Titel: | Ueber die Theorie der Türkischrothfärberei; von J. Persoz. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XXXVIII., S. 216 |
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XXXVIII.
Ueber die Theorie der Türkischrothfärberei; von
J.
Persoz.
Aus dessen Traité théorique et pratique de l'Impression
des Tissus, Bd. III. S. 174. J. Persoz
Persoz, über die Theorie der Türkischrothfärberei.
Die Operationen, durch welche man das Türkischroth auf Baumwollenzeugen erzielt,
sind:
1) das Oelen der Stücke, oder wenn man will, die Bildung
und Befestigung der organischen Beize auf dem Zeug;
2) das Galliren und Beizen, um
eine gewisse Menge Thonerde mit dem Zeuge zu verbinden (oder Eisenoxyd, wenn man
Violett erzielen will);
3) das Färben (Krappen) der geölten und gebeizten
Zeuge;
4) das Aviviren der gefärbten Stücke.Die specielle Beschreibung des Verfahrens der
Elsasser und Schweizer Fabricanten zum Türkischrothfärben der
Baumwollenzeuge, so wie der Methode des Hrn. Gastard, wurde aus dem Werke von Persoz
bereits im polytechn. Journal Bd. CI S.
205 mitgetheilt.A. d. Red.
Oelen. Um die Zeuge zu ölen, genügt es nicht, sie mit
fetten Stoffen zu überziehen, denn die Erfahrung lehrt, daß ein Flecken von Oel oder
Fett, welches nicht modificirt ist, bloß die Stelle des Zeugs welche er bedeckt,
reservirt, d.h. sie verhindert die Thonerdebeize anzunehmen; man muß also die Natur
des Oels oder Fettes mittelst Alkalien oder alkalischer Verbindungen unter dem
Einfluß sowohl des Wassers als der Wärme und der Luft modificiren. Es handelt sich
hier keineswegs um eine bloße Verseifung, denn wenn dieß der Fall wäre, müßte es
genügen, die Zeuge mit Olivenölseife zu tränken und dann die fetten Säuren auf ihnen
frei zu machen, damit sie sich im Krappbad rosenroth färben können; im Gegentheil
gelingt die Operation des Oelens nie besser, als wenn man
einfach-kohlensaures und besonders doppelt-kohlensaures Kali oder Natron
anwendet, deren verseifende Wirkung bei gewöhnlicher Temperatur mit derjenigen der
ätzenden Alkalien nicht zu vergleichen ist.
Das Oel und die alkalischen Bicarbonate sind ohne Zweifel die Hauptelemente dieser
Operation; das Oel muß aber sogenanntes Turnant-Oel seyn und man muß ihm überdieß Substanzen von
eigenthümlicher Natur, z.B. Schafkoth oder Kuhkoth zusetzen, die man vergeblich zu entbehren suchte.
Man nimmt eine Infusion von diesem Koth – welchen einige Fabricanten eine
anfangende Gährung erleiden lassen – und versetzt sie mit der geeigneten
Menge Turnant-Oel und Potasche, wodurch man eine milchige Flüssigkeit erhält,
welche man Weißbad nennt und mit der man die Zeuge
grundirt, um sie so mit zertheiltem Oel, kohlensaurem oder
doppelt-kohlensaurem Alkali und einer gewissen Menge Kothsubstanz zu
überziehen (zu tränken). Diese Stücke werden dann bei schönem Wetter an der Sonne,
außerdem in einer geheizten Trockenstube aufgehängt. Hiebei erleidet die fette
Substanz eine Modification, welche sie in den schwachen Alkalien unauflöslich macht,
und sie erlangt in hohem Grade die Eigenschaft dem Gewebe stark zu adhäriren; da
diese Modification aber von der Oberfläche des Gewebes aus gegen den Mittelpunkt
desselben bewirkt wird, folglich die oberflächlichen Theile jeder Schicht, weil sie
mit dem Zeug keine Verbindung eingehen, sich von demselben leicht ablösen, so
wiederholt man das Passiren im Weißbad öfters, bis die Stücke im Centrum hinreichend
geölt sind.
