Titel: | Ueber die Härte der Metalle und Metallmischungen nach den Untersuchungen von Calvert und Johnson; von Carl Karmarsch. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. CXI., S. 415 |
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CXI.
Ueber die Härte der Metalle und Metallmischungen
nach den Untersuchungen von Calvert und Johnson; von Carl
Karmarsch.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1859 S. 175.
Karmarsch, über die Härte der Metalle und
Metallmischungen.
Fr. Crace Calvert und Richard Johnson haben im löten Bande der Memoirs of the
literary and philosophical Society of Manchester eine interessante Arbeit
über den genannten Gegenstand veröffentlicht (mitgetheilt im polytechn. Journal Bd. CLII S. 129). Sie bemerken, daß die
gewöhnliche Methode, Körper auf ihren Härtegrad zu prüfen oder in dieser Beziehung
mit einander zu vergleichen, nämlich durch Ritzen (wobei der ritzende Körper als der
härtere und der geritzte als der weichere angesehen wird) weder befriedigend in
ihren Resultaten überhaupt, noch im Besondern zu genauer Bestimmung der Härtegrade
von Metallen und Metallmischungen geeignet sey. Demzufolge brachten sie ein völlig
neues und eigenthümliches Verfahren in Ausführung, welches der Natur der Aufgabe mehr zu entsprechen
scheint und zugleich gestattet, die Abstufungen der Härte in Zahlen
auszudrücken.
Ein kleiner abgestutzter Kegel von gehärtetem Stahle – 7 Millimeter (0,275
engl. Zoll) hoch, auf der großen Grundfläche 5 Millimet. (0,197 Zoll) und auf der
kleinen Grundfläche 1,25 Millimet. (0,049 Zoll) im Durchmesser haltend, wurde am
unteren Ende eines senkrechten, in Führungen auf und nieder schiebbaren Eisenstabes
so befestigt, daß seine abgestumpfte Spitze abwärts gerichtet war. Oben wirkte auf
den Eisenstab ein langer ungleicharmiger Hebel, der bei steigender Belastung durch
Gewichte einen entsprechenden Druck ausübte. Der zu untersuchende Metallkörper wurde
auf einen eisernen Block unter den Stahlkegel gelegt, und man beobachtete, welcher
Druck erforderlich war, um binnen einer halben Stunde ein genau 3,5 Millimet (0,1375
Zoll) tiefes Eindringen des Kegels zu bewirken; dieser Druck, in Pfunden
ausgesprochen, wird als das Maaß der Härte des geprüften Körpers angesehen.
Folgende Tabelle enthält die gewonnenen Resultate. Der Druck, im Originale nach
englischen Pfunden angegeben, ist hier auf deutsche Pfunde (zu 500 Grammen)
umgerechnet.
Vergleichungszahlen
Nr.
Art des Metalles
Druck.Pfund.
Roheisen= 1000.
Blei= 1
1
Roheisen (Staffordshire graues
Nr. 3, kalk erblasen)
4354
1000
64,0
2
Stahl (ungehärtet)
4173
958
61,4
3
Schmiedeeisen (aus
obigem Roheisen bereitet)
4127
948
60,7
4
Platin
1633
375
24,0
5
Kupfer
1311
301
19,3
6
Aluminium
1179
271
17,3
7
Silber (rein)
907
208
13,3
8
Zink
798
183
11,7
9
Gold (rein)
726
167
10,7
10
Cadmium
473
108
6,95
11
Wismuth
227
52
3,34
12
Zinn
118
27
1,73
13
Blei
68
16
1
Messing aus
14
82,95 Kupfer, 17,05 Zink
1860
427
27,3
15
79,56
„
20,44 „
2041
469
30,1
16
74,48
„
25,52 „
2041
469
30,1
17
66,06
„
33,94 „
2050
473
30,3
18
64,00
„
36,00 „
2268
520
33,3
19
49,32
„
50,68 „ 1)
2631
604
38,7
Vergleichungszahlen
Nr.
Art des Metalles
Druck.Pfund.
Roheisen= 1000.
