße papierne; sie sind mit einer Zuͤndroͤhre (stupile) versehen, die mit chemischem Pulver
gefuͤllt ist, und durch deren Zerquetschung die Entladung des Schusses
bewirkt wird. Diese
Zuͤndroͤhren oder auch Zuͤndnadeln, wie sie genannt werden,
steken zur Haͤlfte ihrer Laͤnge in dem mit Pulver ausgefuͤllten
Raum der Patronen. Damit nun derjenige Theil dieser Zuͤndroͤhren,
welcher herausragt, geschuͤzt ist, so hat jede Patrone einen papiernen
Ueberzug, eine Art Futteral, welcher an dem Theil, der die Zuͤndroͤhre
bedekt, mit einem eingekerbten Stuͤkchen Holz versehen ist, und vor dem Laden
abgezogen wird. Es scheint mir indessen, daß wenn die Patronen des Hrn. Robert sehr dicht und hart gemacht und die
Zuͤndroͤhren darin fest eingezwaͤngt und eingeleimt
wuͤrden, dieser Ueberzug uͤberfluͤssig waͤre. Die
Erfindung des Hrn. Robert hat indessen mit der Art und
Weise und in der Schnelligkeit, mit welcher geladen wird, mit der von mir vor 12
Jahren gemachten eine große Aehnlichkeit; nur bedient er sich keiner eisernen
Patronen, so wie ich, und sein Gewehr spannt sich durch einen besonderen Mechanismus
sogleich und bleibt gespannt, wenn die Bedekung
aufgelupft wird, um die Patronen in die Laͤufe einschieben zu koͤnnen.
Uebrigens Ehre dem Ehre gebuͤhrt! Hr. Robert hat
das große Verdienst, den Mechanismus der Gewehre sehr vereinfacht, so wie zugleich,
indem er sich der Zuͤndroͤhren (stupilés) statt der allgemein angewandten
Zuͤndhuͤtchen bedient, manche Nachtheile der lezteren beseitigt zu
haben. Unter diese Nachtheile zaͤhle ich besonders, daß es oͤfters
geschieht, daß durch den Schlag des Hahns und das dadurch bewirkte Zerplazen des
Zuͤndhuͤtchens kleine Metallbroken die Oeffnung des Pistons
verstopfen, besonders wenn diese klein ist, um die Kraft des Schusses so wenig als
moͤglich zu schwachen. Darauf nahm ich auch bei dem von mir erfundenen
Gewehr, welches unten beschrieben ist, besonders Ruͤksicht. Schade, daß Hr.
Robert bei seiner sehr sinnreichen Erfindung die
Sicherheit der Schnelligkeit geopfert hat, und man bei einer solchen Flinte, nachdem
man geladen hat, genoͤthigt ist, immer ein gespanntes Gewehr zu tragen. Ich
werde mir alle Muͤhe geben, bei der Benuzung des sehr verdienstlichen
Mechanismus des Hrn. Robert diesen Nachtheil zu
beseitigen, und sollte es mir gelingen, nicht anstehen, es bekannt zu machen. Zu
bemerken ist auch noch, daß alle Gewehre, welche von Hinten mit papiernen Patronen geladen werden, meistens nach jedem
Schuß ihre Huͤlsen in den Laͤufen zuruͤklassen, und diese
Huͤlsen erst herausgenommen werden muͤssen, um eine frische Patrone
einschieben zu koͤnnen. Oft haͤngen sich diese Huͤlsen sehr
fest an, besonders nachdem oft geschossen worden ist, denn hier findet kein
hinlaͤnglicher Schuz statt, weder vor Pulverdampf noch vor dem Ruß, die jedes
Schießpulver mehr oder weniger nach jedem Schuß zuruͤklaͤßt, was bei
meinen eisernen Patronen nicht der Fall seyn kann.
Dadurch geht nur Zeit verloren, waͤhrend doch die Erfindung des Hrn. Robert hauptsaͤchlich auf Zeitgewinn berechnet zu
seyn scheint.
