Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. , S. 151 |
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Miscellen.
Miscellen.
Die preußischen Telegraphenlinien.
Schon früh hatte das wichtige und interessante Communicationsmittel der
elektromagnetischen Telegraphen die Aufmerksamkeit der preußischen Staatsverwaltung
auf sich gezogen. Als die Erfindungen auf diesem Felde mehr zur praktischen
Ausführung heranreiften, wurden von Staatswegen ausführliche Versuche angeordnet, um
zweckmäßige Vorschläge für die Einrichtung von Staatstelegraphen vorzubereiten. Es
ward dazu in Berlin eine besondere Commission niedergesetzt und derselben
verhältnißmäßig bedeutende Geldbeträge aus der Staatscasse zur Disposition
gestellt.
Unter der Leitung dieser Commission ward als erster Versuch eine
Telegraphenverbindung zwischen Berlin und Potsdam mit einer durch die Luft geführten
Drahtleitung bereits vor drei Jahren hergestellt, welchem Beispiel folgend mehrere
Eisenbahn-Gesellschaften, unter ihnen namentlich und zuerst die Thüringische,
die großen Vortheile der elektro-magnetischen Telegraphen für den
Eisenbahndienst erkennend, für ihre besonderen Zwecke Telegraphen mit durch die Luft
geführten Drahtleitungen anlegten. Demnächst richtete die niedergesetzte Commission
ihre Bestrebungen vornehmlich dahin, durch unterirdische Drahtleitungen die
Uebelstände zu beseitigen, welche sowohl in Bezug auf leichte zufällige oder
absichtliche Zerstörung, wie auf mangelhafte Isolirung und nachtheilige Einwirkung
der atmosphärischen Elektricität mit den Drahtleitungen durch die Luft noch
verbunden waren.
In der Gutta-Percha wurde nach vielfachen Versuchen in Berlin zuerst endlich
eine Substanz gefunden, welche, zur Umhüllung der Kupferdrähte angewendet, den
Anforderungen zu entsprechen um Stande war, die behufs Anlegung einer unterirdischen
Leitung in Bezug auf Isolirung und auf Haltbarkeit gestellt werden mußten.Man vergleiche darüber polytechn. Journal Bd. CXII S. 72.
Gleichzeitig wurden im Weg öffentlich ausgeschriebener Concurrenz verschiedene
Constructionen von Telegraphen-Apparaten zur Vergleichung gebracht, um für
die Staats-Telegraphen die zweckmäßigste Wahl zu treffen. Demnächst wurden
mit den betreffenden Staatsregierungen wegen der Durchführung der Telegraphenlinie
durch die verschiedenen Gebiete und ebenso mit den betheiligten
Eisenbahn-Gesellschaften wegen der Benutzung der Eisenbahnen die
erforderlichen Verträge abgeschlossen, wobei ebensowohl die zuvorkommende
Bereitwilligkeit der betreffenden Regierungen als auch die große Willfährigkeit der
betreffenden Eisenbahn-Gesellschaften besondere Anerkennung verdient. Nach
diesen Vorbereitungen wurde im Jahre 1848 zur wirklichen Ausführung der Telegraphen
geschritten, und bereits im Februar d. J. konnte die erste Linie zwischen Berlin und
Frankfurt a. M. vollständig in Gebrauch genommen werden. Diese etwa 90 Meilen lange
Linie mit Stationen zu Berlin, Jüterbogk, Uöthen, Halle, Erfurt, Eisenach, Kassel,
Gießen und Frankfurt bot einerseits wegen der großen Zahl verschiedener Staaten,
deren Gebiet dabei berührt wird, andererseits auch deßwegen besondere
Schwierigkeiten dar, weil die Eisenbahn, in deren Bahndamm die unterirdischen
Leitungen vorzugsweise bequem und sicher gelegt werden können, zwischen Eisenach und
Frankfurt noch größtentheils nicht vollendet ist, und daher auf diesen Strecken die
Drahtleitung vorläufig durch die Luft geführt werden mußte.
Eine zweite Linie von Berlin nach Aachen mit einer 4 Meilen langen Seitenlinie von
Düsseldorf nach Elberfeld wurde im Juni d. J. vollständig vollendet; sie hat eine
Gesammtlänge von 99 Meilen und Stationen zu Berlin, Potsdam, Magdeburg,
Oschersleben, Braunschweig, Hannover, Minden, Hamm, Düsseldorf, Elberfeld, Deutz,
Köln und Aachen. Diese Linie konnte durchgängig dem Zuge der vollendeten Eisenbahnen
sich anschließen und daher auch durchgängig mit unterirdischen Drahtleitungen
versehen werden, welche auch bei den schwierigen Flußübergängen der Havel, der Elbe
und des Rheins, wo die Leitung im Grunde des Flußbettes durchgeführt werden mußte,
sich bisher vollkommen bewährt haben.
Eine dritte Linie zwischen Berlin und Hamburg von 38 Meilen Länge mit Stationen in
Berlin, Wittenberge, Hagenow und Hamburg konnte bereits im Mai d. J. vollständig in
Gebrauch genommen werden.
Eine vierte Linie zwischen Berlin und Stettin, 18 Meilen lang, mit Stationen zu
Berlin und Stettin, ist soeben vollendet worden.
