Titel: | Ueber die Anwendung des Wasserdampfes zum Feuerlöschen; von Dr. H. Weidenbusch in Wiesbaden. |
Autor: | H. Weidenbusch |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. XXIV., S. 78 |
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XXIV.
Ueber die Anwendung des Wasserdampfes zum
Feuerlöschen; von Dr. H. Weidenbusch in
Wiesbaden.
Weidenbusch, über die Anwendung des Wasserdampfes zum
Feuerlöschen.
In unserem ersten Artikel über diesen Gegenstand, in diesem Journal Bd. CCVI S. 411
(erstes Decemberheft 1872), hatten wir an einem Falle aus der Praxis nachzuweisen
versucht, daß der Wasserdampf die höchste Beachtung verdiene für die Folge je nach
der Localität als ausschließliches oder als Hülfslöschmittel neben den bestehenden
in Gebrauch gezogen zu werden, und wir wiesen dabei auf die Analogie hin, welche
zwischen ihm und anderen Gasarten besteht, die zu gleichem Zwecke bisher in
Vorschlag gebracht worden waren. Diese Analogie geht indeß nur bis zu einer gewissen
Grenze, jenseits welcher der Dampf mit ganz specifischen Vorzügen jene Gase
überragt, und wohl nur in dieser ist die Erklärung dafür zu finden, daß in dem
angezogenen Beispiel der Dampf noch siegreich den Platz behauptete, während es kaum
einem Zweifel unterliegt, daß in gleichem Falle weder schweflige Säure noch
Kohlensäure zu diesem Resultat geführt hätten. Dieser Unterschied liegt eben in der
großen Differenz der Flüchtigkeit der genannten Gase, denn während beide Säuren
unter den gewöhnlichen Umständen überhaupt noch Gase sind und bleiben, geht der
Wasserdampf alsbald nach seinem Ausströmen in den Raum überall in die zweite Form
seines Aggregatzustandes, den Bläschendampf über, wo die umgebende Temperatur nicht
mehr 100° C. beträgt; er wird also alle von der Brandstätte entfernteren
Punkte in einen Zustand der Benetzung versetzen, der ihnen die Brennbarkeit benimmt,
weil der Bläschendampf ein viel größeres Beharrungsvermögen hat und deßhalb in einem
außerordentlich geringeren Grade die Vermischung mit der Luft zuläßt. Wir können
diesen Vorgang täglich beobachten, wenn wir auf den Eisenbahnen den Dampf der
Maschine auf dem freien Feld verschwinden sehen, wo es oft außerordentlich lange
dauert bis er sich den Blicken entzieht, und die mit einer Dampfwolke umgebenen
brennenden Lumpenhaufen deuteten ebenfalls darauf hin, daß diese specifische
Eigenschaft des Dampfes für unseren Zweck einen ganz wesentlichen Factor bildet.
Aus diesem Grunde läßt sich auch die Frage: welche Dienste uns dieses Löschmittel
künftig bei ausbrechenden Bränden leistet, nur durch eine Reihe damit angestellter
praktischer Versuche beantworten, während wir nicht läugnen wollen, daß dieselbe auf rein
theoretischem Wege gelöst nicht viel für sich hätte. Nehmen wir z.B. an, daß ein
gewöhnliches Zimmer in welchem ein Brand ausbricht, von ca. 100 Kubikmeter Luftraum, durch Dampf von seiner Luft befreit werden
müßte, so wären dazu 100 Kubikmeter Dampf von gewöhnlichem Druck nöthig, zu deren
Erzeugung 60 Liter Wasser verdampft werden müßten. Je nach der Integrität der Wände
würde dieser Dampf genügen zur Erstickung, oder erneut werden müssen, um der
eindringenden Luft das Gegengewicht zu bieten. Offenbar wäre nach diesem Beispiel
also der Dampfbedarf für die praktische Verwerthung viel zu groß, denn Generatoren
welche per Minute 60 Liter Wasser verdampfen, wären
nicht mehr transportabel im gewöhnlichen Sinne des Wortes. Wir haben indeß zu
unserer völligen Beruhigung nach dem praktischen Fall welchen wir im früheren
Artikel anführten, Ursache anzunehmen, daß die Luft schon in einem sehr kleinen
Procentsatz mit Wasser- resp. Bläschendampf beladen, die Verbrennung nicht
mehr zu unterhalten im Stande ist, denn der vorerwähnte Dampfkessel, welcher das
Feuer erstickte, hatte eine Heizfläche von ca. 15
Quadratmeter, und wenn auch bei Beginn der Einströmung der Dampf vielleicht einen
Druck von 2 Atmosphären hatte, so sank dieser doch rasch auf nicht viel über den
gewöhnlichen Druck und erstickte gleichwohl das Feuer in dem nach allen Seiten der
Luft schon zugänglichen Raum in kürzester Zeit. Gerade dieser Fall, welcher die
ungünstigsten Umstände in sich vereinigte, und trotzdem einen so durchschlagenden
Erfolg zeigte, muß dazu auffordern, die Zulässigkeit des Dampfes durch weitere
Versuche festzustellen, eventuell denselben zu einem Gemeingut der Gesellschaft zu
machen, denn die Technik der Dampferzeugung ist heut zu Tage, insbesondere durch das
Eisenbahnwesen, auf eine Stufe erhoben worden, daß von dieser Seite sicherlich der
Ausführung der Methode kein Hinderniß im Wege steht.
Von geradezu unwiderstehlichem Erfolg muß jedoch der Dampf in den Fällen begleitet
seyn, welche sich bis jetzt dem Löschen durch Wasser ganz unzugänglich zeigten,
nämlich wo Harze, Oele, Fette und ähnliche sehr kohlenstoffreiche Substanzen zur
Verbrennung gelangen; denn diese erfordern zu ihrer Verbrennung ganz enorme
Luftmengen und wurde bisher bei solchen wo es irgend die Localität gestattete, also
z.B. in Kellern, das Ersticken durch Luftabschluß mit dem meisten Erfolg angewendet.
Gerathen Fabriken oder Lager in Brand, welche diese Stoffe in sich schließen, so ist
derselbe ohne Zweifel schon mit einem Minimum von Wasserdampf zu ersticken, während
ja außerdem bekanntlich diese Brände mit Recht so gefürchtet sind, daß
Etablissements dieser Art gar keine Versicherung finden und der Brand sehr häufig den Ruin des
Fabrikbesitzers etc. veranlaßt.
Wir hoffen hiermit nach verschiedenen Seiten hin zur weiteren Prüfung der Methode die
Anregung gegeben zu haben.
Wiesbaden, im December 1872.