Titel: Bestimmung des Sauerstoffes in Gasen für technische Zwecke, nebst Beschreibung von zwei neuen Apparaten zur Gasanalyse; von Max Liebig, Chemiker der Rhenania zu Stolberg bei Aachen.
Autor: Max Liebig
Fundstelle: Band 207, Jahrgang 1873, Nr. XII., S. 37
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XII. Bestimmung des Sauerstoffes in Gasen für technische Zwecke, nebst Beschreibung von zwei neuen Apparaten zur Gasanalyse; von Max Liebig, Chemiker der Rhenania zu Stolberg bei Aachen. Mit Abbildungen auf Tab. I. Liebig, über Bestimmung des Sauerstoffes in Gasen für technische Zwecke. Die Wichtigkeit, welche die Bestimmung des Sauerstoffes in den aus den Schwefelsäurekammern austretenden Gasen zur Regulirung des Kammerganges und zur Beobachtung des ganzen Processes für den Schwefelsäurefabrikanten hat, und der Mangel eines Verfahrens, diese Bestimmung in einer so kurzen Zeit und so zahlreich, wie die Praxis es verlangt, ausführen zu können, hießen mich, von Hrn. Robert Hasenclever, Director des hiesigen Werkes, besonders dazu aufgemuntert, nach einem solchen Verfahren und einem diesem entsprechenden Apparate suchen. Zunächst unterzog ich die bis jetzt bekannten Verfahrungsweisen welche bei der Analyse oben erwähnter Gase eingeschlagen sind, einer näheren Prüfung. Das Verfahren mit frisch gefälltem Eisenoxydul und dasjenige mittelst Phosphor als Absorptionsmittel des Sauerstoffes, wie es in Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie, Jahrgang 1869 S. 482 von Hart angegeben ist, verließ ich schnell wieder, da dieselben weder genügende Genauigkeit gewährten, noch in kurzer Zeit zum Ziele kommen ließen. Den Sauerstoff mit Stickoxyd zu bestimmen, was Scheurer-Kestner sowohl bei der Analyse oben erwähnter Gase als auch bei Schürgasen auf den Werten zu Thann benutzt, schien mir einer näheren Betrachtung werth, da es den Vortheil der schnellen Ausführbarkeit für sich hat. Besonders bewog mich die Angabe in der erwähnten Zeitschrift S. 483, – nach welcher Scheurer-Kestner mit dieser Methode überraschende Resultate (nur um 0,1–0,2 Vol.-Proc. und einmal 0,3 Vol.-Proc. mit der zu gleicher Zeit in der Quecksilberwanne mittelst alkalischer Lösung von Pyrogallussäure ausgeführten Analyse differirend) bei zahlreichen Bestimmungen bei den Schürgasen einer Dampfkesselfeuerung (mit 4,6–4,7 Vol.-Proc. Sauerstoffgehalt) erhalten haben will, – mich eingehender mit dieser Methode zu beschäftigen. Scheurer-Kestner nimmt nach der citirten Angabe an, daß sich beim Vermischen von Stickoxyd mit sauerstoffhaltigem Gasgemisch, das erstere mit dem Sauerstoff zu Untersalpetersäure verbinde, welche sich mit dem als Sperrflüssigkeit dienenden Wasser in NO⁵ und NO³ zerlege0 = 8. und daß diese sich dann unzersetzt im Wasser lösen. In Folge dieser Annahme dividirt er die absorbirten Kubikcentimeter Gas durch 3, um den Sauerstoff zu finden, denn: 1 Vol. O vereinigt sich mit 2 Vol. NO² zu NO⁴. Es ist jedoch nicht anzunehmen, daß sich bei der Berührung von NO² und O nur NO⁴ bilde; es wird auch NO³ in bedeutender Menge entstehen und zwar um so mehr, je weniger Sauerstoff dem Stickoxyd gegenüber vorhanden ist, wie aus Folgendem hervorgeht. Würde ich nur die Bildung von NO³ annehmen, so würde ich die absorbirte Menge Gas durch 5 zu dividiren haben, um den Sauerstoff zu finden, denn: 1 