Außerdem ist eine fünfte Linie von Berlin über Breslau nach Oderberg an der
österreichischen Gränze in Ausführung begriffen; sie wird eine Länge von 72 Meilen
und Stationen zu Berlin, Frankfurt, Liegnitz, Breslau, Oppeln, Kosel, Ratibor und
Oderberg erhalten. Auf dieser Linie vermittelt gegenwärtig provisorisch der auf der
niederschlesisch-märkischen Eisenbahn vorhandene, von der
Eisenbahn-Gesellschaft angelegte Telegraph, mit Drahtleitung durch die Luft,
die Verbindung zwischen Berlin und Breslau.
Die 24 Meilen lange Strecke von Breslau nach Oderberg wird soeben mit unterirdischer
Leitung versehen, und dürfte zu Ende des laufenden Monats (September) vollendet
seyn.
Auf diese Weise sind von der preußischen Staatsverwaltung, trotz der Ungunst der
Zeitverhältnisse, bei Aufwendung von ungefähr 400,000 Thlr. in noch nicht 12 Monaten
bereits 245 Meilen elektro-magnetischer Telegraphenlinien vollständig
angelegt worden, welche Berlin mit Frankfurt a. M., Aachen, Hamburg und Stettin in
Verbindung setzen. Vor Ablauf dieses Jahres wird die Gesammtlänge voraussichtlich
auf 317 Meilen gestiegen und die Verbindung zwischen Berlin und Oderberg vollständig
hergestellt seyn, welche durch Vermittlung der kaiserl. österreichischen Telegraphen
Berlin mit Wien und mit dem adriatischen Meere verbindet.
Nächstdem wird auch in Verbindung mit der Ostbahn ein elektrischer Telegraph nach
Königsberg und Danzig angelegt, und dadurch die östlichen mit den westlichen
Provinzen, sowie mit der Hauptstadt verbunden werden.
Sämmtliche preußische Telegraphenlinien sollen demnächst nicht allein zu
Staatsdepeschen benutzt, sondern auch dem Gebrauch des Publicums überlassen werden
– eine Maßregel, welche in Bezug auf die Berlin-Aachener, resp.
Elberfelder und auf die Berlin-Hamburger Linie bereits noch im Laufe dieses
Monats ins Leben treten wird, wozu die betreffenden Regulative und Tarife bereits
die Genehmigung Sr. Maj. des Königs erhalten haben (siehe unten).
Zur Verwaltung der Staatstelegraphen ist eine f. Telegraphen-Direction
eingesetzt, welche als eine Nachrichten-Beförderungsverwaltung dem k.
Generalpostamt zugewiesen und mit diesem dem Minister für Handel, Gewerbe und
öffentliche Arbeiten untergeordnet ist.
Die Telegraphen-Direction hat in Berlin ihren Sitz, und es wird beabsichtigt,
von den jetzt auf den hiesigen Eisenbahnhöfen vorläufig eingerichteten fünf
einzelnen Stationen die Leitungen zu einem Centralbureau zusammenzuführen. Das
letztere soll zur Erleichterung der Aufgabe der Depeschen des Publicums in der Mitte
der Stadt angelegt und dadurch zugleich auch die Beförderung aller durchgehenden
Depeschen sehr beschleunigt werden. (Preuß. Staats-Anzeiger.)
Königlich preußisches Regulativ über die Benutzung der
elektromagnetischen Staatstelegraphen seitens des Publicums.
§. 1. Bezeichnung der zu benutzenden Linien. Von
den vollendeten elektro-magnetischen Staatstelegraphenlinien sollen vom 1
October c. ab vorläufig die Telegraphenlinien:
A. von Berlin über Braunschweig, Hannover und Köln nach
Aachen, mit der Seitenlinie von Düsseldorf nach Elberfeld;
B. von Berlin über Wittenberge, Hagenow nach
Hamburg,
ebenso in umgekehrter Richtung auch für den Privatverkehr des
Publicums benutzt werden dürfen.
§. 2. Beschränkung der Benutzung. Die Benutzung der
genannten elektrischen Telegraphenlinien seitens des Publicums kann indeß nur
insoweit stattfinden, als die vertragsmäßige Beförderung der verschiedenen
Staatsdepeschen und der Depeschen der Eisenbahnverwaltungen solches gestattet.
§. 3. Beschaffenheit der telegraphischen Depeschen.
Zur Beförderung durch den elektrischen Staatstelegraphen sind alle für eine
Correspondenz geeigneten Mittheilungen zulässig, und nur solche Artikel davon
ausgeschlossen, welche gegen die Gesetze verstoßen, oder aus Rücksichten der höheren
Politik oder des öffentlichen Wohls zur Verbreitung auf diesem Wege nicht für
geeignet erachtet werden.
Entsteht darüber ein Zweifel, ob eine Nachricht zur Beförderung durch den
elektrischen Telegraphen geeignet sey oder nicht, so ist darüber die Entscheidung
der Telegraphendirection einzuholen, gegen welche ein Recurs nicht stattfindet.
§. 4. Eine jede zu befördernde Depesche muß mit dem Namen des Absenders
unterschrieben, so wie deutlich, in verständlicher Sprache und
ohne Abkürzungen geschrieben seyn. Depeschen, welche diesen Anforderungen
nicht entsprechen, werden den Absendern zur Vervollständigung, resp. Umarbeitung
zurückgegeben.