Blei= 1
Bronze aus Kupfer und Zinn:
20
9,73 Kupfer, 90,27 Zinn
363
83
5,34
21
11,86
„
88,14 „
417
96
6,13
22
15,21
„
84,79 „
454
104
6,68
23
21,21
„
78,79 “ 2)
590
135
8,68
24
84,32
„
15,68 „
3991
917
58,7
25
88,97
„
11,03 „
3365
773
49,5
26
91,49
„
8,51 „
2785
639
40,9
27
93,17
„
6,83 „
2621
602
38,5
Bronze mit Zinn und Zink:
28
82,05 Kupfer, 12,82 Zinn, 5,13
Zink
2449
562
36,0
29
80,00
„
10,00 „
10,00 „
3266
750
48,0
30
80 Kupfer, 5 Zinn, 7,5 Zink, 7,5 Blei
1497
343
22,0
Zink-Zinn-Legirung:
31
21,65 Zink, 78,35 Zinn
272
64
4,00
32
35,60 „ 64,49 „
299
69
4,40
33
52,51 „ 47,49 „
363
83
5,34
34
62,43 „ 37,57 „
409
94
6,01
35
68,86 „ 31,14 „
458
105
6,74
36
73,43 „ 26,57 „
544
125
8,00
37
84,68 „ 15,32 „
526
121
7,73
Antimon-Blei-Legirung
38
34,86 Blei, 65,14 Antimon 3)
794
182
11,7
39
61,61
„ 38,39 „
454
104
6,67
40
76,32
„ 23,68 „
349
80
5,07
41
82,80
„ 17,20 „
281
64
4,13
42
86,52
„ 13,48 „
272
62
4,00
43
88,92
„ 11,08 „
267
61
3,93
Zinn-Blei-Legirung
44
26,03 Blei, 73,97 Zinn
181
42
2,66
45
30,57
„ 69,43 „
177
41
2,60
46
36,99
„ 63,01 „
145
32
2,13
47
46,82
„ 53,18 „
114
26
1,68
48
63,78
„ 36,22 „
91
21
1,34
49
77,89
„ 22,11 „
114
26
1,68
50
84,09
„ 15,91 „
122
28
1,79
51
87,57
„ 12,43 „
114
26
1,68
52
89,80
„ 10,20 „
100
23
1,47
Anmerkungen.
1) Zu Nr. 19 der Tabelle. – Messingsorten, welche von 67,26
bis 83,7 Proc. Zink enthielten, zerbrachen unter dem Drucke, ehe der Stahlkegel zur
vorgeschriebenen Tiefe eingedrungen war.
2) Zu Nr. 23. – Mischungen aus Kupfer und Zinn, welche von
65 bis herab zu 27 Proc. Zinn enthielten, zerbrachen bevor der Kegel tief genug
eingedrungen war.
3) Zu Nr. 38. – Antimon-Blei-Mischungen mit
75,7 – 71,4 – 55,5 Proc. Antimongehalt verhielten sich wie die unter
Anmerk. 1 und 2 benannten Legirungen.
Ich wende mich nun zu näherer Betrachtung des Inhalts der Tabelle und zu einigen aus
derselben zu ziehenden Folgerungen.
Was zunächst die Härte der einfachen Metalle betrifft, so wird im Allgemeinen durch
die Versuche Calvert's und Johnson's die gewöhnlich angenommene Reihenfolge der Metalle:
Eisen,
Platin,
Kupfer,
Silber,
Wismuth,
Gold,
Zink,
Zinn,
Blei
allerdings bestätigt; allein das Zink und das Wismuth nehmen wesentlich andere
Plätze ein. Das Zink ist nach der Härteprobe durch Ritzen
sogar noch höher als das feine Silber zu setzen. Vom Wismuth muß es überraschen, daß dasselbe die Behandlung mit dem Stahlkegel
aushielt ohne zu zerbrechen, während Antimon-Blei Legirungen, welche man
weniger spröde zu erachten geneigt seyn möchte, unter dem Drucke zerbrachen. Das Aluminium stellte ich nach der Ritzprobe ungefähr dem
feinen Silber an Härte gleich; damit stimmt das Resultat der englischen Beobachter
ziemlich überein.
Eine Härte-Scale verschiedener geschmeidiger Metalle habe ich bei früherer
Gelegenheit dadurch aufzustellen versucht, daß ich gleich dicke Drähte derselben
durch das nämliche Loch eines Drahtzieheisens zog und mittelst einer Federwaage den
dabei stattfindenden Widerstand maß, welcher (abgesehen von der Reibung, die
allerdings nicht geschätzt werden kann) wesentlich durch die Zusammendrückung und
Verschiebung entsteht, also der Härte zuzuschreiben ist. Ich wähle von den so
erhaltenen Resultaten in Betreff des Stahls, Eisens, Kupfers, Messings, Platins,
Silbers und Goldes diejenigen aus, welche sich auf ausgeglühte Drähte beziehen, da nur diese den natürlichen Härtegrad der
genannten Metalle repräsentiren; die Zahlen sind sämmtlich so reducirt, daß die
Härte (der Ziehungswiderstand) des Bleies als Einheit erscheint, – daneben stelle ich die
Resultate der englischen Beobachter, auf denselben Maaßstab bezogen:
Textabbildung Bd. 153, S. 419
Härtegrade; nach dem englischen
Versuchen; nach dem Widerstande beim Drahtzieben; Blei; Zinn; Gold; Zink;
Silber; Kupfer; Platin; Messing (gewöhnliches); Eisen; Stahl
Die Verhältnißzahlen, welche nach den beiden Methoden gefunden sind, weichen freilich
außerordentlich von einander ab; aber die Reihenfolge wenigstens ist
übereinstimmend, mit Ausnahme des Messings, welches nach
der einen Ermittelung vor, nach der andern hinter dem Eisen zu stehen kommt.
