Titel: | Ueber die Reinigungsweisen des Rohparaffins; von C. G. Müller, Fabrikdirector in Schöberitz. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XLVIII., S. 228 |
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XLVIII.
Ueber die Reinigungsweisen des Rohparaffins; von
C. G. Müller,
Fabrikdirector in Schöberitz.
Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1859 S.
1170.
Müller, über die Reinigungsweisen des Rohparaffins.
Verschiedenartig gemachte Erfahrungen, zum großen Theile wohl bedingt durch die
abweichenden Verhältnisse, unter denen die einzelnen Fabriken arbeiten, haben
mehrere unter sich abweichende Reinigungsmethoden des Paraffins ins Leben gerufen,
deren Zusammenstellung und eingehende einzelne Besprechung wohl um so mehr nicht
ohne Interesse seyn dürfte, als die bis jetzt darüber bekannt gegebenen Notizen sich
in den verschiedensten technischen Fachschriften zerstreut finden, die
Veröffentlichungen selbst aber sehr mangelhafter, meist nur andeutungsweiser Natur
sind. Möge es mir daher gestattet seyn, die einzelnen Verfahrungsarten durchzugehen
und näher zu betrachten.
Das Rohproduct der Paraffinfabrication, mit dessen Verarbeitung erst die eigentliche
Paraffindarstellung beginnt, ist die sogenannte rohe Paraffinbutter, d.h. derjenige
Theil des Destillats aus dem Theer, welcher vermöge seines Paraffingehalts in der
Kälte zu einer butterartigen Masse erstarrt.
Schon die nächste Behandlung dieser Paraffinbutter wird in sofern verschieden
gehandhabt, als einige Fabrikanten dieselbe ohne Weiteres in einen kühlen Raum
(Keller) zur Krystallisation bringen, andere aber dieselbe zunächst mit Aetzlauge
und Schwefelsäure behandeln und sie dann erst nochmals destilliren oder auch mit
Umgehung dieser letzteren Manipulation zur Krystallisation der Ruhe überlassen. Die
erstere Methode möchte zwar einfacher und minder kostspielig erscheinen, sie hat
aber zunächst den Nachtheil, daß dem Paraffin ein großer Theil seines Lösungsmittels,
des schweren Oels, gelassen wird, in Folge dessen das Auskrystallisiren des
Paraffins im geringeren Maaße erfolgt; bei einer Verwendung des von dem Paraffin
getrennten Oels muß natürlich eine Reinigung desselben ebenfalls erfolgen, so daß
also diese Manipulation keineswegs erspart, sondern nur verschoben wird, und da
endlich die aus gereinigter Paraffinbutter erhaltenen Paraffinkrystalle weit reiner,
weißer und fast geruchfrei sind, so muß die Unterlassung der Reinigung der
Paraffinbutter als unrationell jedenfalls verworfen werden
Bei der Behandlung der rothen Paraffinbutter mit Aetznatronlauge nimmt diese letztere
alle sauren Bestandtheile der ersteren, wie die Karbolsäure, das Kreosot, das
Pikamar und andere, in sich auf; der Gehalt an diesen sauren Körpern, und die durch
die Behandlung mit Aetzlauge in Folge dessen entstehende Volumverminderung der
Paraffinbutter ist sehr wechselnd, je nachdem dieselbe aus Theer von Braunkohlen,
Torf oder bituminösen Schiefern und dergl. dargestellt wurde; sie beträgt jedoch
fast nie unter 10, in einzelnen Fällen aber bis zu 33 Procent. Es ist deßhalb auch
nicht die für alle Fälle nöthige Menge von Lauge zu bestimmen und muß in jedem Falle
so viel davon angewandt werden, daß eine Probe der behandelten Paraffinbutter an
eine neue Portion Lauge nichts mehr abgibt. Eine Unterstützung der Operation durch
Wärme ist theils zur Flüssigerhaltung der Paraffinbutter nothwendig, theils zur
kräftigeren Action der Lauge von Nutzen.
