Titel: | Ueber ein neues Verfahren Bleierze zu probiren; von Anton Mascazzini in Genua. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. XIII., S. 47 |
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XIII.
Ueber ein neues Verfahren Bleierze zu probiren;
von Anton Mascazzini in Genua.
Mascazzini, über ein neues Verfahren Bleierze zu
probiren.
In einer kurzen Mittheilung habe ich im Julihefte 1867 der Annali di Chimica applicata alla Medicina einige Bemerkungen über ein
neues Verfahren Bleierze zu probiren veröffentlicht, welches auf der reducirenden
Wirkung beruht, die der Wasserstoff im Entstehungszustande auf die Bleierze ausübt,
indem ich mir vorbehielt, die ausführliche Beschreibung dieses Verfahrens und jener
anderen dokimastischen Operationen auf welche die Anwendung desselben Principes
zulässig wäre, nachzuliefern.
Der Zweck meiner Forschungen war darauf gerichtet, mit aller bei diesen
Verfahrungsarten erreichbaren Genauigkeit, eine Gleichförmigkeit in den Resultaten
auch bezüglich solcher Erze zu erlangen, welche bei gleichem Bleigehalt nicht nur
durch die Qualität ihrer Elemente unter einander verschieden, sondern überdieß von
metallischen Beimengungen anderer Natur begleitet sind; so zwar daß z.B. die Menge
des Bleies welche aus einer bestimmten oxydirten bleiischen Materie erhalten wird,
bei gleichem Verfahren der Bleimenge gleich käme die aus einem Bleiglanze von
demselben Halte resultirt, möge derselbe rein oder mit anderen Schwefelverbindungen
oder Metalloxyden vorkommen.
Da die Differenzen welche bei der Probe verschiedener Erze von gleichem Halte
resultiren, hauptsächlich von der Natur und relativen Menge der verschiedenen
Schwefel-, Arsen-, oder Schwefelarsen-Verbindungen, die sie
begleiten, herrühren und die Verluste in geradem Verhältnisse zu der Menge solcher
fremden Substanzen zunehmen, so war es, sowohl um die gewünschte Gleichförmigkeit
der Resultate zu erzielen, als auch um die Anwendung der neuen Methode allgemein zu
machen, vor Allem nothwendig, den Erfolg derselben so viel als möglich von diesen
Substanzen unabhängig zu machen.
Nachdem aber die zersetzende Wirkung des Zinkes nur auf die Oxyde, die Sulfuride und
Salze jener Metalle, welche dasselbe aus ihren Lösungen in elementarem Zustande
niederschlägt, vollkommen gelingt, so ist es unmöglich den Einfluß der Zinkblende
und des Kupfer- und Eisenkieses zu beseitigen, wenn diese den bleiischen
Zeugen beigemengt sind, da dieselben im Beiseyn des reducirten Bleies fast unberührt
bleiben und während des folgenden Schmelzens desselben eben jene Uebelstände welche
man vermeiden will, d.h. die Bildung schwefelhaltiger Schlacken herbeiführen.
Unter diesen Umständen war ein einfaches Mittel von rascher und sicherer Wirkung
nothwendig.
Es schien mir am zweckmäßigsten, die Bleiprobe durch Oxydation und vorläufige
Salification ihrer sogenannten metallischen Elemente für die Reduction
vorzubereiten, so zwar, daß das Blei sich in allen Fällen und constant als Sulfat
darin befinde.
Unter den Reactionen welche mir die Erfahrung zur Erreichung dieser Absicht als die
wirksamsten angezeigt hat, habe ich das Glühen des Erzes mit schwefelsaurem Ammoniak gewählt.
Die Wirkung der allmählich erhitzten Luft, jene der Säuren, der unterchlorigsauren
Salze, des Quecksilberoxydes, die Schmelzung mit Salpeter und mit salpetersaurem
Ammoniak hätten mir das gleiche Resultat gegeben, allein nach wiederholten Versuchen
mußte ich das schwefelsaure Ammoniak vorziehen, welches, wenn es auch in manchen
Fällen nicht von gewissen Mängeln frei ist, die man übrigens mit Leichtigkeit
beseitigen kann, doch immer unläugbare Vortheile vor den anderen Reagentien
gewährt.
Ich schließe die Röstung aus, da sie zu langwierig, unbequem und oft schwer
ausführbar ist.