Die Sonne und die Wärme üben einen sehr großen Einfluß auf die Stücke aus, welche man
an der Luft trocknet; im Herbst, im Winter und im Frühling ist es viel schwieriger
als im Sommer, die fette Substanz zu modificiren und zu befestigen. Wenn diese
Stücke in einer Trockenstube aufgehängt werden, machen sich die Wirkungen der
künstlichen Wärme nicht weniger bemerklich, und wenn man den gewünschten Grad nicht
erreicht, bemerkt man beträchtliche Verschiedenheiten in der Intensität der Nüancen;
deßwegen wendet man auch sehr niedere Trockenstuben an, welche eine gleichförmigere
Temperatur ermöglichen.
Worin besteht nun die Modification, welche die fette Substanz erleidet, wenn sie auf
dem Gewebe dem dreifachen Einfluß der Luft, der Wärme und der kohlensauren Alkalien
ausgesetzt ist; in welche Producte verwandelt sie sich bei dieser geheimnißvollen
Operation?
Die Lösung dieser Frage wäre in theoretischer Hinsicht sehr interessant und in
praktischer Beziehung wäre es sehr gewinnbringend, derartige fette Substanzen
beliebig modificiren zu können. Ich hatte über diesen Gegenstand eine Arbeit
begonnen, da ich aber erfuhr, daß sich Hr. Chevreul mit
ihm beschäftigt und schon alle erforderlichen Materialien hat, um zu einer Lösung zu
gelangen, so habe ich sie nicht fortgesetzt und theile bloß das Resultat einiger
Beobachtungen mit, welche im Jahr 1839 in meinem Laboratorium von Hrn. Weißgerber gemacht wurden. Dieser Fabricant beobachtete,
daß die auf gewöhnliche Art geölten Zeuge, welche ihre modificirte fette Substanz an
das Terpenthinöl abgeben, es ebenso vollständig an das
Aceton abtreten. Für Türkischroth geölter Zeug,
welcher nach dem Färben durch das Aviviren rein und satt rosenroth wurde, verlor in
dem Maaße als er mittelst Aceton abgezogen wurde, immer mehr die Eigenschaft sich zu
färben und zog endlich den Farbstoff im Krappbad nicht mehr an. Nachdem Hr. Weißgerber die Auflösung der fetten Substanz im Aceton
bei 70° R. destillirt hatte, um das Aceton daraus zu erhalten, fand er als
Rückstand eine fette klebrige Flüssigkeit, die sich in zwei Schichten trennte, eine
feste und eine flüssige. Um zu erfahren, ob diese klebrige Flüssigkeit noch die
wesentliche Eigenschaft der fetten Substanz besitzt, aus welcher sie entstanden war,
verseifte er sie mit starken Vasen, und da sich in den Verseifungsproducten keine
Spur von Glycerin entdecken ließ, so mußte er daraus schließen, daß diese fette
Substanz verschwunden war. Endlich überzeugte er sich – und ich kann die
Richtigkeit dieser Thatsache bestätigen – daß man nur
eine geeignete Menge dieses modificirten fetten Körpers auf einen Zeug
aufzudrucken braucht, um mit Krapp die dunkelsten und reinsten Nüancen zu
erhalten. Ich zweifle daher gar nicht, daß wenn man einmal im Stande ist
diesen fetten Körper direct zu bereiten, die Thonerdebeizen entbehrlich werden.
