Titel: | Die in Litthauen gebräuchliche Gewinnung, Pressung und Comprimirung des Torfes; vom Bergmeister W. Leo. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XXI., S. 68 |
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XXI.
Die in Litthauen gebräuchliche Gewinnung,
Pressung und Comprimirung des Torfes; vom Bergmeister W. Leo.
Aus Hartmann's allgemeiner berg- und
hüttenmännischen Zeitung, 1859, Nr. 26.
Leo, über die in Litthauen gebräuchliche Gewinnung des
Torfes.
Nach den Reiseskizzen des Dr. Bromeis, Director der Provincial-Gewerbeschule zu Aachen, ist nach
der Berthier'schen Brennwerthbestimmung oder Elementar-Analyse
der absolute Wärmeeffect des gedichteten Torfes von 160 Pfund gleich dem Wärmeeffect
von 100 Pfund Kohks; nach Challeton soll der Wärmeeffect
des gedichteten Torfes dem der Kohks nur um ein Fünftheil nachstehen, und nach Exter soll der Wärmeeffect des gedichteten und
getrockneten Torfes nahezu dem der Kohks gleichstehen. Obgleich auch der beste
gepreßte Torf durch das Pressen nicht in Steinkohle verwandelt wird, so ist dieß
auch gerade zur Empfehlung desselben nicht erforderlich, und, um den Werth des
Preßtorfes gehörig zu schätzen, muß man nur wissen, daß ein Kubikfuß bester
schlesischer Kohks 35 Pfund wiegt, und daß nach obigen Annahmen dann 119,73 Pfund
Kohks so viel leisten, als 12,864 Kubikfuß bayerischer Torf von Haspelmoor; daher
werden auch 35 Pfund oder 1 Kubikfuß Kohks 3,76 Kubikfuß Torf in ihrer Wirkung
ersetzen. Da nun der bayerische Stichtorf drei bis viermal leichter ist, als der
durch Pressen gedichtete Torf, so folgt hieraus das sehr richtige Resultat, daß
nicht allein gleiche Volumina von gedichtetem Torf und Kohks in ihrer Heizkraft
äquivalent sind, sondern daß sogar ersterer ein geringeres Volumen als sein
Kohksäquivalent einnimmt. Locomotiven werden daher, wenn der gedichtete Torf bei
ihnen als Brennmaterial in Anwendung gebracht wird, nicht mehr Brennmaterial dem
Volumen nach mit sich zu führen haben, als bisher an Kohks. Die wichtigsten
Resultate, welche nun die Neuzeit durch Verdichtung des Torfes herbeigeführt hat,
bestehen, wie Bromeis ferner bemerkt, in folgenden: der Torf kann durch Pressen die
Dichtigkeit der Steinkohle erhalten und wird dadurch selbst unverkohlt zu einem der
wichtigsten Brennmateriale; er ist durch seine Dichtigkeit leichter transportabel
und nimmt einen sehr kleinen Raum ein, indem ein Kubikfuß das Gewicht von 86 Pfund
erhalten kann; sein Wassergehalt ist seiner Dichtigkeit gegenüber sehr gering;
gleiche Volumina gedichteten Torfes und Kohks sind in Beziehung auf Heizkraft
äquivalent, und jedenfalls wird ein Gewichtstheil Kohks durch weniger als zwei
Gewichtstheile gedichteten Torfes in der Wirkung ersetzt; die Fabricationskosten für
1 Centner gedichteten Torfes sind nur auf 3 Sgr. zu setzen, und wird der Centner nur
zu 5 Sgr. verkauft, so gewinnt die Fabrik 66 Proc.
In dem Jahre 1855 bezahlten nun folgende Eisenbahnverwaltungen die 100 Pfund
Kohks:
die
holsteinischen Eisenbahnen
mit
15,77 Sgr.,
„
Berlin-Anhaltische „
„
16,00 „
„
Berlin-Hamburger
„
„
17,54 „
„
Berlin-Stettiner
„
„
18,32 „
„
Frankfurt-Hanauer „
„
20,00 „
„
Lübeck-Buchener
„
„
19,25 „
die
Magdeburg-Leipziger Eisenbahn
mit
18,42 Sgr.,
„
Magdeburg-Wittenberger „
„
17,19 „
„
Mecklenburgische
„
„
17,75 „
„
königl. preußische Ostbahn „
„
20,47 „
„
Stargard-Posener „
„
20,40 „
„
Thüringische
„
„
16,77 „
oder im Durchschnitt mit 18,49 Sgr. die 100 Pfund, und sind
seitdem die Kohks noch bedeutend im Preise gestiegen.
