Titel: | Vorrichtungen zum Löschen des Feuers in Fabrikgebäuden, besonders in Baumwollspinnereien. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. IV., S. 9 |
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IV.
Vorrichtungen zum Löschen des Feuers in
Fabrikgebäuden, besonders in Baumwollspinnereien.
Aus dem Notizblatt zu Förster's Bauzeitung, IV Nr.
18.
Mit Abbildungen aus Tab.
I.
Vorrichtungen zum Löschen des Feuers in Fabrikgebäuden.
In der neuesten Zeit haben sich so viele und meistentheils umfangreiche Brände in
Fabriken ereignet, daß es gewiß im Interesse der Besitzer solcher Etablissements
liegt, Vorkehrungen gegen die größere Ausdehnung eines entstehenden Brandes von
vornherein zu treffen.
In wie weit die Benutzung des Wasserdampfes von höherer Spannung zur Dämpfung eines
ausgebrochenen Feuers passend erachtet wird, geht aus nachstehenden Mittheilungen
hervor, welche auch – namentlich für Baumwollspinnereien und Zuckerfabriken
– einige sehr ernste Winke und höchst nützliche Anweisungen enthalten.
I. Vorschlag zur Verminderung der Feuersgefahren in den
Baumwollspinnereien. In den einzelnen Abtheilungen der
Baumwollspinnfabriken kann bei zweckmäßiger Einrichtung der Beleuchtungs- und
Beheizungsapparate, dann bei ununterbrochener sorgfältiger Ueberwachung aller
Localitäten und der Arbeiter, selbst die Entstehung eines Feuers mit Verläßlichkeit
hintangehalten werden; nur in den Schlagmaschinenräumen ist solches trotz aller
menschlichen Vorsicht nicht immer möglich, weil in der rohen Baumwolle, welche zum
Behufe ihrer Reinigung mit einer sehr großen Geschwindigkeit zwischen dem Roste und
den Schlagschienen hindurch getrieben wird, zuweilen kleine Kieselsteine vorkommen,
die durch die heftige Reibung Funken geben, welche die Baumwolle entzünden, daher
die Schlagmaschinenräume mit Grund als die feuergefährlichsten Bestandtheile einer
Spinnfabrik angesehen werden müssen.
Das in einem Schlagmaschinenraume entstandene Feuer ist aus dem Grunde sehr
gefährlich, weil unmittelbar an dieses Local gewöhnlich die Baumwollsortirräume mit größeren
Quantitäten roher Baumwolle anstoßen, und dann weil die Schlagmaschinen jederzeit in
dem untersten Geschosse der Fabrikgebäude aufgestellt werden, von wo aus die
Fortpflanzung des Brandes in die oberen Stockwerke sehr rasch erfolgt. Da nun die
Entzündung der Baumwolle in den Schlagmaschinen trotz aller erdenklichen Vorsicht
nicht sicher verhütet werden kann, so muß man wenigstens trachten, solche
Vorkehrungen zu treffen, durch welche die entzündete Baumwolle möglichst schnell
gelöscht wird, und wenn solches nicht gelingen sollte, daß das Feuer auf das
Schlagmaschinenlocal beschränkt und das Umsichgreifen des Brandes unmöglich gemacht
werde.
Das Löschen der in den Schlagmaschinen entzündeten Baumwolle erfolgt erfahrungsgemäß
am schnellsten und wirksamsten dadurch, daß unverzüglich mittelst Handkannen das
Wasser in jene Abtheilung der Maschine gegossen wird, woselbst die Entzündung
entstand, und dann dadurch, daß die ganze Maschine mit nassen wollenen Decken oder
Kotzen luftdicht abgeschlossen wird. Zur Vornahme dieses ersten Löschungsversuches
ist es unbedingt nothwendig, daß in dem Locale des Schlagmaschinenraums an mehreren
Punkten Wasserbottiche mit Kannen und Decken fortwährend in Bereitschaft stehen, und
daß man jederzeit einen ergiebigen Wasserzufluß in die Bottiche unterhält.
Wenn aber das Feuer in einem Schlagmaschinenraume bereits so weit um sich gegriffen
hat, daß ein Löschen mit Handeimern, so wie der längere Aufenthalt für Menschen in
dem Locale unmöglich wird, dann muß man die Abgränzung des Brandes auf dieses eine
Local, so wie die möglichst schleunige Dämpfung desselben durch Einwirkung von Außen
zu bewerkstelligen suchen, und es dürften zur vollständigen Erreichung dieses
Zweckes die nachstehenden Anlagen und Vorrichtungen als höchst zweckmäßig und
unerläßlich für jedes Etablissement anzuempfehlen seyn.