Was die Erfindung des Hrn. Pottet anbelangt, der, wie es
scheint, die erste Anwendung der Spiralfedern (ressorts
à Boudins) sich aneignet, so ist schon fruͤher im
Polytechnischen Journale angemerkt worden, daß sich der Hr. Patenttraͤger
darin eine kleine Licencia poetica erlaubt; denn seit
laͤnger als 20 Jahren besize ich Buͤchsen-Zwillinge und
einfache Flinten in meiner Sammlung, welche alle à
Percussion eingerichtet sind, deren Stoßkraft durch Spiralfedern (ressorts à Boudins) bewirkt wird. Im
uͤbrigen ist die Erfindung, auf welche Hr. Pottet
Anspruch macht, recht zwekmaͤßig, und er hat auch, was die Vorbeugung der
Gefahr anbetrifft, besser gesorgt, als Hr. Robert; der
Mechanismus seines Gewehres ist aber nicht so einfach, wie er behauptet, und ich
mußte fuͤr seine Doppelflinte, an welcher außer der sehr sparsamen Gravirung
ihrer Garnitur sonst gar keine Verzierungen angebracht sind, den
unverhaͤltnißmaͤßigen Preis von 1000 Franken bezahlen; es scheint, daß
Hr. Pottet seine rosafarbenen gefuͤllten Patronen,
womit ich versehen wurde, so wie einiges Zubehoͤr zu ihrer Verfertigung,
ihrer Zierlichkeit wegen etwas hoch anrechnet. Ich hielt es fuͤr
zwekmaͤßig, alles das bisher Gesagte voraus zu schiken, bevor ich das von mir
construirte Gewehr zu beschreiben beginne, und zwar aus dem einfachen Grunde, um die
Leser dieses Journales in Stand zu sezen, Vergleichungen anstellen zu
koͤnnen, und dann meine Erfindung gehoͤrig zu beurtheilen.
Ich habe bei meinem Gewehre theils fruͤher von mir Erfundenes mit neu
Erdachtem verbunden, theils brauchbare, von Anderen angegebene Mechanismen benuzt;
so findet man an demselben die Spiralfedern, welche mir laͤngst als
zwekmaͤßig bekannt waren; bei einem anderen Gewehre habe ich an Statt
derselben halbe verdekte Schloͤsser mit Schlagfedern angewendet, aus dem
Grunde, weil sie weniger brechen, als jene, und wenn ja dieser Fall vorkommen
sollte, von jedem mittelmaͤßigen Arbeiter leicht wieder ersezt werden
koͤnnen.
Dieses neue Gewehr wird eben so, wie mein schon vor zwoͤlf Jahren erfundenes,
von Hinten mit eisernen Patronen geladen. Die Patronen werden aber ganz verschieden
von den fruͤheren angefertigt, und haben tief im Innern verschraubte und
verloͤthete Schwanzschrauben, auf welchen die Pistons zur Aufnahme der
Zuͤndhuͤtchen angeschraubt sind, und zwar so, daß dieser hintere Theil
der eisernen Patronen so weit hervorragt, daß die Zuͤndhuͤtchen davon
hinlaͤnglich beschuͤzt sind, und, wenn ja bei dem Laden der Patronen
eine solche auf einen harten Koͤrper faͤllt, sie dadurch keinen Stoß
erleiden, und eine
Entladung derselben Statt finden koͤnnte. Ich brauche kaum zu
erwaͤhnen, daß diese Patronen eben so geladen, und mit ihren tiefliegenden
Zuͤndhuͤtchen versehen werden, als wie jedes gewoͤhnliche
Gewehr, und man sie so Monate lang vorraͤthig geladen lassen kann, wie dieses
manche Jaͤger zu thun pflegen, welche eben deßwegen vor dem sogenannten
Nachbrennen nicht sicher sind.
