Titel: | Verbesserte Methode das Getreide für das Mahlen zu reinigen, worauf sich A. V. Newton, Patentagent in London, einer Mittheilung zufolge, am 22 August 1848 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XIX., S. 109 |
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XIX.
Verbesserte Methode das Getreide für das Mahlen
zu reinigen, worauf sich A. V.
Newton, Patentagent in London, einer Mittheilung zufolge, am 22 August 1848 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem London Journal of arts, August 1849, S.
6.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Newton's Methode das Getreide für das Mahlen zu
reinigen.
Diese Verbesserungen beziehen sich insbesondere auf die Reinigung des Weizens und
Roggens als Vorbereitung für das Mahlen. Die Beschaffenheit und Vortheile dieser
Erfindung erhellen aus folgenden einleitenden Bemerkungen.
Wenn man ein Weizenkorn untersucht, so bemerkt man zwei verschiedene Hüllen, welche
durch eine weiche leimartige Substanz getrennt sind. Zwischen diesen Hüllen ist der
mehlige Theil eingeschlossen. Die äußere Hülle (oder die Kleie) ist nicht nahrhaft,
stellt jedoch in einer milden Form das bittere für die Zwecke der Gährung geeignete
Princip dar. Diese Hülle läuft in parallelen Linien längs des Korns und dient als
Leiter der Feuchtigkeit, um den Keim zum Leben zu erwecken. Die innere Hülle
schließt das Mehl in rechtwinkelig sich kreuzenden Linien ein, wodurch die
zellenartige Bildung entsteht; diese Hülle ist süß und nahrhaft und ertheilt dem Mehle Kraft und
Wohlgeschmack.
Dieser werthvolle Theil des Weizenskorns nun ging bei der gewöhnlichen Mahlmethode
für die menschliche Consumtion fast ganz verloren, indem er mit der Kleie von dem
Mehl getrennt wurde. Durch die vorliegende Entdeckung jedoch wird die Kleie nebst
dem der äußern Hülle anhängenden Schmutze ausgesondert, während alles Nahrhafte in
einer reinen gesunden und genießbaren Form in dem Mehl zurückgehalten wird. Der
Proceß, wodurch dieses Resultat erreicht wird, hängt von folgender Eigenschaft des
Weizenkorns ab. Die Kleie oder äußere Hülle ist sehr hygroskopisch, während der
innere Theil die Feuchtigkeit eine Zeit lang zurückstößt. Dieser Umstand gestattet,
die äußere aufzuweichen, während die innere fest und hart bleibt. Wenn das Korn in
diesen Zustand versetzt ist, so wird mechanische Kraft angewandt, wodurch ein
heftiges Reiben der Körner gegen einander und die reibenden Flächen veranlaßt, und
die eingeweichte Hülle, unbeschadet der Form und Qualität des Korns, von dem
letzteren getrennt wird. Es war seither stets ein großes Bedürfniß bei der
Mehlbereitung, das Zermahlen der Kleie mit dem Mehl zu beseitigen, wodurch der Werth
des Mehls beeinträchtigt wird. Durch das vorliegende System ist nun diese
Verschlechterung der Qualität des Mehls beseitigt, denn die Kleie wird vor dem Mahlen von dem Kern getrennt. Dazu kommt noch der
vortheilhafte Umstand, daß mit der Beseitigung der äußeren Hülle zugleich alle
andern dem Korn anhängenden Unreinigkeiten wegfallen.
Die Ordnung, in welcher die verschiedenen Proceduren vor sich gehen, ist folgende. In
einem Dampfkasten von geeigneten Dimensionen sind mehrere rotirende Drahtcylinder
angeordnet, durch welche das Korn seinen Weg nimmt. Man läßt in den Kasten Dampf
strömen, der von dem Korn absorbirt wird. Mit Feuchtigkeit hinreichend gesättigt,
gelangt der Weizen in eine Zerreibungsbüchse (attrition-box) worin die Kleie von dem Korn getrennt wird, um
hernach durch einen Luftstrom weggeweht zu werden. Das Korn aber gelangt in eine
geheizte Kammer, worin rotirende Drahtcylinder angebracht sind, durch die es seinen
Weg nimmt. In dieser Kammer wird alle überflüssige Feuchtigkeit verdampft, die das
Korn etwa aufgenommen hat. Das Korn unterliegt sodann in einer der obigen ähnlichen
Zerreibungsbüchse einer weiteren Zerreibung in trockenem Zustande, um die kleinen
etwa immer noch anhängenden Kleienfasern abzusondern. Endlich wird das Korn, nachdem
es einem zweiten Schwingproceß ausgesetzt worden ist, in seiner reinsten und
gesundesten Form der eigentlichen Mahlmühle übergeben.