Vol. O vereinigt sich mit 4 Vol. NO² zu NO³. Dieß gilt natürlich nur bei der Annahme daß sich die entstandene salpetrige Säure unzersetzt im Wasser löse. Bei zahlreichen Versuchen die ich mit atmosphärischer Luft ausgeführt habe, erhielt ich, wenn ich annähernd gleiche Quantitäten Luft und Stickoxyd anwandte, die absorbirten Kubikcentimeter auf 100 angewandte Luft berechnete und mit dem Sauerstoffgehalt der Luft (21,0 Proc.) dividirte, fast constant die Zahl 4 statt 3 oder 5 bei Annahme einer alleinigen Bildung von NO⁴ oder NO³. Wandte ich mehr NO² als Luft an, so trat eine größere, umgekehrt eine geringere Contraction der Volumina ein; ein Zeichen, daß die Bildung von NO³ zunimmt, sobald der Sauerstoffgehalt der Mischung im Verhältniß zum angewandten Stickoxyd geringer ist. Wenn ich auch bei ein und demselben Gase, welches zugleich so constant zusammengesetzt seyn muß wie die atmosphärische Luft, bei steter Anwendung derselben Gasmenge und derselben Menge Stickoxyd zu einer annähernd constanten Zahl gelangen würde, so würde ich immer dieses Verfahren noch nicht zur Bestimmung des Sauerstoffes in einem Gasgemisch anwenden können, welches stets wechselnde Mengen Sauerstoff enthalten kann, da sich hier nach dem Vorhergehenden bald mehr NO⁴, bald mehr NO³ bilden und so das Resultat modificiren würden. Ich verließ darnach auch diese Methode und nahm meine Zuflucht zur alkalischen Lösung von Pyrogallussäure. Das Verfahren selbst bedurfte keiner Prüfung mehr, denn das Auftreten von Kohlenoxyd, welches Boussingault bei sehr sauerstoffreichen Gasen (40 Proc.) bemerkt hat, konnte Poleck Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie, Jahrgang 1869 S. 451. bei der Analyse von Gasgemischen mit ca. 20 Vol.-Proc. Sauerstoff nicht bemerken. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß Kohlenoxyd nur bei einem großen Gehalte an Sauerstoff auftreten kann. Das Verfahren läßt sich daher ohne Bedenken bei Gasen anwenden, welche wie die vorliegenden nur ca. 6 Proc. Sauerstoff enthalten. Es handelte sich jetzt nur noch darum, einen Apparat zu schaffen, der eine Bestimmung in wenigen Minuten zu vollenden gestattet. Dieß ist mir denn auch mit dem Apparat, welchen ich jetzt beschreiben will, vollständig gelungen. Derselbe gibt mir sehr gute Resultate, gestattet eine Bestimmung in Zeit von drei Minuten auszuführen und, was ich als Hauptvorzug desselben hervorheben kann, einen ganzen Tag ununterbrochen zu operiren. So habe ich z.B. 5 Stunden lang von je 5 zu 5 Minuten eine Analyse am Ausgangsrohr des Gay-Lussac'schen Thurmes ausgeführt und am Schluß zeigte mir der Apparat bei einer Luftanalyse noch 20,6 Proc. Sauerstoff an. Ich gehe nun zur Beschreibung des Apparates über, welcher in Fig. 10 abgebildet ist: a ist eine ca. 60 Kubikcentimeter fassende Röhre in Form einer Vollpipette, welche zum Einsaugen und zum Abmessen des zu analysirenden Gases dient. An ihrem unteren Ende ist ein Kautschukschlauch befestigt, der bis auf den Boden des darüber gezogenen Kautschukbeutels hinabreicht. Letzterer ist mit Wasser als Sperrflüssigkeit gefüllt. Durch Zusammendrücken desselben kann ich die Röhre beliebig mit Wasser füllen und durch Nachlassen des Druckes entleeren. Der Quetschhahn Q verschließt das in den Beutel hinabreichende Kautschukröhrchen. Am oberen Ende des Rohres a befinden