Eine an dem Buͤgel des Gewehrs angebrachte Einrichtung mit einer Feder
bewirkt, wenn sie vorgeschoben wird, daß die Laͤufe, welche ebenfalls auf
einer Feder ruhen, und statt des hoͤlzernen Vorderschaftes in einer von Eisen
verfertigten, genau anpassenden und mit einem Charnier versehenen Einfassung
aufliegen, sich sehr schnell nach Vorne zu senken, und zwar so viel als es
noͤthig ist, um die eisernen Patronen in die Laͤufe einschieben zu
koͤnnen. Ist dieses nun geschehen, so klappt man mit einem leichten Druk die
Laͤufe wieder in ihre gewoͤhnliche Lage zu, spannt die kleinen
Haͤhne, und druͤkt ab. Damit der Dampf, der aus der Oeffnung des
Pistons herauskommt, sich nicht wegen Mangel an einem Ausgang ansezen, und dadurch
zu manchem Nachtheil Anlaß geben kann, so ist jede Patrone an dem oberen Theil
derselben, auf welchem eine kleine vierekige Erhabenheit (wegen welcher die
Flintenlaͤufe aufgeschlizt sind) aufgeloͤthet ist, mit einem Loche
versehen, welches groß genug ist, daß bei jedem Schusse der Pulverdampf herauskommen
kann, und auch um die Patronen bequem herausnehmen zu koͤnnen. Ein dicht vor
dem Ort, wo der Hintere Theil der geladenen Patrone zu liegen kommt, angebrachter
Cylinder, der von Außen wie ein verlaͤngertes Stuͤk eines doppelten
Laufes aussieht, enthaͤlt statt eines anderen Schlosses die Spiralfedern (ressorts à Boudins), welche einen Bolzen mit
Kraft vorwaͤrts stoßen, wenn durch die Druͤker die gespannten
Spiralfedern sich ploͤzlich ausdehnen. Die inneren Zapfen der Haͤhne
sind vorsezlich zum Spannen nicht bloß mit einer einzigen Raste in der Nuß versehen,
sondern sie haben deren zwei, und zwar deßwegen, weil, wenn sie in Ruhe sind, und
durch irgend eine zufaͤllige Hebung der Haͤhne aus derselben kommen,
alsdann die Bolzen durch die kaum gespannten Spiralfedern keine hinlaͤngliche
Kraft haben koͤnnen, die Zuͤndhuͤtchen, da sie in dieser Lage
denselben ganz nahe stehen, zu zerquetschen. Auch koͤnnen die Bolzen durch
die Haͤhne ganz sanft hervor gelassen werden, und so zwar, daß sie auf den
Zuͤndhuͤtchen ruhen, ohne daß man eine Entladung des Schusses
befuͤrchten duͤrfte, wenn sie schnell etwas gehoben wuͤrden.
Hiedurch zeichnen sich die Spiralfedern vor den sogenannten Schlagfedern sehr
vorteilhaft aus, denn ich moͤchte Niemand rathen, der gewoͤhnliche
Percussionsschloͤsser an seinem Gewehre hat, die Haͤhne auf die
Zuͤndhuͤtchen herabzulassen, und deßwegen sich und Andere sicher zu
glauben, da die geringste schnelle Hebung derselben, und waͤre es auch nur um
einen halben Zoll, die Entladung des Schusses gar leicht bewirken koͤnnte.
Leider fehlt es nicht an vielen Ungluͤksfaͤllen, welche dieser Meinung
und leider sehr verbreiteten Gewohnheit ihre Entstehung verdanken. Sollte ja dennoch
einiger Zweifel sich erheben, daß bei meiner Erfindung die herabgelassenen
Haͤhne moͤglicher Weise durch das ploͤzliche Brechen einer Nuß,
Raste oder der Stange zu einer unwillkuͤrlichen Schußentladung Anlaß geben
koͤnnten, so braucht man, um sich ganz zu sichern, waͤhrend man das
Gewehr auf der Achsel traͤgt, bloß auf die am Buͤgel angebrachte
Vorrichtung einen kleinen Druk auszuuͤben, um die Laͤufe aus ihrer
Lage zu bringen, wo es alsdann dem Bolzen unmoͤglich wird, die
Zuͤndhuͤtchen zu beruͤhren. Ueberdieß ist die Art und Weise,
mit welcher mein Gewehr geladen und entladen wird, so leicht und so aͤußerst
schnell, daß es wahrlich keine Muͤhe kosten kann, seine Patronen
herauszunehmen, und daher hinsichtlich der gaͤnzlichen Hebung der Gefahr
Alles zu thun, was jedes Ungluͤk ganz unmoͤglich macht. Die Gewehre
nach meiner Einrichtung haben also wegen der eisernen Patronen, mit welchen sie
geladen werden, nicht bloß hinsichtlich der Schnelligkeit des Ladens einen Vorzug,
sondern der Schuͤze ist dabei auch vollkommen sicher, daß, spraͤnge
auch eine solche Patrone, ihm eben so wenig Schaden zugefuͤgt werden kann,
als den Laͤufen, worin die Patronensprengung erfolgte. Dieses leuchtet Jedem
ein, der nur einige physikalische Kenntnisse besizt, indem der auch noch so geringe
Luftraum, welcher sich zwischen den genau angepaßten Patronen und den Laͤufen
befindet, voͤllig dazu hinreicht, um diese zu isoliren, und bei dem Versprengen der Patronen es zu verhindern, daß die
Laͤufe Schaden leiden.
