Titel: | Untersuchung über die Ausbeute an Photogen etc. aus dem Stichtorf in der Fabrik des Anhalt'schen Fabrik-Vereins; vom Baurath J. E. Heß in Zeitz bei Leipzig. |
Autor: | J. E. Heß |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. CI., S. 380 |
Download: | XML |
CI.
Untersuchung über die Ausbeute an Photogen etc.
aus dem Stichtorf in der Fabrik des Anhalt'schen Fabrik-Vereins; vom Baurath
J. E. Heß in
Zeitz bei Leipzig.
Heß, über die Ausbeute an Photogen etc. aus dem Stichtorf in der
Fabrik des Anhalt'schen Fabrik-Vereins
Die folgenden Angaben sind Resultate von Untersuchungen, welche ich in Folge eines
von mir ausgeführten Auftrags ausgeführt habe, und sie dürften für die
Veröffentlichung um so geeigneter erscheinen, da sie, als der Praxis im Großen
entnommen, für Anlagen zur Verarbeitung ähnlicher Rohstoffe einen nicht unwichtigen
Anhaltspunkt abgeben können.
Die Gewichtangaben beziehen sich auf das neu eingeführte preußische Zollgewicht, von
welchem 1 Centner oder 100 Pfund soviel wie 106,904 Pfund des früheren, alten
Gewichts betragen.
Der grubennasse Torf hat ein Gewicht von 28,110 Ctr. pr.
Klafter von 108 preuß. Kubikfuß, der lufttrockene Torf von 19,755 Ctr. pr. Klafter. Die trockene Destillation des Torfs
geschieht in den Jacobi'schen Oefen, welche patentirt
sind und eine sehr vortheilhafte Verbindung des Retorten- mit dem
Schachtofensystem bilden, über deren Vortheile und Wirkung, sowie über deren
vereinfachten Betrieb weitere Mittheilungen erfolgen werden.
In zwei also construirten Oefen, welche in ununterbrochener Feuerung bleiben,
dergestalt, daß beim Laden und Leeren der Betrieb nicht unterbrochen wird und weder
an Torf noch an gewonnenem Theer das Geringste eingebüßt wird, werden in 24 Stunden
durchschnittlich
356 Ctr.500 „
grubenfeuchten Torfs verarbeitet, von welchen
derluftrockenen „ „
„ „ „
erstere 16,74 Ctr.letztere 23,26 „
fast wasserfreien Theer liefern. Es ergibt sich hieraus, daß
mit lufttrockenem Torf bedeutend mehr Theer in derselben Zeit erzeugt wird, als mit
grubenfeuchtem, und es sind deßhalb auch zweckgemäß lange und ausreichend große
Trockenschuppen für den Torf angelegt.
500 Ctr. Torf liefern in 24 Stunden des Betriebes ungefähr 1366 Kubikfuß Kohks in
Stücken von 2 bis 3 Kub.-Zoll. Die gewonnenen Kohks reichen vollständig zur
Befeuerung der beiden Schachtöfen, der Dampfmaschine, der Destillirblasen und der
Ammoniak-Verdampfpfannen aus.
Der Theer hat durchschnittlich im Großen ein spec. Gewicht von 0,965, und ergibt bei
seiner Destillation:
A. 10 Proc. rohes leichtes Oel von 0,888 spec.
Gewicht,
B. 40 Proc. rohes schweres Oel von 0,940 spec.
Gewicht,
C. 25 1/4 Proc. rohe Paraffinmasse; außerdem aber noch
(nach Angabe des Fabrikdirigenten)
D. 15 Proc. Asphaltrückstand,
E. 4 3/4 Proc. Gase und Arbeitsverluste, und
F. 5 Proc. Wasser.
Das hohe specifische Gewicht des Theers sowie der Rohöle rührt von dem bedeutenden
Gehalt an Kreosot her. Es wird daher bei ihrer Reinigung sorgfältig auf ihren
Kreosotgehalt geprüft und hiernach die zur Reinigung anzuwendenden Substanzen ihrer
Quantität nach abgemessen, um hierdurch, sowie durch kräftiges Mischen und
Waschungen das Kreosot abzuscheiden und die Oele etc. leichter, Heller und von
besserem Geruch zu erhalten.
