Titel: Ueber Translatoren; von M. Hipp, Vorsteher der eidgenössischen Telegraphen-Werkstätte in Bern.
Autor: Matthias Hipp [GND]
Fundstelle: Band 128, Jahrgang 1853, Nr. LV., S. 241
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LV. Ueber Translatoren; von M. Hipp, Vorsteher der eidgenössischen Telegraphen-Werkstätte in Bern. Mit einer Abbildung auf Tab. IV. Hipp, über Translatoren. Die großen Ausdehnungen, welche heutzutage die Telegraphen-Linien genommen haben, machten bald mit einer Schwierigkeit bekannt, die eintrat, wenn man auf eine große Entfernung telegraphiren wollte. Außer den mit der Länge des Leitungsdrahtes zunehmenden Widerständen waren es insbesondere die Ableitungen bei ungünstiger Witterung, welche der Entfernung eine Gränze setzten; um diesem Uebelstande vorzubeugen, mußte man seine Zuflucht zum Umtelegraphiren nehmen, wobei man mit erneutem Strome abermals eine Strecke weiter kommen konnte. Dieses Umtelegraphiren führte manche Unannehmlichkeiten mit sich, und brachte bald auf den Gedanken, dieses Geschäft durch die Maschine selbst besorgen zu lassen: man erfand die Translatoren. Die Translation ist also nichts anderes, als das Umtelegraphiren durch die Maschine selbst. Dieses geschieht beim Morse'schen Telegraphen, der hier zunächst in Betracht kommt, durch den Hebel des Schreibapparats, der dieselben Functionen erhält, die der Taster hat. In der Schweiz, welche wie bekannt, das verhältnißmäßig umfangreichste Telegraphennetz nach dem Systeme des Hrn. Ministerialrath v. Steinheil besitzt, haben die Translatoren eine ganz besondere Bedeutung. Es wurden zur Leitung dünne Eisendrähte genommen, wo sonst Kupferdrähte angewendet werden; der Nachtheil des viel größeren Widerstandes, welchen das Eisen gegenüber dem Kupfer dem elektrischen Strome entgegensetzt, konnte durch die Translatoren überwunden werden, und wurde weit aufgewogen durch die größere Wohlfeilheit des Eisendrahts und außerdem durch die größere absolute Festigkeit. An den Alpübergängen, wo wegen der Erd- und Schneestürze oft ganze Thäler überspannt werden mußten, wäre die Anwendung von Kupferdrähten oft geradezu unmöglich gewesen. Die ersten Erfahrungen, die mit den Translatoren gemacht wurden, sprachen nicht sehr zu Gunsten derselben, es zeigte sich vielmehr: daß die Schwierigkeiten des Telegraphirens zunahmen mit der Zahl der Translatoren. Im Allgemeinen wurde bemerkt daß, wenn man durch eine größere Anzahl Translatoren telegraphirte, die Striche immer kürzer wurden und die Punkte ganz ausblieben; man mußte sehr langsam telegraphiren, wodurch selbstredend der Nutzen der Translatoren sehr beschränkt wurde. Dieser Umstand und die hohe Bedeutung der Translatoren im Allgemeinen forderten zu ernsthaften Untersuchungen auf, um so mehr, als bisher über die Translatoren nichts bekannt wurde, das über das Wesen derselben befriedigenden Aufschluß gegeben hätte. In der Absicht, mir die Translatoren möglichst klar zu machen, unternahm ich es, dieselben einer genauen Prüfung zu unterwerfen, und kam zu Resultaten, die ich als Beitrag zur Beleuchtung der noch dunklen Seite der Translatoren betrachten zu dürfen glaube. Zuerst stellte ich zehn vollständig ausgerüstete Translatoren zusammen, genau mit den Verbindungen und Nebenapparaten, wie es auf zehn Translator-Stationen der Fall seyn würde; zwischen jedem Translator war ein Rheostat mit 40 Stunden Widerstand eingeschaltet, so daß die ganze Zusammenstellung