Die absolute Festigkeit der Metalle steht unzweifelhaft
mit deren Härte in einem natürlichen Zusammenhange; es
wird daher nicht uninteressant seyn, eine Vergleichung in Betreff dieser beiden
Eigenschaften anzustellen. Hierbei lege ich für die Festigkeiten jene Gewichte zu
Grunde, welche ein Draht von 1 Millimeter Dicke durchschnittlich zum Zerreißen erfordert, und nehme
diejenigen Metalle, welche das Glühen ertragen, im ausgeglühten Zustande an:
Textabbildung Bd. 153, S. 419
Festigkeit, deutsche Pfund; Härte
nach Calvert und Johnson; Blei; oder; Zinn; Cadmium; Zink; Silber; Aluminium;
Kupfer; Platin; Messing; Eisen; Stahl
Die Reihenfolge ist im Ganzen dieselbe für Härte und für Festigkeit, nur die wahre
Stellung von Gold und Zink erscheint zweifelhaft, und vom Aluminium kann man dasselbe in noch höherem Grade sagen. Die Verhältnißzahlen stimmen
freilich nicht überein; doch bieten mehrere derselben eine bemerkenswerthe
Gesetzmäßigkeit dar, welche sich am deutlichsten zu Tage legt, wenn man einerseits
die bei ihren Härteprüfungen erforderlich gefundenen Gewichte und andererseits die
Zahlen der absoluten Festigkeit neben einander stellt, und die ersteren durch die
letzteren dividirt, um das zwischen ihnen bestehende Verhältniß klar
auszudrücken:
Druck bei derHärteprobe.
Festigkeit.
Verhältniß.
Blei
68
3,1
22 : 1
Zinn
118
6,9
17 : 1
Cadmium
473
9,5
50 : 1
Gold
726
27
27 : 1
Zink
798
23,5
34 : 1
Silber
907
29
31 : 1
Aluminium
1179
18
65 : 1
Kupfer
1311
37
35 : 1
Platin
1633
44
37 : 1
Messing
2050
56
37 : 1
Eisen
4127
56,5
73 : 1
Stahl
4173
96
43 : 1
Die so nahe Uebereinstimmung, welche die Zahlen der letzten Spalte für Zink, Silber,
Kupfer, Platin und Messing darbieten, ist gewiß nicht zufällig, sondern documentirt
entschieden den innern Zusammenhang zwischen der Größe der absoluten Festigkeit und
dem Härtegrade. In wiefern die Abweichungen bei den übrigen Metallen auf
Ungenauigkeiten in den Versuchen oder auf wesentlichen Ursachen beruhen, muß
freilich für jetzt dahingestellt bleiben. Stahl und Gold schließen sich noch am
nächsten den genannten an.
Kehren wir nun wieder zu den oben tabellarisch aufgestellten Versuchsresultaten von
Calvert und Johnson
zurück, so zeigen dieselben:
1) Daß die Härte des Messings größer ist als die Härte eines jeden seiner
Bestandtheile, mit steigendem Zinkgehalte zunimmt, bis zum Doppelten der Härte des
reinen Kupfers sich erhebt, jedoch über 50 Procent Zinkgehalt hinaus mit bedeutender
Sprödigkeit vereinigt auftritt.
2) Daß von den Mischungen aus Kupfer und Zinn diejenigen, welche zwischen 25 und 67
Procent Zinn enthalten, sehr spröde sind; ein Zusatz von 1/9 bis 1/4 Kupfer zum Zinn
dessen Härte auf das Drei- bis Fünffache erhöht; die Mischungen mit sehr
überwiegendem Kupfergehalte aber zwei- bis dreimal so hart sind als reines
Kupfer; die größte Härte in Verbindung mit Festigkeit bei 84,3 Kupfer gegen 15,7
Zinn vorhanden ist, und von da mit abnehmendem Zinngehalt auch die Härte sinkt.
3) Daß zur Härtung des Kupfers das Zinn von weit ausgezeichneterer Wirksamkeit ist
als das Zink, da eine Legirung von 80 Kupfer mit 10 Zink und 10 Zinn sich um
reichlich 50 Proc. härter zeigt als eine Zusammensetzung aus 80 Kupfer und 20
Zink.
4) Daß die Mischungen aus Zinn und Zink sämmtlich härter als Zinn, aber weicher als
Zink sind, und zwar desto weicher, je kleiner der Zinkgehalt ist.
5) Daß das Blei durch Zusatz von Antimon seine Härte nahe aufs Zwölffache vermehren
kann, und zwar desto mehr, je größer dieser Zusatz ist; die Sprödigkeit des
Gemisches aber sehr bedeutend wird, wenn mehr als etwa 3 Theile Antimon mit 5
Theilen Blei verbunden sind, wobei die Härte ungefähr das Siebenfache von der Härte
des reinen Bleies ist.
6) Daß Mischungen von Zinn und Blei jedenfalls härter sind als reines Blei, jene aber
von mehr als 60 Procent Zinngehalt sogar etwas härter als reines Zinn.