Aus 100 Pfd. Theer oder den hieraus erzielten, oben sub A. B.
C. genannten Rohproducten geben durch die weitere Behandlung:
die 10 Pfd. rohes leichtes Oel
a. an Photogen
5,401000 Pfd.
b. an rohem Kreosot
0,908340 „
die 40 Pfd. rohes schweres Oel
c. an roh. Paraffin-Masse
1,908066 „
d. an Photogen
1,573634 „
e. an rohem Kreosot
1,936166 „
f. an Solar-Oel
24,336513 „
die 25 1/4 Pfd. rohe Paraffinmasse
g. an roh. Paraffinmasse
16,018181 „
h. an Photogen
3,249432 „
i. an Solar-Oel
1,707272 „
k. an rohem Kreosot
0,659340 „
oder zusammengenommen,
100 Pfd. Theer =
ad a. d. h.
an Photogen
10,224066 Pfd.
ad f. i.
an Solar-Oel
26,043785 „
ad c. g.
an roh. Paraffinmasse
17,926247 „
ad b. e. k.
an rohem Kreosot
3,503846 „
mithin geben auf die Betriebszeit von 24 Stunden einerseits,
resp. auf eine Klafter Torf andererseits reducirt:
500 Centner lufttrockener Torf(oder
23,26 Centner Theer)in zwei Oefen in 24 Stunden
356 Ctr. grubenfeucht.Torf (oder 16,74
Ctr.Theer) in zwei Ofen in24 Stunden.
1 Klafter (oder 19,755Centner)
lufttrockenenTorfs
1 Klafter (oder 28,110Ctr.)
grubenfeuchtenTorfs
an Photogen
238 Pfd.
171 Pfd.
9,40338 Pfd.
10,69328 Pfd.
„ Solar-Oel
606 „
436 „
23,94306
„
34,42685
„
„ rohem Kreosot
81 „
58 „
3,20031
„
4,57972 „
„ roher Paraffinmasse
417 „
300 „
16,47567
„
23,68820
„
Außerdem liefert der
lufttrockenegrubenfeuchte
Torf
3553 7/10
Procent seines
Gewichts ammoniakalisches Wasser. Dasselbe wird zu
schwefelsaurem Ammoniak verarbeitet, und ergibt dem Gewicht nach 3 1/2 Proc. an
letzterem. Der lufttrockene Torf liefert daher seinem Gewicht nach 1,225 Proc.
schwefelsaures Ammoniak, mithin ergeben 500 Ctr. Torf in 24 Stunden 6,125 oder rund
6 Ctr. schwefelsaures Ammoniak.
Das rohe Kreosot hat bei 19° C. ein spec. Gewicht von 1,044, wird entweder
ungereinigt zu Rußmaterial verarbeitet, oder durch besondern Proceß in chemisch
reines Kreosot verwandelt, von welchem es 70 Proc. enthält.
In Procenten des Gewichts ausgedrückt, ergibt der lufttrockene Torf:
a.
0,476 Procent
Photogen von 0,830 spec. Gewicht.
b.
1,212 „
Solar-Oel von 0,865 spec. Gewicht.
c.
0,162 „
rohes Kreosot.
d.
1,200 „
schwefelsaures Ammoniak.
e.
0,626 „
schweres paraffinhaltiges Oel.
f.
0,133 „
reines weißes Paraffin.
Die beiden Resultate ad e. und f. erhält man, wenn man berücksichtigt, daß die in der vorstehenden
Tabelle angegebenen 417 Pfd. roher Paraffinmasse bei weiterer Verarbeitung 75 Proc.
oder 312 3/4 Pfund schweres paraffinhaltiges Oel und 16 Proc. oder 66 3/4 Pfd.
reines Paraffin ergeben, welche von 500 Centnern oder 50000 Pfd. Torf resp. 0,626 oder 0,133 Proc. ausmachen.