Wollten nun die Eisenbahndirectionen die Herstellung des für ihre Bahnen
erforderlichen Torfquantums selbst in die Hand nehmen und betrügen die Selbstkosten
sogar 4 Sgr. der Centner, so würden sie bei der hohen Annahme, daß 2 Centner
Preßtorf = 1 Centner Kohks wirken, enorme Vortheile haben, und selbst die
Eisenbahnen, die bis jetzt ihre Kohks am billigsten bezogen haben, wie die
Berlin-Anhaltische und Thüringer Eisenbahn, würden einen Gewinn von 50 Proc.
machen, die Lübecker Bahn 58 Proc., die Stargard-Posener 64 Proc., und gerade
die Bahnen, welche die höchsten Preise für Kohks bezahlen, sind diejenigen, welche
sich durch die größten Torfmoore hindurchziehen, andere Bahnen haben dergleichen in
größter Nähe, wie die neuerbaute Werrabahn auf der Rhön und auf dem Thüringerwalde
bei Sigmundsburg u.s.w.; berechnet man nun die großen Massen Kohks, welche eine
Eisenbahn jährlich zu ihrem Betriebe braucht, so ist die Ersparung durch Anwendung
von Preßtorf eine nicht zu verachtende Summe; es liegt deßhalb im Interesse aller
Bahndirectionen, die ihnen gebotenen großen Vortheile, welche der Betrieb mit
Preßtorf gewährt, zu benutzen und die dadurch herbeigeführten Ersparnisse ihren
Actionären zu Gute kommen zu lassen.
Es ist allerdings abschreckend, daß die Etablissements im Haspelmoor und das Challeton'sche Etablissement enorme Anlagekosten
verursacht haben, letzteres nach Challeton's eigener
Angabe 300,000 Francs, obgleich ihre Producte noch Vieles zu wünschen übrig lassen;
aber man kann ja andere Torfwirthschaften, die nicht mit so großen Anlagekosten
verbunden sind, sich zum Muster nehmenDas auf dem Torfwerke Staltach am Starnberger See
in Bayern in großem Maaßstabe angewendete Verfahren der mechanischen
Torfbereitung liefert auf einem einfacheren und ökonomischeren Wege so
vorzügliche Producte als die genannten Etablissements; wir verweisen auf
Prof. Vogel's Bericht über jenes Torfwerk im
zweiten Maiheft (Bd. CLII S. 272) des polytechn. Journals.A. d. Red., die Gleiches, wenn nicht Besseres leisten und in Gegenden betrieben werden,
wo die Holzpreise noch sehr niedrig stehen, z.B. die in Litthauen gewöhnliche
Torfgewinnung und Pressung. Dort wird die Moorfläche mit den nöthigen Abzugsgräben
versehen und von
ihrer aus Moosen, Rasen und Wurzeln bestehenden Decke befreit, dann wird dieselbe
mit einem ganz einfachen Spatenpfluge 8 bis 10 Zoll tief in nur 2 Zoll breiten
Furchen aufgeackert, öfters mit hölzernen Eggen geschlichtet und gewendet, und die
Torfmasse auf diese Art zerkleinert und getrocknet. Nachdem sie gehörig
ausgetrocknet, wird der trockene klare Torf mit Kipp-Wagen in Magazine
geschafft und in denselben mit einer einfachen, 2 Centner schweren Ramme in Formen
gestampft und die Steine auf 2/5 der Formtiefe zusammen gepreßt; dieselben werden so
fest, daß sie mit der Säge zerschnitten und mit dem Beile behauen werden können,
ohne zu zersplittern, bedürfen weiter keiner Trocknung, sind von tiefbrauner
glänzender Farbe, und, was das Vorzüglichste ist, in den in dem Sommer gefüllten
Magazinen kann das ganze Jahr hindurch gearbeitet werden. Es fällt bei dieser
Bearbeitung kein Abfall; mit der abgeschürften Decke werden die nach und nach
entstehenden tiefen Torfgruben wieder ausgefüllt, und dadurch zu cultivirbarem Grund
oder, stauet man das Wasser, zu sich regenerirenden Torfmooren fähig gemacht.
Das Anpflügen des Moorgrundes, so wie das Einbringen des getrockneten Moores
geschieht selbstverständlich nur bei günstiger Witterung, und wird während der
günstigen Jahreszeit auf dem Moorgrund und im Freien selbst gerammt. Die Probe, ob
die Moorerbe die gehörige Trockne habe, die zum Rammen erforderlich ist, besteht
ganz einfach darin, daß sie sich in der Hand nicht zu einer festen Kugel balle,
sondern beim Niederfallenlassen der in der Hand geballten Moorkugel auf den Boden
dieselbe wieder in Staub zerfällt. Die Herstellung von 1000 Stück Torfziegeln,
inclusive Aufpflügen, Eggen, Trocknen, Stampfen und Einbringen der Moormasse oder
der gerammten Steine, kommt auf 2 Thlr. zu stehen, 30 Steine geben 2 Kubikfuß dem
Volumen und 160 Pfund dem Gewichte nach, und kommt daher 1 Centner gepreßter
getrockneter Torf, incl. aller Anlage- und
Nebenkosten, nur auf 4 Sgr. zu stehen.