1) Da das Feuer jederzeit am Intensivsten nach oben wirkt, daher mittelst der
hölzernen Decken (Sturz- oder Dippelböden) sich sehr schnell in die oberen
Geschosse verbreitet und bei der großen Quantität von Brennstoffmaterialien daselbst
so rasch um sich greift, daß es alsdann mit den stärksten Feuerspritzen nicht mehr
bewältigt werden kann, so ist es unbedingt nothwendig, daß ein jedes
Schlagmaschinenlocal eine vollkommen feuersichere Decke erhalte. Weil nun in den
bereits bestehenden Fabriksgebäuden die Schlagmaschinenlocalitäten meistens nur eine
so geringe Höhe haben als es die darin aufgestellten Maschinen bedingen, so können
die gewöhnlichen Einwölbungen mit Gurten, Tonnen oder Platzeln theils wegen
unzureichender Raumhöhe, theils auch wegen zu geringer Stärke der Mauern nicht
angebracht werden.
In solchen niedrigen Schlagmaschinenlocalitäten können die in neuester Zeit
erfundenen flachen Hohlziegelgewölbe, welche von eisernen Rippen getragen werden,
als vollkommen feuersichere Decken jederzeit mit großem Vortheile angewendet werden.
Diese Gewölbedecken bestehen bekanntlich aus eisernen Trägern, welche nach der
Breite des Schlagmaschinenlocales alle 3–6 Fuß weit von einander entfernt
eingezogen werden und 9–12 Zoll auf den Mauern aufliegen.
Wenn die lichte Breite des Schlagmaschinenlocales über 22 Fuß beträgt, und wenn auf
den Gewölbedecken in den oberen Stockwerken schwere Maschinen mit einer rüttelnden
Bewegung aufgestellt werden sollen, so sind, um die eisernen Träger nicht allzustark
machen zu müssen, die letzteren durch zwei Reihen gußeiserner hohler Säulen zu
unterstützen.
Die Räume zwischen den vorerwähnten eisernen Trägern werden mit 9 Zoll langen, 4 1/2
Zoll breiten, 2 1/2 Zoll dicken Hohlziegeln so flach eingewölbt, daß der Pfeil des
Bogens nur 2 1/2 – 5 Zoll beträgt. Diese horizontalen feuersicheren
Gewölbedecken erheischen nur eine Gesammthöhe von 9–10 1/2 Zoll und wurden in
neuerer Zeit wegen ihrer großen Zweckmäßigkeit bei den neuerbauten Gebäuden der
Donaudampfschifffahrt, der Nationalbank und der Creditanstalt in Wien sogar in den
oberen Stockwerken, mitunter in großer Ausdehnung angewendet. Nach den in Wien
erhobenen Material- und Arbeitspreisen kommt die Herstellung solcher
feuersicheren Gewölbebecken sammt den eisernen Trägern auf beiläufig 26 fl. öster.
Währ. pro Quadratklafter Grundfläche (14 Sgr. 4 Pf. pro preuß. Quadratfuß, 11 Ngr. 6 Pf. pro sächs. Quadratfuß) zu stehen. Ueber den
Gewölbedecken werden dann nach der Richtung der eisernen Träger Polsterhölzer gelegt
und auf diese der Fußboden des nächsten Stockwerkes aufgenagelt.
2) Alle Thür- und Fensteröffnungen in dem Schlagmaschinenlocale müssen ferner
mit Thüren und Fensterläden (Fensterbalken) von starkem Eisenblech versehen seyn,
damit durch die Schließung derselben der Brand in dem Locale auch in horizontaler
Richtung abgesperrt und zu demselben jede stärkere Luftzuströmung abgeschnitten
werden kann.
Wenn das Baumwollsortirdepot mit dem Schlagmaschinenlocale mittelst einer weiten
Oeffnung in unmittelbarer Verbindung steht, so wäre vor der letzteren ein Vorhang
von dichtem Eisendrahtgitter anzubringen, welcher für gewöhnlich auf einer eisernen
Walze aufgerollt hängt und gleich bei der Entstehung des Feuers herabgelassen wird,
um das Baumwolldepot vom Schlagmaschinenraume feuersicher abzuschließen.