Bei denjenigen Depeschen, welche nur zum Theil durch den Telegraphen befördert und
von der letzten Telegraphenstation bis zu ihrem Bestimmungsorte mittelst Estaffette,
per expressen Boten oder durch die Post weiter gesandt werden sollen (§. 13),
ist die Art einer solchen Beförderung auf der Depesche vom Absender ausdrücklich
anzugeben.
§. 5. Um die mißbräuchliche Benutzung der Staatstelegraphen zu verhüten und
solchen, so lange die Verbindung der Apparate nur mittelst einer Drahtleitung unterhalten wird, möglichst vielen Correspondenten
zugänglich zu machen, darf eine telegraphische Depesche nicht mehr als 100 Worte
enthalten, und von jedem Correspondenten darf nicht mehr als eine Depesche in
unmittelbarer Folge abgesendet werden. Größere Depeschen oder mehrere Depeschen ein
und desselben Absenders hinter einander dürfen nur in dem Falle befördert werden,
wenn der Apparat nicht von anderen Correspondenten, sey es auf der Station selbst
oder auf den übrigen Stationen der Linie, in Anspruch genommen wird.
§. 6. Ort der Aufgabe. Die Aufgabe der
telegraphischen Depeschen geschieht hier in Berlin bis dahin, daß hierselbst eine
Centralstation eingerichtet seyn wird, zu welcher die verschiedenen Telegraphenlinien
geführt sind, ebenso wie in Magdeburg, Braunschweig, Hannover, Minden, Düsseldorf,
Köln, Aachen, Elberfeld, deßgleichen in Wittenberge, Hagenow und Hamburg,
unmittelbar auf den für jetzt in den betreffenden Eisenbahnhöfen eingerichteten
Telegraphenstationen.
§. 7. Zeit der Aufgabe. Die
Telegraphen-Bureaux sind in der Regel täglich, mit Einschluß der Sonn-
und Festtage,
vom 1 April bis ultimo September von 7
Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends,
vom 1 October bis ultimo März von 8 Uhr
Morgens bis 9 Uhr Abends
dem Publicum geöffnet.
In dringenden Fällen können die Telegraphenlinien unter der im §. 9
angegebenen Bedingung auch zur Nachtzeit benutzt werden.
§. 8. Ort und Form der Erhebung der Beförderung-
etc. Gebühr. Die Anmeldung der abzusendenden Depesche geschieht bei dem
Vorsteher der Telegraphenstation, resp. dessen Stellvertreter. Derselbe berechnet
die nach dem Tarife zu erhebende Beförderungsgebühr, zieht selbige von dem Absender
ein, vereinnahmt sie in einem dafür besonders anzulegenden Einnahme-Journal
und behändigt dem Absender einen mit der Quittung über die gezahlte
Beförderungsgebühr versehenen Aufgabeschein. Gleichzeitig mit der Beförderungsgebühr
werden noch
a) das Bestellgeld von 5 Sgr. (§. 14) und
b) bei den nur theilweise per Telegraph zu befördernden
Depeschen (§§. 4 und 13) die Estafettenkosten, das Botenlohn und
Porto, so weit solche bekannt sind,
erhoben.
Ist der Vorsteher der Telegraphenstation über den Betrag der sub b erwähnten Kosten im Zweifel, so muß er darüber auf der betreffenden
Bahnhofs-Postexpedition Erkundigung einziehen.
Lassen die deßfallsigen Kosten sich bei der Aufgabe nicht genau berechnen, so hat der
Absender zur Bestreitung derselben einen angemessenen Betrag bei der
Telegraphenstation zu devoniren.
§. 9. Taxe. Der Berechnung der Beförderungsgebühr
liegt die Wortzahl zum Grunde und ist darnach der vorläufige Tarif aufgestellt
worden. Adresse, Unterschrift und Datum werden mittaxirt, alleinstehende, einfache
Zahlen den zusammengesetzten Zahlen gleichgerechnet, dagegen Interpunctionszeichen
außer Betracht gelassen. Was für ein Wort zu erachten, darüber hat der Vorsteher der
Telegraphenstation zu entscheiden, ohne daß gegen diese Entscheidung ein Recurs
zulässig ist.
Für Depeschen, welche zur Nachtzeit, d.h. von 9 Uhr Abends bis zum Beginn der
Dienststunden, befördert werden sollen, wird das Doppelte der im Tarife enthaltenen
Sätze erhoben.
§. 10. Vorrang. Die Beförderung der telegraphischen
Mittheilungen geschieht nach der Reihenfolge der Meldungen, mit Berücksichtigung der
Zeit ihrer ersten Aufgabe bei der Telegraphenstation.
Vorausbestellungen werden nicht berücksichtigt.
Wenn in verschiedenen Richtungen telegraphische Mittheilungen erfolgen, so findet für
den Privatverkehr ein Richtungswechsel in der Weise statt, daß einer Depesche z.B.
von Berlin nach Hamburg eine andere von Hamburg nach Berlin, dann wieder eine von
Berlin nach Hamburg u.s.w. folgt. In derselben Richtung haben die von den
Anfangs- und Endpunkten der Linie abgehenden Depeschen den Vorrang vor den
auf den Zwischenstationen aufgegebenen.