sich zwei sogen. Dreiweghähne α und α¹. Sie gestatten, sowohl die Röhre a mit dem feinen Röhrchen β, als auch diese beiden mit der äußeren Luft und dem Raume aus welchem man das zu analysirende Gasgemisch aufsaugen will, beliebig in Verbindung zu setzen. Die Röhre a faßt zwischen den in den Verengungen eingeätzten Punkten 0 und 50 genau 50 Kubik-Centimeter. b ist ein ca. 350 K. C. fassendes Gefäß, welches sich zu einer graduirten Röhre g verjüngt. Letztere ist oben durch den Hahn ɣ verschlossen, auf welchem noch ein ca. 5 Centimet. langes Röhrchen aufgesetzt ist. Sie ist von unten nach oben in 1/10 K. C. und zwar so getheilt, daß die Marke 100 = 50 K. C. unmittelbar am Hahne ɣ liegt. Da stets 50 K. C. Gas bei der Analyse zur Verwendung kommen, so gestattet die angegebene Theilung die absorbirten Kub. Cent. Sauerstoff direct als Volumprocente von unten nach oben abzulesen. Am unteren Gefäß b befindet sich ein schräg angesetzter Tubus zur Aufnahme der feinen Röhre β; dieselbe ist in den Tubus eingeschliffen und reicht noch bis zur Mitte des Gefäßes b, wo sie in einer sehr feinen Spitze endet. Textabbildung Bd. 207, S. 40 Entgegengesetzt von diesem Tubus befindet sich ein zweiter nahe am Boden; in diesen ist das T-Stück e von nebenstehender Form eingeschliffen. Der Schenkel n steht mit dem Rohre c, welches dieselbe lichte Weite wie g hat und als Druckregulator dient, um ein in b eingeschlossenes Gas unter dem Drucke des herrschenden Barometerstandes ablesen zu können, in Verbindung; der Schenkel m mit dem Gefäß d (in Form einer Spritzflasche). Letzteres kann durch den Hahn ρ abgeschlossen werden. Die Einbiegung o des T-Stückes dient dazu, die als Heber fungirende Röhre mit dem Hahne ρ stets gefüllt zu halten. Wenn die Röhre c vollständig abgelaufen ist, darf das Niveau in der Flasche d nicht höher stehen, als der mit x bezeichnete Theil des T-Stückes. Um dieses zu ermöglichen, ist die Flasche ca. 3 Centimeter in das Holzgestell eingelassen. Das horizontale Verbindungsstück der beiden Schenkel m und n (des T-Stückes) wird dann bei Ablaufen von c mit durch den Heber ρ entleert werden und in Folge dessen das Röhrchen β, dessen Spitze jetzt höher liegt als der Abfluß von b, bei Oeffnung des Hahnes α¹ bis zur äußersten Spitze ablaufen. Beim Gebrauch des Apparates verfährt man wie folgt: Der Apparat sey mit der Absorptionsflüssigkeit vollständig gefüllt und zwar das Gefäß b mit der Röhre g bis genau zum Hahne ɣ, welcher geschlossen sey; das Rohr c ebenfalls bis zum Rand. Im Röhrchen β stehe die Flüssigkeit bis genau zum Hahne α¹. Das Gefäß d enthalte jetzt nur noch so viel Flüssigkeit, daß der Heber ρ gefüllt bleibt. Oeffne ich jetzt den Hahn ρ, so entleeren sich die Röhren c und das T-Stück e bis zur Einbiegung o. Während des Ablaufens dieser Röhren stelle ich a, welches mit Wasser gefüllt sey, in Verbindung mit dem Raum aus welchem ich das zu analysirende Gas aufsaugen will. Nach dem Lüften des Quetschhahnes Q füllt sich nun die Röhre a, indem das Wasser (die Sperrflüssigkeit) in den Kautschukbeutel zurücktritt, mit dem Gase an. Ein wiederholtes Aufdrücken und Ablassen des Wassers bezweckt, daß auch die Zuleitungsröhre des Apparates von atmosphärischer Luft befreit und mit Gas angefüllt wird. Schließlich lasse ich das Wasser in a bis unter die in der Zeichnung sichtbare Kugel