Titel: | Ueber Phosphore (Leuchtsteine); von Dr. G. Seelhorst in Nürnberg. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. LXVII., S. 221 |
Download: | XML |
LXVII.
Ueber Phosphore (Leuchtsteine); von Dr. G. Seelhorst in Nürnberg.
Seelhorst, über Phosphore.
Die Veranlassung zu den im Folgenden beschriebenen Versuchen zur Bereitung
künstlicher Phosphore lag in der Unmöglichkeit, während des Jahres 1870–71
mit Paris zu verkehren. Ein Mechanicus in Nürnberg hatte früher von dort kleine, mit einem Handgriff
versehene Holzrähmchen erhalten, in welchen sich je sechs flache, etwa 8 Millimet.
breite Glasröhrchen, mit Phosphoren gefüllt, befanden. Dieselben zeigten nach nur
secundenlanger Belichtung im diffusen Tageslichte die Farben des Spectrums, Roth,
Orange, Gelb, Grün, Blau, Violett. Da auf Paris als Bezugsquelle nicht mehr zu
rechnen war, so versuchte der Verf. die Herstellung der Präparate nach den von Becquerel gegebenen Vorschriften, aber mit sehr wenig
Erfolg. Nicht nur konnte er die Resultate, wie sie in Müller's Lehrbuch der Physik und Meteorologie, 6. Aufl., Bd. I S. 647,
beschrieben sind, theils gar nicht, theils nicht mit Sicherheit erreichen, sondern
die Methoden waren auch sehr zeitraubend und umständlich. Durch Erhitzen von
Strontianhydrat oder caustischem Strontian mit Schwefel erhielt der Verf. niemals
einen violett leuchtenden Phosphor.
Weit günstiger gestaltete sich die Sache, als der Verf. die Arbeiten von A. Forster (Poggendorff's
Annalen, Bd. CXXXIII S. 94 u. 228) kennen lernte. Mit genauer Befolgung der a. a. O.
gegebenen Vorschriften gelang die Herstellung der gelb, grün und blau leuchtenden
Phosphore recht gut; mit einem Präparat kam auch ein orangerother; ein so schön roth
und violett leuchtender aber, als die Pariser Röhren enthielten, blieb dem Verf.
versagt. Die Analyse des roth leuchtenden ergab Schwefelbaryum, die des violett
leuchtenden aber ein Gemenge von Kalk und Strontian. Die Gewinnung der erstgenannten
kann nur durch Anwendung sehr verschiedener Präparate von schwefelsaurem Baryt
ermöglicht werden; man muß eben so lange probiren, bis man eines gefunden hat,
welches, mit Kohle oder Wasserstoff reducirt, einen roth leuchtenden Phosphor gibt.
Der Verf. hat zehn verschiedene Barytsulfate probirt, ohne eines brauchbar zu
finden. Seitdem konnte er sich keine neuen Sorten mehr verschaffen, um die Versuche
fortzusetzen. Ebenso blieben allerlei Combinationen von Gyps und schwefelsaurem
Strontian, sowie von einem Strontianpräparate welches einen blau leuchtenden, mit
einem Barytpräparate welches einen gelbroth leuchtenden Phosphor gab, um einen
violett leuchtenden zu erzeugen, erfolglos. Diese beiden müssen also der Gegenstand
noch weiterer Arbeiten seyn; die Herstellung gelb, grün und blau leuchtender
Phosphore bietet dagegen keine Schwierigkeiten.
Der Verf. hat seine Phosphore, wie Forster vorschreibt,
gleich nach der Herstellung noch heiß in getrocknete Glasröhren eingeschmolzen.
Sollen sie dagegen in die flachen, engen Glasröhren eingefüllt werden, so müssen sie
gepulvert werden, wobei freilich ihre Schönheit leidet. Man braucht sich dabei nicht zu
übereilen; um die Präparate vor dem Wassergehalte der Luft zu schützen, genügen die
bei jeder organischen Elementaranalyse üblichen Cautelen. Sehr bequem und der
weitesten Anwendung fähig, fand der Verf. das Einschmelzen in Paraffin. Er rührt zu dem Ende den fein gepulverten Phosphor mit
geschmolzenem Paraffin zu einem dicken Brei an, und trägt diesen mit dem Pinsel in
verschiedenen Figuren auf ebene Glasscheiben auf. Die Contouren werden mit dem
Messer ausgeschnitten, dann andere Farben daneben gesetzt, und so Blumen, Sterne,
Schmetterlinge etc. hergestellt, welche nach der Beleuchtung mit Magnesiumlicht sich
recht hübsch machen. Die obere Seite des Präparates wird dann noch einige Male mit
geschmolzenem Paraffin überstrichen, und die Glastafel entsprechend, mit der
Glasseite nach oben, in ein Kästchen mit schwarzem Hintergrund und Schiebdeckel
gefaßt. Die leuchtenden Flächen sind dadurch größer, und ihre Farben treten besser
hervor. Solche Präparate haben sich über ein Jahr lang ganz gut erhalten.
Ein Umstand ist noch zu erwähnen, nämlich, daß der eben in der zugeschmolzenen Röhre
kalt gewordene Phosphor oft nicht phosphoresciren wollte und als schlecht bei Seite
gelegt wurde; am folgenden Tage aber leuchteten solche Präparate oft recht schön.