Es wird hierbei ausdrücklich bemerkt, daß in der Fabrik keine Einrichtungen zur
Verarbeitung der rohen ParaffinmassePararaffinmasse bis zum Kerzengusse getroffen waren. Die Werthbestimmung dieser Masse ist
daher, entsprechend den von mit im Großen gemachten Erfahrungen beim Betriebe der
von mit erbauten und betriebenen Rehmsdorfer Photogen- und
Paraffinkerzen-Fabrik, in der Art angenommen, daß auf 100 Pfd. roher
Paraffinmasse 16 Pfd. reines weißes Paraffin und 75 Pfd. schweres paraffinhaltiges
Oel erzeugt werden – ein Oel, aus welchem der geringe Antheil an Paraffin
nicht mehr ohne zu große Kosten ausgeschieden werden kann. Dieses Oel eignet sich
sehr vortheilhaft zur Fabrication einer Wagenschmiere, welche ich für einen sehr
billigen Preis herzustellen im Stande bin und die im Großen angewendet sehr günstige
Resultate ergeben hat. Verwerthen lassen sich von 100 Pfd. roher Paraffinmasse:
75 Pfund schweres paraffinhaltiges Oel, à 2 Sgr.
5
Rthlr.
16 „
reines weißes Paraffin, à 10 1/2
Sgr.
5 1/2 „
––––––––––
Summa
10 1/2 Rthlr
Ab Arbeitslohn incl. Kosten und
Amortisation der Maschinen und Geräthe
zur Reinigung des Paraffins und
zum Kerzengusse mit
2 1/2 Rthlr.
––––––––––
bleiben per 100 Pfd. =
8
Rthlr.
oder per Pfund 2
4/10 Sgr.
Die Kosten betreffend, so wird der Torf von 8 Mann auf einer kleinen Eisenbahn
eingebracht, wobei die Klafter Torf von 108 Kubikfuß auf 4 1/2 Sgr. zu stehen kommt.
Die Kosten des Torfs incl. Stechen, Aufklaftern und
Trocknen kommen auf 29 1/2 Sgr. per Klafter, wobei die
Arbeiter auf 11 Sgr. Tagelohn kommen. Demnach betragen:
I.
Die Kosten von 500 Centnern
lufttrockenen Torfs oder 25 1/3 Klafter (per 24 Stunden zu
verarbeiten) frei
Fabrik, Alles in Allem, à 1 1/2 Rthl. per
Klafter
38 Rthlr.
– Sgr.
– Pf.
––––––––––––––––––––––––
II.
Arbeitslöhne.
a. Zur Torfvorbereitung (Zerkleinern) p. Tag 2
Mann, per Nacht 1 Mann, à 10
Sgr.
1 Rthlr.
– Sgr.
– Pf.
b. Ofenfüllung, per Tag und Nacht 2 Mann, also
4 Mann, à 10 Sgr.
1 „
10 „
– „
c. Ofenheizung, ebenfalls 4 Mann, à 12 1/2 Sgr.
1 „
20 „
– „
d. Maschinenwärter, per Tag und Nacht,
zusammen 2 Mann, à 11 1/4 Sgr.
– „
22 „
6 „
e. Ammoniakbereitung, per Tag und Nacht 2
Mann, sind 4 Mann, à 111/4 Sgr.
1 „
15 „
– „
f. Oelrectification, per Tag 2 Mann, per Nacht 3
Mann, sind 5 Mann, à 11 1/4 Sgr.
1 „
26 „
3 „
g. Kesselheizer, per Tag und Nacht 1 Mann,
sind 2 Mann, à 11 1/4 Sgr.
– „
22 „
6 „
h. Ein Nachtwächter
– „
10 „
– „
i. Ein Portier
– „
12 „
– „
k. Hülfsarbeit
– „
12 „
6 „
––––––––––––––––––––––––
Summa
10 Rthlr.
– Sgr.
