Titel: | Beschreibung eines Apparates zur Verhütung der Explosionen der Dampfkessel; von der Erfindung des Hrn. Galy-Cazalat, Professor der Physik in Versailles. |
Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. L., S. 241 |
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L.
Beschreibung eines Apparates zur
Verhuͤtung der Explosionen der Dampfkessel; von der Erfindung des Hrn. Galy-Cazalat,
Professor der Physik in Versailles.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Maͤrz 1837, S. 92,
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Galy-Cazalat's Apparat zur Verhuͤtung der Explosionen
der Dampfkessel.
Hr. Galy-Cazalat bewarb
sich im Jahre 1835 um den Preis, den die Gesellschaft auf die Erfindung von
Schuzmitteln gegen die Explosionen der Dampfmaschinen ausgeschrieben hatte, und
legte in dieser Absicht eine Abhandlung vor, in der er einen sehr sinnreichen
Vorschlag zur Verhuͤtung dieser Gefahr, im Falle das Wasser unter das
festgesezte Niveau saͤnke oder im Falle sich ein Bodensaz im Kessel bildete,
machte. Da sich dieser Vorschlag bei den Versuchen, welche in Gegenwart einer
eigenen Commission damit vorgenommen wurden, als seinem Zweke entsprechend und
unfehlbar zeigte, so ertheilte die Gesellschaft dem Erfinder ihre große goldene
Medaille.
Obschon nun die neue Vorrichtung bereits in dem Berichte, den Hr. Baron Séguier daruͤber
erstattete, ziemlich deutlich beschrieben ist, so verdient sie ihrer hohen
Wichtigkeit wegen doch noch eine ausfuͤhrlichere und mit Abbildungen
begleitete Erlaͤuterung.Den oben angefuͤhrten Bericht des Hrn. Séguier kann man im polyt.
Journal Bd. LX. S. 254
nachlesen.A. d. R.
Fig. 44 zeigt
zu diesem Zweke einen senkrechten Durchschnitt eines Roͤhrenkessels einer
Locomotive.
Fig. 45 ist
ein Querdurchschnitt eines uͤber einem bleibend fixirten Ofen angebrachten
Kessels, dessen Boden gewoͤlbt ist.
Fig. 46 gibt
einen Querdurchschnitt durch einen cylindrischen, mit zwei Schuzapparaten versehenen
Kessel.
Fig. 47 zeigt
die Roͤhre und den Hahn in groͤßerem Maaßstabe gezeichnet.
A ist der Kessel, B der
Heerd, C der Rost, D das
Aschenloch. E ist eine senkrechte, an die beiden
Kesselwaͤnde geschweißte Roͤhre, welche an ihrem oberen und unteren
Ende offen ist, und in deren oberen Theil uͤber dem Niveau des Wassers zum
Behufe des Eintritts von Dampf einige kleine Loͤcher gebohrt sind. Eine
zweite aͤhnliche Roͤhre F, welche man an
dem cylindrischen Kessel Fig. 46
angebracht sieht, hat
mit der eben beschriebenen gleichen Zwek. G ist ein auf
die Roͤhre E geschraubter Hahn, und H ein kleiner Trichter, in den der aus
leichtfluͤssigem Metall gebildete kegelfoͤrmige Pfropf a geworfen wird. Dieser Pfropf gelangt, mit seiner
breiten Basis nach Unten gerichtet, in das durch den Schluͤssel des Hahnes
gebohrte Loch; dreht man diesen Hahn um, so kehrt sich der Pfropf um und
faͤllt, indem er nunmehr seine duͤnnere Basis darbietet, in die
Roͤhre E, auf deren Boden er anlangt, indem er
durch den durch die Loͤcher a eintretenden Dampf
dahin getrieben wird. Man sieht diese Anordnung der Theile am deutlichsten aus Fig. 47, wo zu
deren Bezeichnung dieselben Buchstaben beibehalten sind.
Die Explosionen der Kessel lassen sich verhuͤten, wenn man den heißesten Theil
derselben stets weit unter jener Temperatur haͤlt, die der Dampf haben muß,
wenn er eine Kraft erlangen soll, welche den direct gemessenen Widerstand der
Waͤnde uͤbersteigt. So lange nun aber die Heizoberflaͤche naß
erhalten wird, wird kein Theil der metallenen Wand, ausgenommen sie besaͤße
einen sehr bedeutenden Grad von Dike oder das Feuer waͤre sehr lebhaft,
merklich heißer werden koͤnnen als das Wasser, und mithin auch nicht im
Stande seyn, dieses augenbliklich zu verfluͤchtigen. Sobald sich hingegen
zwischen dem Wasser und dem Metalle auch nur eine duͤnne Schichte salziger
oder anderer Niederschlaͤge ansammelt, wird sich das Metall in hohem Grade
erhizen und eine Berstung eintreten koͤnnen. Dasselbe wuͤrde der Fall
seyn, wenn das Niveau des Wassers unter die Heizoberflaͤche
herabsaͤnke. Dem wird nun aber durch die Erfindung des Hrn. Galy-Cazalat gesteuert.