§. 11. Art der Beförderung und Sicherung des
Depeschen-Geheimnisses. Sämmtliche Telegraphenbeamte sind zur
strengsten Geheimhaltung der telegraphischen Depeschen verpflichtet. Fremden
Personen ist der Zutritt zu dem Arbeitszimmer der Telegraphenstationen nur mit
ausdrücklicher Erlaubniß der Direction oder des betreffenden Stationsvorstehers,
resp. dessen Stellvertreters und auch nur dann gestattet, wenn nicht telegraphirt
wird.
§. 12. Bestellung der telegraphischen Depeschen.
Dem Adressaten wird die telegraphische Depesche unmittelbar nach ihrer Ankunft
vollständig, deutlich geschrieben, und mit dem Siegel der Telegraphenstation
verschlossen, durch einen vereideten Telegraphenboten, im Falle des §. 8 Litt.
b durch einen Briefträger oder Postboten zugesendet.
Die richtige Behändigung mit Angabe der Zeit, zu welcher diese stattgefunden, hat der
Empfänger in einem ihm vorzulegenden Quittungsbuche, resp. durch besonders
geschriebene Quittung, zu bescheinigen.
§. 13. Depeschen, welche streckenweise durch den
Telegraphen befördert werden. Depeschen, welche nach Orten gerichtet sind,
wohin keine ununterbrochene telegraphische Verbindung besteht, werden von der
Telegraphenstation, welche zuletzt berührt wird, aufgenommen und gehörig convertirt,
so wie, mit dem Dienstsiegel der Station verschlossen, der Ortspostanstalt behufs
Weiterspedition in der vom Absender gewünschten Weise übergeben.
§. 14. Bestellgebühr. Für die Bestellgebühr einer
jeden telegraphischen Depesche, gleichviel ob solche unmittelbar von der
Telegraphenstation oder mittelbar durch die betreffende Ortspostanstalt geschieht,
wird eine Vergütung von 5 Sgr. gezahlt und bei Aufgabe der Depesche vom Absender
erhoben.
Das Bestellgeld bleibt auch in denjenigen Fällen bei der königlichen Casse berechnet,
wo Absender die Antworten auf telegraphische Benachrichtigungen bei den Stationen
abwarten und daselbst in Empfang nehmen.
§. 15. Sistirung. Unter solchen Umständen, bei
welchen aus der telegraphischen Beförderung von Nachrichten des Publicums Gefahr für
den Staat zu besorgen steht, wird auf Anordnung des unterzeichneten Ministers die
Benutzung der Telegraphen seitens des Publicums ganz sistirt werden.
Berlin, 6. August 1849.
Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.
von der Heydt.
(Nach dem vorläufigen Tarif der Preise für Beförderung von
Depeschen welchen der preußische Staatsanzeiger vom 28 September d. J. neben
vorstehender Verordnung enthält, kosten z.B. von Berlin
nach Hamburg, 38 Meilen Entfernung:
1 bis 20
Worte
2 Rthlr.
21 – 30
„
2 Rthlr. 15 Silbergr.
31 – 40
„
3 „
– „
41 – 50
„
3
„ 15 „
91 – 100
„
6 „
–
Hienach stellt sich beiläufig der Preis von 1–20 Worten per Meile auf 20 pf., für je 10 Worte weiter auf 5 pf., also für 100 Worte
per Meile auf 5 Sgr.)
Ueber Robinson's Apparat zur elektrischen Telegraphie.
Die österreichische Staatsverwaltung hat das Privilegium des amerikanischen
Ingenieurs, C. Robinson, auf einen
elektro-magnetischen telegraphischen Apparat, mit welchem er ebenso schnell
zu telegraphiren versprach als man schnell und deutlich schreibt, nebst zwei
Apparaten, um 5000 fl. CM. angekauft. In der obigen Summe ist das Reisehonorar des
Hrn. Robinson, sowie die Vergütung für den ertheilten
Unterricht an zwei Staatstelegraphisten mitbegriffen. Der Apparat ist nach Morse's Princip gebaut, aber wesentlich verbessert; seine
Leistungen sind wahrhaft überraschend. So wurde bei der im Laufe August d. J.
vorgenommenen letzten Prüfung der Leistungsfähigkeit dieses Apparates, welcher
übrigens seit Monaten wegen des Erlernens seiner Handhabung und wegen des
Ausmittelns, ob dessen Bau solid und entsprechend sey, im Gebrauche war, eine
Depesche von 70 Worten mit circa 400 Buchstaben in 7 Minuten und eine zweite,
bestehend aus 56 Worten mit 257 Buchstaben, in 5 Minuten von Wien nach Olmütz hin
und in eben dieser Zeit zurücktelegraphirt. In Wien waren 18 Elemente in Thätigkeit,
in Olmütz aber ihrer 24.