9 Pf.
III.
Gehalte an Meister etc.
a. Dem Werkmeister
1 Rthlr.
– Sgr.
– Pf.
b. Dem Destillationsmeister
– „
22 „
6 „
c. Dem Fabrikschmied
– „
20 „
– „
––––––––––––––––––––––––
Summa
2 Rthlr.
12 Sgr.
6 Pf.
IV.
Gehalte für die technische etc. Leitung
4 Rthlr.
20 Sgr.
– Pf.
V.
Chemikalien, speciell berechnet zu
17 Rthlr.
22 Sgr.
6 Pf.
VI.
General-Unkosten (per Jahr berechnet)
a. Unterhaltung und Ersatz der Maschinen und
Werkzeuge
4000 Rthlr.
b.
„
„ „ der
Gebäude
1200 „
c. Maschinenschmiere
360 „
d. Fabrikbeleuchtung, 360 Tage à 1 1/2 Rthlr.
540 „
e. Feuerversicherung und kleine Spesen
1200 „
f. Porto und Provisionen etc.
2400 „
––––––––––
Summa per Jahr
9700 Rthlr.
Es betragen mithin die Kosten
I.
des Torfs bei 300 Arbeitstagen à 38
Rthlr.
11400 Rthlr.
II.
des Arbeitslohns bei 365 Tagen, à 10
Rthlr. 9 Pf.
3760 „
III.
der Gehalte bei 365 Tagen à 2 Rthlr. 12
Sgr. 6 Pf.
1034 „
IV.
der Gehalte für technische Leitung bei 365 Tagen, à 4 Rthlr. Sgr.
1704 „
V.
der Chemikalien für 300 Arbeitst. à 17
R. 22 S. 6 Pf.
5325 „
VI.
General-Unkosten per Jahr
9700 „
––––––––––
Kosten per Jahr
32923 Rthlr.
Der Ertrag bei der Arbeit mit nur zwei Oefen in
24Stunden stellt sich aus 500 Centnern oder 50000 Pfd.
lufttrockenem Torf folgenderweise:
238 Pfd. Photogen von 0,830 spec.
Gew., à 100 Pfd. 15 Rthlr.
35 R. 21 S. – P.
606 „ Solaröl von
0,865 spec.
Gew., à 100 Pfd. 8 Rthlr.
48 „ 14
„ 4 „
81 „
rohes Kreosot, à 100 Pfd. 2 R.
1 „ 18
„ 7 „
417 „ rohe
Paraffinmasse, à 100
Pfd. 8
Rthlr.
33 „ 10
„ 9 „
600 „ schwefels.
Ammoniak, à 100
Pfd. 7
Rthlr.
42
„ – „ – „
–––––––––––––
Summa
161 R. 4 S. 8 P.
mithin für 300 Arbeitstage im Jahre auf
48346 Rthlr.
––––––––––
daher beträgt der reine
Ueberschuß
15423 Rthlr.,
von welcher Summe jährlich ein Theil der Kosten der ganzen
Anlage amortisirt, d.h. abgeschrieben werden muß.
Es ergibt sich hieraus, daß bei einer so geringen Theerausbeute, wie hier vorliegt,
der Reingewinn sich nicht sehr brillant herausstellt, aber immer noch lucrativ
genug, um dabei eine gute Rechnung zu finden. Man wird aus der Kostenberechnung
ersehen, wie marktschreierisch in Betreff der Geringfügigkeit derselben, besonders
auch in Betreff der Fabrik selbst (die sich hier auf 80000 Thaler stellen dürfte),
in der ersten Zeit der Cultivirung dieses neuen Industriezweiges zu Werke gegangen
worden ist. Es versteht sich von selbst, daß noch bequem vier Oefen angelegt und
dadurch der Betrieb so wie der Reinertrag entsprechend vergrößert werden können.