Titel: | Ueber den Hydrostat des Hrn. Köppelin, Professor der Physik in Colmar; Bericht von Hrn. Silbermann. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. LXXVIII., S. 359 |
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LXXVIII.
Ueber den Hydrostat des Hrn. Köppelin, Professor der
Physik in Colmar; Bericht von Hrn. Silbermann.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Mai 1859, S. 270.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Ueber Köppelin's Hydrostat.
Hr. Köppelin, Professor der
Physik zu Colmar (Ober-Rhein), hat sich die Aufgabe gestellt, die Wasserwaage
in der Art abzuändern, daß ihr Gebrauch in der Industrie möglich wird.
Damit man den ihm zukommenden Theil der Erfindung besser zu würdigen im Stande ist,
lassen wir eine flüchtige Skizze der Geschichte derartiger Apparate hier folgen.
Bekanntlich fand Archimedes das Gesetz des Gleichgewichts
der in eine Flüssigkeit getauchten Körper; diese Entdeckung reicht ungefähr 250
Jahre über die gewöhnliche Zeitrechnung hinauf. 660 Jahre später, nämlich gegen das
Jahr 410 unserer Zeitrechnung, wandte Hypatia aus
Alexandrien das Princip des Archimedes auf schwimmende
Körper an; sie tauchte in das Wasser Cylinder aus verschiedenen Stoffen, welche
leichter als diese Flüssigkeit waren, um deren Dichtigkeit durch das Verhältniß der
eingesunkenen Länge zur Totallänge des Cylinders zu bestimmen.
In der letzten Hälfte des verflossenen Jahrhunderts nahm Bergmann eine lange, hohle, gläserne Röhre, um durch ein, dem
vorhergehenden analoges Verfahren die Dichtigkeit der Flüssigkeiten zu bestimmen.
Schon vor ihm hatte man sich eines Instrumentes gleicher Art bedient, indem man
einen großen Theil der Röhre durch ein hohles Gefäß ersetzte. Dieß ist, wie man
sieht, die Form, welche man den Flüssigkeitswaagen oder Aräometern mit
veränderlichem Volum und constantem Gewicht gibt, in deren Geschichte wir hier nicht
einzugehen haben.
Die andere Classe derartiger Apparate ist die der Aräometer mit constantem Volum und
veränderlichem Gewicht; in diese Kategorie gehört die eigentliche Wasserwaage.
Fahrenheit scheint zuerst ein derartiges Aräometer
construirt zu haben. Er gab ihm die Form des Aräometers mit veränderlichem Volum mit
einer einzigen festen Marke am Halse; damit das Instrument bis zur Marke einsinkt,
belastet man das obere Ende der Röhre mit einem entsprechenden Gewichte. Die
Anwendung dieses Gewichts-Aräometers, sowohl als Dichtigkeitsmesser, als auch
als Waage, ist bekannt. Der Physiker Charles fügte dem
Instrument von Fahrenheit eine untere Schale bei, welche
dazu dient, die Dichtigkeit der festen Körper zu bestimmen, und gab dem so
abgeänderten Apparate den Namen Wasserwaage oder Hydrostat.
Bis hieher waren die Instrumente von Glas, als Nicholson
auf den Gedanken kam, sie, um ihrer Zerbrechlichkeit abzuhelfen, von lackirtem
Weißblech, mit Gefäß aus demselben Metall, auszuführen. Ein solches Aräometer ist
bei einer Belastung mit 50 Grm. noch für 2–3 Milligramme empfindlich.
Die Anwendung derartiger Waagen für größere Belastungen machte Abänderungen
nothwendig, und in diesem Sinne treffen wir als Erfinder die HHrn. Hasseler in Amerika, Berzelius in Schweden und zuletzt Köppelin in Frankreich.
Als der Physiker Hasseler im Jahre 1835 mit der
Anfertigung der Normalgewichte und Normalmaaße für die Vereinigten Staaten betraut
war und die Unmöglichkeit einsah, zur bestimmten Zeit die empfindlichen großen
Waagen, deren Ausführung er zu überwachen hatte, zu erhalten, kam ihm der Gedanke,
sie durch Wasserwaagen zu ersehen, welche für dieselben Wägungen groß genug sind.
