Titel: | Ueber die Anwendbarkeit der mangansauren und übermangansauren Alkalien zum Desinficiren der Luft, des Wassers etc.; von Prof. Dr. A. W. Hofmann in London. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XIX., S. 62 |
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XIX.
Ueber die Anwendbarkeit der mangansauren und
übermangansauren Alkalien zum Desinficiren der Luft, des Wassers etc.; von Prof. Dr.
A. W. Hofmann in
London.
Aus dem Moniteur industriel, 1859, Nr.
2363.
Ueber die Anwendbarkeit der mangansaur. Alkalien zum Desinficiren
der Luft etc.
H. B. Condy machte neuerlich den Vorschlag, die
mangansauren und übermangansauren Alkalien zum Desinficiren zu benutzen; er ersuchte
den ausgezeichneten Chemiker Dr. A. W. Hofmann, um ein Gutachten in diesem Betreff, welcher nach
zahlreichen Versuchen einen Bericht erstattete, den wir hier im Auszug
mittheilen:
„Da die mangansauren und übermangansauren Salze außerordentlich leicht
ihren Sauerstoff an andere Körper abgeben, so hielt ich die Idee, diese Salze
als antiseptische und desinficirende Agentien anzuwenden, sofort für eine sehr
glückliche; ich hatte aber die außerordentlichen Wirkungen, welche die
mangansauren und übermangansauren Salze bei ihrer Anwendung zu diesem Zweck
hervorbringen können, keineswegs erwartet. Aus einer Pfütze geschöpftes Wasser,
welches seine sämmtliche organische Substanz im Zustande der Fäulniß enthielt
und einen höchst widerlichen Geruch entwickelte, verlor durch verhältnißmäßig
kleine Quantitäten von mangansaurem oder übermangansaurem Kali oder Natron
augenblicklich jede Spur von unangenehmem Geruch. Die Zerstörung der organischen
Substanz, d.h. ihre Verwandlung in die letzten Umsetzungsproducte, ist durch die
Entfärbung der smaragdgrünen Lösung des mangansauren oder der rothen Lösung des
übermangansauren Alkalis deutlich zu erkennen. Nachdem sich der braune
Niederschlag von Mangansuperoxyd abgesetzt hatte, war jenes Wasser vollkommen
klar und farblos, und besaß nicht den geringsten Geruch. Selbst in den seltenen
Fällen wo eine große Quantität von Desinficirmittel erforderlich ist, behält das
Wasser nur einen schwachen Geruch, welcher dem im Mangansalz enthaltenen Alkali
angehört, und den man durch Zusatz einiger Tropfen Säure leicht verschwinden
machen kann.
„Die mangansauren und übermangansauren Salze sind als antiseptische und
desinficirende Agentien wirksamer als die meisten der jetzt zu diesem Zweck
gebräuchlichen Verbindungen. Die Metallsalze, nämlich Blei-,
Eisen-, Zinksalze etc. wirken außerordentlich gut, wenn der Geruch,
welchen man verschwinden machen will, von Schwefelwasserstoff und von Ammoniak,
oder dem letztern
analogen Substanzen herrührt, wo sich dann ein Schwefelmetall oder ein
Ammoniumsalz bildet. Aber häufig gehört der Geruch Substanzen einer andern
Classe an, welche durch keinen der Bestandtheile des Metallsalzes fixirt werden.
Der Geruch des Wassers, welcher bei meinen Versuchen durch die Wirkung der
mangansauren Salze vollkommen verschwand, wurde durch Anwendung beträchtlicher
Mengen der zu diesem Zweck jetzt gebräuchlichen Metallsalze kaum modificirt.
„Ueberdieß werden die riechenden Substanzen durch die Metallsalze nicht
zerstört, sondern bloß fixirt; sie erscheinen wieder, der Schwefelwasserstoff
durch Einwirkung einer Säure, die dem Ammoniak analogen Verbindungen durch
Einwirkung eines fixen Alkalis. Die mangansauren und übermangansauren Salze
hingegen zerstören die riechenden Substanzen vollständig, indem sie dieselben
durch ihren Sauerstoff verbrennen, daher die Ursache des Geruchs oder der
Fäulniß für immer verschwindet. Sie wirken also in ähnlicher Weise wie
unterchlorigsaures Kali, Natron oder Kalk. Die unterchlorigsauren Salze wirken
zwar nicht so rasch und kräftig wie die mangansauren, dagegen haben sie vor
letzteren das voraus, daß sie Chlor im gasförmigen Zustand entbinden und auf
diese Weise die in der Atmosphäre verbreiteten riechenden und faulenden
Substanzen zerstören. Da jedoch in vielen Fällen das entwickelte Chlorgas
Nachtheile veranlassen kann und dasselbe den Kranken schädlich ist, so wäre es
wichtig zu ermitteln, ob man nicht denselben Erfolg dadurch erreichen kann, daß
man die verunreinigte Luft der Einwirkung ausgedehnter Flächen von
Chamäleonlösung aussetzt, welche in flachen Gefäßen enthalten oder auf großen
Stücken von Drahtgewebe verbreitet ist.
„Die mangansauren und übermangansauren Salze haben ferner den Vortheil,
daß sie eine eigenthümliche Farbe besitzen, wodurch sie leicht von den anderen
Verbindungen zu unterscheiden sind, daher es nicht vorkommen kann daß sie aus
Unachtsamkeit mit den unterchlorigsauren Alkalien oder den Metallsalzen
verwechselt werden; überdieß sind die mangansauren und übermangansauren Salze an
und für sich verhältnißmäßig wenig schädlich.“