Ich erwaͤhnte bereits, daß es oͤfters geschieht, daß durch das
Zerquetschen der Zuͤndhuͤtchen sich kleine Broten derselben absondern,
und durch den Schlag des Hahnes, welcher als eine Art Hammer zu betrachten ist, in
die Pistonsroͤhre fest eingetrieben werden, weßwegen ich die Anwendung der
Zuͤndroͤhren (stupilés) als
Zuͤndkraut vorzoͤge. Die Erfahrung hat mich indessen belehrt, daß
dieser Nachtheil nicht vorhanden ist, wenn die Zerschlagung der
Zuͤndhuͤtchen auf diejenige Art wie bei meinem Gewehre bewirkt wird.
Um dieses zu beweisen, braucht man nur, so wie ich es gethan habe, 100
Zuͤndhuͤtchen nach einander verknallen zu lassen, und dabei jedes Mal
die Patrone, welche zu dieser Pruͤfung gebraucht wird, zu untersuchen, um sich zu versichern,
ob der Piston durch kleine Metallbroken verstopft worden sey. Da der Schlag, der
durch die schnelle Ausdehnung der Spiralfeder bewirkt wird, bei weitem nicht so
stark ist, als bei den sogenannten Schlagfedern, und derselbe bei meinem Gewehre
eher nur einem Stoß aͤhnlich ist, so scheint mir hierin die Ursache zu
liegen, daß sich auf diese Weise die Pistons nicht leicht verstopfen. Auch kommt es
viel darauf an, ob das Metallhuͤtchen zaͤhe oder sproͤde ist,
und es waͤre zu wuͤnschen, daß die
Zuͤndhuͤtchen-Fabrikanten ihre zu verarbeitenden Metallplatten
so geschmeidig als moͤglich durch das oͤftere Ausgluͤhen
derselben zubereiten moͤchten. Da meine eisernen Patronen geladen, und mit
ihrem Zuͤndkraut versehen, in einer besonders dazu eingerichteten Tasche,
welche um den Leib geschnallt wird, aufbewahrt werden, so sind auch die Pistons,
worauf die Zuͤndhuͤtchen aufgesezt sind, geringelt, um zu vermeiden,
daß leztere nicht herabfallen koͤnnen. Diese Patronen sind hinreichend lang,
um drei volle Ladungen aufnehmen zu koͤnnen, und sie wurden saͤmmtlich
gehoͤrig gepruͤft, nicht etwa um sich zu versichern, daß man durch das
Zerspringen einer derselben keine Verlezung zu befuͤrchten habe, denn dieses
ist unmoͤglich, sondern nur um sich zu versichern, daß keine zerspringen
kann, wenn sie gehoͤrig, d.h. nicht hohl geladen wird. Obgleich ich schon
fruͤher in einigen Journalen mich uͤber die vollstaͤndige
Gefahrlosigkeit meiner eisernen Patronen geaͤußert zu haben erinnere, so
glaube ich doch, da dieses vielleicht von vielen verehelichen Lesern vergessen seyn
mag, nichts Ueberfluͤssiges daruͤber zu sagen, wenn ich dasjenige
wieder erwaͤhne, was mir mit zwei solchen Patronen, welche zerplazten,
begegnet ist. Als mein aͤußerst geschikter Buͤchsenmacher, Hr. Sailer, ein denkender Kuͤnstler, in meiner eigenen
vollstaͤndig eingerichteten Werkstatt, eben damit beschaͤftigt war,
einen rohen Flintenlauf zur Verfertigung von eisernen Patronen abzuschneiden, zeigte
er mir ein Stuͤk Rohr, welches unganz und also unbrauchbar war. Dieß
verschaffte mir Gelegenheit, zu beweisen, daß die Zerplazung meiner Patronen weder
dem Schuͤzen noch dem Flintenlaufe im mindesten nachtheilig seyn
koͤnne; ich ließ naͤmlich die unganze Patrone wie jede andere
bearbeiten, und dann sehr stark laden, damit sie wo moͤglich die erste Probe
nicht aushalten sollte. Mein Buͤchsenmacher nahm auch nicht den geringsten
Anstand, mein Gewehr an den Baken zu nehmen, und ein sehr heftiger und etwas
pfeifender Knall, ohne aber nach seiner Behauptung ihm einen starken Stoß
beigebracht zu haben, uͤberzeugte uns gleich, daß unser Zwek, diese schlechte
Patrone zu zerspringen, vollkommen erreicht sey. Sie war von Oben herab zerrissen;
aber ihre verloͤthete und genau eingeschraubte Schwanzschraube lag noch fest