Man kann daher annehmen, daß ein geübter Telegraphist mit diesem Apparate 600 Worte,
oder, da hier auf ein Wort im Durchschnitte 6 Buchstaben kamen, beiläufig 3600
Buchstaben in der Stunde auf einem Drahte hinaussenden kann. Mit dem Bain'schen d. i. mit dem Nadelapparate (Indicator) kann man im
Durchschnitte 80 höchstens 90 Worte, d.h. à 6
Buchstaben per Wort 480 bis 540 Buchstaben in der Stunde abtelegraphiren, woraus es
sich herausstellt, daß, abgesehen von der zweckmäßigeren Construction des Apparates,
wegen des besseren Wahrnehmens der Zeichen, da diese durch den Apparat selbst
abgenommen und nicht erst durch den Telegraphisten abgelesen zu werden brauchen, die
Leistungsfähigkeit der Robinson'schen Vorrichtung
mindestens sechsmal größer ist, als jene des Bain'schen
Nadelapparats.
Bedenkt man nun, daß eine Quartseite Buchdruck mit Bourgeois-Lettern sammt den
nöthigen Zwischenräumen und Punctationszeichen circa 7000 bis 7200 Buchstaben
enthält, so kann man in 24 Stunden, da sich ohnehin die Telegraphisten bei dieser
sehr anstrengenden Telegraphirmethode oft werden ablösen müssen, beiläufig 86,400
Buchstaben oder anderthalb Druckbogen, d. i. 12 Seiten von obigem Format und Lettern
auf einem einzigen Drahte abtelegraphiren.
Arbeitet aber der Telegraphist, wegen Erlangung vollständig
deutlicher Zeichen und wegen der besseren Gruppirung derselben, dann um
nicht gar zu schnell zu ermatten, mit der Hälfte oder 2/3 der obigen
Geschwindigkeit, so können doch täglich 3/4 bis 1 Druckbogen, d. i. 8 bis 10 Seiten
hinausgegeben werden, während dem mit dem Bain'schen
Apparate, hingegen mit voller Thätigkeit, kaum 1 1/5–1 4/5 höchstens 2 Seiten
expedirt werden können, wodurch sich noch immer die Geschwindigkeit im Telegraphiren
mit dem sogenannten Robinson'schen Apparate zu jener des
Telegraphirens mit dem Bain'schen Nadelapparate im
schlimmsten Fall wie 4 zu 1 verhält. (Zeitschr. des oft. Ing.-Vr.)
Neues Verfahren für den Verwurf von Zimmerdecken, Wänden etc.;
von Hrn. Allday in
Birmingham.
Dieses Verfahren besteht in der Anwendung von Eisendraht zum Festhalten des Mörtels
statt der bisher gebräuchlichen Latten oder Reife. Die Decke des Chester County
Lunatic Asylum wurde in dieser Weise ausgeführt, und zwar mit bestem Erfolge in
Bezug auf äußere Schönheit und Glätte der Oberfläche. Bei derselben wurden dünne
Drähte in einer solchen Entfernung von einander gerade gespannt, daß ungefähr vier
auf einen Zoll kamen, und dieselben durch Querstäbe unterstützt, welche acht Zoll
weit von einander entfernt liegen. Da der Mörtel durch die zahlreichen Zwischenräume
dringt und der Draht selbst einen sehr kleinen Durchmesser hat, so verbindet sich
der Mörtel leicht auf der Rückseite, und bildet so eine compacte, feste Masse, die
auf beiden Seiten keine Unterbrechungen hat. Weil nun der Draht so leicht nach jeder
beliebigen Form gebogen werden kann, so können Kuppeln, Gewölbe und überhaupt
verzierte Decken aller Art leicht nach diesem Systeme ausgeführt werden, und zwar
viel wohlfeiler als nach der gewöhnlichen Methode. Die Feuerbeständigkeit und Dauer,
welche solche Decken versprechen, werden gewiß das neue System schnell zur Aufnahme
bringen, besonders da, wo viele architektonische Verzierungen und Ornamente
vorkommen. (Practical Mechanic's Journal, August 1849,
S. 98.)
Strode's
Gasfeuerzeug.
Dasselbe besteht aus einer Döbereiner'schen
Platin-Zündmaschine, mit welcher ein gewöhnlicher Gasbrenner so verbunden
ist, wie sonst ein Wachslicht oder ein Oellämpchen. Der Gasbrenner befindet sich an
dem Ende eines elastischen Gasschlauches, so daß die Zündmaschine oder das Feuerzeug
wenigstens so weit bewegt werden kann, als es die Länge des Schlauches gestattet.
Der Gasbrenner steht bei der Anordnung des Hrn. Strode
nicht zwischen der Austrittsmündung für das Wasserstoffgas und dem Platinschwamm,
sondern seitwärts, so daß das feine Röhrchen, durch welches das Wasserstoffgas entweicht, gegen den
Brenner hin gedreht werden muß, sobald sich der Wasserstoff an dem glühenden
Platinschwamm entzündet hat. Natürlich theilt sich die Flamme augenblicklich dem
ausströmenden Leuchtgase mit. Durch einen besonderen Mechanismus öffnet sich der
Hahn an der Gasröhre in demselben Augenblick, wo das Wasserstoffröhrchen gedreht
wird, und sobald die Gasflamme brennt, schließt sich die Austrittsöffnung für den
Wasserstoff. Natürlich kann durch einen gewöhnlichen Hahn in dem elastischen
Schlauche die austretende Gasmenge regulirt, und folglich auch das Licht ausgelöscht
werden. (Practical Mechanic's Journal, August 1849, S.