ab, drehe den Hahn um 90° Grad nach rechts, d.h. verbinde das Röhrchen β mit dem das Gas enthaltenden Raume, worauf sich auch dieses (β), während die Absorptionsflüssigkeit abläuft, bis zur Spitze mit dem Gase anfüllt. Bei der jetzigen Hahnstellung ist a geschlossen. Durch Zusammenpressen das Kautschukbeutels drücke ich die Sperrflüssigkeit genau bis zur Marke 50 in die Höhe, wodurch das Gas in a verdichtet wird. Sobald das Röhrchen β vollständig abgelaufen ist, verbinde ich auf wenige Secunden a vermittelst des Dreiweghahnes α mit der äußeren Luft. Der Ueberschuß des Gases in a entweicht, das zurückbleibende stellt sich mit dem gerade herrschenden Barometerstand in Uebereinstimmung. Nachdem schließlich die Communication zwischen a und β hergestellt ist, drücke ich das in a enthaltene Gas durch die Absorptionsflüssigkeit hindurch in die graduirte Röhre g, wobei eine vollständige Absorption des Sauerstoffes erfolgt. Sobald die Sperrflüssigkeit in a die obere Marke (0), erreicht hat, schließe ich den Quetschhahn Q, denn ich habe jetzt genau 50 Kub. Cent. Gas übergedrückt. Ein der nach g tretenden Gasmenge entsprechendes Flüssigkeitsquantum wird durch den Heber ρ nach d entführt. Ich hätte jetzt nur nöthig, das Flüssigkeitsniveau in c mit dem in g gleichzustellen, um das in letzterem enthaltene Gas unter dem Drucke des herrschenden Barometerstandes abzulesen, wenn nicht ein Schäumen der Absorptionsflüssigkeit, durch das Durchstreichen der Gasblasen hervorgerufen, ein genaues Ablesen verhinderte. Um den Schaum zu beseitigen, bringe ich ein wenig Wasser in das Röhrchen über dem Hahne ɣ und lasse durch vorsichtiges Lüften des Hahnes einen Theil desselben an den Wandungen des Rohres g herabfließen. Dadurch wird in wenigen Secunden der Schaum vollständig zerstört und so ein um so genaueres Ablesen ermöglicht, als dadurch auch zu gleicher Zeit die an den Wandungen haften gebliebene Absorptionsflüssigkeit, durch welche das Volumen scheinbar um etwas vergrößert würde, schnell mit herabgeführt wird. Es ist natürlich darauf zu achten, daß das Niveau in c während des Lüftens des Hahnes ɣ niedriger steht als in g; im anderen Falle würde Gas aus g durch den Druck der Flüssigkeitssäule in c entweichen. Um einen neuen Versuch zu beginnen, habe ich nur nöthig, vermittelst k nach Oeffnen der Hähne ρ und ɣ die Röhren g, c und durch Verbindung von β mit der äußeren Luft auch dieses mit der Absorptionsflüssigkeit anzufüllen und dann wie oben zu verfahren. Eine für technische Zwecke unbedeutende Fehlerquelle besteht darin, daß beim Ablassen des Röhrchens β soviel der Absorptionsflüssigkeit an den Wänden hängen bleibt, um dem eintretenden Gase seinen Sauerstoff zu entziehen. Ich werde daher eine dem Inhalte des Röhrchens β entsprechende Menge Gas, bereits des Sauerstoffes beraubt, nach g drücken und in Folge dessen den Sauerstoffgehalt dieser Menge Gas zu wenig finden. Eine Correctur für diesen Fehler läßt sich leicht anbringen, wenn man die gefundenen Kub. Cent. Sauerstoff nicht auf 50, sondern auf 50 K. C. weniger des Inhaltes des Röhrchens β berechnet. Bei meinem Apparate faßt β 0,5 K. C. Bei Analyse der atmosphärischen Luft enthält dieser 1/2 K. C. 0,105 Sauerstoff; ich werde daher bei Anwendung von 50 K. C. Gas 0,21 Vol.