Titel: | Ueber die Destillation des Holzes; von Watson Smith. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. LXIX., S. 232 |
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LXIX.
Ueber die Destillation des Holzes; von Watson Smith.
Aus dem Journal of the
Chemical Society of London durch den American
Chemist, September 1872, S. 95.
Smith, über die Destillation des Holzes.
Das Holz welches für die Destillation vorgezogen wird, ist Eichenholz, namentlich
altes eichenes Bauholz und Eichenreisig, wo solche in genügender Menge und zu
vortheilhaften Preisen zu haben sind.
Die zu meinen Versuchen benutzten Retorten waren 6 Fuß lang und hatten 3 Fuß
Durchmesser; andere hatten 7 Fuß Länge und 3 1/2 Fuß Durchmesser. Die ersteren
wurden früh Morgens beschickt und spät Abends entleert. Die Dauer der ganzen Operation betrug
nach dem Verschließen der Thüren ungefähr 11 Stunden. Bei dem jeden Morgen
erfolgenden Einsetzen des Holzes in die Retorten waren dieselben stets noch sehr
heiß. Die condensirten flüssigen Destillationsproducte begannen anderthalb Stunden
nach dem Lutiren der Retortenthüren überzugehen.
Von der Beendigung des Processes überzeugte ich mich durch Befühlen des aus einer der
Retorten in die Hauptleitung führenden Abzugsrohres; war dasselbe abgekühlt, so war
die Destillation vollendet. Die Retorten blieben, bevor sie behufs des Ziehens der
Kohle geöffnet wurden, bis zum anderen Morgen sich selbst überlassen. Dann wurden
ihre Thüren eine nach der anderen geöffnet und die zurückgebliebene Holzkohle wurde
aus den Retorten so rasch als möglich mit Hülfe von Rechen in einen geräumigen
eisernen Schiebkarren gezogen, welcher, nachdem er gefüllt war, an die Fallthür
eines unter der Sohle des Raumes befindlichen Gewölbes gefahren wurde. Der
theilweise noch glühende Inhalt des Karrens wurde über dieser Thüre, nachdem
dieselbe geöffnet worden, ausgestürzt und rasch in das Gewölbe hinabgeschaufelt.
Hierauf wurde die nächste Retorte geöffnet, in derselben Weise ihres Inhaltes
entleert, und so wurde mit den übrigen Retorten fortgefahren. Dann wurden die Kohlen
mit einigen Eimern Wasser übergossen wornach die Fallthür geschlossen und an den
Fugen sorgfältig verstrichen wurde.
Das überdestillirte Gemisch von Theer und rohem Holzessig wurde aus den Condensatoren
in eine geräumige, in genügender Höhe über der Sohle liegende Cisterne gepumpt, wo
man die Flüssigkeit sich absetzen ließ; der Theer bildete die untere und der
Holzessig die obere Schicht der Flüssigkeit. Beide Substanzen wurden, wenn man ihrer
bedurfte, mittelst passend angebrachter Hähne, der Essig auch wohl durch eine
Hebervorrichtung abgezogen.
Die während der Destillation sich entwickelnden gasförmigen Producte wurden mittelst
eines passend gebogenen Rohres in den Herd abgeleitet, nachdem sie kurz vor dem
Eintritt in denselben ein geschlossenes Gefäß durchströmt hatten, in welchem die in
ihnen etwa noch enthaltenen condensirbaren Substanzen sich absetzen konnten.
Die größte Lichtstärke zeigt die Flamme der im Herde verbrennenden Gase stets gerade
vor Beendigung des Destillationsprocesses, obgleich diese Lichtstärke bei guter
Condensation immerhin nur schwach ist. Die Condensation muß eine solche seyn, daß
sich auf der vor den entweichenden Gasstrom gehaltenen Hand keine Flüssigkeit
verdichtet; man wird dann diesen Gasstrom vollkommen kalt finden.