Die Einrichtung der letzteren, welche er erdachte, ist folgende. Er ließ mehrere
hohle Ellipsoide aus Glas blasen, deren Volum mit den auszuführenden Wägungen von 5
bis 100 Pfund in Verhältniß stand, und die in gläserne, die Flüssigkeit enthaltende
Gefäße getaucht werden sollten. Jedes Ellipsoid ist an seinem obern Theil durch einen kupfernen
Deckel geschlossen, auf welchem vertical 1 bis 3 cylindrische Stäbchen aus
vergoldetem Stahl befestigt sind, die in ihrer Mitte einen horizontalen Strich
haben, der als Marke für das Einsinken auf das Niveau der Flüssigkeit dient. Diese
Stäbchen sind an ihrem obern Theile durch ein Beschläge oder ein Querstück aus
Messing verbunden, welches mit zwei oder drei gleichen Armen versehen ist, die sich
horizontal über die Ränder des auf einem Stativ angebrachten Glasgefäßes hinaus
erstrecken. Jeder dieser Arme trägt an seinem Ende einen Stab, der auf eine gewisse
Entfernung unterhalb des Gefäßes hinabreicht, und die unteren Enden dieser Stäbe
sind durch ein dem vorhergehenden ähnliches Beschläge verbunden, unter welchem im
Mittelpunkt ein Haken angebracht ist, an den die Gewichtsschale gehängt wird. Um den
Apparat bequemer zu machen und leichter transportiren zu können, wird endlich die
Tafel, welche das Glasgefäß trägt, an ein Bretchen festgemacht; ist das Instrument
für stärkere Wägungen bestimmt, so wird diese Platte auf zwei Stützen oder Trägern
gehalten, die hoch genug sind, um der Gewichtsschale gehörigen Spielraum zu lassen
und auf einer mit Stellschrauben versehenen Basis befestigt werden. Die Flüssigkeit,
deren sich Hr. Hasseler
bediente, war, je nach der Natur seiner Experimente, Wasser oder eine Auflösung von
Kupfervitriol, und zuweilen Quecksilber.
Berzelius scheint den vorhergehenden analoge Hydrostate
gebraucht zu haben, ihre Einrichtung ist mir aber nicht bekannt.
Ich habe nun noch den Apparat des Hrn. Köppelin zu beschreiben. Der Hydrostat gibt bekanntlich die
verlässigsten Angaben, aber er muß auch mit Genauigkeit und Sorgfalt gehandhabt
werden und ich gestehe, als ich ihn in die Praxis der Industrie einführen sah,
befürchtete ich, daß seine Anwendung auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen
würde. Verläßliche Berichte, die mir aus dem Elsaß zukamen, haben jedoch meine
Zweifel beseitigt. In Colmar, Mülhausen und an mehreren anderen Orten wird Köppelin's Hydrostat seit mehreren Jahren täglich benützt
und leistet wichtige Dienste. Er ist den Händen von Arbeiterinnen anvertraut, welche
das Instrument mit einer Geschicklichkeit und Sicherheit handhaben, die wirklich
erstaunenswerth sind.
Hr. Köppelin hat mit dem
Hydrostat von Hasseler dieselbe Umwandlung vorgenommen,
wie Nicholson mit dem Apparat von Charles. Er construirte nämlich das Instrument ganz aus Metall; seine
Anordnungen bezüglich der Aufhängung der Gewichtsschale unterhalb des Gefäßes, der
Ablesung des dem Niveau der Flüssigkeit entsprechenden Einsenkungspunktes, und der
Stabilität des schwimmenden Apparates weichen aber ganz von jenen ab, welche der
amerikanische Physiker angenommen hat. So verbindet nur ein einziger Stab den eingetauchten
Körper mit der Schale, und dieser befindet sich in der Achse des eingetauchten
Körpers und des das Wasser enthaltenden cylindrischen Gefäßes. Hierzu ist der Boden
des Gefäßes in der Mitte mit einer kreisrunden Oeffnung versehen, auf welche
senkrecht eine an beiden Seiten offene Röhre angelöthet ist, deren oberes Ende auf
eine gewisse Höhe das Niveau der Flüssigkeit überragt. Der zum Eintauchen bestimmte