Dafür spricht auch eine Beobachtung des Hrn. Chevreul,
welche er bei seiner Analyse eines gewissen Türkischroths
machte, aus welchem er nur eine sehr kleine Menge Thonerde abzuscheiden vermochte,
obgleich die Zeuge in den Türkischroth-Färbereien bekanntlich mit einer
bedeutenden Menge Thonerde gebeizt werden. Das Glycerin verschwindet bei dieser
Operation in Folge einer Oxydation und Metamorphose) erstere wird durch die
Einwirkung der Luft auf die geölten Stücke mit Beihülfe der Wärme bewirkt; letztere
durch die zugesetzten stickstoffhaltigen Substanzen, welche unentbehrlich sind um
die organische (fette) Materie in Bewegung zu setzen. Ohne Zweifel muß man als
stickstoffhaltige Substanzen hauptsächlich feste thierische Excremente anwenden) ich
sage hauptsächlich, weil ich durch eigene Versuche gefunden habe, daß der Schaf- und
Kuhkoth fette Stoffe enthalten, welche sich in demselben Zustand befinden wie
diejenigen auf den geölten Zeugen, und folglich die Eigenschaft besitzen den
Farbstoff anzuziehen; man könnte daher vielleicht den Act der Verdauung gewisser
Thiere benutzen, um fette so zu modificiren, daß sie in Form von festen Excrementen
direct bei der Türkischroth-Färberei anwendbar sind. Alle Türkischrothfärber
wissen, daß die Weißbäder um so wirksamer sind, je mehr altes
Weißbad ihnen beigemischt ist, welches außer der gewöhnlichen fetten
Substanz auch die bereits modificirte enthält. Man hat dem Koth eine andere Rolle
zugeschrieben, nämlich die Stücke gegen die Verbrennung zu schützen, welche
bisweilen eintritt, wenn man sie so lange auf einander legen läßt, daß sie sich
erhitzen können. Die Temperatur-Erhöhung, welche in diesem Fall stattfindet,
kann aber wohl Folge einer Fixirung von Sauerstoff durch Oxydation der fetten
Substanz seyn. Bei den Operationen welche auf das Oelen der Stücke folgen, könnten
auch die in den festen thierischen Excrementen in großer Menge enthaltenen
phosphorsauren Salze eine Rolle spielen.
Nach den Passagen in den Weißbädern befindet sich also auf den Stücken, außer dem
Alkali: 1) nicht modificirte fette Substanz; 2) modificirte fette Substanz, welche
dem Gewebe nicht anhaftet; 3) modificirte fette Substanz welche dem Gewebe anhaftet.
Man ist daher genöthigt, die Zeuge zu reinigen; sonst würden sie das Thonerdesalz,
womit sie nun getränkt werden müssen, ungleichförmig fixiren, weil die nicht
modificirte fette Substanz als Reservage dienen würde. Hiezu weicht man sie
12–18 Stunden in einer Kufe in Wasser ein, worin ein wenig kohlensaures Kali
oder Natron aufgelöst ist; letzteres dient hier, damit alle modificirten oder nicht
modificirten Fetttheile, welche sich vom Gewebe ablösen müssen, um so leichter
suspendirt bleiben. Man nimmt die Stücke, eines nach dem andern, aus der Kufe, walkt
sie gut, und preßt sie sogar aus, um das ablaufende Bad zu sammeln, welches man altes Weißbad nennt und als viel wirksamer dem frischen
vorzieht.
Die angegebene Behandlung der Stücke ist die gewöhnlich befolgte; sie ist langwierig
und erheischt unausgesetzte Aufmerksamkeit, einerseits damit sich das Weißbad
gleichförmig auf der Oberfläche der Gewebe verbreitet, und andererseits damit das
Trocknen der Zeuge nach jedesmaliger Behandlung im Weißbad stets so gleichförmig als
möglich und bei bestimmten Graden bewerkstelligt
wird.
Man hat mich versichert (was ich aber nicht verbürgen kann), daß es gelungen ist
diese verschiedenen Operationen auf eine einzige zu reduciren, indem man das Gewebe mit
Kali- oder Natron-Bicarbonat tränkt und es dann gleichförmig mit
Turnant-Oel grundirt (welchem ohne Zweifel der erforderliche Stoff zugesetzt
wurde, damit es auf dem Zeuge die erwähnte Modification erleiden kann); da das
Gewebe beim Grundiren in Oel von demselben aber viel mehr aufnimmt als nöthig ist,
so läßt man das Stück, zwischen zwei anderen ungeölten befindlich, durch die zwei
Walzen der Maschine gehen. Man wiederholt die Operation mit neuen, bloß mit
Bicarbonat getränkten Stücken, bis das erste Stück von seinem Oel nichts mehr an das
Gewebe abgibt womit man es in Berührung bringt; die so mit Natron-Bicarbonat
imprägnirten und auf ihrer Oberfläche mit einer äußerst dünnen Oelschicht
überzogenen Stücke, hängt man dann in geheizten Trockenstuben auf, damit das Oel die
erforderliche Modification erleidet.