Was nun das Ausbringen an Theer, rohem Holzessig und Holzkohle betrifft, so stellt
sich dasselbe nach meiner Erfahrung beim Beschicken der Retorten mit altem eichenem
Zimmerholz, welches in Stücke von 2 bis 2 1/2 Fuß Länge und 3 bis 4 Zoll Stärke
zerschnitten und zerspalten wurde, folgendermaßen heraus:
1000 Theile Holz gaben
327
Theile
Holzkohle,
509
„
Holzessig,
55
„
Theer.
Der Holzessig zeigte ein specif. Gewicht von 1,025 bis 1,027.
Zur Verkohlung einer Tonne Holz wurden durchschnittlich 10 1/2 Centner Steinkohle
verbraucht.
In Muspratt's technischer Chemie (Artikel
„Essigsäure“) sind Daten gegeben, aus denen die folgenden
Resultate berechnet wurden.
Auf drei Werken in der Nähe von Paris
ergaben sich nachstehende Resultate:
1000 Theile Holz lieferten
253 1/2
Theile
Holzkohle,
568
„
Holzessig,
82 1/2
„
Theer.
Das specifische Gewicht des Holzessigs war = 1,025.
1000 Theile Sägespäne lieferten in
besonders construirten
Oefen
528
Theile
Holzessig,
50
„
Theer.
1000 Theile Holz lieferten
268
„
Holzkohle,
577
„
Holzessig und Theer.
Das specifische Gewicht des Holzessigs war = 1,030.
1000 Theile Eichenholz gaben in
gewöhnlichen Cylindern
268
Theile
Kohle.
Randall in Stroud erhielt aus:
1000 Theilen Holz
200
Theile
Kohle,
476
„
Holzessig und Theer.
Durchschnittliches Ausbringen
nach
den von Muspratt angeführten
Zahlen
268
Theile
Kohle,
577
„
Holzessig und Theer.
Specifisches Gewicht des Holzessigs = 1,030.
Durchschnittliches Ausbringen
nach
den Beobachtungen des
Verfassers
327
Theile
Kohle,
509
„
Holzessig und Theer.
Specifisches Gewicht des Holzessigs = 1,0275.
Das zu diesen Versuchen benutzte Holz war hauptsächlich altes eichenes Zimmerholz,
nebst Knüppelholz und Reisig etc.
Ich habe das mit verschiedenen Holzsorten erzielte Ausbringen nach den Zahlenangaben
in Muspratt's erwähntem Werke berechnet.
1000 Theile jeder Holzart gaben:
Buchenholz
536
Th.
Holzessig
von
1,029
spec.
Gew.
und
250
Th.
Kohle
Birkenholz (vor drei Jahren geschlagen)
357
„
„
„
1,031
„
„
„
208
„
„
Eichenholz
566
„
„
„
1,022
„
„
„
271
„
„
Ahornholz
431
„
„
„
1,018
„
„
„
229
„
„
Das Eichenholz ist von den Holzdestillateuren am meisten gesucht; die zu diesem Zweck
nächst vorzüglichen Holzarten sind Birke und Buche. Man wird bemerken, daß bei dem
durchschnittlichen Ausbringen nach den Beobachtungen des Verfassers die Ausbeute an
Holzkohle vergleichsweise groß, die an Holzessig dagegen verhältnißmäßig gering ist.
In drei Fällen war die Holzkohle wie ich glaube nicht vollständig durchgebrannt,
wozu die Retorten drei bis vier Stunden länger hätten gefeuert werden müssen. Ich
bin überzeugt, daß die zum Verkohlen verbrauchte Zeit zu kurz war, mit anderen
Worten daß die Destillation zu rasch ausgeführt wurde, zur Vervollständigung der
Zersetzung der Holzfaser nicht genügend Zeit gegeben war. Sehr richtig bemerkt Chapman, „daß das Holz bei rascher Verkohlung
eine geringere Menge Destillat gibt, als wenn es langsam verkohlt
wird.“ Die Erhöhung des Ausbringens durch eine längere Dauer des
Processes würde dann davon herrühren, daß
1) die Destillation langsamer, d. i. bei einer niedrigeren Temperatur ausgeführt
wird;
2) die Verkohlung eine vollständigere ist.