Apparat besteht aus zwei concentrischen Kupfercylindern, deren luftdicht adjustirte
parallele Basen ihnen gemeinschaftlich und mit Oeffnungen von hinreichender Weite
versehen sind, um die in der Achse des Gefäßes befestigte Röhre während ihres
Niedergehens leicht durchzulassen. Die obere Basis dieses Tauchapparates ist mit
drei, gleich weit vom Mittelpunkt abstehenden Oehren versehen, von denen jede ein
Markirungsstäbchen aus vergoldetem Stahl aufnimmt, ähnlich jenen an Hasseler's Apparat. Diese Stäbchen sind durch ein
horizontales dreiarmiges Beschläg verbunden, in dessen Mitte der hängende Stab
eingeschraubt ist, welcher durch den Tauchapparat und das Gefäß geht und 1 Decimeter
unter dem Boden des letzteren in einen Ring endigt, der den Aufhänghaken der
Gewichtsschale aufzunehmen hat. Bei dem beschriebenen Apparat kann man aber wegen
der. Undurchsichtigkeit des Gefäßes nicht direct sehen wann die Einsenkung auf das
Niveau der Flüssigkeit stattfindet, wie bei den gläsernen Hydrostaten; Hr. Köppelin ersann daher folgende
Vorrichtung, um zu demselben Resultate zu gelangen. Unter dem Gefäße geht der
Aufhängstab zwischen zwei senkrechten Scalen hinab und trägt ein horizontales
Lineal, das allen seinen Bewegungen folgt und folglich an den Scalen den Betrag der
Einsenkung der Tauchcylinder anzeigt; die Mitte der Scalen entspricht dem
Berührungspunkte mit dem Niveau der Flüssigkeit. Dieser Theil des Apparates, so wie
die Gewichtsschale sind in einem Gehäuse von Glas eingeschlossen, auf welches der
Flüssigkeitsbehälter gesetzt ist und dessen oberer Boden mit einem Loche versehen
seyn muß, um den Aufhängstab durchzulassen. Um nun diesen Stab immer in der Achse
des Gefäßes zu erhalten und damit nicht im ganzen System eine drehende Bewegung
entstehen kann, endigt das horizontale Lineal auf jeder Seite in eine kleine Gabel,
welche über die Scalen hinausreicht und je eine gläserne Röhre umfaßt, die oben
aufgehängt ist und deren unteres Ende in eine kupferne Kugel ausläuft, welche sie
stets senkrecht zu erhalten hat. Diese beiden Röhren erhalten also den aufgehängten
Apparat in unveränderlicher Stellung, ohne jedoch die senkrechten Bewegungen, welche
das Spiel der Tauchcylinder veranlaßt, zu stören.
Damit endlich das Gefäß nicht zu viel Wasser durch Verdunstung verlieren kann, wird ein Deckel
mit aufgebogenem Rande eingesenkt, welcher auf passend vertheilten Stiften aufliegt
und die Oberfläche der Flüssigkeit fast berührt. Dieser Deckel ist mit Tubulaturen
versehen, welche die Markirungsstäbchen durchlassen und durch die man Wasser
einführt, wenn sich aus irgend einem Grunde das normale Niveau gesenkt hat. –
Außerdem ist das Gefäß, um den Wirkungen des schnellen Temperaturwechsels
vorzubeugen, mit einem dichten Ueberzug aus Wolle versehen, und das Ganze unter eine
cylindrische Glocke von Messing gesetzt, deren Rand auf dem gläsernen Gehäuse ruht,
welches das Gefäß trägt. Dieses Gehäuse ist mit einem Thürchen versehen, welches man
bei einer vorzunehmenden Wägung öffnet, aber so viel als möglich geschlossen hält,
um die Waagschale vor jeder durch die Luft hervorgebrachten Bewegung zu bewahren.
Nach Hrn. Köppelin soll für
einen empfindlichen Hydrostat das Wasser im Gefäß 1/50 Alkohol enthalten; aber diese
Vorsicht ist unnöthig, wenn das Instrument für Wägungen von 4–10 Kilogrammen
bestimmt ist.
Beschreibung der Abbildung.
Fig. 28 ist
ein senkrechter Schnitt durch die Achse des Köppelin'schen Hydrostats.
A ringförmiger Tauchapparat aus Kupfer, der aus zwei
concentrischen Cylindern, welche durch parallele Basen verbunden sind, besteht.
