Titel: | Anwendung des Stereoskops, um einen Druck von seinem Nachdruck, überhaupt ein Original von seiner Copie zu unterscheiden; von Prof. H. W. Dove in Berlin. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. CXVII., S. 452 |
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CXVII.
Anwendung des Stereoskops, um einen Druck von
seinem Nachdruck, überhaupt ein Original von seiner Copie zu unterscheiden; von Prof.
H. W. Dove in
Berlin.
Aus Poggendorff's
Annalen der Physik und Chemie, Bd. CVI
S. 657.
Dove, Anwendung des Stereoskops, um einen Druck von seinem
Nachdruck zu unterscheiden.
Ich habe nachgewiesen, daß nur bei binocularer Betrachtung durch ein
Kalkspathrhomboeder das eine Bild einer ebenen Zeichnung stark über das andere
gehoben erscheint, bei monocularer hingegen beide in einer Ebene liegen. Da der
Grund dieser Hebung in der verschiedenen Brechung des ordentlichen und
außerordentlichen Strahles zu suchen ist, so kam ich darauf, daß sich die
Erscheinung in Kalkspath stereoskopisch müsse wiedergeben lassen, wenn man die
Doppelbrechung durch einen doppelten Typendruck darstellt, die verschiedene Brechung
beider Strahlen durch eine Verschiebung der Doppelzeile gegen die erste Zeile. Die
sechs oberen Zeilen des unten S. 454 stehenden Abdrucks zeigen im Stereoskop
betrachtet in einer auffallenden Weise diese Erscheinung.
Die erhebliche Erhöhung, in welcher in diesem Druck die Zeilen im Stereoskop über
einander treten, bei einer verhältnißmäßig geringen Verschiebung der Zeilen gegen
einander in horizontaler Richtung, zeigt, daß hiedurch ein Mittel gegeben ist, die
Verschiedenheit nicht identischer Drucke auf eine auffallende Weise sichtbar zu
machen, denn es ist klar, daß wenn die Zwischenräume der einzelnen Worte nicht
absolut gleich sind, die bei Betrachtung mit bloßem Auge in einer Ebene liegenden
Worte treppenartig über
einander treten müssen. Die unterste Zeile beider Blätter ist aus derselben Schrift
gesetzt worden, ohne daß dem Seher gesagt wurde, daß eine Verschiedenheit
beabsichtigt werde, und dennoch treten, obgleich die Verschiedenheit der Entfernung
des zweiten und dritten Wortes mit bloßem Auge unmerklich, im Stereoskop alle drei
Worte treppenartig über einander, indem auf der ersten Tafel das erste Wort am
tiefsten, das zweite höher, das dritte das höchste wird. Während der wiederholte
Abdruck desselben Satzes daher alles in einer Ebene darstellt, wird jeder neue Satz
ähnliche Verschiedenheiten zeigen, auch wenn er aus derselben Druckerei
hervorgegangen ist und die größte Sorgfalt, eine Gleichheit zu erhalten, angewendet
worden ist. Ob also bei einer neuen Auflage nur der Titel neu, läßt sich leicht
beurtheilen. Was vom Druck gesagt ist, gilt natürlich von jeder Copie überhaupt. Bei
der Nachbildung von Papiergeld ist bisher das Criterium der Vergleichung Abweichung
in der Form gewesen; das hier gegebene Verfahren gibt eine viel schärfere Prüfung.
Legt man nämlich ein Werthpapier und seine Copie neben einander in das Stereoskop,
so wird eine für das bloße Auge nicht sichtbare Differenz in dem Abstande der Worte
sich sogleich auf die angegebene Weise durch ein Hervortreten aus der Ebene des
Papiers merklich machen. Durch dieses Verfahren ist also ein einfaches und scharfes
Mittel gegeben, eine Copie eines Druckes oder einer Zeichnung als solche zu
erkennen. Die Veröffentlichung des Verfahrens hat allerdings den Nachtheil, daß
denen, welche solche Copien anzufertigen beabsichtigen, zugleich die Mittel an die
Hand gegeben werden, durch das Stereoskop selbst zu prüfen, in wie fern sich die
Copie dem Original anschließt, aber die Schwierigkeit, diesem Hülfsmittel gegenüber
eine bis an Identität streifende Uebereinstimmung zu erhalten, ist so groß, daß es
eher als Abschreckungsmittel dienen kann, da die Hoffnung, eine Täuschung zu
erreichen, so sehr in die Ferne gerückt wird.
