Titel: | Bemerkungen zu der Abhandlung von Unger über den Ultramarin; von W. Morgan. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. LXIV., S. 216 |
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LXIV.
Bemerkungen zu der Abhandlung von Unger über den Ultramarin; von W. Morgan.
Aus den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1873, Nr. 1.
Morgan, über die Zusammensetzung des Ultramarins.
In den Berichten der deutschen chemischen GesellschaftDaraus aufgenommen im polytechn. Journal, 1872, Bd. CCVI S. 371. theilte vor Kurzem C. Unger seine Ansicht über
die Zusammensetzung des Ultramarins mit. Unger sagt:
„Die chemische Natur des Ultramarins ist trotz vielfacher
Untersuchungen noch keineswegs aufgeklärt, und die Annahme, er enthalte
Schwefelaluminium oder Schwefelnatrium oder ein polythionsaures Natron, wird
sehr zweifelhaft, wenn man sieht, daß der Ultramarin vom schmelzenden
chlorsauren Kali nicht zersetzt wird und selbst den Alkalien und den Nitraten in
der Hitze eine gewisse Zeit widersteht. Ultramarin gibt zwar beim Glühen mit
Natronkalk höchstens eine Spur Ammoniak, schmilzt man ihn
aber mit geglühtem Phosphorsalz oder mit saurem schwefelsauren Alkali, so
wird eine bedeutende Menge Stickgas frei.“ Unger fand in
blauem Ultramarin 5,5 Proc. Stickstoff. Obgleich der Ultramarin vielfach seit den
letzten 40 Jahren analysirt wurde, so ist doch bis jetzt von Niemand Stickstoff
darin gefunden worden, und da sich in keiner der vielen Analysen ein Deficit von circa 5 Proc. findet, wie es seyn müßte, wenn im
Ultramarin die von Unger angegebene Menge von Stickstoff
vorhanden wäre, so habe ich die Angaben von Unger unter
Leitung von Prof. Will durch folgende Versuche
geprüft:
1) Blauer Ultramarin wurde vollständig ausgewaschen und bei 100°C. getrocknet.
Es wurden davon 3–4 Grm. mit etwa 12 Grm. reinem
saurem schwefelsaurem Kali gemischt, und diese Mischung in ein an beiden Enden
aufwärts gebogenes Verbrennungsrohr gebracht, das einerseits mit einer unter
Quecksilber tauchenden Gasentbindungsröhre, andererseits mit einem
Kohlensäureapparate in Verbindung stand. Nachdem die Luft möglichst vollständig
durch trockene Kohlensäure verdrängt war, wurde die Verbindung mit dem
Kohlensäureapparat durch einen Quetschhahn abgeschlossen und die die Mischung
enthaltende Röhre allmählich bis zur Rothgluth erhitzt. Das sich entwickelnde Gas
wurde nach Art der Stickstoffbestimmungen in einem theils Kalilauge theils
Quecksilber enthaltenden Cylinder aufgefangen. Es wurden im Ganzen etwa 2–3 Kubikcentimeter durch
Kalilauge nicht absorbirbares Gas erhalten, das einen glimmenden Span entflammte und
daher wohl Sauerstoff gemischt mit Luft gewesen seyn mag.
2) Ganz in derselben Weise wurde der Versuch mit vorher geschmolzenem reinem
Phosphorsalz ausgeführt und wurden dabei wiederum nur etwa 2–3 K. C. durch
Kalilauge nicht absorbirbares Gas erhalten, das sich wie Luft verhielt.
3) Es wurden 2–3 Grm. Ultramarin mit Natronkalk gemischt, und die sich beim
Erhitzen entwickelnden Producte in einem Will-Varrentrapp'schen Apparate in Salzsäure aufgefangen. Nach
Beendigung des Versuches wurde die Salzsäure auf Ammoniak geprüft. Beim Versetzen
mit Platinchlorid und Alkohol entstand nicht der geringste Niederschlag, nur
mittelst des „Nessler'schen Reagens“
konnte eine Spur von Ammoniak nachgewiesen werden.
Diese Versuche wurden mit demselben Resultat wiederholt. Es zeigte sich auch, daß der
verwendete Natronkalk beim Erhitzen für sich ebenfalls Spuren von Ammonia
entwickelte.
Diese Resultate sprechen für sich selbst; sie zeigen, daß im Ultramarin kein
Stickstoff enthalten ist, und daß die von Unger
aufgestellte Formel Al²SiS²N²O³ falsch ist.
Gießen, im Januar 1873.