-Proc. zu wenig finden. Berechne ich aber nach Obigem die gefundene Sauerstoffmenge auf 49,5 K. C. angewandter Luft, so ist der Fehler ausgeglichen. Bei geringerem Sauerstoffgehalt wird dieser Fehler natürlich so klein werden, daß die Correctur ohne Bedenken unterbleiben kann. Befürchtet man, daß die Absorptionsflüssigkeit während längerer Arbeit ihre genügende Absorptionsfähigkeit verloren hat, so kann man sich leicht durch eine Analyse der atmosphärischen Luft davon überzeugen. Zur Füllung des Apparates wende ich gewöhnlich 20 Gramme Aetzkali und 10 Gramme Pyrogallussäure in der erforderlichen Menge Wasser gelöst, an. Mit dieser Füllung kann ich zahlreiche Bestimmungen ausführen, ohne daß mich der Apparat im Stiche läßt. Noch ließe sich einwenden, daß sich wegen des Gehaltes an Stickstoffsäuren eventuell schwefliger Säure, zur Bestimmung des Sauerstoffes in den aus den Schwefelsäurekammern austretenden Gasen, zu welchem Zwecke ich hauptsächlich den Apparat construirt habe, derselbe nicht direct anwenden lasse, da die genannten Verbindungen entweder mit in die Absorptionsflüssigkeit gelangen, dort mit absorbirt und so direct das Resultat erhöhen würden, oder schon in der Röhre a von der Sperrflüssigkeit absorbirt und dann indirect denselben Fehler hervorrufen würden. In letzterem Falle, welcher jedenfalls bei öfterem Erneuern der Sperrflüssigkeit eintritt, würde ich 50 Kub. Cent. von Nitroverbindungen oder schwefliger Säure befreit nach g drücken und dann in Wahrheit mehr als 50 K. C. Gas zur Analyse verwendet haben. Um eine Correctur dafür anzubringen, muß ich die gefundene Sauerstoffmenge daher auf 50 K. C. des Gehaltes derselben an Stickstoffsäuren, eventuell schwefliger Säure berechnen. Ohne vorherige gesonderte Bestimmung derselben läßt sich jedoch der Fehler nicht verbessern. Für technische Zwecke kann derselbe auch übersehen werden, da er nur unbedeutend ist, wie aus Folgendem erhellt. Sind die Kammergase beim Austritt roth gefärbt, d.h. enthalten sie Stickstoffsäuren im Ueberschuß, wie es der reguläre Betrieb erfordert, so beträgt der Gehalt an Nitroverbindungen höchstens 0,35 Vol.-Proc. Bei einem Sauerstoffgehalt von 6,0 Vol.-Proc. würde der dadurch erzeugte Fehler nur 0,04 Proc. betragen, denn: 50 : 50,35 = 6 : x; x = 6,04 Proc. Ist der Kammergang gestört, enthalten die austretenden Gase schweflige Säure, so wird der Gehalt daran nur bei ganz abnormen Verhältnissen über 1 Vol.-Proc. steigen. Der Fehler betrüge bei 1 Vol.-Proc. also 0,12 Proc., was für technische Zwecke vernachlässigt werden kann, namentlich da der im Apparate selbst liegende Fehler entgegengesetzt dem hierdurch entstehenden ist. Correcturen für Temperatur etc. werden ebenfalls in den meisten Fällen bei der überaus schnellen Vollendung der Analyse nicht nöthig seyn. Die Resultate welche ich bei zahlreichen Bestimmungen der atmosphärischen Luft erhalten habe, sind so befriedigend (ich fand stets einen Sauerstoffgehalt von 20,6 bis 20,8 Vol.