Titel: | Vergleichende Resultate mit den Schiffen Sahel und Oasis, von denen ersteres mit einer Du Trembley'schen Aethermaschine und letzteres mit gewöhnlichen Expansionsdampfmaschinen versehen ist; von J. M. Jameson. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XXXVI., S. 168 |
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XXXVI.
Vergleichende Resultate mit den Schiffen Sahel
und Oasis, von denen ersteres mit einer Du Trembley'schen Aethermaschine und letzteres
mit gewöhnlichen Expansionsdampfmaschinen versehen ist; von J. M. Jameson.
Aus dem London Journal of arts, März 1859, durch
das polytechnische
Centralblatt, 1859 S. 705.
Resultate mit den Aether- und Dampfmaschinen auf den
Schiffen Sahel und Oasis.
Das Princip der Du Trembley'schen MaschineMan vergl. polytechn. Journal Bd. XCIX S.
479, Bd. CXI S. 256, Bd. CXXXI S. 407 und Bd. CXXXIV S. 161. beruht auf der physikalischen Thatsache, daß eine Flüssigkeit, welche bei
einer höheren Temperatur zum Kochen kommt, z.B. Wasser, durch Umhüllung mit einer
Flüssigkeit, deren Siedepunkt bei einer niedrigeren Temperatur liegt, wie Aether, condensirt
werden kann. Die Condensation des einen Dampfes gibt somit das Mittel an die Hand,
aus der zweiten Flüssigkeit Dampf zu bilden und der bei der Condensation
ausgegebenen Wärme einen nützlichen Effect abzugewinnen. Die Du Trembley'sche Maschine gleicht bis zu einem gewissen Grade einer
gewöhnlichen Dampfmaschine mit Oberflächencondensation; nur ist die Oberfläche des
sogenannten Verdampfers, der zugleich der Dampfcondensator ist, von Aether, anstatt
von Wasser, umgeben. Die bei der Condensation des Wasserdampfes sich entwickelnde
Wärme erzeugt Aetherdampf. Dieser Dampf sammelt sich in dem oberen Theile des
Verdampfers an und strömt nach einem Cylinder, in welchem er eben so arbeitet wie
der Wasserdampf in einem gewöhnlichen Dampfcylinder. Von hier geht er nach einem
anderen Oberflächencondensator, in welchem er durch kaltes Wasser condensirt wird,
wird dann einer Luftpumpe zugeführt, in welcher die eingemengte Luft von dem Aether
abgesondert wird, und kehrt endlich nach dem Verdampfer zurück, in welchem er sich
wieder in Dampf verwandelt.
In einem Dampfboot, das mit solchen Maschinen versehen ist, wird die eine Maschine
mit Wasserdampf und die andere mit Aetherdampf getrieben. Die Verdampfer und
Condensatoren bestehen aus einer Anzahl elliptischer Kupferröhren, deren Enden in
messingene Röhrenplatten eingegossen sind. Diese Röhren sind in der Regel 5 Fuß
lang, 1/25 Zoll dick und im Querschnitt 1 Zoll nach der langen Achse, 1/4 Zoll nach
der kurzen Achse weit; überdieß sollen sie wo möglich nicht geschweißt seyn. Gruppen
von solchen Röhren werden in geeigneter Weise unter einander verbunden und in
verticaler Richtung in einem gußeisernen Gehäuse aufgestellt, in welches der
abblasende Dampf so eingeführt wird, daß er die Röhren ringsum von Außen umgibt. In
den Röhren selbst befindet sich der zu verdampfende Aether, welcher, nachdem er sich
in Dampf umgewandelt hat, sich oberhalb der Röhrenplatte ansammelt, ohne mit dem
umgebenden Wasserdampf sich mischen zu können. Aehnlich ist auch der Condensator
eingerichtet; nur haben die Röhren hier eine horizontale Lage und sind in der Mitte
schwach nach oben gebogen, damit der nach der Condensation erhaltene flüssige Aether
leichter austreten kann.
