Titel: | Ueber die sogenannte ächte Orseille; von H. Gaultier de Claubry. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. LVII., S. 208 |
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LVII.
Ueber die sogenannte ächte Orseille; von
H. Gaultier de
Claubry.
Aus dem Répertoire de Chimie appliquée, Mai
1859, S. 253.
Gaultier de Claubry, über die sogenannte ächte
Orseille.
Hr. Hélaine, Chemiker in Lyon, ließ sich am 25. December 1857 ein Verfahren patentiren,
um mittelst der im Handel vorkommenden Orseille drei gleich
ächte Farben zu einem mäßigen Preise (10 Francs das Kilogramm)
darzustellen, welche er in seiner Seidenfärberei anwendet.
Um im Großen zu operiren, rührt man käufliche Orseille in einer Kufe mit ihrem
zwanzigfachen Gewicht reinen kochenden Wassers (z.B. dem Condensationswasser der
Dampfmaschinen) an; ist die Färberei mit Dampfheizung versehen, so benutzt man
kaltes Condensationswasser und erhöht dessen Temperatur mittelst Dampf, wobei man zu
beachten hat, daß das angegebene Verhältniß von Flüssigkeit, das Condensationswasser
inbegriffen, beibehalten wird.
Man gießt hernach ein, demjenigen der angewandten Orseille gleiches Gewicht von zinnsaurem Ammoniak hinein und rührt um, bis die
Temperatur auf 60 oder 50° C. gesunken ist; man filtrirt oder decantirt. Der
ausgepreßte Rückstand wird neuerdings mit seinem zehnfachen Gewichte Wasser von 40
bis 80° C. behandelt; die Flüssigkeit wird der ersten beigemischt.
Um das zinnsaure Ammoniak zu bereiten, gießt man in eine Auflösung von Zinnchlorid
einen Ueberschuß von verdünntem Ammoniak, läßt den gesammelten Niederschlag
abtropfen und löst ihn in concentrirtem Ammoniak auf.
Die auf angegebene Weise mit zinnsaurem Ammoniak ausgezogene Orseillepasta gibt, mit
angesäuertem Wasser in der Siedhitze behandelt, auf
Seide eine Amaranthfarbe. Um diese Pasta zu conserviren,
versetzt man sie mit ein wenig Säure und trocknet sie aus, wodurch man einen Persio erhält.
Die Flüssigkeiten hingegen versetzt man, während sie noch heiß sind, oder nachdem man
sie wieder erhitzt hat, mit der Hälfte des anfänglich angewandten Gewichts von
zinnsaurem Ammoniak, und gießt eine Auflösung von salzsaurem Baryt oder salzsaurer
Bittererde, oder auch Barytwasser hinein. Der sich bildende Niederschlag kann direct
zum Drucken oder Färben der
Seide und Wolle benutzt werden, auf welchem er Rosenroth
liefert.
Die von diesem Niederschlage getrennte Flüssigkeit wird mit so viel Salzsäure
versetzt, daß sie in Orange übergeht und sich Substanzen
von fettem Ansehen daraus absondern.
Die klar gewordene Flüssigkeit wird durch Ammoniak wieder in Violett übergeführt und dann mit essigsaurem Bleioxyd versetzt.
Die neue Flüssigkeit hat eine schöne Orangefarbe, und
färbt als saures Bad die Seide und die Wolle orange; der Einwirkung der Luft und des
Ammoniaks ausgesetzt, geht sie ebenfalls in Orange über und gibt als saures Bad auf Wolle und Seide eine Lachs- oder Aprikosenfarbe.
Der oben erwähnte Persio, mit angesäuertem Wasser (nämlich
mit Salzsäure für die Seide und mit Weinstein für die Wolle) behandelt, gibt die ächte Orseillefarbe, welche dem Schönen mit Salzsäure von
1 bis 4° Baumé widersteht. Indem man mit Essigsäure, Weinsteinsäure,
Citronensäure etc. schönt, und Indigcarmin, Cochenille oder Saflor zusetzt, erhält
man mannichfache Farben.
Wie man sieht, kann die Färberei aus diesen Producten großen Nutzen ziehen, weil zu
der Lebhaftigkeit der bisherigen Orseillefarbe noch deren Aechtheit kommt. Für den
Zeugdruck werden sich diese Producte wegen ihres verhältnißmäßig niedrigen Preises
ebenfalls sehr vortheilhaft erweisen.