Titel: | A. Bessemer's verbesserter Ofen zur Erzeugung von Eisen und Stahl. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XXXIII., S. 138 |
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XXXIII.
A. Bessemer's verbesserter Ofen zur Erzeugung von Eisen
und Stahl.
Aus dem Mechanics' Magazine, Mai 1859, S.
317.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Bessemer's verbesserter Ofen zur Erzeugung von Eisen und
Stahl.
Hr. Anthony Bessemer in London (Upper Holloway) nahm ein
Patent auf Verbesserungen im sogenannten Feinen oder Weißen d.h. im Reinigen des
Roheisens von Schwefel, Phosphor, Silicium, Kohlenstoff etc, um aus demselben Eisen
oder Stahl zu erzeugen. Zu diesem Zwecke construirte er einen sich drehenden
Flammofen, welcher einen cylindrischen eisernen Behälter enthält, der das Eisen
aufnimmt und nöthigenfalls in zwei Hälften ausgeführt werden kann, die mit
Schraubenbolzen verbunden werden. Beide Enden dieses Cylinders sind verengt, so daß
an jedem ein offener Hals gebildet wird, dessen Durchmesser etwa zwei Drittel von
demjenigen des Mittlern Cylindertheiles beträgt. Das ganze Innere desselben wird mit
segmentartig geformten, feuerfesten Ziegelsteinen ausgefuttert; eine oder mehrere
Reihen von Ziegelsteinen können fünf bis sechs Zoll höher stehen, als die übrigen,
um Vorsprünge zu bilden, welche die Zertheilung des Metalles und den Wechsel seiner
Oberfläche befördern. Der Cylinder ist in einem beweglichen Gerüst angebracht,
welches zwischen dem eigentlichen Ofen und der Esse hin und her geschoben werden
kann. Während der ganzen Zeit, in welcher das Metall bearbeitet wird, muß der
cylindrische Behälter umgedreht werden.
Der Cylinder, welcher das Roheisen enthält, und der das Feuer enthaltende Theil des
Ofens bilden zusammen einen vollständigen sich drehenden Flammofen. Der die Feuerung
enthaltende Theil des Ofens hat dieselbe Einrichtung wie ein gewöhnlicher Flammofen,
ruht aber ebenfalls auf Rädern, so daß er rück- und vorwärts bewegt werden
kann. Während der ganzen Zeit, in der das Roheisen bearbeitet wird, treibt man
mittelst eines Ventilators oder anderen Gebläses atmosphärische Luft mit oder ohne
Dampf in den Ofen, damit sie auf die Metalloberfläche einwirkt und Kohlenstoff,
Schwefel, Phosphor etc. sich oxydiren und abgeführt werden. Zur Einführung der Luft
in den Ofen dienen Röhren, welche dem Halse des sich drehenden Cylinders so nahe als
möglich angebracht sind und nach Erforderniß geöffnet oder geschlossen werden
können. Nöthigenfalls wird eine Brechstange oder ein Puddelhaken durch die Esse in
den sich drehenden
cylindrischen Theil des Ofens gebracht, um das flüssige Metall umzurühren, zu
puddeln, und dadurch seine Verwandlung in Stahl oder Stabeisen zu beschleunigen.
Auch die gewöhnlichen bekannten Flußmittel, wie Kalkstein, Kieselerde, Braunstein,
Salz etc. können in dem beschriebenen Ofen mit Vortheil angewendet werden, um die
Abscheidung der verschiedenen fremdartigen Beimischungen des Roheisens zu
befördern.
Fig. 1 ist
theilweis ein Aufriß und theilweis ein Längendurchschnitt des neuen Flammofens; Fig. 2 ist ein
Querdurchschnitt durch den Cylinder. A ist der Cylinder,
B der eigentliche Ofen oder Feuerungsraum, C der Canal oder die Röhre, durch welche Luft und Dampf
in den Cylinder gelangen, D der Esseschacht. E ist der Wagen, worauf der Cylinder A liegt und in welchem er sich dreht; F ist ein Stichloch, durch welches das Metall aus dem
Cylinder A abgelassen werden kann; man kann dasselbe
aber durch den Hals G herausnehmen. I, I sind Frictionswalzen, auf und zwischen welchen die
Ringe I', I' an der äußern Seite des Cylinders laufen.
J ist eine Schraube ohne Ende, welche dem Cylinder
A mittelst eines an seinem äußern Umfange
angebrachten Schraubenrades K die rotirende Bewegung
ertheilt. L, L (Fig. 2) sind
hervortretende Steine, um eine größere Bewegung des Roheisens beim Drehen des
Cylinders zu erzielen. M ist ein Canal, um Gebläseluft
in den Ofen in der Nähe des Cylinderhalses einzuführen. N zeigt, wie die beiden Theile des Cylinders verbunden werden, wenn er
nicht aus einem Stück besteht. Auf der einen Seite tritt der Cylinder A gegen das Essengemäuer; O
ist eine Oeffnung in letzterm, durch welche man in das Innere des Ofens sehen und
auch mit Werkzeugen hinein gelangen kann. Fig. 3 zeigt zwei
Ansichten von einem Schieber oder einer Platte, deren Ausschnitt um den halben
Cylinderhals herum paßt, nachdem der Cylinder mit dem Wagen an seinen Platz
geschoben worden ist. Fig. 4, 5, 6 und 7 zeigen verschiedene
Formen, welche man dem Cylinder A geben kann.
Dieser Ofen wird in folgender Weise betrieben: – Man feuert der Art auf dem
Rost B, daß der sich drehende Cylinder mäßig heiß wird,
und dann zieht man den Feuerraum des Ofens zurück, so daß man die Roheisencharge
durch den Hals in den Cylinder einbringen kann. Nachdem nun der Ofen wieder mit dem
Cylinder vereinigt worden ist, feuert man stark. Sobald das Roheisen rothglühend
ist, wird durch die Röhre C Gebläsewind mit oder ohne
Dampf in den Cylinder geführt, welcher auf die Oberfläche des flüssigen Metalles
einwirkt, die sich in Folge der rotirenden Bewegung des Cylinders fortwährend
erneuert, so lange als das Roh- und Frischeisen bearbeitet wird. Wenn das
Eisen zum Abstechen geeignet ist, so wird der den Rost enthaltende Theil des Ofens
zurückgezogen und der
sich drehende Cylinder mittelst seines Wagens zu den Formen geführt. Das Abstechen
erfolgt alsdann durch das Stichloch F, oder auch durch
den Hals G, zu welchem Ende der Cylinder an der einen
Seite aufgehoben wird.