einer Telegraphenlinie von 400 Stunden gleich kam; würden die eingeschalteten Widerstände jedoch auf Kupferdrähte berechnet, so würde eine Länge repräsentirt von 2400 Schweizer Stunden. Bei sorgfältiger Stellung des Apparats und bei Anwendung starker Localbatterien konnte man jeden einzelnen Apparat besonders arbeiten hören, d.h. das Aufschlagen der einzelnen Apparate erfolgte in regelmäßigen Zeitintervallen, so daß annähernd etwa eine halbe Secunde lang das Geknatter, wenn man es so heißen darf, dauerte, sowohl beim Anziehen als beim Abreißen. Die Befürchtung, daß man mit dem zweiten Zeichen warten müsse, bis das erste an den Ort der Bestimmung angekommen sey, zeigte sich bald als unbegründetHr. Ministerialrath v. Steinheil hatte diese Befürchtung nicht.Anmerk. d. Verf.; im Gegentheil, es konnten zwei bis drei Zeichen zu gleicher Zeit unterwegs seyn, wie etwa drei Boten, die man, jeden eine Stunde später, nach einem Orte schickt, das drei Stunden entfernt ist. Die Geschwindigkeit der telegraphischen Mittheilung wird also durch die Translatoren insofern beeinträchtigt, als jedes Zeichen eine halbe Secunde später ankommt; da jedoch mehrere Zeichen zu gleicher Zeit unterwegs seyn können, so hat dieser Verlust keine praktische Bedeutung und könnte nur etwa zur Folge haben daß eine Depesche, welche durch zehn Translatoren zu gehen hat, eine halbe Secunde später ankömmt, als wenn sie ohne Translator gegangen wäre. Eine große Schwierigkeit lag darin, die Translatoren so zu stellen, daß der letzte die Zeichen eben so gut gab wie der erste, und es konnte nur durch öfteres Probiren und Stellen dahin gebracht werden; da dieses jedoch in der Praxis nicht angeht, indem man die Translatoren nicht so bequem neben einander stehen hat, so kam es darauf an, die Gesetze zu finden, nach welchen das Stellen stattfinden muß. Daß die Spannung der Feder, welche den Anker vom Elektromagneten wegzuziehen bestrebt ist, eben so die Stärke der Batterie, die Gangweite des Ankers und die Entfernung des letzteren vom Elektromagnete, von großem Einfluß waren, zeigte sich bald; jedoch konnte es durch diese Versuche nicht klar werden, welcher Theil des Einflusses jedem einzelnen dieser Factoren zugeschrieben werden durfte. Um nun darüber Aufschluß zu erhalten, begann ich damit, die Zeit zu messen, die vorübergeht bei verschiedenen Spannungen der Ankerfeder vom Augenblick an, wo der Taster die Kette schließt, bis zum Augenblick, wo durch den Translator die Kette für die nächste Station geschlossen wird; das Relais blieb hiebei weg und vorerst unberücksichtigt. Die Messung geschah auf folgende Weise: Es wurde die Fallzeit einer Kugel, welche von einer bestimmten sich gleichbleibenden Höhe herabfiel, mit dem Chronoskop gemessen. Bekanntlich geschieht dieses, indem beim Beginne des Falles einer Kugel eine Batterie geöffnet wird, wodurch der Zeiger des Chronoskops in Gang gesetzt wird; am Ende des Falles wird in ähnlicher Weise durch Schließen der Batterie der Zeiger wieder festgestellt. Ließ man nun durch das Auffallen der Kugel die Batterie des Translators und durch den Translator erst diejenige des Chronoskops schließen, so mußte nothwendig die Fallzeit der Kugel um diejenige Zeit größer erscheinen, die durch den Translator verloren ging. Bei der Genauigkeit des Instruments das dabei diente, darf angenommen werden, daß der größte Fehler nicht wohl über eine tausendstel Secunde betragen konnte; um