97.)
Wer die Platinfeuerzeuge kennt, weiß wie complicirt dieselben schon an und für sich
sind, wie kostspielig sie sind, und wie oft sie, besonders bei feuchter Witterung,
versagen. Ueberdieß müssen sie sehr vorsichtig behandelt werden, und sind auch, ohne
daß sie an eine Gasröhre angehängt sind, nicht leicht transportabel. Bei diesen
Eigenschaften darf es Niemanden wundern, wenn dieselben keine allgemeine Anwendung
fanden. Hrn. Strode's Feuerzeug theilt nun nicht bloß
alle erwähnten übeln Eigenschaften mit gewöhnlichen Döbereiner'schen Zündmaschinen, sondern es hat deren noch mehr, z.B.
größere Complicirtheit, höhern Preis etc., und in Deutschland wenigstens werden sich
wenige Liebhaber finden, welche sich ein solches Meubel anschaffen möchten,
besonders seit die bekannten Streichzündhölzchen erfunden sind.
Ueber die Verdampfungswärme des Wassers; von J. P. Joule.
Ein Vortrag des Hrn. Joule bei der letzten Versammlung der
brittischen Naturforscher betraf die complicirte Natur der Wärme, welche man bisher
als latente Dampfwärme betrachtete. Die genauen Versuche von Regnault ergaben 965° F. für die Wärmemenge, welche bei der
Verdichtung des bei 212° F. gesättigten Dampfs frei wird; von dieser
Wärmemenge kommen 75° F. auf die durch den Dampfdruck mitgetheilte lebendige
Kraft, so daß 890° F. als die wahre Verdampfungswärme des Wassers bleiben. In
einer vollkommenen Dampfmaschine, welche mit Wasser von 212° F. gespeist wird
und unter dem atmosphärischen Druck ohne Expansion arbeitet, ist 965° F. die
Wärme, welche von dem Feuer dem Kessel mitgetheilt wird, 75° F. die Wärme,
welche durch seine Verwandlung in Triebkraft benutzt wird, und die rückständigen
890° F. sind die Wärme, welche in den Condensator abgegeben wird. (Athenaeum, Septbr. 1849, Nr. 1143.)
Ueber die Bereitung des Collodions.
Hr. Edwards bereitet, wie Hr. Salmon, die Schießwolle, indem er in eine Mischung von gleichen
Raumtheilen concentrirter Salpetersäure und Schwefelsäure die Baumwolle in kleinen
Portionen taucht und sie etwa eine Minute darin läßt, dann in eine große Menge
Wassers bringt und umherbewegt, bis sie ganz weiß und frei von Säure ist. Getrocknet
löst sich diese Schießwolle sehr gut und augenblicklich
in käuflichem Schwefeläther auf und gibt damit, je nach der Menge des Aethers, eine
halbfeste Gallerte oder eine dicke Flüssigkeit. Zu langes Verweilen in den Säuren,
zu schwache Säuren und zu reiner Aether müssen vermieden werden. Letzterer soll so
viel Alkohol enthalten, daß seine Dichtigkeit 0,76–0,77 beträgt; er löst dann
die Schießbaumwolle augenblicklich auf und nicht erst nach 3–12 Stunden, wie
Hr. Simpson sagt. Diese Bereitungsweise des Collodions
soll besser seyn als die Mialhe'sche; sie ist leichter
und erfordert nicht so langes Auswaschen, als wenn die Baumwolle schwefelsaures Kali
enthält. Nach einem Monat löst sich diese Schießwolle im Aether noch eben so gut
auf; man kann sie daher aufbewahren und nach Maßgabe des Gebrauchs auflösen, wodurch
der Verlust durch Verdunstung einer vorräthigen Auflösung derselben vermieden wird.
Hr. Higginson untersuchte den Rückstand verdunsteten
Collodions unter dem Mikroskop; derselbe hatte das Ansehen sehr gleichmäßig geordneter,
nadelförmiger Krystalle; es ist aber möglich, daß diese von salpetersaurem oder
schwefelsaurem Kali herrühren, welches dieses Collodion noch enthält. (Journal de Chimie médicale, Septbr. 1849.)
Prüfung des Jodkaliums auf einen Gehalt von jodsaurem
Kali.
Hat man ein Jodkalium, welches nur 1/60000 jodsaures Kali in seiner Mischung enthält,
so kann man diesen Gehalt, nach einer Beobachtung Simon's, noch bei 15000facher Verdünnung durch eine gelbe, besonders nach
einigen Augenblicken intensiver werdende Färbung erkennen, welche ein Zusatz von
wenigen Tropfen einer sehr verdünnten Säure, z.B. Essigsäure, hervorruft.
(Polytechn. Notizblatt, 1849, Nr. 20.)
Ueber Melsens' Verfahren zur
Zuckerfabrication.
I. Reclamation des Hrn. Dr. Stolle.
In einem Artikel über Melsens' Verfahren zur
Zuckerfabrication im polytechn. Journal Bd.