Auch erschien dem Verf. zuweilen eine Farbe anders, als anderen Beobachtern; die
erst blau und dann gelb leuchtenden Phosphore konnte er fast nie blau sehen,
obgleich er durchaus nicht farbenblind ist. Er ist geneigt, den Grund in einer
Schwächung der Augen bei der unmittelbar vorhergehenden Bereitung zu suchen. Das
Beobachten des fast Stunden langen Glühens der Masse im Tiegel dürfte wohl die
Ursache seyn. Gelb und Grün erkannte der Verf. immer, nur Blau nicht. Es mögen nun
die kurzen Beschreibungen einer Anzahl von Versuchen folgen.
Grün leuchtender Phosphor. – 1)
Unterschwefligsaurer Strontian, nach Forster bereitet, 15
Minuten lang über der Bunsen'schen Lampe, 5 Minuten lang
über dem Gebläse geglüht. Geschmolzene Masse, sehr hart, leuchtet schön gelbgrün.
Einer der schönsten Phosphore. 2) Gleiche Theile kohlensaurer Strontian und
gefällter Schwefel (Schwefelmilch) langsam 5 Minuten lang gelinde, dann 25 Minuten
lang stark über dem Bunsen'schen Brenner, endlich 5
Minuten lang über dem Gebläse erhitzt. Nicht geschmolzen, körnig. Sehr schön grün
leuchtend, dunkler als 1).
Blau leuchtender Phosphor. – 3) Schwefelsaurer
Strontian, mit einer Schwefelsäure unbekannten Ursprungs, die wir mit a bezeichnen wollen, aus Chlorstrontium gefällt, mit
Wasserstoff nach Forster reducirt, 10 Minuten lang über der Lampe,
10 Minuten lang über dem Gebläse geglüht, leuchtete schwach blau. Fünf andere
Versuche mit verschiedener Zeit des Glühens ergaben kein besseres Resultat. 4) Ein
anderer schwefelsaurer Strontian, mit einer anderen Schwefelsäure b bereitet, gab mit Wasserstoff unter ganz gleichen
Umständen, wie bei dem mit der a-Säure
bereiteten, bei 15 Minuten langem Glühen über der Lampe, 5 Minuten über dem Gebläse,
einen gelb leuchtenden, bei 10 Minuten langem Glühen über der Lampe, 10 Minuten über
dem Gebläse, einen schöner gelb leuchtenden Phosphor. Bei 10 Minuten langem Glühen
über der Lampe und 15 Minuten über dem Gebläse, wurde er bleibend blau. Noch länger,
nämlich 20 Minuten Gebläsehitze, ließ das Blau noch schöner werden. Der Verfasser
kann sich betreffs des verschiedenen Verhaltens der Strontiansulfate den Worten Forster's nur anschließen. Violett und Rosa erhielt er
bei keiner Sorte. Eine genaue Analyse der beiden Schwefelsäuren ergab bei a 0,7 Procent schwefelsaures Bleioxyd, sonst keine
Verschiedenheit.
Gelb leuchtender Phosphor. – Für hellgelb
leuchtende Phosphore ist die im vierten Versuche beschriebene Methode, 10 Minuten
Glühen über der Lampe, 10 Minuten über dem Gebläse, die beste.
Für dunkelgelb oder orange leuchtende Phosphore hat der Verf. nur einen
schwefelsauren Baryt tauglich gefunden. Derselbe mit Kohle, 6 zu 1, 30 Minuten lang
über der Lampe, 10 Minuten lang über dem Gebläse geglüht, leuchtete anfangs nicht,
am anderen Tage aber gut orangeroth. Bei zwei Versuchen, denselben Baryt mit
Wasserstoff zu reduciren, schmolz der Platintiegel durch, und das Product leuchtete
gar nicht. Ebenso wenig erhielt der Verf. mit anderen Sorten von schwefelsaurem
Baryt, weder mit Kohle noch mit Wasserstoff, irgend brauchbare Resultate.
Unterschwefligsaurer Strontian gab, 15 Minuten lang über der Lampe, 5 Minuten lang
über dem Gebläse geglüht, eine sehr fest an den Tiegel angeschmolzene Masse, welche
sich nur mit Gefahr loslösen ließ und gut blaugrün leuchtete. Wegen des Anschmelzens
ist diese Methode aber nicht zu empfehlen.
Der Verf. hat nur diese wenigen Versuche aus einer Reihe von etwa 60 verschiedenen
Substanzen ausgewählt, weil sie die zuverlässigsten und brauchbarsten sind, wenn man
die Phosphore für den Handel darstellen will. Er ist im Wesentlichen Forster's Vorschriften gefolgt, hat dieselben negativen
Resultate erhalten, wie dieser, und es ist ihm ebenso wenig wie diesem gelungen, den
Grund für das verschiedene Verhalten derselben Substanz zu finden. Ebenso kann er
bestätigen, daß die chemische Reinheit der Präparate nicht förderlich, zuweilen
sogar hinderlich ist.
Betreffs der Darstellung größerer Quantitäten fand er es vortheilhafter, mehrere
kleine Portionen zu bereiten, die man besser durchglühen kann, als große Mengen auf
ein Mal vorzunehmen. Mit 50 Grammen wollte trotz eines großen zehnstrahligen
Gasgebläses nicht gelingen, was mit 10 Grammen über dem Bunsen'schen Gebläse leicht war. Auch war das lange Blasen sehr
anstrengend.
Bei den Reductionen mit Wasserstoff wendete der Verf. den von ihm in Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. VIII
S. 139, beschriebenen Apparat zur Entwickelung von Wasserstoffgas an, wobei sich
derselbe trotz der bedeutenden Ansprüche in quantitativer Hinsicht trefflich
bewährte. Möchten wir bald erfahren, worauf die besprochene, höchst eigenthümliche
Erscheinung, die Phosphorescenz, überhaupt beruht! (Abhandlungen der naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg, Bd. V S. 119.)