uͤberall, wo die Patrone noch ganz war. Weder an dem Flintenlauf noch sonst
wo, war auch nur die mindeste Spur des Vorgegangenen wahrzunehmen, sondern Alles im
normalen Zustande geblieben. Auf der Schnepfenjagd begegnete es mir einst, daß mein
Jaͤger mir eine solche eiserne Patrone, mit welcher ich schon recht oft seit
mehreren Jahren geschossen hatte, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht
gehoͤrig lud, denn bei der Erlegung einer Schnepfe zerplazte sie; ich merkte
hiebei aber nichts, als daß der Schuß viel staͤrker knallte, als
gewoͤhnlich, und einen besonderen Ton vernehmen ließ. Als ich aber meine
Patrone herausnehmen wollte, um eine geladene einzuschieben, konnte ich dieses nur
mittelst eines eisernen Ladstokes, weil meine Patrone bei ihrem Zerplazen sich ihrer
Laͤnge nach, so weit sie konnte, ausgedehnt und fest in den Flintenlauf, als
waͤre sie darin mit aller Gewalt eingezwaͤngt worden, eingerammt
hatte. Ich glaube, daß das hier Gesagte nicht wenig dazu beitragen wird, meine
Erfindung zu empfehlen, denn ich habe doch wahrlich kein anderes Interesse dabei,
als den Wunsch, daß eine nuͤzliche und aller Gefahr vorbeugende Erfindung als
solche unparteiisch beurtheilt und angewandt werde. Wer sich nur einmal eines
solchen Gewehres auf der Jagd bedient haben wird, der wird nimmermehr ein anderes
gebrauchen. Ich habe die Wahl unter einer großen Zahl von Flinten, und besize Alles,
was nur Anspruch auf Brauchbarkeit machen kann, allein so weit wuͤrde
wahrlich nicht meine Vorliebe fuͤr meine eigene Erfindung gehen, daß ich als
leidenschaftlicher Jagdfreund mich vorzugsweise derselben bedienen sollte,
haͤtte ich nicht die voͤllige Ueberzeugung gewonnen, daß sie die
vorzuͤglichste ist. Dieses zu meiner Rechtfertigung. Ehe ich auf die
Beschreibung der einzelnen Theile meiner neuen Erfindung uͤbergehe, will ich
noch Einiges fuͤr diejenigen bemerken, welche einen besonderen Werth auf die
schnellste Art zu laden legen, und ein Mittel angeben, welches ihnen, besonders wenn
sie es mit meinem Gewehre angewendet haben werden, nicht leicht etwas zu
wuͤnschen uͤbrig lassen wird. Um meine eisernen Patronen noch
schneller und viel leichter als auf gewoͤhnliche Art zu laden, braucht man
nur sich dazu der von Hrn. Sellier, dem ruͤhmlich
bekannten Fabrikanten und Verbesserer der Zuͤndhuͤtchen, erfundenen
Patronen zu bedienen, welche besonders fuͤr das mit Percussionsgewehren
versehene Militaͤr aͤußerst vortheilhaft sind, und die ich schon an
mehreren Orten empfohlen habe.Es ist mir kaum begreiflich, daß man auf diese fuͤr das
Militaͤr nicht genug zu lobende Erfindung bis jezt nicht mehr
Ruͤksicht genommen hat. Diese Patronen sind wie die gewoͤhnlichen von Papier verfertigt, und muͤssen
verleimt seyn. Am vorderen Ende derselben, wo das Blei zu liegen kommt, wird ein
rundes Stuͤk diken Filzes, das ein rundes Loch in seiner Mitte hat, in die
Patrone eingeleimt, um in dasselbe ein Zuͤndhuͤtchen einsteken zu
koͤnnen, welches durch die Elasticitaͤt des Filzes aufgehalten, nicht
herausfallen kann. Um zu laden, nimmt man die Patrone in die rechte Hand, und sezt
das Zuͤndhuͤtchen auf den desfalls geringelten Piston auf; man wird
dann finden, wie leicht das vor dem Herausfallen durch die Anwendung des Filzes
geschuͤzte Zuͤndhuͤtchen abgeht. Hierauf wird wie
gewoͤhnlich geladen, aber etwas staͤrker mit dem Ladstok aufgesezt,
wenn man ohne Patronen ladet. Diese papiernen Patronen muß man aber, wie alle mit
Schrot gefuͤllten, zeichnen, um zu wissen, welche Schrotnummer sie enthalten.
