Titel: | Bericht des Hrn. Francoeur über ein Fortepiano des Hrn. Côte, Fabrikanten von Musikinstrumenten in Lyon. |
Fundstelle: | Band 55, Jahrgang 1835, Nr. LXXVII., S. 432 |
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LXXVII.
Bericht des Hrn. Francoeur uͤber ein Fortepiano des Hrn. Côte, Fabrikanten von Musikinstrumenten in Lyon.
Aus dem Bulletin de la
Société d'encouragement. Oktober 1834, S. 370.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Bericht uͤber Côte's Fortepiano.
Die ungluͤklichenungluͤklicheu Ereignisse, welche in Lyon Statt fanden, hinderten Hrn. Côte sein Instrument der Beurtheilung der Jury zu
unterstellen, welche bei Gelegenheit der lezten Industrieausstellung ernannt wurde;
er ersuchte daher die Gesellschaft, dasselbe von einer Commission pruͤfen zu
lassen, deren Organ ich bin.
Das fragliche Instrument zeichnet sich hauptsaͤchlich durch die Art und Weise,
auf welche die Haͤmmer in Bewegung gesezt werden, aus; denn sie schlagen
vermoͤge einer eigenen und neuen Vorrichtung von Oben auf die Saiten,
gleichwie dieß an dem Systeme des Hrn. Pape der Fall ist. Die Commission benuzte bei
der Pruͤfung, der sie das Instrument unterwarf, das Urtheil des hierin
trefflichsten Richters, des Hrn. Savart; sie stimmte mit
ihm darin uͤberein, daß die Toͤne desselben sehr mild und angenehm
sind, daß ihnen aber, besonders im Basse, eine gewisse Staͤrke und Kraft
fehle: ein Umstand, der in den Augen einiger Kuͤnstler fuͤr einen
Nachtheil, in den Augen anderer, und besonders jener, die solche Toͤne
vorziehen, bei denen die Stimme des Gesanges hoͤrbarer bleibt, hingegen
fuͤr einen Vortheil gehalten wird. Den Resonanzboden fanden wir etwas geworfen,
woraus erhellt, daß die Kraft des Zuges der Saiten durch die Staͤrke des
Holzes nicht gehoͤrig aufgewogen wird. Diesem Uebelstande laͤßt sich
jedoch leicht abhelfen, selbst ohne daß man zu den Eisenstaͤben seine
Zuflucht zu nehmen brauchte, die man an jenen Instrumenten, an denen die
Haͤmmer von Unten anschlagen, anzuwenden pflegte. Wir haben an dem
Mechanismus des Hrn. Côte an jeder Taste zwei
Seidenfaͤden angebracht gesehen, von denen der eine den Hammer, der andere
den Daͤmpfer in Bewegung zu sezen hat. Gegen diese Faͤden lassen sich,
wie uns scheint, theils wegen ihrer hygrometrischen Eigenschaften, theils wegen der
Verlaͤngerung, die sie bei wiederholtem Anziehen erleiden, einige
Einwendungen machen. Man kann die Faͤden zwar mittelst eigens dazu bestimmter
Schrauben nach Belieben anspannen, und sie auch leicht ausbessern; allein diese
Ausbesserung duͤrfte zu oft vorkommen und zu kleinlich seyn. Die Zeit allein
wird uͤber diese Frage entscheiden; uͤbrigens ist dem Uebelstande auch
leicht abzuhelfen.
Die Commission ist der Ansicht, daß der neue Mechanismus des Hrn. Côte Beruͤksichtigung verdient, und daß die
Gesellschaft denselben in ihrem Bulletin bekannt machen,
und dem Erfinder ihren Dank fuͤr dessen Mittheilung ausdruͤken
soll.
Beschreibung.
Hr. Côte der Sohn in Lyon erhielt am 23.
Maͤrz 1827 fuͤr 5 Jahre ein Patent auf ein Pianoforte mit einer
uͤber den Saiten angebrachten Claviatur. Der Resonanzboden laͤuft
durch die ganze Laͤnge des Instrumentes, wodurch der Ton bedeutend an
Qualitaͤt gewinnt. Die Stellung der Saiten, deren fuͤr jede Note drei
angebracht sind, ist dieselbe, wie an den gewoͤhnlichen Pianoforte's. Die
Haͤmmer schlagen von Oben auf die Saiten und sind mit sehr dichtem Filze
besezt; denn Filz ist besser als Leder, welches sich fruͤher abnuͤzt
und schnell erhaͤrtet. Der Daͤmpfer daͤmpft nur eine einzige
Saite einer jeden Note, und dient zur Erleichterung des Accordes des Instrumentes.
