Titel: | Neues Nivellirinstrument, von J. Amsler-Laffon in Schaffhausen. |
Autor: | J. Amsler‐Laffon |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. CIII., S. 401 |
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CIII.
Neues Nivellirinstrument, von J. Amsler-Laffon in
Schaffhausen.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Amsler-Laffon's neues Nivellirinstrument.
In meiner mathematisch-mechanischen Werkstätte werden Nivellirinstrumente nach
einem neuen Systeme ausgeführt, welche folgende Vortheile gewähren:
1) Sie besitzen bei gehöriger Behandlung einen ihrer Größe angemessenen Grad von
Genauigkeit.
2) Ihre Haupttheile sind der Veränderlichkeit gar nicht unterworfen (gewaltsame
Zerstörung ausgenommen).
3) Sie lassen sich äußerst leicht verificiren; sie bedürfen der vorgängigen
Berichtigung nicht einmal, wenn man jede Beobachtung doppelt anstellt) bei jeder
Beobachtung kann man sich daher auch sofort von dem normalen Zustande des
Instrumentes überzeugen.
4) Man arbeitet sehr rasch damit.
Beschreibung des Instrumentes.
Fig. 4 zeigt
das Nivellirinstrument in halber Größe, in Seitenansicht. Es unterscheidet sich von
ähnlichen Instrumenten wesentlich durch die Construction der Libelle A. Diese ist nämlich so ausgeschliffen, daß ihr Bauch
genau in die Mitte fällt, d.h. daß die Blase beständig genau in der Mitte der Röhre
einspielt, sobald die geometrische Achse der Libelle eine horizontale Lage hat, auch
bei einer beliebigen Drehung um diese Achse. Die Träger der Libelle sind an das
Fernrohr festgeschraubt.
Das Fernrohr läßt sich um seine geometrische Achse drehen, nachdem man die
Klemmschrauben D, D₁ gelöst hat, so daß die
Libelle nach Belieben oberhalb oder unterhalb zu liegen kommt. Zu beiden Lagen kann
die Stellung der Blase beobachtet werden, da die Libellenfassung zwei einander
gegenüberstehende Schlitze besitzt.
Die Anschläge E und E₁
sind so angebracht, daß die Drehung des Fernrohres nahezu 180° beträgt, wenn
erst der Anschlagzapfen P mit E, sodann der Libellenträger Q mit E₁ zur Berührung gebracht wird.
Die verticale und horizontale Feinstellung werden durch die Mikrometerschrauben L und M bewerkstelligt.
– Zum Einstellen aus dem Groben dienen die Fußschrauben S, S₁, S₂. Die kugelförmigen Enden
derselben werden in radiale Vertiefungen des Stativtellers gesetzt, und durch die
federnde Stahlplatte F dagegengedrückt, indem man den
Schlüssel G vorschiebt und umdreht, so daß er in den
Haken II des Statives eingreift (Fig. 5).
Gebrauch des Nivellirinstrumentes ohne
Berichtigung.
Man stellt die verticale Drehungsachse nach dem Augenmaaße beiläufig senkrecht und
zieht die Schrauben D, D₁ an, nachdem der
Anschlagzapfen P mit dem Anschlag E zur Berührung gebracht wurde. Nun richtet man das Fernrohr auf die
Nivellirlatte, bringt die Libelle zum Einspielen mittelst einer der Schrauben S oder L und liest die
Stellung des Fadenkreuzes ab. – Alsdann wiederholt man die Operation, nachdem
man das Fernrohr in seinen Lagern gedreht hat bis zur Berührung von Q mit E₁. Das Mittel
zwischen beiden Ablesungen entspricht dem Punkte der Nivellirlatte, welche die
optische Achse des Fernrohres bei genau horizontaler Lage treffen würde.
Berichtigung des Instrumentes.
Man berichtigt das Fadenkreuz, indem man es so stellt, daß es bei einer Drehung des
Fernrohres in seinen Lagern immer beim nämlichen Punkte des Bildes erscheint. Nun
stellt man die verticale Drehungsachse des Instrumentes annähernd senkrecht, am
besten mit Hülfe der Libelle, indem man zuerst die Schraube L so stellt, daß die bei O auf der Ocularseite
gezogenen Querstriche coincidiren und sodann die Fußschrauben S₁ und S₂ dreht, bis die Libelle
in der Richtung SS₁ und SS₂ einspielt (die Schraube 8 ist mit
keinem Kopfe versehen, weil eine Drehung derselben im Allgemeinen überflüssig ist,
und namentlich dann besser vermieden wird, wenn man mit constanter Höhe des
Instrumentes arbeiten will; eine nöthig scheinende Drehung wird mittelst eines
Stiftes bewerkstelligt). – Nun stellt man in einer Entfernung von einigen
hundert Fuß eine Nivellirlatte auf und visirt nach derselben bei den oben
bezeichneten beiden Stellungen des Fernrohres und der Libelle, nachdem man letztere
jedesmal mittelst der Schraube L zum scharfen Einspielen
gebracht hat. Sind die beiden Zielpunkte von einander verschieden, so stellt man
(mittelst L) das Fernrohr genau auf den dazwischen
liegenden Punkt ein und bringt die Libelle wieder mittelst der Correctionsschrauben
bei Q zum Einspielen. – Der Sicherheit halber
wiederholt man diese Operation nochmals.
