Titel: | Dynamometer von L. Palier aus Rouen. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XLIX., S. 241 |
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XLIX.
Dynamometer von L. Palier aus Rouen.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juli 1859, S. 397.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Palier's Dynamometer.
Die vollkommensten Systeme von Dynamometern bestehen im Wesentlichen aus Federn,
welche sich nach Maaßgabe der auf sie übertragenen Kräfte biegen, sowie aus
geeigneten Vorrichtungen zur Registrirung der Arbeitsgröße; der letztere Zweck wird
entweder mittelst Beschreibung von Curven oder, wie bei den Planimetern, mittelst
der totalisirenden Rädchen (totalisateur à
roulettes) erreicht. Man wendet gegen die Federn ein, daß sie nicht immer
mit Sicherheit ein genaues Maaß der übertragenen Kräfte abgeben, indem die
Proportionalität der letzteren zu den Biegungen der Feder beinahe unerreichbar ist
und sich überdieß durch den Gebrauch des Instrumentes ändert, insbesondere wenn es
sich um bedeutende Kräfte, mithin um Stahlplatten von großen Dimensionen handelt.
Was die Methoden der Registrirung anbelangt, so ist das für Versuche von kurzer
Dauer ausgezeichnete graphische System offenbar nicht zweckdienlich, wenn es sich,
analog den Gasmessern, um eine permanente und fortgesetzte Anwendung des
Dynamometers als Zählapparat handelt. Das System der „Rädchen“
anlangend, so hält man dasselbe nicht für fähig, genaue Resultate zu liefern; das
unmöglich ganz zu vermeidende Gleiten des Rädchens, insofern es nur vermöge der
Reibung an der Oberfläche fungirt, die Wirkungen des Beharrungsvermögens und die
Aenderung der Contactstellen, je nach der Stellung des Rädchens, sind die
hauptsächlichen Ursachen der Mängel jener totalisirenden Instrumente mit
Rädchen.
Man hat schon versucht die Feder des Dynamometers durch ein Gewicht zu ersetzen. Bei
der Spinnerei wendet man bekanntlich mehrere Apparate an, bei denen diese Aenderung
und zwar auf eine ganz praktische Weise in Ausführung gebracht ist, weil es sich
darum handelt die Arbeit zu ermitteln, welche durch zwei arbeitende Organe consumirt
wird, deren Widerstand sehr constant ist. Sie beruhen im Wesentlichen auf folgendem Princip.
Ueberträgt man eine Kraft mittelst eines Zahnrades, so hat die Achse des letzteren
das Bestreben, aus ihrer Stelle zu rücken. Das Maaß der Kraft, welche nöthig ist, um
die Achse an ihrer Stelle zu erhalten, ist das der übertragenen Kraft. Wird die
Achse des Rades durch ein Gewicht an ihrer Stelle erhalten, dasselbe mag direct oder
an dem Arm einer römischen Waage angebracht seyn, so liefert dieses Gewicht das
gesuchte Maaß der Kraft und die Anzahl der Umdrehungen eines Zählapparates die
übertragene Arbeit.
Die eleganteste Anordnung ist das Differentialsystem von White, welches aus einem doppelten System paarweise paralleler Winkelräder
besteht. Das eine der großen Räder ist an die Rolle befestigt, welche den von dem
Receptor (empfangenden Organ) kommenden Laufriemen trägt, und an die Achse; das
parallele Rad sitzt auf einem Rohr, welches sich um die Achse dreht, und steht mit
der Rolle, deren Laufriemen den Operator (das arbeitende Organ) in Bewegung setzt,
in fester Verbindung. Diese beiden Winkelräder setzt man mit zwei anderen unter sich
parallelen und zu den ersteren perpendiculären Winkelrädern in Verbindung. Die Achse
dieser neuen Räder enthält eine Ausbauchung, durch welche die Treibwelle geht, und
ihre Verlängerung bildet eine römische Waage, an welche man ein Gewicht hängen kann,
das die Verrückung dieser Räder verhindert.
Dieses ist das in einigen Fällen angewendete System. Man sieht daß, wenn es sich um
eine Spinnmaschine handelt, welche einen vollkommen constanten Widerstand darbietet,
der einmal tarirte und mit einem geeigneten Gewichte belastete Apparat richtig
arbeiten kann. Tritt aber eine Aenderung ein, und diese kommt aus tausenderlei
Ursachen jedenfalls vor, so muß man das Gewicht in eine andere Lage schieben, und
von Neuem die Gleichgewichtsstellung suchen, d.h. einen Apparat, welcher allein
arbeiten sollte, beständig überwachen.
Die Anordnung des Hrn. L.
Palier bietet eine Vervollkommnung dar, welche dem so eben
bezeichneten Uebelstand abhilft. Er hat den Hebel durch eine Curve von der Form
einer Archimedischen Spirale ersetzt, von deren Umfang an einem ledernen Riemen eine
Waagschale herabhängt, die man mit Gewichten beschwert. Verändert sich nun die
Kraft, so verändert sich der Hebelarm der Gewichte gleichfalls, und der
Gleichgewichtszustand ist somit ein bleibender.