Fig. 23
stellt den zur Ausführung dieser Erfindung dienlichen Apparat theilweise im
senkrechten Durchschnitte dar; die Anordnung eignet sich für ein Gebäude von fünf
Stockwerken. A, A, ist die Dampfkammer, in welcher
mehrere geneigte Drahtcylinder a, a eingesetzt sind. Der
obere Theil des einen Cylinders empfängt von dem Rumpfe b den von der Kleie zu befreienden Weizen oder Roggen und leitet ihn nach
dem nächst tieferen Cylinder, der ihn einem dritten Cylinder zuführt, von dem der
Weizen in einen Rumpf c geleitet wird. Die Cylinder a, a werden mittelst Riemen und Rollen von der
Treibachse d aus in eine langsame Rotation versetzt, die
das Getreide der Einwirkung des durch die Röhre e in den
Dampfkasten strömenden Dampfs vollständig aussetzt. Dadurch wird die Cohäsion
zwischen der äußern Hülle und den mehligen Theilen des Korns vernichtet. In diesem
Zustande fällt das Korn in den Rumpf c und von da in die
Zerreibungsbüchse B, in welcher die Trennung der Kleie
von dem Korn erfolgt. Die reibenden Flächen sind aus Gußeisen und bestehen aus einem
concaven und einem convexen Kegel, die über einander geschoben sind und sich
seitwärts in eine flache Basis ausbreiten. Der concave Kegel ist der
„Läufer,“ der convexe vertritt die Stelle eines
Bodensteins. Diese Kegel sind unter verschiedenen Neigungsverhältnissen construirt,
so daß an ihrer Spitze ein größerer Zwischenraum bleibt, als an ihrer Basis, damit
das Getreide frei zwischen die reibenden Flächen eintreten könne und eine
stufenweise und gleichmäßige Vertheilung des Korns während seines Herabsinkens
stattfinde. Der in B¹ im Grundrisse dargestellte
Läufer sitzt an einer verticalen Welle f, die durch ein
geeignetes Räderwerk mit der Triebkraft der Mühle in Verbindung steht. Während der
Läufer rotirt, fällt das Getreide durch das Läuferauge und gelangt zwischen die
Reibungsflächen, wo ein Korn gegen das andere gerieben wird, bis die äußere Hülle
oder Kleie beseitigt ist. Dann fällt das Korn durch eine in der Seite der
Reibungsbüchse angebrachte Oeffnung in einen verticalen Canal g. Der Austritt des Korns wird durch einen Schieber regulirt, welcher, je
mehr er niedergedrückt wird, eine desto größere Reibung gegen das Getreide
gestattet; wird dagegen die Reibung zu groß, so muß der Schieber gehoben werden, um
eine raschere Entweichung des Korns zu gestatten. An dem unteren Ende des Canales
g trifft das Korn mit einem Luftstrom zusammen, der
durch einen Ventilator C den geneigten Canal h hinauf getrieben wird. Dieser Luftstrom trennt einen
großen Theil der Kleie und anderer fremdartigen Stoffe von dem Korn, welches in eine
horizontale Fortleitungsröhre i fällt, worin sich eine
archimedische Schraube in Berührung mit ihrer unteren Seite dreht. Die Schraube
schiebt das Korn in eine Büchse i*. In dieser Büchse ist
eine Rolle gelagert, welche in Verbindung mit einer andern Rolle eine endlose
Eimerkette in Bewegung setzt, die das Getreide in das oberste Stockwerk hebt, und
dort in einen Rumpf l entleert. Dieser Rumpf leitet das
Getreide in mehrere Drahtcylinder, welche in einer durch die Röhre m mit warmer Luft geheizten Trockenkammer rotiren. Von
da gelangt das Korn in trockenem Zustande in einen Rumpf n, der es einer zweiten ganz wie die erste eingerichteten
Zerreibungsbüchse E übergibt. Diese Büchse hat den
Zweck, das Korn zu poliren und die demselben etwa noch anhängende Kleie vollends zu
beseitigen. Aus dieser Büchse fällt das Korn in einen verticalen Canal o und aus diesem in einen schiefen Canal p, wo es einem durch den Ventilator F erregten Luftstrom begegnet, der die letzten
fremdartigen leichten Stoffe wegweht. Durch einen an dem unteren Ende des Canals p befestigten Trog q gelangt
das Korn in den Rumpf r und von da in die Mühle G, die es in Mehl verwandelt. Der Heizapparat besteht
aus einem gußeisernen Ofen H, in den ein Dampfkessel s eingesetzt ist. Durch die Röhre e strömt der Dampf in den Dampfkasten. In dem Ofen ist eine
schlangenförmige Röhre t angeordnet, welche stark
erhitzt wird. Diese Röhre ist an dem einen Ende offen, um Luft hindurchzulassen,
während ihr anderes Ende mit der Röhre m verbunden ist,
welche die heiße Luft nach der Kammer D leitet. Um in
den Reibungsbüchsen den gehörigen Grad der Reibung zu erhalten, ist es zweckmäßig,
die Reibungsflächen, wie der Grundriß B² zeigt,
mit radialen Rinnen zu versehen, welche eine stete Umwendung des Korns bewirken, und
dasselbe vorwärts zwängen.