Titel: | Fourneyron'sche Hochdruckturbinen in Malapane. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. L., S. 245 |
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L.
Fourneyron'sche
Hochdruckturbinen in Malapane.
Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1859. Bd. III S. 243.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Fourneyron'sche Hochdruckturbinen in Malapane.
Seit einer Reihe von Jahren sind in Malapane in Oberschlesien mit gutem Erfolge
Turbinen eingeführt, die, nach Fourneyron's Princip als Hochdruckturbinen gebaut, das Wasser von
Unten, und zwar von Innen nach Außen auf der ganzen innern Peripherie des
Treibapparates gleichzeitig einführen. Fig. 23 zeigt das
Querprofil der älteren Einrichtung einer solchen Turbine, welche einen Nutzeffect
von nominell 20 Pferdestärken äußern soll und die Wellenleitungen mit den
Hülfsmaschinen der dortigen Maschinenbau-Anstalt betreibt. Bei dem Bau eines
liegenden Doppel-Cylindergebläses für die dortigen Frischfeuer, acht
Schmiedefeuer und den Cupolofen der Gießerei wurde bei der vorhandenen Wasserkraft
gleichfalls eine Turbine angelegt, deren Construction in der Anordnung des
Leitschaufelapparates und der Curven für die Leit- und Treibschaufeln
wesentlich von der ältern abweicht. Die Figuren 19, 20, 21 und 22 zeigen
diese Turbine, und zwar Fig. 19 im
Verticalschnitt, Fig. 20 im Horizontalschnitt durch die Schaufeln, Fig. 21 den theilweisen
Durchschnitt und die obere Ansicht des Leitschaufelapparates ohne Schaufeln, und
Fig. 22
die obere Ansicht des Treibschaufelapparates.
Eine einfache Construction, Anordnung des Spurzapfens über Wasser, bequeme Art der
Schmierzuführung, sowie die Gewähr weniger Reparaturen durch die Vermeidung
complicirter Theile, und bequeme Art des Wasserbaues zeichnen diese Turbinen
wesentlich aus, und haben ihnen auch bereits in Oberschlesien mehrfache Verbreitung
verschafft. Meines Wissens ist in keinem technischen Journal bisher dieser Art von
Turbinen soweit gedacht, daß deren Vorzüge allgemein bekannt und die einfache, gewiß
billigere Herstellung derselben durch Darlegung von Zeichnungen einleuchtend
geworden wäre. Die vorliegenden Bemerkungen mögen vielleicht etwas dazu
beitragen.
Die neue Turbine in Malapane, wie sie in den Figuren 19, 20, 21 und 22 gezeichnet
ist, wurde, entgegengesetzt der Construction der älteren, die nach der Theorie des
Hrn. Prof. Redtenbacher
ausgeführt sind, ganz nach der, als anerkannt besten, Theorie von Hrn. Prof.
Weisbach entworfen, und
sind die neuerdings im Civilingenieur, neue Folge, Bd. IV, Heft 1 abgehandelten
Constructionselemente der Turbinen des Hrn. Kunstmeisters C. Bornemann dazu hauptsächlich
benutzt worden. Ihre Leistung entspricht vollkommen den gestellten Erwartungen. Im
Folgenden sollen nun die Hauptmomente der Construction angegeben werden, um zu
zeigen, wie einfach die Grundsätze, nach denen solche Turbinen auszuführen sind.
Die Kraftäußerung war auf 10 Pferdestärken bei einem disponiblen Gefälle des
Malapane-Flusses von 7 Fuß bis 8 Fuß 6 Zoll veranschlagt, und hiernach müßte
die Turbine so berechnet werden, daß sie bei 7 Fuß Gefälle noch 10 Pferdestärken
reinen Nutzeffect zu liefern vermag. Bei der Annahme von 65 Proc. Nutzleistung
ergibt sich ein Wasseraufschlagquantum von
Q . 7 . 62 . 0,65 = 10 . 480; Q = 17 Kubikfuß (I).
Der innere Radius wird nach Bornemann
r͵ = 0,191 √z/h (franz. Maaß),
worin z die Anzahl der
Pferdestärken und
h die Höhe des Gefälles bezeichnen. Die Werthe in die
Formel gesetzt, gibt
r͵ = 0,191 √10/2,19 = 0,40 Meter = 15
Zoll (II),
und da der äußere Radius = r͵/v ist, hier aber
v =
0,7
(III)
angenommen wurde, so ergibt sich für denselben
r = 0,57 Meter, wofür 22 Zoll gesetzt
sind (IV).