Auf diese Weise läßt sich die Probe von bleiischen Zeugen folgendermaßen ausführen,
und zwar bei Erzen welche von anderen metallischen Substanzen
fast ganz frei sind, durch Reduction mittelst Zinkes in Pulverform und
darauffolgendes Schmelzen des Bleies; hingegen bei blendigen
und kiesigen Mineralien durch die gleiche Behandlung nach vorhergegangener Sulfatisation des
Bleies mittelst schwefelsauren Ammoniaks. Die zur Sulfatisation der kiesigen etc.
Mineralien nothwendige Menge dieses Salzes wechselt natürlich je nach ihrem größeren
oder geringeren Halte.
Zwei Theile des trockenen Sulfates genügen übrigens in allen Fällen um die reichsten
Zeuge in schwefelsaure Salze zu verwandeln.
Die Operation wird mit Sicherheit in einem Porzellantiegel ausgeführt, den man mit
einer umgekehrten Schale bedeckt, um die Verluste zu vermeiden welche manchmal
während der ersten Reaction durch Hinausschleudern herbeigeführt werden könnten.
Es ist dieß die einzige Unzukömmlichkeit, welche übrigens, selbst falls man 25 Gramme
des Minerales verwendet, unschädlich gemacht werden kann, wenn man die Vorsicht
gebraucht, die Temperatur entsprechend zu mäßigen.
Sobald das Aufwallen vollständig aufgehört hat, kann man ohne Gefahr die Hitze bei
offenem Gefäße bis zur starken Rothgluth erhöhen, und es ist angezeigt, diese
Rothgluth so zu erhalten, weil die bei der beginnenden Zersetzung des schwefelsauren
Eisenoxydes, Kupferoxydes etc. eintretende Entwickelung der oxydirenden Gase
mitwirkt, die Reaction zu vollenden.
Die erkaltete Masse läßt sich ohne Schwierigkeit aus dem Gefäße entfernen, indem man
sie in der Wärme mit Wasser auflöst, welches man durch Schwefelsäure und einige
Tropfen Salzsäure ansäuert. Hierdurch trägt man zur vollkommenen Auflösung der
Sulfate des Eisens und Kupfers etc. und ihrer in der letzten Periode der
Sulfatisation allenfalls gebildeten Oxyde bei, während die Gegenwart des Chlors
mitwirkt zu verhindern daß das Silber ebenfalls aufgelöst werde. Um diesen Zweck
noch besser zu erreichen, ist es angezeigt die Solution zu verdünnen und sie einige
Zeit ruhig stehen zu lassen, worauf man die ungelösten Theile auf einem Filter
sammeln und von den löslichen Salzen vollkommen trennen kann; nachdem dieselben mit
heißem Wasser gut ausgewaschen sind, werden sie in einer Porzellanschale getrocknet
und das Filter verbrannt.
Die so aufgeschlossene und mit dem Zinkpulver, welches zur Reduction des darin
enthaltenen schwefelsauren Bleioxydes und Chlorsilbers dienen soll, innig vermengte
Probe wird in einen hinlänglich großen Kolben gebracht und darin nach und nach so
lange mit Salzsäure übergossen, bis man mit Sicherheit erkennt daß die Reaction
beendet sey.
Es ist nicht möglich, im Vorhinein die unumgänglich nothwendige Menge Zink für jedes
Erz festzustellen; da aber auch ein Ueberschuß desselben dem Gelingen keinen Eintrag thut, so wird es
genügen sich im Allgemeinen daran zu halten, daß zwei Theile Zink hinreichen, um
einen Theil reinen Bleiglanzes in metallischen Zustand zurückzuführen, vorausgesetzt
daß sowohl das Zink als auch die Probe sich in feinster Pulverform und im Zustande
einer innigen und vollkommen homogenen Vermischung befinden.
Es ist unnütz auf die Nothwendigkeit hinzuweisen, daß das Zink und die Salzsäure
welche zur Entwickelung des Wasserstoffes verwendet werden, so viel als möglich von
jenen Verunreinigungen frei seyn müssen, welche gewöhnlich diese im Handel
vorkommenden Substanzen begleiten.
Die Gegenwart von etwas Blei, welches auch in den besten Zinksorten unvermeidlich
ist, bleibt unschädlich, wenn man nur die Menge derselben feststellt.