Vor Wiederholung dieser Correction kann eine andere ausgeführt werden, nämlich:
nachdem man die Libelle zum Einspielen gebracht hat, dreht man das Fernrohr ein
wenig nach Rechts oder Links um seine geometrische Achse; spielt nun die Blase nicht
mehr ein, so bringt man sie dazu durch Anwendung der Correctionsschrauben bei R.
Theorie des Instrumentes.
Nach der über die Construction der Libelle gemachten Voraussetzung steht die
Libellenachse horizontal, sobald die Blase in der Mitte einspielt. Die optische
Achse des Fernrohres, welches mit der Libelle fest verbunden ist, ist nun entweder
bei beiden Stellungen (Libelle oberhalb oder unterhalb des Fernrohres) parallel der
durch die Libellenachse gelegten Horizontalebene, oder sie bildet gleiche, aber
entgegengesetzt liegende Winkel damit. Corrigirt man also die Stellung der optischen
Achse zur Libelle so, daß sie den von ihren beiden ersten Lagen gebildeten Winkel
halbirt, so liegt sie horizontal.
Der praktische Vortheil des neuen Systems hängt davon ab, ob empfindliche Libellen
von der eben bezeichneten Eigenschaft mit Sicherheit hergestellt werden können. Die
Aufgabe hat allerdings ihre Schwierigkeiten; allein die Erfahrung hat mit bewiesen,
daß bei einer zweckmäßigen Schleifmethode solche Libellen mit einer Genauigkeit
ausführbar sind, welche die praktischen Anforderungen bei weitem übersteigt, und in
meiner Werkstätte sind bereits eine ziemliche Zahl derselben hergestellt worden.
Bei den zum Umlegen des Fernrohres eingerichteten Nivellirinstrumenten stellt sich
eine ähnliche Schwierigkeit ein, nämlich: es müssen die Lagerhälse des Fernrohres
genau gleich dick und genau cylindrisch gemacht werden. Wenn auch diese Bedingung
erreicht ist, so geht sie beim sorgfältigsten Gebrauch des Instrumentes leicht
wieder verloren aus bekannten Gründen, wogegen bei dem neuen Instrumente die innere
Fläche der Libelle, worauf Alles ankommt, vollkommen geschützt, und keinerlei
Veränderlichkeit unterworfen ist.
Prüfung der Libelle. Wegen der Unveränderlichkeit des
Glases genügt es, ein für allemal eine Prüfung der Libelle vorzunehmen, um zu
erkennen, ob der Mechaniker seine Aufgabe gelöst hat. Zu diesem Zwecke kann man
entweder eine Strecke vor- und rückwärts nivelliren, und die Uebereinstimmung
der Resultate prüfen. Oder aber, man bestimmt nach der ersten oben angegebenen
Methode denjenigen Punkt P einer entfernten
Nivellirlatte, auf welchen die optische Achse des Fernrohres bei horizontaler Lage
zielen muß. Alsdann schraubt man die Libelle von ihren Trägern los und befestigt sie
wieder, indem man
die Enden Q und R mit
einander vertauscht, und wiederholt die vorige Operation. Wenn der nun gefundene
mittlere Zielpunkt mit dem frühern zusammenfällt, so ist die Libelle richtig
geschliffen; wenn nicht, so ist die halbe Abweichung der Mittlern Zielpunkte gleich
dem Fehler der Libelle. – Einen solchen Fehler müßte man in Rechnung bringen,
wie denjenigen, welcher aus der Ungleichheit im Durchmesser der Lagerhälse der zum
Umlegen eingerichteten Nivellirinstrumente entspringt.
Der Umstand, daß das neue Nivellirinstrument so leicht controlirt werden kann, dürfte
für seine allgemeinere Anwendung von entscheidendem Gewichte seyn, da
erfahrungsgemäß viele Praktiker aus Scheu vor umständlichen Berichtigungen, zuweilen
auch aus Unkenntniß derselben, ihre Instrumente Jahre lang ohne Verification
gebrauchen, also Resultate ohne alle Zuverlässigkeit erzielen.
Nach dem nämlichen principe, aber von verschiedener Größe und Anordnung der Theile,
werden in meiner Werkstätte noch andere Nivellirinstrumente angefertigt. Die
kleinsten (mit einem viermal vergrößernden Fernrohre) können bequem in der Tasche
getragen werden.