Nach Muspratt sind zur Verkohlung einer Tonne Holz 7
Centner Steinkohlen (also auf 1000 Theile Holz 350 Theile) erforderlich.
Nach den Beobachtungen des Verfassers hingegen waren dazu 10 1/4 Centner Steinkohlen
(oder 512 1/2 Theile auf 1000 Theile Holz) erforderlich. In letzterem Falle wurde
das aus den Abzugsröhren entweichende Gas nicht in den Herden verbrannt; ob dieß bei
den in Muspratt's Werk beschriebenen Versuchen geschah,
ist nicht gesagt, aber der dadurch bedingte Unterschied würde nur sehr unbedeutend
seyn und den viel geringeren Brennmaterialverbrauch keineswegs erklären. Meiner
Ansicht nach ist die Angabe Muspratt's zu niedrig, oder
ein so geringer Kohlenconsum nur bei vorzüglichen Feuerungsanlagen möglich, welche
die Wärme ganz auszunutzen gestatten.
Essigsäuregehalt des im Condensationsapparate gesammelten
Holzessigs. – Die nachstehenden Versuche zur Bestimmung des
Essigsäuregehaltes des in den verschiedenen Stadien des Processes überdestillirenden
Holzessigs ergaben die merkwürdige Thatsache, daß die Menge der Essigsäure
allmählich, aber doch (im Verhältniß) rascher zunimmt, als das specifische Gewicht des
Holzessigs steigt, bis zu 1,017; hierauf steigt das specif. Gewicht bis zu 1,030,
wobei es bleibt, indem die Säuremenge bis zur Beendigung der Operation abzunehmen
beginnt.
Die folgenden Zahlen sind das Mittel von drei Versuchen. Die Retorten wurden um 8 Uhr
Vormittags beschickt; um 9 Uhr 15 Minuten Vormittags begannen die ersten Theile des
Destillates überzugehen.
Bemerkungen
Beobachtungszeit
EssigsäureC²H⁴O² perGallon Destillatin Grains
SpecifischesGewicht desHolzessigs
Vormittags
10 Uhr 15 Min.
966
11 „ 30 „
1575
1,010
Nachmittags
1 Uhr 15 Min.
3003
1,015
Diese Probe besaß einen stärkeren Holzgeistgeruch,
als alle übrigen
4
„ 15 „
4200
1,017
In dieser Periode ging die größte Menge Theer über,
welche überhaupt erzielt wurde
5
„ 15 „
3780
1,030
Die Menge des nach 5 Uhr 15 Min. übergehenden Theers
nimmt ununterbrochen zu
7 „
– „
3150
1,030
8 „
– „
3066
1,030
10 „
– „
2940
10
„ 50 „
2520
Meiner Erfahrung zufolge wurden von 1000 Gewichtstheilen Holz 20 Gewichtstheile
Essigsäure (C²H⁴O²) in Form von rohem Holzessig erhalten.
Aus von Muspratt gegebenen Daten sind die folgenden Zahlen
berechnet:
Birkenholz
1000 Theile geben
22 Theile C²H⁴O²
Jungeichenholz
1000
„ „
36 „
„
Weißdornholz
1000
„ „
44 „
„
Weidenholz
1000
„ „
9 „
„
Der nächste in Betracht kommende Punkt ist die Menge des von einem gegebenen Gewicht
Holz gelieferten Holzgeistes (Holzspiritus).
Bei zwei verschiedenen Gelegenheiten erhielt ich die nachstehenden Resultate:
1) 20 Centner Holz gaben 1,7 Gallons Holzgeist vom spec. Gew. =
862, folglich würden 1000 Theile 85 Gallons von demselben specifischen Gewichte
geben.
2) 318 Centner Holz gaben 18 Gallons Holzgeist von 885 spec.