CXIII. S. 393 wurde bemerkt, daß Hr. Dr.
Eduard Stolle (aus Berlin) schon im J. 1837 die
schweflige Säure zur Zuckerfabrication anwandte um die Knochenkohle entbehrlich
zu machen. Dr. Stolle
reclamirt nun gegen Melsens die Priorität der
Erfindung in einer Druckschrift welche den Titel führt: Documents relatifs à la question de priorité de l'invention
du Dr. Edouard
Stolle, concernant un
nouveau procédé de fabrication du sucre attribué
à M.
Melsens
de Bruxelles, dans le rapport de M. le Ministre de
l'agriculture et du commerce, en date du 22 Juillet 1849. (Paris, imprimerie centrale de
Nap.
Chaix
et Comp.) Wir theilen daraus folgendes mit:
„Wie eine von mir unter dem Titel: „l'Industrie sucrière et ses progrès en 1838 (Paris, à la librairie de C.
Mathias)“ herausgegebene Broschüre beweist, habe ich
schon damals in großem Maaßstabe und mit Erfolg das Verfahren von Melsens
angewandt, um weißen Zucker aus den Runkelrüben ohne Anwendung von
Knochenkohle darzustellen, indem ich dieselbe durch sauren schwefligsauren Kalk ersetzte. Der beste Beweis, daß Hr.
Melsens mein Verfahren nicht vervollkommnet
hat, ist der, daß er bei Anwendung von frischen Rüben kein zweites Product
zu erhalten vermochte, während ich dasselbe in einer vorgerückteren
Jahreszeit ohne die geringste Schwierigkeit fabricirte, indem ich bloß den
Syrup von der ersten Krystallisation abdampfte. Auch habe ich in meinem Brevet d'invention ausdrücklich bemerkt, daß man
entweder dem Rübenbrei oder dem Saft den sauren
schwefligsauren Kalk zusetzen kann. Seit drei Monaten, also zu einer Zeit wo
von Melsens' Verfahren noch keine Rede war, habe
ich mit fünf der größten Zuckerfabriken in Deutschland mich verständigt um
gegen Ende Septembers, sobald die Rüben reif seyn würden, mein verbessertes
Verfahren zur Ersparung der Knochenkohle im Großen anzuwenden.
Niemand hat vor mir ausgesprochen, daß die schweflige Säure die schätzbare
Eigenschaft besitzt die Bräunung eines erhitzten Syrups zu verhindern, und
daß es folglich einem Saft oder Syrup, welcher Neigung zum Braunwerden
zeigt, an schwefliger Säure fehlt, welche stets in schwachem Ueberschuß
darin erhalten werden muß. Niemand war es vor mir eingefallen mittelst
Anwendung der schwefligsauren Salze die langen und kostspieligen
Filtrationen durch Knochenkohle ersetzen zu wollen, bei welchen man so viel
Zeit und Zucker verliert, während bei meinem Verfahren der Saft bloß durch
einen Wollenzeug filtrirt wird. Endlich hat auch niemand vor mir nach
demselben Princip einen schönen Rohrzucker dargestellt, wie man ihn nach
meiner Methode zu Guadeloupe im J. 1838 erzielte.
Ich hätte mit den Vorurtheilen der Rübenzückerfabrikanten und den Intriguen
der Knochenkohle-Fabrikanten weniger zu kämpfen gehabt, wenn die
Wissenschaft schon damals so weit vorgerückt gewesen wäre wie jetzt, wenn
ich die Probirmethode von Barreswil, Soleil's
vortrefflichen Saccharimeter und Clerget's
sinnreiche saccharimetrische Tabellen zu meiner Verfügung gehabt hätte;
mittelst dieser Apparate hätte ich die Fabrikanten leicht überzeugen können,
daß die schwefligsauren Salze und die schweflige Säure die Krystallisation
des Rübenzuckers durchaus nicht stören.“
Hr. Dr. Stolle hat an den
französischen Minister des Handels das Gesuch gestellt, die von ihm
beanspruchten Prioritätsrechte durch competente und unbetheiligte Schiedsrichter
prüfen zu lassen, welcher ihn aber hinsichtlich der Prioritätsfrage und ihres
Einflusses auf Melsens' Erfindungspatent an die
Justiz verwies.
II. Bemerkungen des Hrn.
Reydellet.
Hr. Reydellet, Kaufmann in Havre und Abgeordneter der
französischen Colonien, hat über Melsens' Verfahren
zur Zuckerfabrication im Courrier de Havre ein
Schreiben folgenden wesentlichen Inhalts eingerückt:
„Die Zeitungen welche sich mit der Zuckerfrage beschäftigen, haben
bisher über Melsens' Verfahren so viele
Ungenauigkeiten veröffentlicht, daß ich es für meine Pflicht halte, den
Handelsstand von Havre über die Wahrheit der Thatsachen aufzuklären, im
Interesse unserer Schifffahrt, unserer Colonien und unseres Seehandels.
Das Melsens'sche Verfahren ist keine neue
Entdeckung, sondern eine neue Anwendung schon bekannter chemischer
Thatsachen. Man kann mittelst desselben aus den Runkelrüben nicht mehr
Product erhalten als man gegenwärtig gewinnt; es wird aber für die
Zuckerfabrication aus dem Rohr, wie sie gegenwärtig ausgeübt wird, von
großem Vortheil seyn.