Was den Einfluß der Feuchtigkeit auf das Papier betrifft, so kann dieser ermittelt
werden, wenn man von zwei in das Stereoskop gelegten Drucken desselben Satzes einen
befeuchtet. Sollte hingegen bei demselben Satze zwischen verschiedenen Exemplaren
desselben durch ungleiches Trocknen eine Distanz entstanden seyn, so läßt sich durch
Befeuchtung beider diese abgleichen. Der Einfluß der Temperatur z.B. bei
Kupferplatten läßt sich auf ähnliche Weise erhalten, das Stereoskop übernimmt auf
diese Weise die Rolle eines Hygrometers und Thermometers.
Für den hier erläuterten Zweck gibt man dem Stereoskop entweder keinen Boden, um es
unmittelbar auf die zu vergleichenden Papiere zu stellen, oder man macht an der Stelle der
vier lothrechten dunkeln Ränder der Tafel in den Boden Einschnitte, um längere
Streifen der zu vergleichenden Schriften hindurch zu ziehen und auf diese Weise
verschiedene Stellen derselben nach einander zu vergleichen.
Legt man die beiden Drucktafeln gleichzeitig in ein gewöhnliches Wheatstone'sches Spiegelstereoskop, die eine auf die
linke Seite derselben, die andere auf die rechte, so sieht man gleichzeitig das
alternirende Hervortreten der Doppelzeilen, und zwar so, daß in dem einen der neben
einander stehenden Bilder die Zeilen die hervortretenden sind, welche in dem anderen
zurücktreten, doch erscheinen hier die Buchstaben als Typen. Wem diese zu lesen
Schwierigkeit macht, kann in das Wheatstone'sche
Spiegelstereoskop hineinsehen, mit dem von mit angegebenen Prismenstereoskop (mit
zwei Prismen). Um bei großen Platten zunächst ungleiche Stellen aufzufinden, muß man
dem Wheatstone'schen Spiegelstereoskop die Einrichtung
geben, daß man darin Platten von beliebiger Größe aufstellen kann, welches man
dadurch leicht erhält, daß die Spiegel nicht zwischen zwei Breter befestigt, sondern
nur auf einem aufgestellt werden und für die einzulegenden Blätter nur die untere
Rinne bleibt, während die obere wegfällt. Man kann zur Inversion der als Typen
erscheinenden Buchstaben mit einem solchen Stereoskop das Prismenstereoskop dann ein
für allemal verbinden. Handelt es sich darum, die Identität zweier Sätze derselben
Worte in Typen oder zweier Kupferplatten vor dem Abdruck zu prüfen, so wendet man
dieses Stereoskop unmittelbar auf die neben einander gelegten Platten an. Bei
Anwendung des Spiegelstereoskops ist es zweckmäßig, vorn zwei Vergrößerungsgläser
anzubringen. Wenn für den Physiker auf diese Weise ein Mittel gegeben ist, den
gleichen Abstand der Striche zweier Theilungen zu prüfen, so mag für die Anwendung
von Papiergeld noch angeführt werden, daß in einer gut nachgemachten falschen
Banknote die auffallendsten Unterschiede sogleich hervortreten. Es wird für den
Staat dann zweckmäßig seyn, wenn eine solche Note als falsch erkannt, die Ergebnisse
der stereoskopischen Analyse als untrüglichen Steckbrief zu veröffentlichen. Sind
verschiedene Platten bei der Anfertigung der ächten Papiere angewendet, so gelten
diese als verschiedene Originale. Die Identität der Abweichung entscheidet darüber,
sowie um eine Copie von den kleinen Ungleichheiten zu unterscheiden, welche die
verschiedene Ausdehnung des Papiers etwa hervorrufen kann.
Textabbildung Bd. 153, S. 454
Stereoskopische Darstellung eines;
durch einen Doppelspath binocular