-Proc. mit Anwendung der Correctur für den Fehler am Apparat), daß ich ohne Bedenken meinen Apparat für technische Zwecke empfehlen kann, wobei ich bemerke, daß Hr. Dr. Geißler in Bonn denselben mit großer Genauigkeit ausführt. Bei Anwendung anderer Absorptionsmittel läßt sich der Apparat auch zur Einzelbestimmung anderer Gase benutzen. Füllt man ihn nur mit Kalilauge an, so ist er zur Bestimmung der Kohlensäure in Schürgasen bereit und auch statt des in Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie Jahrgang 1867 S. 261 beschriebenen Scheibler'schen Kohlensäure-Apparates für Saturationsgase zu verwenden. Letzterem Apparat ist die zur Aufnahme des zu analysirenden Gases dienende Vorrichtung entnommen. Während ich mit Prüfungen meines Apparates beschäftigt war, kam mir die Beschreibung des von Dr. Cl. Winkler zu gleichem Zwecke construirten Apparates zur Hand.Im Mai 1872 zu Leipzig bei Hirschfeld gedruckt. Dieser hat den Vortheil, daß er sich zur vollständigen Analyse eines Gasgemisches bei Anwendung so vieler Apparate als letzteres Bestandtheile enthält, verwenden läßt, was bei dem von mir construirten nicht zulässig ist bei Gasen welche vom Wasser absorbirbare Bestandtheile (in größerer Menge als oben erwähnt ist) enthalten, da ich Wasser als Sperrflüssigkeit verwende. Dagegen gestattet mein Apparat eine große Zahl Einzelbestimmungen auszuführen, ohne noch eines Aspirators zu bedürfen oder die Meßröhre nach einer jeden Bestimmung reinigen zu müssen, wie es der Winkler'sche verlangt. Um eine vollständige Analyse mit ein und derselben Gasmenge in ein und demselben Apparate ausführen zu können, möchte ich den folgenden, in Fig. 11 abgebildeten, vorschlagen. Ehe ich zur Beschreibung desselben übergehe, erwähne ich noch, daß der vorher beschriebene Apparat auch für jetzt auszuschließende Gase verwendbar wird, wenn man das Gefäß welches zum Aufsaugen des Gases dient, mit einer ähnlichen Vorrichtung vertauscht, wie die Hälfte des folgenden darstellt, und dann mit Quecksilber als Sperrmittel arbeitet. Eine solche Vorrichtung hatte mein Apparat ursprünglich; später vertauschte ich dieselbe mit der jetzigen, vom Scheibler'schen Kohlensäure-Apparat entnommenen, da diese für den Zweck zu welchem ich den Apparat zunächst construirte, ausreicht und denselben bedeutend vereinfacht. Jetzt will ich noch in Kürze den zweiten Apparat beschreiben: a und a¹ sind zwei graduirte Röhren, welche oben durch die Dreiweghähne e und e¹ verschlossen sind. Die eine Endmarke liegt in den Röhrenverjüngungen unmittelbar an den genannten Hähnen. a und a¹ stehen in Verbindung mit b und b¹. Letztere dienen als Druckregulatoren. a und b (a¹ und b¹) können durch die Dreiweghähne d und d¹ einmal mit einander, zweitens jede derselben mit den in der Zeichnung ersichtlichen Röhrenansätzen r und r¹, und drittens jede der Röhren a oder b allein mit r in Verbindung gesetzt werden. Q ist ein Quecksilbergefäß mit einem Dreiweghahne, um beliebig b oder b¹ und durch diese auch a und a¹ mit Quecksilber anfüllen zu können. An den Hähnen e und e¹ befinden sich seitlich feine Röhrenansätze, die in das Verbindungsstück f, welches beim Zusammenstellen des Apparates eingesetzt wird, eingeschliffen sind. Auf die Hähne sind wie im vorigen Apparat Röhrchen aufgesetzt, welche mit einem Ausfluß versehen sind. In jedes derselben paßt der mit dem Röhrchen s zum Einsaugen des Gases versehene Glasstopfen. Will man mit dem Apparat arbeiten, so füllt man a und b (oder a¹ und b¹, nach Belieben) vollständig aus Q mit Quecksilber an, und zwar a bis zum Stopfen mit s. Hat man s mit dem Raume aus dem man das Gas entnehmen will, in Verbindung gesetzt, darauf das Quecksilber in a einige Male auf und ab spielen lassen, um auch das Zugangsrohr