Die nach dem Absetzenlassen und Trennung der Lauge von der Paraffinbutter folgende
Behandlung derselben mit Schwefelsäure, wozu nach Umständen 6 bis 10 Procent Säure
erfordert werden, entfernt die alkalischen und harzigen Bestandtheile und bedingt
dadurch eine abermalige Volumverminderung von nahezu 5 Procent, so daß man also nach
Anwendung dieser chemischen Agentien eine weit concentrirtere Lösung von Paraffin
vor sich hat, welche bei der Krystallisation auch jedenfalls mehr Paraffin
ausscheiden läßt. Daß man die Paraffinbutter vor dem Hinstellen zum Erstarren zuvor
mit einer Lösung von kohlensaurem Natron oder mit Kreide von den selbst nach dem
Absetzen noch vorhandenen kleinen Portionen Säure befreie, ist sehr rathsam, so wie
es ebenfalls zweckmäßig ist, noch einen Strom Wasserdampf von 3 bis 4 Atmosphären
Spannung so lange hindurch zu leiten, als mit diesem zu condensirenden Wasserdampf
noch ätherisches Oel übergeht. Das so gewonnene Oel besitzt bei hohem Siedepunkte
meist ein sehr niedriges specifisches Gewicht und ist daher eines der besten das
Photogen constituirenden Oele; die Menge desselben ist wechselnd, beläuft sich aber
in einigen Fällen auf 8 Procent der Paraffinbutter.
Eine zweite Destillation der Paraffinbutter über freiem Feuer halte ich für
überflüssig. Die so behandelte Paraffinbutter wird nun in kühle Räume zur
Krystallisation hingestellt und ihr dazu mindestens 3 bis 4 Wochen Zeit gelassen,
worauf die entstandenen Krystalle von dem schweren Oele durch einfache Filtration,
Absaugung, Centrifugalmaschine oder irgend welche andere derartige Vorrichtung
getrennt werden. Für kleinere Fabriken empfiehlt es sich zu diesem Zweck am meisten,
die Krystallisation der Paraffinbutter in eisernen oder hölzernen Kästen oder
Bottichen vor sich gehen zu lassen, welche am Boden mit einem einfachen Hahn, wenige
Zolle über demselben aber mit einem engen Drahtgeflecht versehen sind. Nach
erfolgter Krystallisation öffnet man vorsichtig nach und nach den Hahn und läßt das
Oel auslaufen, während die Krystalle im Kasten zurückbleiben. Für große Fabriken, wo
es sich um schnelle Verarbeitung großer Mengen handelt, ist die Centrifugalmaschine
zum Ausschleudern des Oels unentbehrlich, welcher Apparat die Trennung des Oels von
den Krystallen überhaupt nicht allein am schnellsten, sondern auch am vollkommensten
bewerkstelligt. Die erhaltenen Krystalle werden zusammengeschmolzen und in
zollstarke Kuchen ausgegossen, welche das Rohparaffin darstellen; die Oele aber
werden durch Destillation über freiem Feuer in Solaröl und Paraffinbutter
getrennt.
Das Rohparaffin wird in allen Fällen zunächst durch mechanische Pressung von dem
größten Theile des noch anhaftenden Oels befreit, wozu man sich hydraulischer
Pressen bedient, die einen Druck von mindestens 300,000 Pfund auszuüben im Stande
sind.
Die zuerst veröffentlichte und von Hrn. P.