Hr. Ed. Schwartz hat viele Versuche angestellt, um die
Theorie des Oelens der Stücke aufzuklären und dieselben in einer (noch nicht
veröffentlichten) Abhandlung bei der Société
industrielle in Mülhausen deponirt; er suchte hauptsächlich folgende zwei
Fragen zu lösen: 1) muß das Weißbad nothwendig Alkalien enthalten? 2) ist es möglich
die Operationen des Oelens abzukürzen und die Wirkung der Luft und der Wärme durch
kräftigere Agentien zu ersetzen, welche gewissermaßen augenblicklich die gewünschte
Reaction hervorbringen? – Die erste Frage beantwortet er bejahend, d.h. daß
man nothwendig kohlensaures Kali, Natron oder Ammoniak anwenden muß; als er nämlich
Oel mittelst Eigelb oder arabischen Gummi's in eine Emulsion verwandelte und mit
solcher Stückchen Calico tränkte, die er dann trocknete und wie bei Anwendung von
Weißbädern behandelte, endlich beizte, färbte und avivirte, erhielt er nur ein ganz
schlechtes schmutziges Rosenroth. Um die zweite Frage zu entscheiden, behandelte er
das Turnant-Oel: 1) mit einer concentrirten Auflösung von kohlensaurem Kali
bei der Temperatur, wo diese Mischung alle Eigenschaften des auf dem Gewebe
modificirten Oels annimmt; 2) mit Salpetersäure, welche erhitzt wurde bis sich keine
rothen Dämpfe mehr entwickelten; 3) mit Chlorkalk-Auflösung von 8°
Baumé; 4) mit Kali-Bicarbonat. Er fand, daß das Oel welches durch
irgend eines dieser oxydirenden Agentien modificirt wurde, auf gebeizten
Kattunstückchen befestigt, nach dem Färben und Aviviren bloß ein Roth erzeugt,
welches viel weniger lebhaft ist als man es nach. dem gewöhnlichen Verfahren
erzielt. Seine Versuche führten ihn sogar zu der Annahme, daß die fette Substanz
sich an der Oberfläche des Gewebes modificiren muß, um sich darauf zu befestigen
– eine Ansicht die ich nach den oben erwähnten Versuchen nicht theilen
kann.
Hr. Schwartz fährt fort: „Sobald ich von der
Wahrheit dieses Princips überzeugt war, stand ich davon ab, den fraglichen
fetten Stoff im voraus zu bilden, und suchte ihn auf der Baumwolle selbst zu
erzeugen, aber in einem kleineren Zeitraum und mit geringerem Aufwand von
Brennmaterial; ich setzte daher ein Weißbad zusammen mit
4 Theilen Turnant-Oel,
1 Theil Potasche,
16 Theilen Wasser.
Ein mit derselben Mischung getränktes halb-weißes Kattunstückchen wurde um
ein Rohr gerollt, in welchem Dampf circulirte. Nachdem es so zwei Stunden lang
einer Wärme von 110° C. ausgesetzt worden war, tränkte ich es neuerdings
mit der Mischung, trocknete es wie das erstemal, wusch, beizte, färbte und
avivirte es. Die Farbe war schön, aber die Baumwolle durch die hohe Temperatur
geschwächt worden.“
„Um diesem Fehler abzuhelfen, ersetzte ich die käufliche Potasche durch
Kali-Bicarbonat und verfuhr auf dieselbe Weise: nun wurde die Baumwolle
nicht mehr geschwächt und die Farbe war eben so schön. Endlich ersetzte ich das
Kali-Bicarbonat durch Ammoniak-Bicarbonat, und selbst in diesem
Falle war das Resultat ein eben so gutes. Da diese letzteren Versuche nicht im
Großen angestellt wurden, so kann man nicht sagen, ob das eine oder andere
dieser beiden letzteren Verfahren im Vergleich mit der alten Methode
vortheilhaft wäre; es ist aber mit Grund anzunehmen, daß sie gelingen würden.
