Titel: | Marié-Davy's galvanische Säule mit schwefelsaurem Quecksilber. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. LXI., S. 275 |
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LXI.
Marié-Davy's galvanische Säule mit schwefelsaurem
Quecksilber.
Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, t. XV p.
443.
Marié-Davy's galvanische Säule mit schwefelsaurem
Quecksilber.
Diese neue Säule ist im Grunde eine Bunsen'sche Säule, in
welcher das mit Schwefelsäure gesäuerte Wasser durch reines Wasser ersetzt ist, und
die Salpetersäure durch ein Gemisch von schwefelsaurem Quecksilber mit Wasser. Sie
besteht daher aus einem äußern Gefäß von Fayence oder Glas, und aus einem
Zinkcylinder, dessen Lappen etwas eingeschlitzt sind und welcher in das Wasser des
Glasgefäßes taucht, aus einem porösen Gefäß innerhalb des Zinkcylinders, und einem
innerhalb des porösen Gefäßes befindlichen Cylinder oder Prisma von Kohle. Ueber
diese Säule, womit bei der Central-Verwaltung der Telegraphen zahlreiche
Versuche angestellt wurden, theilt Hr. Inspector Bergon in den Annales
télégraphiques Folgendes mit:
„Die Hauptwirkung ist hier, wie bei anderen Säulen, die Zersetzung des
Wassers; das Zink oxydirt sich und der Wasserstoff reducirt das schwefelsaure
Quecksilber; es entsteht schwefelsaures Zink im Glasgefäß, und metallisches
Quecksilber sammelt sich auf dem Boden des porösen Gefäßes.
Bei der Daniell'schen Säule dringt die
Kupfervitriol-Auflösung zuletzt immer durch das poröse Gefäß und setzt
Kupfer auf dem Zink ab, daher man dieses zu reinigen genöthigt ist; das
reducirte Kupfer verstopft überdieß die Poren der porösen Gefäße, wornach sie
ihren Dienst nicht mehr fortsetzen können. Bei Marié-Davy's Säule muß die
Unauflöslichkeit des schwefelsauren Quecksilberoxyduls die Flüssigkeit im
Glasgefäß gegen jeden Angriff schützen. Ueberdieß muß, wenn das angewandte
schwefelsaure Quecksilber, was vorkommen kann, eine gewisse Menge löslichen
Salzes enthält, der Durchgang seiner Lösung durch das poröse Gefäß, anstatt
einen Nachtheil zu veranlassen, im Gegentheil einen Vortheil gewähren, denn die
Folge davon kann nur eine Amalgamation des Zinks und daher ein regelmäßigerer
Verbrauch desselben seyn. Dieß hat auch die Erfahrung bestätigt.
Wir haben einen Versuch mit 38 Elementen der neuen Säule an einem fortwährend Tag
und Nacht im Dienst befindlichen Drahte gemacht; sie lieferten dieselbe
Stromstärke wie 60 Daniell'sche Elemente, und
konnten, ohne alle Unterhaltung, die Apparate vom 28. Juni bis zum 25. December,
also 5 Monate und 27 Tage lang in Thätigkeit erhalten. Ihre Dimensionen waren
jedoch schwächer als diejenigen der Daniell'schen
Elemente, welche unter denselben Umständen nur 2 Monate und 23 Tage lang wirksam
blieben. Die Glasgefäße hatten 0,08 Met. Höhe und 0,07 Met. Durchmesser: die
Zinkcylinder 0,065 Met. auf 0,055 Met., und die porösen Gefäße 0,07 Met. auf
0,35 Met.
Die Oberfläche der Zinkcylinder blieb während der ganzen Zeit ihres Gebrauchs so
rein wie am ersten Tage. Die ganze Unterhaltung der Säule beschränkte sich
darauf, daß man einmal per Monat das in den
Glasgefäßen durch Verdunstung verlorene Wasser ersetzen mußte.
Als die Säule zum Betrieb der Linie nicht mehr stark genug war, enthielten die
porösen Gefäße eine starke Ablagerung von reinem metallischem Quecksilber, und
eine schwärzliche Masse im obern Theil. Diese Producte, gehörig mit
Schwefelsäure behandelt, liefern wieder schwefelsaures Quecksilber.
Die Darstellung und Anwendung des Teiges von schwefelsaurem Quecksilber bieten
gar keine Schwierigkeit dar. Man rührt das vorher gut gepulverte Salz mit Wasser
an, läßt absetzen, decantirt, und es bleibt eine weiße, etwas gelbliche, teigige
Masse zurück. Man nimmt dann die Kohlenprismen, welche man mit der Hand in der
Mitte der porösen Gefäße festhält, und füllt die leeren Räume vollständig mit
dem Teige mit Hülfe eines hölzernen Spatels aus. Die decantirten Flüssigkeiten
vertheilt man in den verschiedenen Glasgefäßen, welche man dann vollends mit
reinem Wasser füllt.