Jameson beginnt mit den Versuchen, welche Rennie im Jahre 1853 am Bord des Schiffes „Du
Trembley“ angestellt hat, und welche Veranlassung gaben, daß zwei
neue Schiffe der Compagnie de Navigation mixte
„Frankreich“ und „Brasilien“ mit
Aetherdampfmaschinen von 300 Pferdekräften versehen wurden. Diese Schiffe
verrichteten während des Krimkriegs 18 Monate hindurch ununterbrochen den Dienst
zwischen Marseille und Kamiesh, und erhielten von den Ingenieuren Meissonier
und Gouin ein so günstiges Zeugniß, daß noch sieben neue
Schiffe nach demselben System bestellt wurden. Zuletzt aber, nachdem das Schiff
„Frankreich“ im Hafen von Bahia abgebrannt war und auf der
brasilianischen Linie sich Mangel an Dampfern herausgestellt hatte, war das System
nur noch bei drei Schiffen auf der afrikanischen Linie angewendet. Diese Schiffe
waren „Sahel,“
„Zouave“ und „Kabyle,“ von 825 Tonnen und
180 Nominalpferdekräften. Fast um dieselbe Zeit gab die französisch, amerikanische
Gesellschaft, nachdem sie einige unvollständige und ungünstige Versuche mit
Aethermaschinen auf den Schiffen „Jacquard“ und
„François Arago“ gemacht hatte, das System auf.
Diese beiden Maschinen wurden so eingerichtet, daß sie mit Wasserdampf allein
arbeiteten, und der Röhrenapparat zur Oberflächencondensation benutzt. Man will
dadurch so günstige Resultate erzielt haben, daß die Beseitigung des Aethers
vollständig wieder aufgewogen wurde.
Durch alle diese Umstände veranlaßt, beauftragten die beiden Gesellschaften Hrn.
Moreau, er solle durch
Versuche ermitteln, welches von beiden Systemen ökonomisch vortheilhafter sey.
Derselbe bemühte sich nachzuweisen, daß zwar bei der Aethermaschine mit einem
stündlichen Kohlenverbrauch von 880 Pfd. gewöhnlicher Cardiffkohle und einem
stündlichen Aufwand an Aether von 2,16 Pinten eine Leistung von 439,6 Pferdekräften
(2 Pfund Kohlen pro stündliche Pferdekraft) erreicht
werde, daß aber mit gleich großen Maschinen und bei gleicher Dampfspannung dasselbe
Resultat erzielt werden könne, wenn man mit starker Expansion arbeite und
Oberflächencondensation anwende. Spätere Versuche bestätigten Moreau's Resultate hinsichtlich des
Brennmaterialaufwands; man bestritt aber die Richtigkeit seiner Schlußfolgerungen
und Berechnungen. Trotzdem beschlossen die Directoren der Compagnie de Navigation mixte, daß der von Moreau gemachte Vorschlag an zwei Schiffen der afrikanischen Linie, der
„Oasis“ und dem „Marabout“ zur
Ausführung gebracht werden solle. Hierauf stützen sich die nachfolgenden
Vergleiche:
Die Maschinen und Kessel der beiden Schiffe „Sahel“ und
„Oasis“ waren gleich, eben so auch ihre Bauart; nur hatten
die Kessel des letzteren Schiffes gegen ein Drittel mehr Heizfläche. Die Reisen,
deren zwölf in eilf Monaten gemacht wurden, verhielten sich in jeder Beziehung
gleich und betrugen für jedes Schiff 14,000 Seemeilen. Während der Versuche wurde
die durchschnittliche Leistung beim „Sahel“ zu 405
Pferdekräften und bei der „Oasis“ und dem
„Marabout“ zu 273 Pferdekräften gefunden. Der
Kohlenverbrauch belief sich beim „Sahel“ auf 3,1 Pfd., bei der
„Oasis“ auf 7,5 Pfd. und beim
„Marabout“ auf 6,75 Pfd., im Durchschnitt also bei den
beiden letzteren auf 6,12 Pfd. pro stündliche Pferdekraft. Dieser
Kohlenverbrauch wurde auf die Weise bestimmt, daß man allen Kohlenaufwand am Bord,
auch den zu anderen Zwecken, durch die Stundenzahl, während welcher das Schiff
unterwegs war, und die Zahl der Pferdekräfte dividirte. Obschon hoch, überschreitet
er doch nicht den Aufwand der mit direct wirkenden Maschinen gleicher Stärke
versehenen Schiffe, die aus Marseille auslaufen. Den besten Erfolg gab das derselben
Gesellschaft gehörende Schiff „Avenir,“ bei welchem der
Kohlenverbrauch pro stündliche Pferdekraft 5,4 Pfd.