Ich wage sogar die Vermuthung aufzustellen, daß wenn ein kohlensaures Alkali zur
Bildung und Fixirung des fetten Stoffs auf der Baumwolle nöthig ist, die
Kohlensäure dabei eine Rolle zu spielen scheint und vielleicht noch
unentbehrlicher ist als das Alkali.“
Beizen mit Thonerde. Wenn die Stücke nach den Oelbädern
vollkommen gereinigt sind (so daß das Wasser beim Auswinden derselben ganz klar
ablauft), grundirt man sie gleichförmig mit Alaun oder essigsaurer Thonerde (für
Violett mit salpeter-schwefelsaurem Eisenoxyd). Die Verwandtschaft der
modificirten fetten Substanzen zur Thonerde ist aber nicht so stark, daß sie die
gänzliche Zersetzung des Alauns und die vollständige Fixirung seiner Basis auf dem
Gewebe bewirken könnte; man muß daher andere Körper zu Hülfe nehmen, um die Adhärenz
der Thonerde am Zeug zu begünstigen; dazu dient ein Absud von Galläpfeln oder
Sumach, womit man die Stücke vor dem Alaunen tränkt, wenn man den Alaun nicht selbst
in diesem Absud auflöst. Hr. Daniel
Köchlin hat gefunden, daß bei Anwendung von essigsaurer
Thonerde als Beize das Galliren keinen Einfluß auf die Nuance des Roth hat und bloß
den Vortheil gewährt, daß die Farbe haltbarer ist, besonders wenn die Stücke durch
eine Auflösung von Chlorkalk genommen werden müssen. Sind einmal die Stücke mit
einer Auslösung von Galläpfeln und Alaun getränkt, so trocknet man sie und passirt
sie durch Kreide, um den Alaun zu sättigen (in cubischen zu verwandeln), wo er dann
seine Basis an das Gewebe abzutreten vermag. Es ist zu verwundern, daß man nicht
gleich Anfangs den Alaun durch Kreide sättigt, von welcher er viel aufnimmt (1/8
seines Gewichts ohne sich zu trüben) und womit er eine sehr lösliche Verbindung
bilden würde, welche die Thonerde leicht an das Gewebe abgibt.
Wenn man essigsaure Thonerde anwendet, nimmt man die Stücke aus gewöhnliche Art durch
Kuhkoth und passirt sie in einem verdünnten Kreidebad.
Färben oder Krappen. Man färbt die Baumwollzeuge mit
ihrem gleichen bis doppelten Gewicht Krapp und einer gewissen Menge Kreide (kochend)
aus; es ist sogar unmöglich, ohne Anwendung von Kreide ein schönes Rosenroth zu
erhalten, welches keine Neigung hat einen violetten Ton anzunehmen. (Die Indier
wenden bei dem Färben mit Chaya-ver auch stets ein sehr kalkhaltiges Wasser
an.)
Außer der Kreide wendet man beim Krappen (für Türkischroth) oft auch eine gewisse
Menge Sumach an, in der Absicht an Krapp zu ersparen. Aus sehr gut angestellten
Versuchen von J. M. Haußmann geht hervor, daß ein Zusatz
von Sumach und Galläpfeln beim Krappbad zur Entwicklung einer viel größeren Menge
Farbstoffs beiträgt (Annales d'Oreilly, Bd. VIII S.
247). Aber Hr. Eduard Schwartz, welcher diesen Vortheil
einer satteren Färbung der Stücke bestätigt fand, ist überzeugt, daß das auf diese
Art gefärbte Roth ohne Vergleich weniger solid ist und sich folglich nicht für
Merinos eignet, welche die Chlorkalk-Küpe passiren müssen. Uebrigens könnte
dieser Zusatz noch eine andere Rolle spielen; denn die Versuche von J. M. Haußmann beweisen, daß wenn man mit Sumach oder
Galläpfeln (Gerbesäure) bei Gegenwart einer gewissen Menge von Kreide färbt, die
adstringirenden Substanzen sich derart modificiren, daß sich die Eisenbeizen
olivengrün und die Thonerdebeizen gelb färben.
Außer dem Sumach setzt man bisweilen dem Krappbad auch Ochsenblut (1/4 des
angewandten Krapps) oder eine gewisse Menge Kölner Leim zu.