Ein poröses Gefäß von 0,07 Met. auf 0,035 Met., welches mit seinem Kohlenprisma
versehen ist, braucht zur Ladung eine Quantität Teig, welche 100 Gramme trocknes
schwefelsaures Quecksilberoxydul enthält, die 90 Centimes kosten.
Im Vergleich mit der Daniell'schen Säule hat die neue
Säule eine um ein gutes Drittel größere elektromotorische Kraft. Der Widerstand
ist fast doppelt so groß, man muß aber berücksichtigen daß ihre Dimensionen viel
kleiner sind; mit denselben Glasgefäßen, denselben Zinkcylindern und denselben
porösen Gefäßen wären die beiden Widerstände wahrscheinlich nahezu gleich.
Die Vortheile, welche die Säule mit schwefelsaurem Quecksilber für die
Telegraphie im Vergleich mit der Daniell'schen Säule
gewährt, sind daher: bei eben so einfacher Construction der Wegfall der
Unterhaltung (Speisung), so lange noch zu zersetzendes schwefelsaures
Quecksilber übrig bleibt; die Materialien werden gänzlich mit Nutzen verwendet
und die constante Wirkung hat eine viel längere Dauer; der Widerstand ist der
gleiche und die elektromotorische Kraft größer, daher man weniger Elemente
anzuwenden braucht, um dasselbe Resultat hervorzubringen; die porösen Gefäße
bleiben unversehrt; die größeren Gestehungskosten werden durch eine längere
Dienstleistung der angewandten Materialien und durch Producte welche man sammeln
und benutzen kann, compensirt.“
Vorstehendem können wir Folgendes aus einem Briefe des Hrn. Marié-Davy über seine Säule
anreihen:
„Meine Säule mit schwefelsaurem Quecksilberoxyd
(SO³, HgO) wird schon seit fast zwei Jahren von Dr. Benoit bei einem elektromedicinischen
Apparat angewandt; nach demselben hat mir Hr. Ruhmkorff drei Exemplare construirt, deren
Dimensionen, die Säule inbegriffen, nur beiläufig 8 Centimeter in jeder Richtung
sind.Man vergl. polytechn. JournalJornal Bd. CLIII S. 390. Dieser Apparat, welcher täglich arbeitet, kam niemals in Unordnung.
Nach diesem ersten Erfolg richtete ich meine Aufmerksamkeit auf die Telegraphen.
Die Bedingungen waren dazu nicht mehr die gleichen. Der Strom ist hier sehr
schwach und seine Dauer muß eine sehr lange seyn. Ich ersetzte das
Quecksilberoxydsalz SO³, HgO, welches löslich ist, durch das sehr
schwerlösliche Oxydulsalz SO³, Hg²O.
(Für letzteres lieferten mir die chemischen Fabriken manchmal den
Mineral-Turpith, das basisch-schwefelsaure Quecksilberoxyd,
welches nicht anwendbar ist, denn da kein basisch-schwefelsaures Zinkoxyd
existirt, so kann das Zink nur unvollständig an die Stelle des
Quecksilbers treten und es setzt sich unaufgelöstes Zinkoxyd ab.)
Mit diesem Salz, dem schwefelsauren Quecksilberoxydul (SO³, Hg²O),
waren die Elemente geladen, welche ohne alle Unterhaltung die
Telegraphen-Apparate 5 Monate und 27 Tage lang in Thätigkeit erhielten;
die doppelte anfängliche Ladung hätte ein Jahr lang für deren Betrieb
hingereicht. Dagegen müßte das Salz SO³, HgO öfters erneuert werden.
Damit man mit dem schwefelsauren Quecksilberoxydul (SO³, Hg²O)
constante Resultate erhält, darf es keinen Strom liefern welcher das Salz
schneller reducirt als es sich auflöst; will man mit demselben einen starken
Strom hervorbringen, so muß er von kurzer Dauer seyn und sich nur in
Zwischenzeiten wieder erzeugen. Deßhalb ist diese Säule für die
Telegraphen-Apparate so vortheilhaft.
Für einen kräftigeren Strom muß man das schwefelsaure Quecksilberoxyd
(SO³, HgO) anwenden, welches auflöslich ist. Dasselbe zerfällt allerdings
in ein saures Salz welches sich auflöst, und in ein basisches Salz
(Mineral-Turpith) welches sich niederschlägt; aber das saure Salz gibt
nur einen Theil seiner Säure an das Zink ab, der Rest löst nach und nach das
basische Salz wieder auf.
Dieses Salz eignet sich also sehr gut für die Inductionsapparate; ich glaube, daß
es sich eben so gut für die Galvanoplastik, die Vergoldung etc. eignen würde,
worüber jedoch erst Versuche im Großen angestellt werden müssen.“