Wagenmann herrührende Vorschrift der nun folgenden weiteren Reinigung
des Rohparaffins ist folgende: Die Preßkuchen werden zusammengeschmolzen und bei
180° Cels. mit 50 Procent concentrirter Schwefelsäure gemischt, nach 2
Stunden das Paraffin von der Säure abgelassen, mit Wasser gewaschen, in Kuchen
gegossen und in einer warmen hydraulischen Presse abermals gepreßt; dann wieder
geschmolzen, mit 1/2 Procent Stearin gemischt und bei 150° Cels. mit 70
Procent Schwefelsäure 2 Stunden lang behandelt; nach der Trennung von der Säure mit
Wasser gewaschen, dann abermals mit 1/2 Procent Stearin zusammengeschmolzen und
hierauf 1 Procent Aetzkalilauge von 40° B. darunter gemischt. Nach Verlauf
von 2 Stunden haben sich sämmtliche Unreinigkeiten niedergeschlagen und das Paraffin
ist wasserklar und zum Gießen fertig.
Diese Vorschrift wird wohl kaum noch irgend wo befolgt werden und dürfte vielleicht
in der angegebenen Weise von Hrn. Wagenmann selbst nie im Großen benutzt worden seyn, denn man erhält
darnach wohl ein gutes Paraffin, aber die großen Mengen der verwendeten
Schwefelsäure, sowie namentlich die bedenklich hohen Temperaturen, welche
vorgeschrieben sind und der Grund zur Zerstörung einer großen Menge Paraffins
werden, machen diese Methode überaus kostspielig.
Die Warnung, dabei keine salpetersäurehaltige Schwefelsäure zu verwenden, ist
übrigens auch auf die Chromsäure auszudehnen, welche nach obiger Vorschrift bei der
Reinigung der Paraffinbutter mit in Anwendung kommen soll (nämlich 8 Procent
Schwefelsäure, 2 Procent Salzsäure und 1 Procent saures chromsaures Kali).
R. Brown gibt an, die Preßkuchen des Rohparaffins zu
schmelzen, sie einige Minuten bei 200° Cels. mit 10 Procent concentrirter
Schwefelsäure zu mischen und nach der Trennung des Paraffins von der entstandenen
kohligen Masse und der Säure dasselbe mit einer Lösung von 1 Theil Soda in 10 bis 12
Theilen Wasser zu waschen.
Sind die Pressen stark genug und läßt man namentlich der ersten Pressung eine zweite
warme Pressung folgen, so liefert dieses Verfahren
ein ganz gutes Product ohne große Verluste, doch ist es durchaus nicht nöthig, ja
sogar nachtheilig, bei der Schwefelsäurebehandlung eine so hohe Temperatur zu
beobachten; es genügen dazu 75 bis 80° Cels. vollständig, zumal sich ohnehin
beim Vermischen mit der Schwefelsäure die Temperatur noch wesentlich erhöht. Die
Klärung aber des von der Schwefelsäure getrennten Paraffins wird vollkommen, wenn
man demselben 1/4 bis 1/3 Procent Stearin zusetzt, dann eine concentrirte Sodalösung
untermischt und zuletzt das Ganze mit Wasser auswäscht.
Da der Zweck der Schwefelsäurebehandlung des Paraffins der ist, die letzten Theile
des schweren Oels zu entfernen, welche dem Paraffin gewissermaßen als Mutterlauge
noch anhängen, so lag wohl die Idee nahe, diesen Zweck durch eine Art Waschung und
mittelst Agentien zu erreichen zu suchen, welche in keinem Falle zerstörend auf das
Paraffin zu wirken vermöchten. Als besonders dazu geeignet zeigten sich das Benzol
und überhaupt alle leichten, weißen Theeröle, das rectificirte Terpenthinöl und der
Schwefelkohlenstoff, und man verfährt damit folgendermaßen:
Das Rohparaffin wird zunächst einer starken, warmen Pressung unterworfen und die
Preßkuchen dann mit 5 bis 6 Procent von einer der obigen Flüssigkeiten
zusammengeschmolzen und abermals in Kuchen ausgegossen. Wegen der Billigkeit und der
Leichtigkeit der Beschaffung eignet sich dazu gut gereinigtes, weißes Photogen von
einem niedrigen Siedepunkte am besten. Jetzt preßt man abermals und wiederholt im
Nothfalle diese ganze Operation noch ein Mal.