Sie sind nicht schwer zu machen, aber man braucht einen gut gehaͤrteten
Durchschlag, der genau mit dem Kaliber der Flintenlaͤufe
uͤbereinstimmt, um die kleinen Filzplatten weder zu groß noch zu klein
schlagen zu koͤnnen.
Hier folgt nun die einzelne Beschreibung meines Gewehres nach der Zeichnung.
a sind die Laͤufe, welche hinten genau so lang
und so weit ausgebohrt sind, daß die eisernen Patronen hinein geschoben werden
koͤnnen, um dann in dem eisernen und broncirten Vorderschaft b genau passend ruhen zu koͤnnen. c stellt eine von den eisernen Patronen vor, deren mehr
als 12 Stuͤke zu besizen ich fuͤr uͤberfluͤssig halte.
d ist der ganze (und d'
einer der einzelnen) Behaͤlter der Spiralfedern (ressorts à Boudins), welcher in einen Zapfen passend, auf einem
starken Eisenstuͤk in den vorderen Schaft festgeschraubt wird, und dazu
dient, sowohl die Patronen fest anzudruͤken, als auch zu verhindern, daß,
wenn geschossen wird, sie nicht zuruͤkprellen koͤnnen. e ist der Druͤker oder Schluß, welcher in die
Gabel am unteren hinteren Theil mit einem Charnier befestigt wird, und durch die
Feder f bei dem Hinunterdruͤken der Laͤufe
auf den aufgeschraubten Stahl am Vorderschaft einschnappt. g ist der eine Kolben, welcher durch die um denselben herumgewundene
Spiralfeder auf das Zuͤndhuͤtchen kraͤftig getrieben wird, und
ganz genau passend gemacht, gar keine Schwankung desselben gestattet. h stellt einen kleinen, bloß der aͤußerlich sichtbaren Spannung wegen an der Seite angebrachten Hahn
vor; i eine Nuß, deren zwei noͤthig sind; k ist eine der Stangen; l
eine Stangenfeder; m ist ein Gelenk, welches mit dem
Kolben und der Nuß in Verbindung steht; n ist der Zapfen
der Nuß, an welchem der Hahn angebracht wird; o ist eine
Schraube, welche mit dem daneben gezeichneten Schraubenschluͤssel
o in den Spiralfederbehaͤlter eingeschraubt, die
Spiralfedern einspannt; p ist der hoͤlzerne
Schaft; q ist eine Feder, welche dazu dient, mit ihrem
Druͤker die Kolbenkappe zu schließen; r ist einer
der Druͤker; s ist der Theil, welcher dazu
bestimmt ist, die Laͤufe in dem Vorderschaft fest zu halten; t ist ein starkes und langes Eisen, welches dazu dient,
nicht nur den Hals des Schaftes zu verstaͤrken, sondern auch um als Dekel
alles darin Angebrachte zu schuͤzen; u ist der
Buͤgel uͤber den Druͤkern; v
bedeutet einen Druͤker mit seiner Feder, wodurch die Garniturkappe
aufspringen kann; unter diesem liegt im Schaft ein Behaͤlter fuͤr die
Zuͤndhuͤtchen, der eiserne kurze Ladstok mit seinem Kraͤzer,
die Ladung, und eine mit einem Knopf versehene Raͤumnadel.