Die Zahl der Umdrehungen für die arbeitende Turbine bestimmt sich aus
u = 83,5 h/√z = 83,5 2,19/3,16 = 58 (V).
Die Schaufelhöhe ergibt sich aus
e = 0,07556 √z/h = 0,10 Meter = 3 3/4
Zoll (VI).
Die Anzahl der Leitschaufeln wurde (VII) zu 24, die der Treibschaufeln (VIII) zu 32
angenommen. Der Winkel des aus dem Leitschaufelapparat tretenden Wasserstrahls mit
der Tangente am inneren Radumfange wurde (IX) α =
30°, der Winkel der Treibschaufeln mit dem inneren Radumfang (X) β = 90°, und der Winkel der Treibschaufeln
mit dem äußeren Radumfange (XI) δ = 16°
26' verzeichnet. Der geringste Schaufelabstand im Treibrade bestimmt sich genau genug aus
d = e/(2 bis 5'') er
wurde (XII) zu 1 1/2 Zoll gefunden.
Aus diesen zwölf Werthen läßt sich nun leicht die Turbine selbst construiren, und es
bleibt nur noch übrig, die Curven für die Leit- und Treibschaufeln anzugeben.
Das Verfahren, welches dabei verfolgt wurde, war das nachstehend angegebene.
Es wurden mit den gefundenen Werthen des inneren und äußeren Radius Kreise um die
Mittelachse gezogen, und zuerst der äußere Kreis in 32 gleiche Theile getheilt. In
einem solchen Theilpunkt wurde eine Tangente gezogen, an diese nach Außen, wie Fig. 20
angibt, der Winkel δ = 16°26' getragen,
und auf Linie A ein Loth AB errichtet. An dieses Loth wurde im Theilpunkte nach Innen und Außen die
Hälfte des geringsten Schaufelabstandes, also nach jeder Seite 3/4 Zoll getragen,
und durch den äußeren Punkt ein Kreis gezogen, der nun den wirtlichen äußeren Rand
des Radtellers bezeichnet. In dem Loth AB, das in
dem Theilpunkt des Theilkreises errichtet wurde, fand sich durch Berechnung der
Radius eines Kreises, der das äußere Schaufelende abgibt. Dieser Kreis geht nämlich
durch den Endpunkt des nach Innen vom Theilkreise abgetragenen halben geringsten
Schaufelabstandes und durch den Nächstliegenden Theilpunkt des wirklichen äußersten
Radtellers, welcher Punkt wie vorhin durch Antragen des Winkels, Errichten eines
Lothes und Abtragen des halben Schaufelabstandes gefunden wird. In dem Lothe, das im
Theilpunkt des berechneten äußeren Radumfanges errichtet wurde, liegt gleichfalls
der Mittelpunkt eines Kreises, der in einem Stück den andern Theil der Schaufel
abgibt, so nämlich, daß das nach Innen gekehrte Ende unter 90° die innere
Peripherie schneidet und das andere Ende durch den inneren Punkt des geringsten
Schaufelabstandes geht. Kreise, durch die gefundenen Mittelpunkte gezogen, lassen
nun mit den bestimmten Radien sämmtliche zweiunddreißig Schaufeln verzeichnen.
Die Leitschaufeln wurden auf folgende Weise bestimmt. An einem der vierundzwanzig
Theilpunkte wurde eine Tangente, und an diese der Winkel α = 30° nach Innen gelegt. Auf dem auf der Linie CD errichteten Lothe ergibt sich nun sogleich der
Radius für die Leitschaufeln, wenn man den Radius CO halbirt und im Theilpunkt E ein Loth EF errichtet. In dem Punkte, wo beide Lothe EF und CF sich
schneiden, liegt der Mittelpunkt. Beschreibt man nun einen Hülfskreis durch diesen
Mittelpunkt, so kann man mit dem gefundenen Radius von sämmtlichen vierundzwanzig
Theilpunkten Kreisbögen ziehen, welche die Lage der Leitschaufeln angeben. Die Schaufeln selbst
sind 1/8 Zoll stark und auf gewöhnliche Art befestigt. Ein gewöhnlicher
Wasserschieber regulirt den Wasserzufluß, und es stellt sich loco Hütte der Centner Turbine auf circa 16
Thlr.
Bremsversuche sollen die Leistungsfähigkeit der Turbine noch näher feststellen, und
werde ich die erlangten Resultate alsdann mittheilen.
Malapane, Juli 1859.
G. S.