Titel: | Ausziehung des Kupfers aus Erzen, welche Malachit oder Kupferlasur und viel kohlensauren Kalk enthalten; von August Stromeyer in Hannover. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XCIII., S. 428 |
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XCIII.
Ausziehung des Kupfers aus Erzen, welche Malachit
oder Kupferlasur und viel kohlensauren Kalk enthalten; von August Stromeyer in
Hannover.
Aus dem Bergwerksfreund, Bd. XXII.
Stromeyer, über Ausziehung des Kupfers aus kalkhaltigen oxydischen
Erzen.
Die Behandlung oxydischer Kupfererze mit Säuren (Salzsäure oder Schwefelsäure),
welche in neuerer Zeit an einigen Orten, z.B. zu Twiste im Waldeckischen, in sehr
großem Maaßstabe in Anwendung gekommen ist, läßt sich natürlich nur dann ausführen,
wenn die Erze nur wenig kohlensauren Kalk enthalten, da ein größerer Gehalt bei dem
gewöhnlich sehr geringen Kupfergehalt leicht allen Vortheil verschlingen würde. Der
Malachit enthaltende Sandstein, welcher zu Twiste verarbeitet wird, enthält z.B.
etwa ein Procent Kupfer und 2 Procent kohlensauren Kalk. Zu 100 Centner Erz
verbraucht man dort 9 Centner rohe Salzsäure, welche etwa 30 Procent salzsaures Gas
zu enthalten pflegt. 1 Centner Kupfer erfordert daher 380 Pfd. derselben, 2 Cent.
kohlensaurer Kalk 483 Pfd., so daß nur 37 Pfund derselben von anderen Vasen
(Talkerde und Eisenoxydul) in Beschlag genommen oder verzettelt worden sind.
Man hat die Salzsäure dort zu dem niedrigen Preise von 25 Sgr. den Centner, allein
der bei der Bearbeitung von 100 Centner Erz sich ergebende Vortheil von 14 Thlr. pr.
C. würde durch einen Mehrgehalt von 7 Centner kohlensaurem Kalk, welche 17 Cent.
Salzsäure erfordern, gänzlich verschwinden. Ein Erz mit 9 Proc. davon wäre also dort
nicht mehr mit Vortheil zu bearbeiten. In solchen Fällen scheint nun das Ammoniak an
seinem Platze zu seyn. Ein VersuchAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CV S. 130; polytechn. Journal Bd. CXLVII S. 398. ist damit am Rhein angestellt worden. Die ammoniakalische Kupferlösung wird
destillirt, um das Ammoniak wieder zu gewinnen, welches man so stets von Neuem
wieder anwenden zu können hoffte. Unbegreiflicher Weise verschwand dasselbe aber
nach einiger Wiederholung der Arbeit gänzlich. Liebig hat
diese Erscheinung aus der Beobachtung von Way erklärt,
daß Ackererde das Ammoniak seiner wässerigen Lösung entzieht. Damit ist nun aber
auch der Anwendung desselben zu diesem Zweck das Urtheil gesprochen, da es kein
Mittel gibt, die Absorption desselben durch das Erzpulver zu verhindern.
Ich bin nun auf ein anderes Auflösungsmittel für kohlensaures Kupferoxyd gekommengekommem, welches auf kohlensauren Kalk nicht wirkt. Eine Absorption desselben
durch das Erzpulver findet zwar bei demselben ebenfalls Statt, aber dieser Verlust
ist bei dem viel geringeren Preise desselben leichter zu ertragen. Es besteht in
einer Auflösung von unterschwefligsaurem Natron (NaO, S₂O₂), vermischt
mit schwefligsaurem (NaO, SO₂). Ich beobachtete, daß die Lösung des
Doppelsalzes von unterschwefligsaurem Kupferoxydul mit unterschwefligsaurem Natron
(Cu₂O, S₂O₂ + 3NaO, S₂O₂) von kohlensaurem Natron
nicht gefällt wird. Die Mischung bleibt ganz klar und
trübt sich weder bei längerem Stehen, noch beim Kochen. Es war nun wahrscheinlich,
daß kohlensaures Kupferoxyd sich mit Hülfe eines Reductionsmittels, welches das
Kupferoxyd in Oxydul verwandelt, in unterschwefligsaurem Natron lösen würde, und es
gelang das wirklich mittelst schwefligsauren Natrons.
4 Atome NaO, S₂O₂, 1 Atom NaO, SO₂ lösen 1 Atom Malachit = 2
CUO, CO₂, HO auf, indem sich Cu₂O, S₂O₂, + 3 NaO,
S₂O₂, 1 Atom NaO, SO₃ und 1 Atom NaO, CO₂ bilden.