Aviviren. Beim Aviviren der gewöhnlichen krapprothen
Stücke in einem Seifenbad hat man hauptsächlich den Zweck, die fette Substanz der
Seife dem auf der Oberfläche des Zeugs befindlichen Krapplack einzuverleiben, um ihm
die verlangte Beständigkeit und Lebhaftigkeit zu ertheilen. Beim Aviviren des
Türkischroths hingegen, wo das Gewebe mit fetter Substanz gesättigt ist, besteht die
zu erzielende Wirkung darin: 1) den Ueberschuß dieser fetten Substanz zu beseitigen;
2) in dem rothen Lack einen Theil seiner Basis (Thonerde) durch Zinnoxyd zu
verdrängen, das seine Nuance modificirt und ihm das Feuer ertheilt welches das
Türkischroth charakterisirt.
Zum Aviviren benutzt man kohlensaures Kali, Seife und Zinnchlorür (Zinnsalz).
Meistens nimmt man zur ersten Avivage bloß Seife und Potasche, und zu den folgenden
Seife und Zinnsalz. Die Rolle, welche diese Körper spielen, ist leicht zu begreifen:
das kohlensaure Kali und die Seife bewirken die Auflösung der überschüssigen fetten
Substanz und lösen zugleich eine bedeutende Menge Farbstoff auf, welchen man in dem
Bade wieder findet; das Zinnchlorür wird zersetzt, Zinnoxydul verdrängt einen Theil
der Thonerde, tritt an deren Stelle, oxydirt sich und verwandelt das Roth in die
feurige Nuance, in Folge der Orangefarbe welche die in Krapp gefärbten
Zinnverbindungen annehmen.
Haußmann's Verfahren das Olivenöl beim
Türkischrothfärben durch Leinöl zu ersetzen.
Haußmann beschreibt dieses Verfahren in einer im Jahr X der Republik von ihm verfaßten Abhandlung, welche im
Journal d'Orelly Bd. VIII veröffentlicht wurde. Er
wandte dabei eine Auflösung von Thonerde in Aetzkali an; um dieselbe zu bereiten,
behandelte er 1 Theil Alaun mit 2 Theilen heißen Wassers, und während die
Flüssigkeit im Kochen war, versetzte er sie mit so viel concentrirter Aetzlauge, als
nöthig war um die Thonerde des Alauns niederzuschlagen und wieder aufzulösen. Beim
Erkalten und Stehenlassen setzte sich das schwefelsaure Kali großentheils ab; von
der abgegossenen klaren Auflösung des Thonerdekalis versetzte er 33 Theile mit 1
Theil Leinöl, um eine Emulsion zu erhalten, womit er die Baumwollzeuge tränkte. Die
so präparirte Baumwolle wurde im Sommer im Freien, im Winter in einer geheizten
Kammer getrocknet; nach 24 Stunden spülte man sie im Fluß und trocknete sie dann;
hierauf tränkte man sie neuerdings in der alkalischen Emulsion, um sie dann schnell
an der Luft zu trocknen u.s.f., bis das Gewebe die erforderliche Anzahl von
Emulsionen erhalten hatte. J. M. Haußmann sagt a. a. O.:
„Zwei Tränkungen mit der Mischung von Thonerdekali und Leinöl reichen
hin, um ein schönes Türkischroth zu erhalten; tränkt man aber die Baumwolle noch
einmal oder zweimal unter denselben Umständen, so wird man außerordentlich
glänzende Farben erhalten.“
Da durch diese Operationen die Baumwolle gleichzeitig geölt und gebeizt wurde, so
konnte er unmittelbar zum Färben schreiten, wobei er auch Kreide (1/6 des
Krappgewichts) zusetzte. Er nahm auf 1 Theil Krapp 40 Theile Wasser, brachte das Bad
im Verlauf einer Stunde allmählich auf eine Temperatur, wobei man die Hand noch
darin halten konnte, ohne sie zu verbrennen, und ließ dann die Baumwolle noch zwei
Stunden im Bad, so daß die Operation drei Stunden dauerte. Nach dem Färben wurden
die Stücke gewaschen, gewalkt und dann in Kleie passirt; wenn sie eine in
Carmesinroth stechende rosenrothe Nuance erhalten sollten, setzte man bei dieser
Passage noch Seife und Potasche zu.
Der Sohn des Hrn. Haußmann hat mir bestätigt, daß nach
dieser Methode ein sehr schönes und lebhaftes Türkischroth erzielt wurde, aber auch
bekannt, daß sie nicht im Großen angewandt werden konnte, weil dabei die Resultate
niemals günstig ausfielen.