mit dem aufzunehmenden Gase anzufüllen, so stellt man die Communication von a und b mit r her, wodurch das Quecksilber aus beiden Röhren gleichmäßig durch r nach g abfließen wird (falls sich das aufzusaugende Gas nicht in stark verdünntem oder comprimirtem Zustande befindet), und das Gas nach a eintritt, wo es sich nach Verbindung von a und b unter sich unter dem Drucke des herrschenden Barometerstandes ablesen läßt. Nachdem a durch e abgeschlossen und s mit dem Stopfen entfernt ist, füllt man das zunächst zu verwendende Absorptionsmittel in den Röhrenaufsatz, lasse in b das Niveau etwas sinken und lüfte e nach a zu so viel, daß der größte Theil der Absorptionsflüssigkeit sich an den inneren Wandungen ausbreitend nach a einfließt. Sobald keine Absorption mehr bemerkbar ist, verbindet man durch e¹ die Röhren f mit a¹, füllt durch b¹ beide bis zum Hahne e (f steht durch e auch mit dem Röhrenaufsatze, also mit der äußeren Luft in Verbindung) mit Quecksilber an, und setze darauf a durch f mit a¹ in Verbindung. Die Hahnstellung ist jetzt der Art, daß durch Einfließenlassen von Quecksilber nach b (a und b stehen natürlich mit einander in Verbindung) und entsprechendes Ablassen durch d¹ und r¹ nach g, das in a enthaltene Gas nach a¹ hinübertritt. Sobald die auf dem Quecksilber stehende Absorptionsflüssigkeit in a den nach f führenden Röhrenansatz bei e erreicht hat, verbinde ich schnell durch eine Drehung von e um 90° nach rechts a mit dem Aufsatz und drücke dann die Flüssigkeit mit ein wenig Quecksilber aus a heraus. Erst jetzt drücke ich durch Wechseln der Hahnstellung das noch in f enthaltene Gas nach a¹ hinüber. Der Apparat gewährt nun den Vortheil, nach der Absorption in einer vollständig reinen Röhre ablesen zu können. Sobald dieß geschehen, bringt man die zweite Absorptionsflüssigkeit durch den Röhrenaufsatz bei e¹ nach a¹ und verfährt eben so wie vorher. Nachdem man während der Absorption in a¹ durch Nachspülen mit etwas Wasser a wieder gereinigt hat, drückt man das Gas nach der ersten Röhre zurück um dort den dritten Bestandtheil zu absorbiren etc. Der Ausguß an den Röhrenaufsätzen dient dazu, die gebrauchte Absorptionsflüssigkeit und das zum Nachspülen verwendete Wasser in einem Gläschen aufzufangen. c und c¹ dienen dazu, um auch feste Absorptionsmittel an dünnen Platindrähten einführen zu können. Dieselben sind mit eingeriebenen Glasstopfen verschlossen, welche noch durch eine aufgeschraubte Messingkapsel festgehalten werden, damit sie nicht durch den Druck der Quecksilbersäulen herausgeworfen werden können. Schließlich kann die eine Hälfte des Apparates noch als Eudiometer eingerichtet seyn, oder zu diesem Zwecke aus starkem Glase ein Reservetheil gefertigt werden. Man ist dann im Stande alle volumetrischen Bestimmungen im Apparat auszuführen. Da das Quecksilber aus g stets nach Q zurückgegeben wird, so hat dasselbe im höchsten Falle nur so viel zu fassen als der Inhalt der vier Röhren a und a¹ und b und b¹ beträgt. Ich beabsichtige diesen Apparat ebenfalls von Dr. Geißler (in Bonn) anfertigen zu lassen und sobald es mir die Zeit erlaubt, mehrere Beleganalysen auszuführen, die ich dann demnächst mit vielleicht noch einigen Verbesserungen mittheilen werde. Waldmeisterhütte bei Stolberg, den 8. November 1872.

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