Titel: | Die Quelle des Schwefelcalciums in der Knochenkohle; von Dr. H. Schwarz. |
Autor: | H. Schwarz |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. CXIX., S. 459 |
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CXIX.
Die Quelle des Schwefelcalciums in der
Knochenkohle; von Dr. H.
Schwarz.
Schwarz, über die Quelle des Schwefelcalciums in der
Knochenkohle.
Man nimmt im Allgemeinen an, daß das Auftreten von Gyps und (durch dessen Reduction
beim Glühen) von Schwefelcalcium in der Knochenkohle dem Schwefelsäuregehalte der
angewendeten Salzsäure zuzuschreiben sey. Man prüft zu diesem Ende die anzuwendende
rohe Säure mit einer verdünnten, titrirten Lösung von Chlorbaryum, von der man ein
abgemessenes Volumen nach dem andern zusetzt, indem man aufkocht und wiederholt
filtrirt, bis keine Trübung dadurch mehr eintritt. Man gibt sich zufrieden, wenn
diese Probe nur 1/4 Proc. Schwefelsäure anzeigt, und versucht auch wohl durch Zusatz
abgewogener Mengen von Chlorbaryum und Absetzenlassen die Schwefelsäure vollständig
zu entfernen.
Die Untersuchung einer rohen Salzsäure für eine Zuckerfabrik in Rußland führte mich
auf eine Verunreinigung, die bisher meistens übersehen worden ist, indessen für die
Kohle eben so nachtheilig als die Schwefelsäure werden muß. Ich hatte die Salzsäure
auf ihren Totalsäuregehalt acidimetrisch, auf den Salzsäuregehalt maaßanalytisch
nach Mohr's Methode untersucht, und wollte schließlich,
da dieselbe stark gelb gefärbt war, auch noch den Eisengehalt maaßanalytisch
ermitteln. Ich fügte daher zu 10 Kubikcentimetern derselben ein Stückchen
metallisches Zink, und wurde sehr überrascht, als ich durch den sehr penetranten
Geruch des entwickelten Gases und die rasche Bräunung des Bleipapiers auf die
Gegenwart von Schwefelwasserstoff hingeführt wurde. Mein erster Gedanke war, daß das
angewendete absolut eisenfreie Rohzink (dessen ich mich immer bei maaßanalytischen
Eisenbestimmungen bediene) schwefelhaltig sey, eine Annahme, die sich indessen
sofort als irrig erwies. In der rohen Salzsäure selbst war kein Schwefelwasserstoff,
fertig gebildet, vorhanden, und so blieb nur die Annahme übrig, daß hier die
bekannte Reduction der schwefligen Säure zu Schwefelwasserstoff durch Zink vorliege,
deren man sich, wie bekannt, zur Erkennung der schwefligen Säure bedient. Es ward
auch in der That schweflige Säure noch durch andere Reactionen nachgewiesen und in
der sehr verdünnten Lösung durch eine titrirte Jodlösung bestimmt.
Die mit Zink behandelte Flüssigkeit entfärbte sich rasch, und ich glaubte viel Eisen
vor mit zu haben, fand indessen nur eine verschwindend kleine Menge, nämlich
0,066–0,069 Procent. Natürlich mußte die Lösung vor der Behandlung mit
Chamäleon längere Zeit gekocht werden, um den Schwefelwasserstoff auszutreiben. Das Eisen war in der
Säure theilweise als Oxydul, theilweise aber, trotz der Gegenwart der schwefligen
Säure, als Oxyd enthalten, indem die verdünnte Lösung sowohl mit Ferridcyankalium,
als mit Ferrocyankalium sich bläute. Es bestätigte dieß eine Erfahrung bei der
Eisenbestimmung nach Margueritte, daß nämlich die
Reduction des Eisenoxyds durch schweflige Säure immer eine große Menge derselben in
Anspruch nimmt, um vollendet zu werden. Von dieser geringen Menge Eisenoxyd konnte
indessen die gelbe Färbung nicht abgeleitet werden. Es ist hier entschieden eine
Verbindung der starten Salzsäure mit organischer Substanz die Ursache, und es wurde
in dem Abdampfungsrückstande auch wirklich durch das Schwärzen beim Glühen die
Gegenwart organischer Substanz nachgewiesen. Nachdem durch Kochen mit Salpetersäure
das Eisenoxydul in Oxyd übergeführt war, wurde das Eisenoxyd durch die Fällung mit
Ammoniak ausgeschieden; das Filtrat, natürlich eisenfrei, zeigte eine schwach
bräunliche Farbe.
Um die Schwefelsäure zu bestimmen, mußte die mit Chlorbaryum und Chlorammonium
versetzte verdünnte Lösung' der Salzsäure längere Zeit gekocht werden, damit sich
nicht aus der schwefligen Säure durch Oxydation Schwefelsäure bilde.
Man erhielt so folgende Zahlen für die fragliche rohe Säure:
Salzsäure
28,32 Proc.
schweflige Säure
0,33 „
Schwefelsäure
0,22 „
Eisenoxyd (und Eisenoxydul auf Oxyd berechnet)
0,067 „
organische Substanz.
Die erhaltene Menge schwefliger Säure ist größer als die der Schwefelsäure, die das
zulässige Maaß nicht übersteigt. Bedenkt man nunmehr, daß dieselbe bei der
vollständigen Sättigung der angewendeten Salzsäure durch den Kalkgehalt der
Knochenkohlen, in Verbindung mit Kalk, als unlöslicher schwefligsaurer Kalk sich in
der Kohle niederschlagen wird, so sieht man ein, welchen Nachtheil dieser bisher
übersehene Gehalt der Kohle bringen kann.
Während Gyps doch in circa 400 Theilen Wasser löslich
ist, und daher bei reichlichem Waschen mit Wasser der Kohle wieder, wenigstens
theilweise, entzogen werden kann, muß der schwefligsaure Kalk in der Kohle bleiben,
und wird dann beim Glühen gewiß auf das Leichteste zu Schwefelcalcium reducirt.
Aus diesen Gründen scheint es nothwendig, in Zukunft die käufliche Salzsäure neben
der Untersuchung auf Schwefelsäure auch auf schweflige Säure zu prüfen, was nach
einer starken Verdünnung am einfachsten durch Zusatz von dünnem Stärkekleister und einer Auflösung
von Jod in Jodkalium geschehen kann. Ist schweflige Säure vorhanden, so kann man
längere Zeit Jodlösung zusetzen, ehe eine bleibende Bläuung eintritt.
Breslau, 17. September 1859.