3) Da wo die Spinnfabrik mit Wasserkraft in Betrieb gesetzt wird und der
Wasserspiegel im Obercanale um mehrere Fuß höher als das Schlagmaschinenlocal liegt, wäre
vom Obercanale ein 4–6 Zoll weites Rohr in den Schlagmaschinenraum zu leiten
und im letzteren mit einer horizontalen Röhre nach der Länge desselben zu verbinden,
aus welchen Röhren dann die im Schlagmaschinenraume befindlichen eingangs erwähnten
Bottiche mit Wasser reichlich versehen werden können. Sobald jedoch das im
Schlagmaschinenraum entstandene Feuer so sehr um sich gegriffen haben sollte, daß
die Menschen das Local verlassen müssen, werden alle Hähne der Röhren geöffnet,
worauf das Wasser in drei und mehr Zoll dicken Strahlen in das Schlagmaschinenlocal
reichlich ausströmen und letzteres in kurzer Zeit mehrere Fuß hoch anfüllen wird;
nur muß der Staucanal zum wasserdichten Abschlusse von Außen vorgerichtet werden. In
Folge der Anfüllung des Schlagmaschinenraumes mit Wasser wird der hölzerne Fußboden
und die auf demselben allenfalls liegende Baumwolle, endlich der untere Theil der
Maschinen vom Feuer nicht mehr ergriffen, so daß der Brand nur auf sehr wenige
feuerfangende Bestandtheile beschränkt bleibt, mithin auch keine gefahrdrohende
Intensität erlangen kann.
Die Art und Weise, wie die besagten Wasserzuleitungsröhren in den
Schlagmaschinenräumen einer großen österreichischen, rühmlichst bekannten
Spinnfabrik angebracht worden sind, ist in Fig. 23–25 ersichtlich
gemacht.
4) Die neuesten in England gemachten Versuche haben gelehrt, daß ein in einem
geschlossenen Locale entstandener Brand durch eingelassene Wasserdämpfe von einer
höheren Spannung rasch gelöscht wird, und zwar aus dem Grunde, weil der Dampf bei
der Einströmung in das Local die atmosphärische Luft aus demselben herausdrängt,
worauf das Feuer wegen Mangel des zum Brennen nöthigen Sauerstoffs erlöschen
muß.
In jenen Baumwollspinnereien, welche von einer Dampfmaschine in Betrieb gesetzt
werden, oder auch in solchen, welche Dampfheizungen besitzen, erscheint es also sehr
räthlich, vom Dampfkessel eine eigene, mit einem Hahne verschließbare Röhre bis in
das Schlagmaschinenlocal zu führen, durch welche bei der Entstehung eines mit
Handgießkannen nicht mehr zu löschenden Feuers mittelst Oeffnung des Hahns die
heißen Dämpfe in den Schlagmaschinenraum eingeleitet werden, welche im Verein mit
den zuvor in Antrag gebrachten Abschließungs- und Löschvorrichtungen sicher
eine schleunige Dämpfung des Brandes bewirken werden.
II. In einer großen Baumwollspinnerei und Weberei in
Hannover ist folgende Einrichtung gemacht worden. Durch Erfahrungen in dem
eigenen Etablissement war man zu der Ueberzeugung gekommen, daß der mit starkem
Druck in den Dampfkesseln stets vorhandene Wasserdampf besser als Wasser geeignet
ist, das in einem Raume ausgebrochene Feuer zu löschen; denn das Unterwassersetzen klingt nur schön und
nützt nichts, da es unmöglich ist, einen bestimmten Raum, der sich im Feuer
befindet, mit Wasser anzufüllen, während dieß bei Wasserdampf der Fall ist.
Die sonstige Feuerlöscheinrichtung besteht in:
1) Einer transportabeln englischen Druckspritze zu 16 Mann Bedienung, die bis aus
Dach trägt.
2) In Dampfspritzen, welche durch besondere Miniatur-Hochdruckmaschinen
bedient werden, wenn die eigentlichen Betriebsdampfmaschinen stehen, und die einen
Wasserstrahl werfen, mit welchem man das Dach des vierstöckigen Spinnereigebäudes
bestreichen kann. Für den Fall, daß die Betriebsmaschinen arbeiten, werden diese
Spritzen durch die mit ersteren zusammenhängende Druckspritze getrieben. Die dafür
bestimmten Schläuche können durch Tragseile nach jedem einzelnen Fenster der
verschiedenen Etagen hinaufgezogen werden und haben eine Gesammtlänge von 500 Fuß
englisch.
