Titel: | Ueber die Rothfärbung des Bleiweiß; von J. Lorscheid. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. LXV., S. 218 |
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LXV.
Ueber die Rothfärbung des Bleiweiß; von J. Lorscheid.
Aus den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1873, Nr. 1.
Lorscheid, über die Rothfärbung des Bleiweiß.
Im Anschlusse an die in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft Bd. V S.
545 veröffentlichte interessante Abhandlung von A. Bannow
und G. Kraemer über die Rothfärbung des BleiweißDie Resultate der Versuche von Bannow und Kraemer wurden im polytechn. Journal, 1872, Bd.
CCV S. 271 mitgetheilt. erlaube ich mir mitzutheilen, daß ich bereits im Jahre 1865 im Auftrage
eines hiesigen Bleiweißfabrikanten Untersuchungen über denselben Gegenstand
angestellt habe und im Wesentlichen zu denselben Resultaten, wie sie in der
genannten Abhandlung angegeben sind, gelangt bin.
Meine Untersuchungen ergaben, daß die roth färbende Substanz, die mir in großen
Quantitäten zu Gebote stand, nur aus Verbindungen des Bleies mit Sauerstoff
bestand, unter welchen auch und zwar in geringer Menge Bleisuperoxyd sich befand. Fremde Metalle sind also an der Färbung nicht
betheiligt.
Ferner stimme ich mit den oben genannten Herren darin überein, daß die Ursache der
Rothfärbung in einem mangelhaften Processe zu suchen ist. Diese Ansicht kann ich
noch durch die Mittheilung erweitern, daß es mir gelungen ist, die Ursache näher zu
präcisiren. Dieselbe besteht nämlich im Mangel an
Kohlensäure.
Das Verfahren, welches auf hiesiger Bleiweißfabrik angewandt wird, ist das sogenannte
süddeutsche. In einer Kammer mit gewölbter Decke werden auf Holzgestellen, ähnlich
wie in Trockenstuben, dünne Bleiplatten aufgehängt. Dämpfe von Essigsäure werden in
einer kupfernen Retorte, die außerhalb der Kammer liegt, erzeugt und durch ein Rohr
in dieselbe geleitet; gleichzeitig strömt Kohlensäure, die durch Verbrennen von
Kohks erhalten wird, in die Kammer. Das Verbrennen der Kohks geschieht in einem
Kohlenbecken, das unter eine trichterförmig erweiterte Röhre geschoben wird, welche
die Kohlensäure in die Kammer führt. Bei einer näheren Beobachtung des Processes
zeigte es sich, daß häufig Essigsäuredämpfe durch letzteres Rohr, das die
Kohlensäure in die Kammer einführen sollte, ausströmten, somit das Eindringen der
Kohlensäure in dieselbe nicht möglich war. Der Kohksofen schloß nämlich nicht
unmittelbar an den über ihm befindlichen Helm des Rohres an. Sobald eine passende
Veränderung getroffen war, wurde der oben gerügte Uebelstand nicht mehr
wahrgenommen, und die rothe Färbung verschwand. Setzte man die mit einer rothen
Schicht versehenen Bleiplatten zum zweiten Male der Einwirkung der Essigdämpfe und
der Kohlensäure aus, so verwandelte sich die rothe Substanz in Bleiweiß.
Die Ursache der Erscheinung, daß bei der Bleiweißfabrication nach dem holländischen
Verfahren nicht selten ein mehr oder minder roth gefärbtes Product erhalten wird,
muß also nach meinen Beobachtungen in einer zur Erzeugung von Kohlensäure nicht
günstigen Gährung der Lohe gesucht werden. Wegen Mangel an Kohlensäure kann das
essigsaure Bleioxyd nicht in Bleiweiß übergeführt werden, die Oxydation schreitet
bis zu einem bestimmten Punkte fort, ein Theil der Essigsäure verflüchtigt sich bei
der hohen Temperatur in den Loogen, die auf 70° C. sich steigern kann, und es
entstehen die rothen und gelbrothen Bleiverbindungen.
Auffallend war das Auftreten von Bleisuboxyd in den Schlämmbottichen. Bei dem
Schlämmen und Auswaschen des Bleiweiß nahm das Waschwasser eine dunkle Färbung an,
und es setzte sich aus demselben bei ruhigem Stehen eine grauschwarze Masse ab, welche das
weiße Fabricat in einer dünnen Schicht überzog. Zuerst glaubte ich, daß das
Waschwasser Schwefelwasserstoff enthielte und sich Schwefelblei bildete. Die
Abwesenheit des Schwefels in dem grauschwarzen Absatze wurde jedoch constatirt und
derselbe als Bleisuboxyd erkannt, dessen Bildung sich leicht erklärt. Es enthält
nämlich das Bleiweiß, so wie es aus der Kammer herausgenommen wird, noch eine
ziemliche Quantität metallisches Blei, ungefähr 20 Proc. der angewandten Menge. Zur
Trennung desselben von dem Bleiweiß wird das Gemenge 24 Stunden in Wasser gesetzt
und alsdann in eine kupferne, siebartig durchlöcherte Trommel gebracht, durch deren
Rotation das Metall von dem Bleiweiß abgesondert wird. Nach meiner Ansicht bildet
sich bei dieser Operation und dem später folgenden Schlämmen durch die Bewegung des
Bleies in dem Wasser das grauschwarze Bleisuboxyd.
Münster, den 28. December 1872.