Eine bereits festgestellte Thatsache ist die Unveränderlichkeit des Safts
durch den doppel-schwefligsauren Kalk in höherer Temperatur, und dieß ist ein Hauptpunkt. Das erste
Resultat hat zu Folgerungen geführt, welche die Chemiker selbst in Erstaunen
setzten.
Die Versuche werden unter der Ueberwachung einer Unter-Commmission von
sechs Mitgliedern fortgesetzt. Der Minister des Handels hat sich mit dem
Minister der Marine verständigt, um aus Spanien 2000 Kilogr. Zuckerrohr
kommen zu lassen, welches zwar von schlechter Qualität ist, aber doch
genügen wird um zu ermitteln, was man mit dem guten Rohr unserer tropischen
Colonien erzielen kann und um die Resultate der bisherigen Versuche mit
aufbewahrtem Rohrsaft zu bestätigen.
Außer dem Melsens'schen Verfahren gibt es ein
anderes, über welches ich mich noch nicht aussprechen darf, welches aber
ebenfalls Resultate liefert die ganz zum Vortheil des Rohrs sind.
Es ist jetzt gewiß, daß man das Ergebniß des Zuckerrohrs nicht um 50 Procent,
sondern um 100 Procent (!) erhöhen, und zweimal so viel krystallisirten
Zucker daraus gewinnen wird als gegenwärtig, ohne irgend größere Unkosten
und ohne eine Abänderung der Apparate.
Was man über die Kostspieligkeit des doppelt-schwefligsauren Kalks und
über den schlechten Geschmack welchen er dem Zucker ertheilt, veröffentlicht
hat, ist ungenau und sehr wenig gegründet.
Die neuen Verfahrungsarten sind jedoch noch nicht
auf dem Punkt der Reife angelangt, welcher gestattet sie unmittelbar im
Großen anzuwenden.
Schließlich erkläre ich, daß ich von den Mitgliedern der Commission, welche
den Versuchen beiwohnten und sie noch verfolgen, zur Veröffentlichung der in
diesem Schreiben erwähnten Thatsachen ermächtigt worden bin. Havre den 24
September 1849.“
Ueber Gewinnung des Runkelrübenzuckers ohne Bildung einer
Melasse; von Hrn. Mène.
Bei meinem Verfahren (dessen Beschreibung ich der [französischen] Akademie der
Wissenschaften eingereicht habe) beabsichtige ich die Färbung und Gährung des Safts
zu vermeiden, den Einfluß der Wärme während des Abdampfens aufzuheben, und
vermittelst einer einzigen Krystallisation an Verlust und Handarbeit zu ersparen,
endlich schnell durch bloß einmaliges Schmelzen (Auflösen) zu raffiniren. Mit Hülfe
eines unserer geschicktesten Rübenzuckerfabrikanten glaube ich diesen Zweck nun
erreicht zu haben.
Hinsichtlich eines andern Verfahrens, welches in der letzten Zeit viel Aufsehen
erregte, muß ich bemerken, daß ich es selbst vor einigen Jahren angewandt habe und
vielleicht auf eine vortheilhaftere Weise; ich imprägnirte nämlich Runkelrüben mit
schwefliger Säure in den Magazinen selbst; der sehr weiße Brei gab einen farblosen
und säuerlichen Saft, welcher mit kohlensaurem Kalk neutralisirt,
doppeltschwefligsauren Kalk bildete, der also im Entstehungsmoment, d.h. unter den
günstigsten Umständen seine Wirkung ausüben konnte; ein Zusatz von Schwefelcalcium
schlug die Spuren von stickstoffhaltigen Bestandtheilen nieder, welche noch
zurückbleiben konnten. Spätere Versuche veranlaßten mich dieses Verfahren
aufzugeben, weil sie mir bewiesen, daß man durch einfachere und wohlfeilere Agentien
vollkommen denselben Zweck erreichen kann, nämlich durch einige Säuren, welche unter
eigenthümlichen Umständen angewandt werden. (Comptes
rendus, Oct. 1849, Nr. 15.)
Bereitung des Lavendelöls.
Das käufliche Lavendelöl hat beinahe immer einen mehr oder weniger unangenehmen
Geruch, welcher, wie sich Hr. Jacob Bell überzeugte,
davon herrührt, daß es immer aus von ihren Stielen gar nicht oder nur unvollkommen
befreiten Blüthen bereitet wird. Aus Blüthen allein wird das Oel viel besser, kömmt
aber auch theurer zu stehen. Destillationen, welche Hr. Bell mit verschiedenen Mengen Blüthen vornahm, um zu sehen, wie sich die
Bereitungskosten am billigsten stellen, ergaben, daß das Product nicht immer im
Verhältniß stand mit der Menge der angewandten Blüthen, daß jedoch in der Regel, je
größer diese war, desto mehr Oel verloren ging. So gaben z.B.:
65
Pfd. Blüthen
–
15
Unzen Oel,
von welchem das Pfd. auf
31
Sh.
3
Pce.
zu stehen kam
99
„
„
1 Pfd.
7
„
„
„ „
64
„
–
„
„
145
„
„
2 „
3
„
„
„ „
58
„
8
„
„
306
„
„
4 „
–
„
„
„ „
57
„
4
„
„
Die stiellosen Blüthen zu diesen Versuchen kosteten 9–11 Pence per Pfund. (Journal de Chimie
médicale, Sept. 1849.)