3) In einer Wasserleitung, vermöge welcher die Säle der Spinnerei sofort unter Wasser
gesetzt werden können, und welche folgendermaßen eingerichtet ist. Von dem zum
Condensiren der Dämpfe durch die Dampfmaschinen gepumpten Wasser wird ein
entsprechendes Quantum vermittelst einer Druckpumpe auf den Boden des
Spinnereigebäudes gehoben, woselbst an geeigneten Stellen möglichst nahe an den
Außenwänden eiserne Reservoirs sind, die durch Röhren mit einander verbunden werden,
so daß der Wasserstand stets in allen gleich ist; vom Boden derselben gehen wieder
Röhren abwärts, welche sämmtliche Stockwerke (Arbeitssäle) durchschneiden und auf
dem Fußboden des Erdgeschosses endigen. In den Arbeitssälen sind an diesen
Fallröhren in bequemer Höhe Spritzenschläuche angebracht, durch welche das Wasser
nach jedem beliebigen Punkte des betreffenden Saales geleitet werden kann. Die
zuströmende Wassermenge ist so groß, daß, selbst wenn alle in den Sälen befindlichen
Abschlußhähne geöffnet sind, das Niveau des Wassers in den Reservoirs nicht
sinkt.
Dieses sind diejenigen Löscheinrichtungen, welche ursprünglich für das Etablissement
geschaffen wurden; die Erfahrung hat jedoch gelehrt, daß Umstände eintreten können,
welche alle diese an und für sich trefflichen Vorrichtungen als unzureichend
erscheinen lassen. Der Qualm in einem vom Feuer ergriffenen Raum gestattet z.B.
nicht, daß sich Menschen behufs des Löschungsgeschäfts dauernd darin aufhalten, oder
es wird durch das Feuer selbst die Communication mit dem einen oder dem anderen
Punkte der Gebäude abgeschnitten und dadurch das Löschungswerk unmöglich gemacht. Um
solchen Eventualitäten wirksam vorzubeugen, ist daher die Einrichtung getroffen, daß durch
acht an den Dampfheizungsröhren angebrachte Hähne von 1/2 Zoll engl. Oeffnung die
Wasserdämpfe unter Einwirkung des Dampfes von 3 Atmosphären Ueberdruck ausströmen
können und das Feuer durch ihren feuchten Niederschlag, sowie durch Abschneiden der
atmosphärischen Luft, ersticken. Die Hähne sind so angebracht, daß sie von Außen her
entweder durch die Thüren oder durch die Fenster sich mit Leichtigkeit öffnen
lassen.
III. Die Einrichtung zum Löschen des Feuers in einer großen
Zuckerfabrik in Preußen, welche auch bei Baumwollspinnereien und anderen
Fabriken angewendet werden kann, ist aus Fig. 26 zu ersehen.
Der Löschapparat besteht aus einer außerhalb des Gebäudes angebrachten Dampfleitung
nach den verschiedenen Räumen, welche man bei eintretender Gefahr nach Belieben
unter Dampf setzen will, um das Feuer durch Verdrängung der atmosphärischen Luft und
anhaltende Zuführung des Dampfes zu ersticken.
In Fig. 26,
der Skizze, ist I das 4 Zoll weite Hauptrohr aus dem Dampfkesselhause, welches den
Dampf aus acht combinirten Kesseln zuführt. II ist das Dampfabsperrventil, das, von
außerhalb mittelst eines Kreuzgriffs V versehen, geöffnet und geschlossen werden
kann, um den Dampf nach dem Hauptrohre einzulassen; III sind die 2 1/2 Zoll weiten
Leitungsröhren, welche den Dampf aus dem Hauptrohr I nach jedem Raume (Remise oder
Boden) führen, und von denen jede mit einem Absperrventil versehen ist; IV sind die
Oeffnungen der Röhren in jedem Raume, aus welchen der Dampf ausströmt.
Bei einer Gefahr ist der Dampf zuvörderst in den Raum zu leiten, wo das Feuer
ausgebrochen ist, und demnächst in die angränzenden darüber oder darunter
befindlichen Räume. Für eine gute Heizung der Kessel muß gesorgt seyn, auch müssen
die Thüren und Fenster, wohin der Dampf geleitet wird, nach Möglichkeit geschlossen
werden.
Außer den gewöhnlichen in der Fabrik angebrachten Sicherungsmaaßregeln gegen
Feuersgefahr, als Dampfmaschinenspritzen, Wasserleitungen, Wasserreservoirs auf
allen Böden etc., hat man in neuester Zeit auch eine Feuerwehr, vorläufig aus 12
Mann bestehend, nach Art der allbekannten neuesten Berliner Feuerwehr organisirt,
welche in der Folge durch Ausbildung neuer Kräfte erweitert werden wird.