Da der Kasten auf einem à jour gearbeiteten
Rahmen angebracht ist, so gibt das Instrument, selbst wenn es geschlossen ist, eben
so viel Ton als ein anderes, wenn dasselbe geoͤffnet ist.
Der Mechanismus des patentirten Instrumentes bestand aus 5 beweglichen
Stuͤken, die wegen der an ihnen Statt findenden Reibung, abgesehen von dem
durch das Charnier des Daͤmpfers bewirkten Geraͤusche, einen
unangenehmen Ton vernehmen ließen. Das Charnier machte ferner, obschon es mit Tuch
besezt war, um so mehr Geraͤusch, je mehr es sich in Folge der Reibung
ausarbeitete. Diesem
Uebelstande half Hr. Côte dadurch ab, daß er das
Charnier wie an den anderen Pianoforte's aus Pergament verfertigte.
An dem neuen Mechanismus, den man in Fig. 5 im Durchschnitte
sieht, hat Hr. Côte nur 4 Theile beibehalten, und
eine Ziehestange weggelassen, welche nicht bloß die Reibung vermehrte, sondern wegen
ihres Gewichtes auch das Anspielen sehr schwer und hart machte. Der neue Mechanismus
besteht demnach aus folgenden Theilen.
a ist die Taste; c der
Daͤmpfer; f eine unten mit Multon besezte Stange,
die zum Fixiren der Hoͤhe des Hammers dient. g
eine Latte, welche die Stangen traͤgt; h ein
Dekel, der das Charnier des Hammers bildet. i eine
Latte, an der sich die Ausloͤsungsschrauben befinden, die aber, ohne daß man
den Mechanismus abzunehmen braucht, zur Erleichterung der Regulirung der
Haͤmmer und der Faͤnger nach Belieben entfernt werden kann; j ist die Ausloͤsungsschraube; k der Hammer, der auf die Saite s schlaͤgt; l ein Schwaͤngel, an
welchem sich die Pelotte m oder ein
Ausloͤsungsstuͤk befindet, wodurch der Hammer gegen die Saite
geschnellt wird. n ist ein sogenannter Faͤnger
(attrape), auf dem der Hammer ruht. p eine Latte, wodurch das Emporspringen der
Daͤmpfer verhindert wird. q ist die Einfassung
(chasse) der Claviatur. r ein Haken aus Eisendraht, an welchem ein Seidenfaden befestigt wird, der
mit dem anderen Ende an dem Daͤmpfer c angebunden
wird. Dieser Haken ist in die Taste a eingeschraubt, und
kann daher verlaͤngert oder verkuͤrzt werden, je nachdem der
Daͤmpfer mehr oder weniger gehoben werden soll.
An den meisten Pianoforte's bieten die Tasten, wenn sie zur Haͤlfte
herabgesenkt werden, einen gewissen Widerstand dar, der von der Ausloͤsung
herruͤhrt; und senkt man sie vollends ganz, so bemerkt man einen zweiten
Stoß, der durch das Auffallen des Hammers auf den Faͤnger hervorgebracht
wird. Diese Maͤngel, welche sich besonders dann aͤußern, wenn man die
Tasten sachte niederdruͤkt, schaden nothwendig der Modification der
Toͤne, und bewirken, daß man dem Instrumente nicht jene milden, das Ohr
entzuͤkenden Toͤne entloken kann.
Um denselben zu steuern, hat Hr. Côte das Gewicht
des Schwaͤngels der Taste so berechnet, daß der Hammer nur in dem Augenblike
entweicht, wo die Taste auf den Teppich auszuruhen kommt. Da die Pelotte m sich bestaͤndig gegen die Schraube j stemmt, so kann sie keinen solchen Stoß bewirken, wie
es geschieht, wenn dieselbe davon entfernt ist, wie dieß an einer großen Anzahl von
Pianoforte's bestaͤndig der Fall ist.