Beim Lasurerz ist die Reaction:
2 Atome Lasur = 2 (3 CuO, 2 CO₂, HO), 12 At. (NaO, S₂O₂) und 3
Atome (NaO, SO₂) geben 3 Atome (Cu₂O, S₂O₂ + 3 NaO,
S₂O2), 3 Atome (NaO, SO₃), 3 Atome (NaO, CO₂) und 1 Atom
CO₂ welches entweicht.
Es ist indessen Siedhitze zu dieser Auflösung erforderlich, dabei geschieht sie
jedoch ziemlich leicht. – Kupferoxyd und Oxydul lösen sich dagegen nicht, da
hier caustisches Natron entstehen müßte, welches im Gegentheil aus dem Doppelsalz
(Cu₂O, S₂O₂ + 3NaO, S₂O₂ Kupferoxydulhydrat
niederschlägt. Kieselkupfer (3CuO, 2SiO₃ + 6HO) löst sich, aber mit zu wenig
Energie, um davon Anwendung machen zu können.
Aus der Lösung läßt sich das Kupfer durch Schwefelnatrium (NaS, schwefelsaures Natron
mit Kohle geschmolzen) als Halbschwefelkupfer (Cu₂S) fällen. Cu₂O,
S₂O₂ + 3NaO, S₂O₂ und NaS = Cu₂S und 4 (NaO
S₂O₂). In der Lauge sind dann nach oben noch 1 At. NaO, SO₃ und
1 At. NaO, CO₂. Sättigt man letzteres durch Hineinleiten von schwefligsaurem
Gas, so hat man das angewandte Lösungsmittel wieder, nun vermehrt mit dem
schwefelsauren Natron, welches kein Hinderniß für eine nochmalige Anwendung
desselben zur Ausziehung von neuem Erz darbietet. Häuft es sich endlich zu sehr an,
so läßt man es durch Abkühlung als Glaubersalz (NaO, SO₃ + 10 HO)
auskrystallisiren, und hat darin wieder das Material zur Bereitung von
Schwefelnatrium.
Das gewonnene Halbschwefelkupfer muß zur Erhaltung des Kupfers geröstet werden.
Verwendet man die dabei entstehende schweflige Säure zur Sättigung des gebildeten
kohlensauren Natrons, so würde man Auflösungs- und Fällungsmittel stets
wieder gewinnen, und, wenn sich Verluste ganz vermeiden ließen, keine Reagentien
verbrauchen müssen. Das ist nun freilich nicht möglich. Sie werden indeß um so
geringer seyn, je vollständiger die Auswaschung der dem Erze anhängenden Lauge zu
bewirken seyn wird. Unvermeidlich wird nur der Verlust an Salzen seyn, welche durch
eine ähnliche Absorption, wie beim Ammoniak, im unlöslichen Zustande von dem
Erzpulver gebunden werden. Nach Liebig nehmen 1000
Ackererde etwa 3 schwefelsaures Natron auf. Also würden auf 100 Centner Erz mit 1
Centner Kupfer 30 Pfd. schwefelsaures Natron oder entsprechende Mengen der anderen
Salze verloren gehen, im Fall das Erzpulver ebensoviel absorbirt, wie Ackererde.
Dieser Verlust wird sich ertragen lassen.
Ich habe keine Gelegenheit, Versuche in einem größeren Maaßstabe mit diesem Verfahren
anzustellen, und kann daher keine genauere Kostenberechnung machen, glaube aber, es
müßte mit Vortheil auszuführen seyn. Ich will es indeß nur für solche Lasur und
Malachit enthaltende Erze empfohlen haben, bei welchen ein großer Gehalt an
kohlensaurem Kalk die Anwendung von Säuren nicht erlaubt. Kalkfreie Erze lassen sich
zwar ebenfalls damit behandeln, aber die Anwendung von Säuren wird dafür
wahrscheinlich vortheilhafter seyn, weil sie schon in der Kälte wirken, und auch etwas vorkommendes
Kupferoxyd und Oxydul, so wie Kieselkupfer lösen, während mein Lösungsmittel darauf
nicht oder zu schwach wirkt, und Siedhitze erfordert. – Das Kochen läßt sich
übrigens in guß- oder schmiedeeisernen Kesseln ausführen, welche davon, wenn
das Lösungsmittel gehörig neutral erhalten wird, gar nicht angegriffen werden. Sie
müßten mit Rührapparaten versehen seyn, die durch einen Motor bewegt werden. Das Erz
müßte fein gepulvert feyn.