Wenn man aus irgend einer Ursache nicht Gelegenheit hätte, das reducirte Metall an
demselben Tage zu waschen und zu sammeln, so wird es angezeigt seyn, einen
Zinkstreifen einzutauchen und ihn bis zu dem Augenblicke wo die Arbeit wieder
aufgenommen wird, darin zu lassen; das unaufhörlich sich entwickelnde Wasserstoffgas
verhindert die Veränderung des in der sauren Flüssigkeit befindlichen und mehr oder
weniger der Einwirkung der Luft ausgesetzten schwammigen Metalles.
Die mit dem Zink behandelte Materie wird zuerst durch Decantation in demselben Gefäße
mit luftfreiem, oder wenn man will, mit etwas Schwefelsäure angesäuertem Wasser
gewaschen. Man überträgt sie dann in ein Gefäß mit ebenem Boden aus Glas oder
Porzellan und comprimirt sie mittelst eines Glasstabes, um alle Theilchen in eine
einzige etwas compacte Masse zu vereinigen; auf diese Weise gelingen die letzten
Waschungen leichter und rascher, und ohne Gefahr von unliebsamen Verlusten.
Die so vorbereitete Probe kann ohne Weiteres in einen Tiegel eingesetzt werden, in
welchem dieselbe, nachdem sie bei gelinder Hitze getrocknet ist, mit ihrem 1
1/2fachen und je nach Umständen auch mit dem 2fachen Gewichte eines reducirenden
Flußmittels vermengt wird. Man bedeckt sie mit einer dünnen Schichte desselben
Flußmittels oder mit etwas trockenem Kochsalz und schmilzt bei langsam bis zur
Rothgluth gesteigerter Temperatur, und wenn man bemerkt daß die flüssige Masse
vollkommen ruhig ist, beendigt man die Operation bei plötzlich erhöhtem Feuer.
Unter den bekannten Flußmitteln hat mir die Erfahrung das von Plattner angegebene als das zweckmäßigste bezeichnet; dieses besteht
aus:
13
Theilen
kohlensaurem Kali,
10
„
trockenem kohlensaurem Natron,
5
„
geschmolzenem Borax,
5
„
getrockneter Stärke.
Dieses Flußmittel verbindet mit der unveränderlich reducirenden Kraft die
Eigenschaft, in kurzer Zeit und bei mäßiger Temperatur vollkommen flüssig zu werden,
wodurch die Vereinigung aller Kügelchen in einen einzigen König leichter und
sicherer erreicht wird.
Derselbe Proceß kann zur Bestimmung des Bleies und mithin des Silbers, welche in dem
Bleiweiß, dem Mennig, der Glätte etc. enthalten sind, ferner zur Probe der
gold- und silberreichen Erze, und mit einigen Modificationen bei der Wahl der
Flußmittel auch zur Probe des Antimons, des Zinnes und auch des Kupfers mit Nutzen
angewendet werden, wenn man bei dem letzteren aus besonderen Gründen den trockenen
Weg statt des nassen Weges, welcher nunmehr in fast allen Laboratorien des
continentalen Europa's eingeführt ist, wählen sollte.
Wenn in dem Gold- und Silbererze im engeren Sinne des Wortes, die bleiischen
Stoffe fehlen, welche nöthig sind um beim Schmelzen das Edelmetall in einem
hinlänglich großen Könige zu vereinigen, so kann man der (wenn nöthig, vorher durch
schwefelsaures Ammoniak in der oben angegebenen Weise aufgeschlossenen) Probe eine
bestimmte Menge von Bleioxyd oder eines Bleisalzes beimengen, und dann das Verfahren
fortsetzen, als ob es sich um ein Bleierz handeln würde.
Ich muß schließlich beifügen, daß das Gelingen dieses Verfahrens sowie vieler anderer
ähnlicher Processe viel von den praktischen Kenntnissen des Operirenden, von der
Geschicklichkeit welche er in den besonderen darauf bezüglichen chemischen
Operationen erlangt hat, und hauptsächlich von der Leitung des Feuers während des
Schmelzens der Probe abhängt.
In dieser Beziehung ist keine Belehrung nützlicher als die wiederholte Arbeit, aus
welcher man nach und nach, fast instinctmäßig, die sicheren Kriterien ableiten wird,
um unter allen Umständen richtig vorzugehen.