Diese sinnreiche Anordnung leistet vortreffliche Dienste. Würden die Veränderungen
unaufhörlich und stoßweise erfolgen, so würde das Hin- und Herschwanken der
Gewichte einen Uebelstand darbieten; in der Wirklichkeit verhält es sich jedoch
nicht so, denn beinahe immer arbeitet der Dynamometer ohne bedeutende Aenderungen in der Intensität
der übertragenen Kräfte.
Fig. 14
stellt den Dynamometer im Aufriß mit theilweisem Durchschnitte dar;
Fig. 15 ist
ein anderer Aufriß, rechtwinkelig zu demjenigen in Fig. 14;
Fig. 16 ist
die Spirale.
Der Apparat besteht aus drei Theilen: 1) einer Vorrichtung mit Differentialbewegung;
2) einer Spiralscheibe; 3) einem Totalisator.
Vorrichtung mit Differentialbewegung. – A ist das Gestell, welches sämmtliche Organe des
Apparates trägt.
B eine Achse, welche frei in den beiden Lagern c sich dreht.
C eine Hülse, welche an die Achse B festgekeilt und mit zwei einander diametral gegenüberstehenden Armen
versehen ist, deren Enden die Winkelräder D tragen.
E eine lose Rolle;
F ein auf die Nabe der letzteren festgekeiltes
Winkelrad, welches in die Räder D greift.
G eine andere lose Rolle auf der Achse B.
H ein dem Rade F ähnliches
Winkelrad, welches an die Nabe der Rolle G festgekeilt
ist und gleichfalls mit den Winkelrädern D im Eingriff
steht.
J dritte lose Rolle, welche sich auf der Nabe der Rolle
G dreht.
K eine auf der verlängerten Nabe der Rolle G befestigte endlose Schraube, welche die Bestimmung
hat, die Bewegung auf den totalisirenden Zählapparat zu übertragen.
Die Rollen G und J nehmen den
vom Motor kommenden Riemen auf, erstere als feste, letztere als lose Rolle. Die
Rolle E wird durch einen Riemen mit der Maschine, die
man der dynamometrischen Probe unterwerfen will, in Verbindung gesetzt.
Spiralscheibe. – An das eine Ende der Achse B ist eine Scheibe L
festgekeilt. Seitwärts an dieser Scheibe befindet sich eine Spiralcurve, welche das
Tragband der Gewichte aufnimmt, deren Wirkung in dem Maaße sich vergrößert, als die
Spirale sich entwickelt. Man verschafft sich diese Curve auf folgende Weise.
Auf der Scheibe, deren Umfang in eine gewisse Anzahl, z.B. 40 gleiche Theile getheilt
ist, zieht man nach den Theilungspunkten die Radien s1,
s2, s3, s4 u.s.w. (Fig. 16). Diese
Halbmesser theilt man in eben so viele gleiche Theile als der Umfang Theile enthält,
und bestimmt sodann auf jedem derselben einen Punkt, welcher von dem Mittelpunkt s
um eine der Ordnungszahl
dieses Halbmessers entsprechende Anzahl Abtheilungen entfernt ist. So bestimmt man
z.B. auf dem ersten Halbmesser s 1 einen Punkt a, welcher um eine Abtheilung
vom Mittelpunkt s entfernt ist; auf dem Halbmesser s2 einen Punkt b, welcher um
zwei Abtheilungen von s
absteht, und so fort bis zum letzten Halbmesser s 40,
dessen Ende selbst den zu bestimmenden Punkt abgibt. Ist dieses geschehen, so
errichtet man von jedem der Theilungspunkte a, b, c, d
u.s.w. aus, deren Verbindung eine Archimedische Spirale bilden würde, die
Perpendikel aa', bb', cc' u.s.w. auf den entsprechenden
Radien.
Diese Perpendikel bilden eben so viele Tangenten an die Curve, als man deren bedarf,
und sie sind zu deren Bestimmung hinreichend; denn indem man die Zahl der
Abtheilungen des Umfanges vervielfacht und somit auch die der Halbmesser und der
Tangenten, gelangt man so zu sagen dahin, die Punkte dieser Curve zu fixiren.
Auf diese Spirale wickelt sich ein Riemen, oder ein biegsames Metallband M, Fig. 14, welches ein
Gewicht P trägt, das den zu übertragenden Kräften das
Gleichgewicht hält. Dieses Band ist mit dem einen Ende in dem Mittelpunkt s befestigt und hat die Länge der Spirale zur Länge.
Zwei Pflöcke Q, Q', von denen der eine an die Scheibe
L, der andere an das Gestell des Apparates befestigt
ist, dienen dazu, die Umdrehung der Scheibe einzuschränken.
Totalisirende Zählvorrichtung (Compteur totalisateur). – Dieser in den Kasten R eingeschlossene Theil des Apparates ist in der
Zeichnung nicht dargestellt, da er nichts neues darbietet. Die Achse p, Fig. 14, welche durch die
endlose Schraube K mittelst des an ihrem oberen Ende
befindlichen Zahnrades in Bewegung gesetzt wird, theilt diese Bewegung mit Hülfe der
Winkelräder r und t der
horizontalen Achse v mit, welche den Zählapparat
beherrscht, während das Ende der Achse B die ihrer
Rotation und mithin der fortgepflanzten Kraft proportionalen Anzeigen überträgt.