B cylindrisches, mit Wasser gefülltes Gefäß, in welches
der Tauchapparat eingesenkt ist.
a Stäbchen aus vergoldetem Stahl, welche das
Flüssigkeitsniveau markiren; es sind deren drei und sie tragen den Tauchapparat,
woran sie in Oehren mittelst Schrauben befestigt sind.
b horizontales Beschläge, aus drei Armen bestehend, an
welche die Stäbchen a geschraubt sind.
c senkrechte Stange, welche in der Mitte des Beschläges
b befestigt ist und bis unterhalb des Gefäßes B in einer Röhre hinabreicht, die ihr als Scheide dient
und sie vor der Berührung des Wassers schützt; diese Röhre ist daher an beiden
Seiten offen und ihr oberes Ende überragt das Niveau der Flüssigkeit, während das
untere auf eine im Mittelpunkte des Gefäßbodens angebrachte Oeffnung von gleichem
Durchmesser aufgelöthet ist.
D Gewichtsschale; vermittelst eines Hakens an der Stange
c aufgehängt, folgt sie den Bewegungen, welche diese
von dem Tauchapparat mitgetheilt erhält.
E Schale von kleinerem Durchmesser, welche von der
Gewichtsschale getragen wird und die zu wägenden Gegenstände aufzunehmen hat.
F gläsernes Gehäuse, mit einer Thüre versehen, in
welchem die Schale D eingeschlossen ist; der obere Boden
dieses Gehäuses trägt das Gefäß B und hat eine Oeffnung
für den Durchgang der Stange c.
d, d parallele Scalen, zu beiden Seiten der Stange c angebracht und in derselben senkrechten Ebene unter
dem obern Boden des Gehäuses F befestigt; der Nullpunkt
dieser Scalen befindet sich in der Mitte und entspricht dem das Flüssigkeitsniveau
markirenden Punkte der Stäbchen a.
e horizontales Lineal; es ist mit der Stange c verbunden, deren Bewegungen es folgt, und dazu
bestimmt auf den Scalen d die oscillirenden Bewegungen
des Tauchapparates A anzuzeigen; rechts und links ist es
durch Arme f, f verlängert, die in Gabeln endigen,
welche die Stäbe g, g umfassen.
g, g gläserne Stäbe, welche mittelst Haken und Ringen am
Gehäuse aufgehängt sind und an ihrem unteren Ende in kupferne Kugeln auslaufen,
durch die sie in verticaler Lage erhalten werden; in derselben Ebene, wie die Scalen
D angebracht, haben diese Glasstäbe den Zweck, eine
drehende Bewegung des aufgehängten Apparats zu verhindern, während derselbe
unbehindert steigen und sich senken kann.
G Deckel mit aufgebogenem Rande, welcher beinahe in
Berührung mit der Oberfläche der Flüssigkeit auf Stiften ruht, die innerhalb des
Gefäßes B angebracht sind; dieser Deckel, welcher den
Zweck hat, den Wasserverlust durch Verdunstung zu vermindern, ist für den Durchgang
der Markirungsstäbchen a mit drei kleinen Tubulaturen
versehen, durch welche man Wasser in den Apparat gießt, wenn das Niveau der
Flüssigkeit auf seinen normalen Stand zurückgebracht werden soll.
i sind Aufhalter, auf dem Boden des Gefäßes B und unter dem Deckel G
angebracht, um zu verhindern daß der Tauchapparat A bei
seinen Schwingungen zu tief sinkt oder zu hoch steigt.
H endlich ist eine cylindrische Glocke aus Messing,
welche das Gefäß B bedeckt und an die Oberfläche
desselben einen wollenen Ueberzug andrückt, der die Flüssigkeit vor schnellem
Temperaturwechsel zu schützen hat.
Behandlung des Apparats. – Man beginnt damit die
Schale D hinlänglich zu belasten, um das Lineal e auf den Nullpunkt der Scalen zu bringen, welcher dem
Markirungspunkt der Stäbchen a entspricht; hierauf legt
man in die Schale E den zu wägenden Gegenstand; durch
diese Auflage wird der Tauchapparat A und folglich auch
das Lineal e augenblicklich sinken, und man nimmt nun
Gewichte aus der Schale D, bis die Einspielung auf das
Flüssigkeitsniveau wieder hergestellt ist; die Summe dieser Gewichte gibt das
gesuchte Gewicht des Gegenstandes.