betrug, und dieß stimmt wieder mit den zwischen Kingstown und Holyhead gehenden
Postschiffen „Scotia,“
„Anglia“ und „Cambria“ überein, bei denen
der Kohlenverbrauch zu 5,3 Pfd. pro stündliche
Pferdekraft gefunden wurde. Beim „Admiral,“ der mit
zweicylindrigen Maschinen versehen ist, fand Prof. Rankine 2,95 Pfd., also beinahe 50 Proc. mehr
als Moreau beim „Kabyle“ gefunden
hatte. „Algesiras,“ ein französisches Schiff von 2414
Pferdekräften, verbrauchte mit Volldruck 3,74 Pfd. und mit 1/3 Füllung 3,6 Pfd. Jameson setzt den durchschnittlichen Kohlenverbrauch bei
Schiffsmaschinen 6 Pfd.; wenige arbeiten mit 5 Pfund und keine unter 4 1/2 Pfund,
wenn man den Durchschnitt aus dem jährlichen Gesammtverbrauch nimmt.
Die vergleichenden Versuche mit den Schiffen „Sahel“ und
„Oasis“ geben die folgenden Resultate zu Gunsten der
Aethermaschinen: 1) Raumgewinn für 50 Tonnen Schiffsladung, also 1/6; 2)
Brennmaterialersparniß im Betrage von 40 Proc.; 3) Vermehrung der
Schiffsgeschwindigkeit um 1/9. Dagegen sind die Nachtheile der Aethermaschine
folgende: Höhere Anlagekosten, die Schwierigkeit der Aethercondensation bei sehr
heißem Wetter, die zeitweiligen Verluste durch Lecke in dem Verdampfer und der
Verbrauch an Aether, sowie die mit dessen Anwendung verbundene Gefahr. Die
Anlagekosten des „Sahel“ überstiegen die eines mit gewöhnlichen
Maschinen versehenen Schiffes um ungefähr 4000 Pfd. St. Dieses Schiff kann aber auf
der afrikanischen Linie jährlich 20–24 Reisen machen, also 20,000 bis 24,000
Meilen durchlaufen, wobei im Vergleich zur „Oasis“ 1000 Tonnen
Kohlen im Werthbetrage von 1600 Pfd. St. erspart werden. Werden hiervon 409 Pfd. St.
für Aetherverbrauch und 400 Pfd. St. an Zinsen der Capitaldifferenz abgezogen, so
bleibt eine Ersparniß von 791 Pfd. St. übrig, zu der nun wieder der Vortheil des
vergrößerten Schiffsraums mit wenigstens 700 Pfd. St. zu rechnen ist. Hieraus ergibt
sich ein Gesammtgewinn von 1491 Pfd. St. zu Gunsten der Aethermaschine.
Unfälle sind während der fünfjährigen Versuchsperiode nur drei vorgekommen. Der erste
fand am Bord des Schiffes „Frankreich“ statt, als dasselbe im
Hafen von Messina lag, und wurde dadurch veranlaßt, daß ein Arbeiter auf ein im
mangelhaften Zustande befindliches Kupferrohr, das unter dem in das Schiff
eingedrungene Wasser lag und daher nicht sichtbar war, getreten war und dasselbe
zerbrochen hatte. Der aus diesem Raume austretende Aether sammelte sich im
Maschinenraume an und wurde zufällig entzündet, worauf eine große Flamme entstand,
die aber auch wenige Secunden nachher wieder von selbst verlöschte, ohne eine Spur
des Feuers zu hinterlassen. Der zweite Unfall, bei welchem ein Mann sein Leben
verlor, betraf das Schiff „Brasilien“ im Trockendock von
Marseille. Ein Arbeiter war gegen ausdrücklichen Befehl mit einem offenen Lichte in
den Maschinenraum gegangen und hatte dadurch die Aetherdämpfe, die aus dem zufällig
zum Behufe der Reinigung geöffneten Verdampfer ausströmten, entzündet. Der dritte
Unfall endlich war der ernsteste und hat der Verbreitung des Systems erheblich
geschadet; dieß war der Brand des Schiffes „Frankreich“ im
Hafen von Bahia. Derselbe entstand beim Ausladen einer Anzahl nicht zur
Schiffsprovision gehörender Aethergefäße während der Nachtzeit. Eines dieser Gefäße
zerbrach und der auslaufende Aether entzündete sich an einer der Laternen, die zur
Erleuchtung des Schiffsraums dienten. Alle diese Unglücksfälle kamen also vor,
während Kessel und Maschinen nicht im Betriebe waren und die Schiffe im Hafen lagen;
niemals aber, während sie in See waren. Uebrigens wurde auch von den
Versicherungsgesellschaften vor dem Brande des Schiffes
„Frankreich“ keine Extraprämie für die Aethermaschine
gefordert.