so mehr als immer aus zehn Versuchen das arithmetische Mittel genommen wurde, und einzelne Versuche vom Mittel nie über zweitausendstel Secunden abwichen. Die Feder wurde vermittelst einer genauen gleicharmigen Waage, durch Auflegen von Gewichten gespannt. Die Hebellänge des Ankers verhielt sich zur Hebellänge der Feder wie 24 : 31. In folgender Tabelle zeigt die Rubrik G die Anzahl von Grammen, womit die Feder gespannt wurde, die Rubrik a die Anzahl von Tausendtheilen einer Secunde, welche durch die Translation in der bereits angedeuteten Weise beim Schließen der Kette verloren gingen. Als Batterie für den Translator dienten sechs große Bunsen'sche Elemente, welche eine sehr kräftige Wirkung hatten, so daß der Anker mit 20 Pfund nicht abgerissen werden konnte. Um nun auch die Zeit zu messen, die beim Oeffnen der Kette verloren geht, wurde in folgender Weise verfahren: die Fallzange (Instrument, welches in demselben Moment eine Kugel fallen läßt, in welchem es die Kette öffnet) öffnete die Batterie des Translators, und erst der Translator öffnete die Batterie des Chronoskops. Hiebei mußte die Fallzeit der Kugel um diejenige Zeit kleiner erscheinen, die durch den Translator beim Oeffnen verloren ging; die Rubrik b gibt diese Zeiten an. Um nun den Unterschied zu finden, der bei verschiedenen Stärken der Batterie eintritt, wurden bei Anwendung von zwei Elementen dieselben Versuche wiederholt; die Rubrik c gibt die Zahlen, welche der Anziehung, und d diejenigen, welche dem Abreißen des Ankers unter diesen neuen Verhältnissen entsprachen. Dasselbe geschah bei Anwendung von nur einem einzigen Elemente, das gerade noch genügende Kraft hatte, um damit zu schreiben; e bezeichnet wieder die Anziehungszeit, und f die Abreißungszeiten im letzten Falle. Die Rubrik x auf derselben Tabelle bezeichnet die Anziehungszeit des Schreibhebels, wenn dessen Bewegung auf ein Minimum reducirt wurde, bei Anwendung von sechs Elementen.    G.   a.   b.   c.   d.   e.   f.   x.     5    16    75    31    65    42    55      6   10 17 70 31 55 45 45   6   15 17 57 32 50 48 38   7   20 18 53 33 44 51 32   7   25 19 48 34 40 54 28   7   50 20 37 38 29 64 20   8   75 20 31 41 23 74 15 10 100 21 27 44 20 84 12 11 125 22 24 46 18 92 10 13 150 23 22 50 16 10   9 14 175 24 20 54 15  –   8 15 200 24 18 58 14  –   7 17 225 24 17 61 13  –   7 17 250 25 15 64 12  –   6 18 275 25 14 66 11  –   5 19 300 26 13 68 11  –   5 20 325 27 12 72 10  –   4 20 350 27 11 75   9  –   4 21 375 28 10 79   9  –   4 21 400 29   9 83   8  –   3 22 425 29   9 87   8  –   3 22 450 30   9 90   7  –   3 23 475 30   9 94   7  –   3 24 500 30   8 99   6  –   2 25 Ohne näher auf die physikalischen Eigenschaften des Elektromagnets einzugehen, welche sich in einer merkwürdigen Weise durch die Zahlenreihe ausdrücken, und eine Einladung zu weiter gehenden Versuchen enthalten, bleibe ich nur bei den Folgerungen stehen, die daraus für die Translatoren erwachsen. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß die richtige Stellung des Translators oder die richtige Spannung der Feder diejenige ist, bei welcher die Zeiten des Anziehens und Abreißens gleich sind. Die Erscheinung, daß bei Benützung mehrerer Translatoren die Striche kürzer wurden und die Punkte ganz ausblieben, liegt, wie die Tabelle erweist, nicht in der Natur der Translatoren begründet, sondern ist einfach Folge von Anwendung allzu schwacher Batterien, oder allzu starker Spannung der Federn. Durch die Tabelle wird ferner dargethan, daß die richtige Function des Translators nicht abhängt von der Stärke der Batterie (innerhalb einer gewissen Gränze), sondern lediglich vom richtigen Verhältnisse der Spannung der Feder zur Stärke der angewendeten Batterie. Dagegen wird gezeigt, daß die technischen Schwierigkeiten die Federspannung ins richtige Verhältniß zur Batterie zu bringen, um so geringer sind, je stärker die Batterie ist. Was die Größe der Gangweite oder Hubhöhe des Schreibhebels betrifft, so zeigen die Versuche, bei denen dieselbe auf ihr Minimum gebracht wurde (siehe Rubrik x der Tabelle), daß ein Unterschied in dieser Größe (innerhalb einer praktischen Gränze) keinen Einfluß auf die richtige Function des Translators hat, dagegen muß die Spannung der Feder bei zunehmender Größe der Hubhöhe vermindert werden; auch hier zeigte sich wieder, daß die Schwierigkeit, das richtige Verhältniß zu treffen, geringer ist, wenn die Hubhöhe so klein als möglich ist. Bei Versuchen über die Entfernung des Ankers vom Elektromagnete zeigte sich, daß diese unabhängig von der Stärke der Batterie variiren kann von 0,1 bis 0,18 Millimeter, ohne daß ein der Translation nachtheiliger Effect verursacht würde, es mußte jedoch auch innerhalb dieser Gränze bei zunehmender Annäherung des Ankers die Spannung der Feder größer werden, um eine Gleichheit im Werthe der Anziehungs- und Abreißungszeiten zu erzielen. Eine Uebereinstimmung der Resultate wurde nur dann erzielt, wenn das Eisen der Elektromagneten sowohl als des Ankers gut präparirt war, d.h. wenn dasselbe keinen konstanten Magnetismus hatte. Der Uebersichtlichkeit wegen habe ich die durch Versuche erhaltenen Größen, wie solche in der vorangegangenen Tabelle enthalten sind, durch die Kurven in Fig. 23 noch besonders dargestellt; die Bewegung derselben von links nach rechts gibt die Zeiten in Tausendtheilen einer Secunde, die Bewegung von oben nach unten die Gewichte in Grammen, womit die Feder gespannt wurde. Hiebei entsprechen die mit Buchstaben bezeichneten Rubriken der Tabelle denjenigen Curven, welche mit denselben Buchstaben bezeichnet sind. Bei allen diesen Versuchen ist das RelaisBeschrieben im polytechn. Journal, Bd. CXXVI S. 193. unberücksichtigt geblieben, wurde jedoch denselben Untersuchungen unterworfen; die Kreuzungspunkte der Relais-Curven, d.h. das Zusammenfallen gleicher Zeiten beim Anziehen und Abreißen unter Einfluß des in der Schweiz angenommenen Normal-Stromes, zeigten sich zwischen 5 und 6 Tausendstel Secunden, bei einer Federspannung von 20 Grammen. Wenn nun auch das Gesammtresultat der Untersuchungen ein für die Translation nicht eben sehr günstiges ist, deßhalb, weil ein sicheres Mittel eine absolute Genauigkeit in der Praxis zu erzielen nicht gefunden werden konnte, und wohl auch nie gefunden werden wird, so können die Resultate dennoch sehr erfreulich und ermuthigend genannt werden, weil sie der Hoffnung Raum geben, daß, sey es durch sorgfältige Ueberwachung und genaues Studium der Einzelnheiten der Translatoren oder sey es durch Aenderung der transferirenden Maschine, die Vollkommenheit auf einen so hohen Grad gebracht werden kann, daß die Dimensionen, welche unsere Erde darbietet, nicht zu groß erscheinen, um nach allen Richtungen vermittelst der Translatoren in directen telegraphischen Verkehr zu treten.

Tafeln

Tafel Tab. IV
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