Dieses Gewehr zeichnet sich uͤbrigens auch durch seine meisterhafte
Ausfuͤhrung und geschmakvolle Verzierung aus. Ich ließ kuͤrzlich durch
meinen Buͤchsenmacher Sailer auch ein anderes
Gewehr nach demselben System verfertigen, nur mit dem Unterschiede, daß die
Stoßkraft zur Zerquetschung der Zuͤndhuͤtchen nicht durch
Spiralfedern, sondern durch Schlagfedern mit sogenannten Halbschloͤssern
erzeugt wird. Dieses Zwillingsgewehr schießt ganz vorzuͤglich, sowohl Schrot
als Kugeln. Auch ließ ich dazu eine von denen Doppelkugelformen verfertigen, die ich
schon vor mehreren Jahren erdacht, und in der Aschaffenburger allgemeinen
Forst- und Jagdzeitung bekannt gemacht habe. Denjenigen verehrlichen Lesern
dieses Journals, welchen sie nicht bekannt ist, moͤge zur Notiz dienen, daß
ich, nachdem ich haͤufig die Erfahrung gemacht hatte, daß gar viele Flinten
zwei Kugeln nicht gehoͤrig nahe an einander schießen, man mag die
Pulverladung verstaͤrken oder schwaͤchen, auch die Kugeln aufschlizen,
und was die Jaͤger gemeiniglich auf einander schrauben heißen, auf den
Gedanken kam, einen Kugelmodel verfertigen zu lassen, worin zwei Kugeln neben
einander gegossen werden, und zwar so, daß solche an einander hinlaͤnglich
haͤngen, um nicht gleich nach dem Schusse sich zu trennen. Mein Versuch
gelang vollkommen, denn wenn ich meine Flintenladung nach der Staͤrke des
Pulvers berichtigte, so hatte ich sehr oft die Freude, auf eine Weite von 80, 100,
ja sogar von 120 Schritten, meine zwei Kugeln sehr nahe an einander einschlagen zu
sehen. Bisweilen geschah es sogar, daß sie sich auf 80 bis 90 Schritte wenig oder
gar nicht trennten. Diese Kugeln werden in duͤnnen Barchent fest
eingenaͤht, dann mit Unschlitt eingelassen, und, da sie genau in die
Laͤufe passen, auf dieselbe Art wie bei den Kugelstuzen gepflastert. Da meine
eisernen Patronen das Kaliber meiner Flintenlaͤufe ungeachtet ihrer
gehoͤrigen Dike und Staͤrke von dem Augenblik an halten, wo in den Laͤufen die
Widerstandskolbung derselben aufhoͤrt, so haben meine Kugeln das
gehoͤrige Kaliber, welches mit den gewoͤhnlichen
Scheibenbuͤchsen uͤbereinkommt. Auch habe ich noch nie, wenn ich traf,
was als eine Folge langer Uebung meistens auf gehoͤrige Weite der Fall ist,
gefunden, daß meine zwei Kugeln nicht hinlaͤngliche Kraft gehabt
haͤtten, um Knochen und andere harte Theile, sowohl bei Hirschen als bei
Wildpret, zu zerschmettern, daher ich diese Doppelkugeln als bewaͤhrt
empfehlen kann.
Wenn mein Gewehr uͤbrigens gegen manche andere ziemlich complicirt erscheinen
sollte, so wird man diesen Umstand wohl dadurch entschuldigen, daß ich besonders die
vollkommenste Sicherheit des Gebrauchs dabei zu erreichen suchte.
Damit man die Federn meiner Flinte nicht gar zu stark zu machen braucht, wodurch ihre
Spannung durch die kleinen Haͤhne erschwert wuͤrde, so muß man eine
Gattung von Zuͤndhuͤtchen waͤhlen, welche von sehr weichem
Metall verfertigt sind; ich kann hiezu ganz besonders die
Zuͤndhuͤtchen, vornehmlich die weißen, aus der Fabrik der HH. Collenbusch und Dreise in
Soͤmmerda empfehlen, welche mit einem Adler bezeichnet und deren
Zuͤndmassen mit einem Metallplaͤttchen bedekt sind. Manche
Buͤchsenmacher begehen den Fehler, daß sie die Pistons nicht ganz genau nach
der Groͤße der Zuͤndhuͤtchen, deren man sich gewoͤhnlich
bedienen will, bearbeiten, wodurch es dann freilich oͤfters geschieht, daß
keine gehoͤrige Entzuͤndung erfolgt. Dieses geschah mir sogar
oͤftens mit den vortrefflichen von den HH. Sellier
und Bellot erfundenen gespaltenen
Zuͤndhuͤtchen, und aus keinem anderen Grunde, als weil der Piston zu
stark war, und der Widerstand des Zuͤndhuͤtchens ungeachtet des
heftigen Aufschlagens des Hahns die Zuͤndmasse nicht nahe genug auf den
Piston brachte, um zermalmt werden zu koͤnnen, und also sich zu
entzuͤnden.
Heinrich, Herzog von
Wuͤrtemberg, mehrerer gelehrten Gesellschaften theils wirklichem, theils
Ehrenmitgliede.