Die Rammarbeit ist so einfach, daß dabei ganz junge Leute und Frauenspersonen mit
thätig seyn können, und, da sie ohne Unterbrechung das ganze Jahr fortgeht, wird sie
billiger verrichtet, als wenn dieselbe den größten Theil des Jahres ausgesetzt
werden müßte. An einer Ramme sind 5 Arbeiter beschäftigt; ein Arbeiter füllt die
horizontal bewegliche Form und bewegt solche unter den Rammklotz; sobald der Stein
festgeschlagen ist, bewegt er die Form über den Arbeitsblock hinweg über ein schräg
angebrachtes Packtuch, der fertige Stein fällt aus der Form auf dieses, rollt auf
demselben herunter in einen untergesetzten Karren; ein zweiter Arbeiter läuft das
Torfklein zu, entleert die Karre in einen hinter der Ramme angebrachten Kasten,
ergreift den indeß mit fertigen Torfsteinen angefüllten Karren, schiebt den entleerten an seine
Stelle, führt den gefüllten ab und schichtet die fertigen Steine auf; 3 Arbeiter
ziehen die Ramme. Die Ramme selbst läuft zwischen zwei Leitstangen; an ihren
eisernen Achsen sind eiserne Rollen befestigt; der gußeiserne Stempel der Ramme ist
in eine Holzverkleidung eingefügt, und steht der Stempel aus dieser Verkleidung 5
Zoll hervor; zwischen der Holzverkleidung und dem Stempel sind einige Lagen
Sohlenleder befestigt, um beim Aufstoßen auf die Form das Prellen zu mindern. Die
Form selbst ist von Gußeisen, gut ausgeschliffen, damit die Steine leicht
herausfallen, und in eine hölzerne Verkleidung gefaßt, von welcher zwei eiserne
Seitenbeschläge ausgehen, die, wo sie sich vereinigen, mittelst eines Bolzens auf
dem Rammklotz befestigt sind, in einen Stiel mit Griff auslaufen, an welchem die
Form horizontal auf dem Rammklotz bewegt wird, d.h. nachdem sie gefüllt unter den
Stempel, und nachdem der Stein gerammt über das Sacktuch geschoben wird. Zur
Erleichterung des Füllens des Kastens mit Moorerde ist ein schräges Auflaufbret
angebracht. Der 3 Zoll lange,
aus der Holzverkleidung vorstehende eiserne Stempel muß ganz genau in die 5 Zoll
tiefe Form passen; die Torfmasse, welche die ganze Form ausfüllt, wird in 3 bis 4
Schlägen des Rammklotzes bis auf 2 Zoll zusammengestampft; der erste Schlag wird nur
schwach, die folgenden Schläge werden aber mit aller Kraft gegeben. Ein Arbeiter
bekommt im Durchschnitt täglich 10 Sgr. Lohn, und muß die aus 3 Arbeitern bestehende
Cameradschaft täglich 1000 Steine fertigen; die Leute repartiren ihren Lohn nach
freiwilligem Uebereinkommen unter sich und wechseln eben so unter einander mit den
verschiedenen Verrichtungen ab; eine Cameradschaft fertigt in 300 Arbeitstagen
300,000 Stück Torfsteine oder 20 bis 25,000 Centner Preßtorf, und können, je nach
der Größe der Magazine, in jeder eine oder mehrere Rammen aufgestellt werden.
Die Torfmagazine sind ganz einfache, von Holz erbaute Gebäude, mit 8 bis 10 Ellen
hohen, mit Weidenruthen ausgeflochtenen Wänden; die Auffahrt und das Ausschütten des
Torfkleins erfolgt auf einer Bahn durch die Giebelseite des mit Stroh gedeckten
Daches von oben. Ist das Magazin gefüllt, so werden die Giebelseiten des Daches
ebenfalls mit Stroh eingedeckt; der Eingang für die Arbeiter und zur Abfuhr der
fertigen Steine ist zu ebener Erde. Zur Darstellung des Preßtorfes wird nur der
beste erdige, der Braunkohle ziemlich nahe stehende Torf verwendet; auch Braunkohle,
d.h. erdige, wird auf ganz gleiche Weise gepreßt und gibt ebenfalls ein festes, sehr
brauchbares Heizungsmaterial, doch lassen sich die Braunkohlensteine nur auf 2/5 der
Form zusammenpressen.
Diese ganze Vorrichtung ist mit sehr wenig Kosten verknüpft und die Magazine und
Rammen, einmal errichtet, dauern lange Jahre aus; die gefertigten Torfsteine sind
sehr fest und halten einen weiten Transport aus, ohne zu zerbrechen; sie eignen sich
vorzüglich auch zur Verkohlung und geben eine sehr schöne feste Kohle. Dieser
Preßtorf und seine Kohle ersetzen die Steinkohle vollkommen und können zu allen
technischen Gewerben benutzt werden; der Torf selbst schwindet durch die Verkohlung
noch um 1/3 seines Volumens, aber auch als roher Preßtorf ist er zur Feuerung der
Locomotiven und auf Dampfschiffen mit größtem Vortheil zu verwenden. Pläne der
Anlage, Zeichnungen der Ramme, so wie mehrere praktische Vortheile bei der Arbeit
selbst ist der Verfasser gern bereit, jedem sich für die Sache Interessirenden
mitzutheilen.