Das Paraffin ist jetzt völlig rein und weiß, der noch anhaftende Photogengeruch aber
muß mittelst Einleiten gespannten Wasserdampfs verflüchtigt werden. Bei Anwendung
von Terpenthinöl oder von Photogen, welches einen nicht entsprechend niedrigen
Siedepunkt hat, gelingt dieß nie vollkommen. Um den Geruch zu entfernen, muß man das
Paraffin schmelzen, bei möglichst niedriger Temperatur 2 bis 3 Procent Schwefelsäure
darunter mischen und nach dem Absetzen derselben das Paraffin auf die schon oben
angegebene Weise mit einer Lösung von kohlensaurem Natron klären.
Der Schwefelkohlenstoff ist zu flüchtiger Natur, als daß es gelingen würde, die
Paraffinreinigung durch denselben in pecuniärer Hinsicht vortheilhaft zu
bewerkstelligen, obwohl man neuerer Zeit billigere Darstellungsmethoden desselben
kennen gelernt hat.
Etwas abweichend, jedoch im Princip dieselbe, ist die Paraffinreinigung mittelst
Elain. Sie gründet sich darauf, daß Paraffin im geschmolzenen Zustande sich zwar mit
Elain vollständig mischt, sich aber beim Erkalten wieder trennt und krystallinisch
ausscheidet, während das ihm früher anhaftende schwere Oel in das Elain übergegangen
ist und mit diesem vereinigt bleibt.
Das Rohparaffin, welches auf diesem Wege gereinigt werden soll, muß jedenfalls von
Paraffinbutter auskrystallisirt seyn, welche vorher mit Aetzlauge, Säure u.s.w.
behandelt worden war, und muß zunächst für sich einer starken Pressung unterworfen
werden. Man schmelzt dasselbe dann mit 10 Procent Elain zusammen, gießt zollstarke
Kuchen davon und preßt dieselben in einer warmen Presse stark aus; schmelzt die
Kuchen abermals mit 5 Procent Elain zusammen und preßt nochmals. Dabei kann das bei
dieser letzten Pressung ablaufende Elain bei der Zusammenschmelzung mit neuen
Portionen Rohparaffin wieder benutzt werden, so daß man auch für die erste Pressung
eigentlich nur 5 Procent frischen Elains als Zusatz bedarf. Die Kuchen der letzten
Pressung werden geschmolzen und mit etwas Wasser und circa. 5 Procent Aetznatronlauge von 33° B. einige Minuten unter
Umrühren aufgekocht, worauf nach halbstündiger Ruhe das Paraffin klar über der das
verseifte Elain haltenden Lauge stehen wird. Aus dem abgepreßten Elain kann
Schmierseife für die Walkereien dargestellt werden und ist hierbei der geringe
Gehalt an schwerem Oel nicht im geringsten nachtheilig.
Neuerdings theilt John Mitchel mit, daß nach seinen
Erfahrungen rohes Paraffin durch Behandlung mit thierischer Kohle, Torfkohle, Kohle
von bituminösen Schiefern oder sogar Kohks erheblich gereinigt wird. Diese Reinigung kann sich
natürlich nur auf Färbung und Geruch beziehen, und es ist vorauszusetzen, daß das
Rohparaffin mittelst starker Pressung vom Oele möglichst vollständig befreit
war.
Nach Mitchel's Verfahren wird
das Paraffin geschmolzen, 1/10 des Gewichts Kohle in Pulverform hinzugerührt und
durch Umrühren damit vermischt und die Masse nach Bedürfniß 1/2 bis 3 Stunden warm
erhalten, worauf das Paraffin mittelst Durchseihens durch leinene Filter von der
Kohle getrennt wird. Statt die Kohle mit dem geschmolzenen Paraffin zu vermischen,
soll man dieses auch durch ein mit grobgepulverter Kohle gefülltes Filter filtriren
können, welches natürlich warm zu erhalten ist, damit das Paraffin nicht erstarren
kann.