Das unterschwefligsaure und schwefligsaure Natron stellt man sich gleich als
Auflösung dar, letzteres durch Sättigen einer Lösung von kohlensaurem Natron (gutem
Sodasalz) mit schwefliger Säure, welche durch Rösten von Schwefelkies oder
Zinkblende, und in Ermanglung dieser durch Verbrennen von Schwefel dargestellt
würde. Man könnte das Gemenge von Stickgas und schwefligsaurem Gas aus dem Ofen
durch ein hölzernes Glockengebläse aufsaugen, nachdem es durch Hindurchstreichen
durch mit Wasser umgebene gußeiserne Röhren hinreichend abgekühlt worden wäre, und
es dann durch vielfach durchlöcherte Röhren unter einigem Wasserdruck in die
Auflösung des kohlensauren Natrons hineintreiben.
Zu dem unterschwefligsauren Natron stellt man sich durch Schmelzen von schwefelsaurem
Natron mit etwa einem Drittel Kohlenpulver in einem Flammofen Schwefelnatrium dar,
löst dieses in etwa 10 Theilen Wasser und leitet schwefeligsaures Gas hindurch, bis
Reagentien kein Schwefelnatrium mehr anzeigen, z.B. Bleilösung nicht länger davon
geschwärzt wird. Es entsteht unterschwefligsaures Natron und Schwefel scheidet sich
ab.
2 (NaS) und 3 SO₂ = 2 (NaO, S₂O₂) und S.
Den Schwefel kann man aufsammeln und zur Bereitung von schwefliger Säure benutzen,
oder man brächte die gefällte Flüssigkeit in einen eisernen Kessel, und setzt unter
Erwärmung so viel der Lösung des schwefligsauren Natrons zu, bis sich der
abgeschiedene Schwefel wieder aufgelöst hat, was ganz leicht geschieht = NaO,
SO₂ und S = NaO, S₂O². Man erspart so die Filtration des
Schwefels, jedoch wird das Verfahren etwas theurer kommen.
Löst man in einer concentrirten Auflösung von 1 Atom Schwefelnatrium (NaS) ein Atom
Schwefel durch Kochen zu NaS₂ auf, und setzt diese Lösung der Luft aus, so
verwandelt sie sich ziemlich rasch durch Aufnahme von 3 Atomen Sauerstoff in
unterschwefligsaures Natron: NaS₂ + 3 O = NaO, S₂O₂.
Vielleicht ist dieses Verfahren nicht zu langsam für die Praxis, wenn man mittelst
eines Gebläses Luft durch die Flüssigkeit triebe.
Den Gehalt beider Lösungen an NaO, SO₂ und NaO, S₂O₂ ermittelt
man durch Titriren mit Jod, worüber ich auf „Mohr's Lehrbuch der
Titrirmethode“ verweise. Um in einer bereits gebrauchten Lösung den
Gehalt an beiden Säuren neben einander zu bestimmen, titrirt man zuerst eine Probe
für sich, und fällt dann eine andere mit Chlorbaryum, wodurch schwefligsaurer Baryt,
welcher fast ganz unlöslich ist, gefällt wird. Im Filtrat bestimmt man dann das
unterschwefligsaure Natron, und die erhaltenen Bürettengrade von denen der ersten
Probe abgezogen, geben das schwefligsaure Natron. Es ist indeß nöthig dabei stark zu
verdünnen, damit sich mit dem schwefligsauren Baryt kein unterschwefligsaurer
niederschlägt, welcher etwas schwer löslich ist (etwa in 1000 Theilen Wasser).
Aus beiden Lösungen setzt man nun das Auflösungsmittel im Verhältniß von 4 Atomen
NaO, S₂O₂ (= 4 × 79 = 316) und 1 Atom NaO, SO₂ (63)
zusammen. Um nicht zu schwach zu wirken, müssen darauf nicht mehr als 2500 Theile
Wasser vorhanden seyn. Darin könnten sich nun 2 Atome Kupfer = 64 als Lasur oder
Malachit lösen, oder sie reichten hin zu 6400 Theilen eines 1 Procent haltenden
Erzes. Da sich aber die Lösung während der Einwirkung schwächt, würde sie zuletzt zu
langsam wirken. Man muß daher einen Ueberschuß anwenden. Nimmt man die doppelte
Menge eines Lösungsmittels, so geht die Auflösung des kohlensauren Kupferoxyds gut
von Statten, und die erhaltene Kupferlösung ist nicht zu concentrirt (1,28 Procent
Kupfer zu einer bequemen Fällung und Abfiltrirung des Halbschwefelkupfers.)