Dieser gemaͤß ist naͤmlich an jenem Theile des Kessels A, an dem sich die Bodensaͤze bilden und der der
staͤrksten Einwirkung des Feuers ausgesezt ist, eine Oeffnung angebracht, der
gegenuͤber sich in dem oberen Theil des Kessels eine gleiche Oeffnung
befindet. Diese beiden Oeffnungen sind luftdicht durch eine cylindrische
Roͤhre E ausgefuͤllt, deren unteres Ende
durch eine Schulter zuruͤkgehalten wird, waͤhrend sie durch einen mit
einem Trichter versehenen Hahn G, den man an das andere
Ende schraubt, und der gegen den Kessel druͤkt, nach Oben zugezogen wird. Die
innere kegelfoͤrmig ausgedrehte Muͤndung dieser Roͤhre wird
luftdicht mit dem aus leichtfluͤssigem Metalle b
geformten Pfropfe, dessen kleinere Basis nach Abwaͤrts gerichtet ist,
verschlossen. Die solcher Maßen an beiden Enden verschlossene Roͤhre
communicirt durch mehrere kleine Loͤcher a,
welche weit uͤber dem Niveau des Wassers durch sie gebohrt sind, mit dem im
Kessel befindlichen Dampfe. In dem Schluͤssel des Hahnes befindet sich eine
Cavitaͤt, welche einerseits verschlossen ist und andererseits offen steht, so
daß man in dessen Inneres einen Pfropf von der angegebenen Art fallen lassen kann. Dem durch die
Loͤcher a eingetretenen Dampfe ist demnach
einerseits durch den Hahn und andererseits durch den Pfropf der Ausweg
versperrt.
Gesezt nun die Temperatur der Kesselwand uͤbersteige in Folge der
Niederschlaͤge, welche sich ansammelten, die Graͤnze, welche der Dampf
nicht uͤberschreiten darf, so wird der kegelfoͤrmige, in die Dike des
Metalles eingelassene Pfropf, der immer der Temperatur der Kesselwand theilhaftig
werden wird, zu schmelzen beginnen, und in dem Augenblik, wo dieß Statt findet, wird
er auch durch den Dampf ausgetrieben werden, so daß dieser nunmehr von Oben herab
auf den Heerd stroͤmt und auf diesem die Verbrennung beinahe augenbliklich
aufhoͤren macht; indem er nicht nur den oberen Theil des Brennmateriales
ausloͤscht, sondern indem er durch seine Spannkraft zugleich auch die durch
den Rost emporsteigende atmosphaͤrische Luft zuruͤktreibt.
Das durch das Ausstroͤmen des Dampfes entstehende Geraͤusch deutet an,
daß sich Niederschlaͤge im Kessel gebildet haben, und daß eine Explosion
Gefahr drohte. Wenn dieses Ausstroͤmen eine Minute lang gedauert hat, so ist
die Temperatur hinreichend gesunken, und man kann abermals einen schmelzbaren Pfropf
einsezen. Um dieß zu bewerkstelligen, dreht der Heizer den Hahn so, daß die
Cavitaͤt seines Schluͤssels, wie Fig. 47 zeigt, nach Oben
gerichtet ist, worauf dann mit der breiteren Basis voran ein neuer Pfropf eingelegt
wird. Wird, nachdem dieß geschehen ist, der Schluͤssel um die Haͤlfte
umgedreht, so faͤllt der Pfropf mit der duͤnneren Basis in die
Roͤhre, in deren Ende er durch den hinter ihm ploͤzlich nachdringenden
Dampf gleich einer Kugel eingetrieben wird.
Die cylindrischen Kessel muͤssen mit zwei derlei Apparaten ausgestattet
werden, wie Fig.
46 zeigt; der eine unten am Kessel befindliche hat dann gegen die durch
Niederschlaͤge bedingten Explosionen, der andere hingegen, der in der
Hoͤhe des Wasser-Niveau's angebracht ist, gegen die durch das Sinken
des Wasserstandes bedingten Gefahren zu schuͤzen. Nach den vor einer
Commission angestellten Versuchen hat sich ergeben, daß durch eine solche Anwendung
zweier leichtfluͤssiger Pfroͤpfe die Ursachen der Explosionen der
Dampfkessel radical beseitigt werden.