Sobald nun das Kochen lange genug gedauert hat, daß alles kohlensaure Kupferoxyd aus
dem Erzpulver gelöst ist, läßt man das Feuer ausgehen, zapft von der Lauge so viel
als möglich ab, und brächte dann das Erz auf Fässer mit doppelten, mit Leinen
bedeckten Böden, zum Abtropfen und Auswaschen der anhängenden Lösung. Dabei müßte
man systematisch, wie z.B. bei der Auslaugung von Holzasche oder dergleichen
verfahren, indem man mehrere Fässer anwendete, und die Lauge von einem auf das
andere gäbe. Ich glaube, es würde so gelingen, ohne eine nennenswerthe Verdünnung
der Lauge zu bekommen. Nur wenn wegen eines größeren Gehalts an Thon im Erze eine
Filtration nicht ausführbar und man zur Decantation genöthigt wäre, würde eine
bedeutende Verdünnung nicht zu vermeiden seyn und eine Abdampfung der entkupferten
und mit schwefliger Säure neutralisirten Lauge nothwendig werden. Man müßte dann
suchen diese möglichst mit der verlornen Hitze der Oefen zu bewirken, welche zum
Abrösten des Schwefelkupfers und zur Reduction des Kupferoxydes bestimmt sind. Von
Schachtöfen könnte man die Gase unter den Pfannen verbrennen; aus Flammöfen läßt
sich die Flamme mittelst eines am Ende der Pfanne angebrachten
Centrifugalventilators unter denselben hinsaugen. Der Zug des Flammofens leidet
dabei gar nicht, wie ich aus eigener Erfahrung versichern kann. Jedoch setzt dieß den Besitz
einer wohlfeilen Wasserkraft zu dem Ventilator voraus.
Die erhaltene Kupferauflösung würde nun mit einer Lösung von Schwefelnatrium
versetzt, wobei ein Ueberschuß des Fällungsmittels zu vermeiden wäre. Das
Halbschwefelkupfer würde auf Leinen filtrirt und ausgewaschen, wobei ebenfalls
Verdünnung der Lauge möglichst müßte vermieden werden. Die weitere Behandlung des
Cu₂S, um daraus das Kupfer zu gewinnen, ist bekannt, und ich will nur dazu
bemerken, daß bei seiner dünnen Vertheilung eine möglichst vollkommene Abrüstung des
Schwefels nicht allein leicht zu bewirken, sondern auch wegen der Benutzung der
schwefligen Säure vortheilhaft seyn wird.
Dann würde das in der Lauge gebildete kohlensaure Natron durch Einleiten von
schwefliger Säure in schwefligsaures verwandelt, wobei auf Bewahrung der Neutralität
derselben zu achten wäre.
Das schwefelsaure Natron ließe man sich so lange in der Lauge anhäufen, bis es beim
Abkühlen in hinlänglicher Menge als Glaubersalz daraus krystallisirt. Da die Lauge
auf 100 Wasser schon 15 unterschwefligsaures und schwefelsaures Natron enthält, so
wird sie bei gewöhnlicher Temperatur nur noch wenig schwefelsaures Natron auflösen,
die Auskrystallisirung des Glaubersalzes also ziemlich vollständig erfolgen.
Andererseits wird eine Auskrystallisirung desselben bei dem Auslaugen und Fällen der
Lauge leicht zu verhindern seyn, da schwefelsaures Natron bei 35° C.
löslicher ist als bei 100°, wobei die Auskochung geschah. 100 Theile Wasser
lösen bei 100° 40 Theile schwefelsaures Natron, bei 35° 50 Theile. Es
wird aber nicht schwer seyn, der Lauge während der Fällung eine Temperatur von
35° zu bewahren. – 64 Kupfer erzeugen 71 schwefelsaures Natron. 5000
Wasser lösen bei 100° 2000 davon. Da aber schon 750 schwefligsaures und
unterschwefelsaures Natron darin sind, so will ich annehmen, daß sie nur noch 1250
schwefligsaures Natron lösen können. Danach könnte man die Lauge 17 Mal zum
Auskochen von neuem Erz anwenden, ehe man ein Auskrystallisiren von Glaubersalz
vorzunehmen braucht.
NaO, SO₂, und NaO, S₂O₂ oxydiren sich an der Luft zu NaO,
SO₃, indeß geht dieß langsam und ließe sich durch Bedecken der Kochkessel
noch verzögern. Da man die oxydirten Salze als NaO, SO₃ wieder erhält, wird
der dadurch entstehende Aufwand wohl nicht bedeutend seyn.
Ich könnte einige vorläufige Berechnungen anführen, nach welchen die Unkosten dieses
Verfahrens wahrscheinlich sehr mäßig seyn werden, indeß sind zu genauer Ermittelung
derselben Versuche im Großen nothwendig. Solche glaube ich aber denen, welche zu diesem Verfahren
geeignete Erze zu bearbeiten hätten, mit gutem Gewissen empfehlen zu können.