Gewichte; somit würden 1000 Theile 56 1/2 Gallons von demselben Holzgeiste
liefern.
Muspratt gibt an, daß 20 Centner Holz 1 1/4 bis 2 1/2
Gallons Holzgeist, 1000 Gewichtstheile also 62 1/2 bis 125 Gallons, im Mittel 93,7
Gallons liefern sollten.
Nun ist aber nicht allein in dem wässerigen sauren Destillate aus den Retorten,
sondern auch in dem Theer, welcher sich am Boden des Behälters absetzt, in denen die
Condensationsproducte sich sammeln, eine beträchtliche Menge von Holzgeist
enthalten. Diese Thatsache ist, wie ich glaube, vielen Fabrikanten unbekannt. Bei
den oben angeführten zwei Versuchen wurde der Theer nicht zur Gewinnung des in ihm
enthaltenen Holzgeistes umdestillirt, sonst würde die Ausbeute an letzterem ohne
Zweifel höher ausgefallen seyn.
Durchschnittlich kann man aus 100 Gallons Holztheer 3 Gallons rectificirten Holzgeist
gewinnen.
Ich habe die nachstehenden fractionirten Destillationen ausgeführt, um das beste
Verfahren zur Scheidung des Holzgeistes (Holzspiritus) von den anderen im Holztheer
enthaltenen Körpern, durch wiederholte Rectification, zu ermitteln.
Theerprobe Nr. 1.
Bei
der
Temperatur
von
90°
C. destillirten
Volumprocente
über
13
„
„
„
unter
95°
„
„
„
10
„
„
„
„
120°
„
„
„
2 3/4
„
„
„
„
180°
„
„
„
14 1/4
„
„
„
„
195°
„
„
„
10
„
„
„
„
210°
„
„
„
7
–––––––––––––
im Ganzen
57
Theerprobe Nr. 2.
Bei 85° C. gingen Volumprocente über
14
unter 100°
„ „ „
16 1/2
unter 110°
„ „ „
5
bei der Temperatur zwischen 110° und 150° destillirten
nur einige Tropfen über
unter 160° gingen Volumprocente über
5
unter
180° „
„ „
5
unter
200° „
„ „
6
im Ganzen destilliren also unter 200° C. 51 1/2 Procent
über.
Theerprobe Nr. 3.
Bei
der
Temperatur
von
85 bis 95°
C. gingen
über
10 1/2
Vol.-Proc.
„
„
„
„
95 bis 100°
„
„
32
„
–––––––––––––
im Ganzen also
42 1/2
„
Theerprobe Nr. 4.
Unter
100°
C. gingen
über
22
Vol.-Proc.
„
200°
„
„
9 1/2
„
„
230°
„
„
8 1/2
„
–––––––––––––
im Ganzen
40
Vol.-Proc.
35000 Gran-Maaße Holztheer wurden in einer kleinen eisernen Retorte über einer
Bunsen'schen Lampe destillirt. Ich erhielt dabei
folgende Resultate:
Textabbildung Bd. 207, S. 237
Temperatur; Menge des übergehenden
Destillates; Beim Ruhigstehen verhielt sich jedes Destillat in folgende Weise;
Volum-Procente; Bemerkungen; Gran-Maaße; Schied sich in 2100 Gran-Maaße
wässerige Flüssigkeit und in 920 Gran-Maaße eines in der wässerigen Flüssigkeit
unlöslichen ölartigen Körpers; Begann bei 72° C. überzudestilliren; Unter
110°; Schied sich in 1300 Gran-Maaße wässerige Flüssigk. und 400 Gr.-M.
ölige Flüssigkeit; Destillirte sehr lebhaft und in großer Menge bei 92°
C. über; Schied sich in 925 Gr.-M. wässerige Flüssigkeit und 225 Gr.-M. ölartige
Flüssigkeit; im Ganzen; Vol.-Proc.
Die in den mit (a), (b) und
(c) bezeichneten Fractionen abgeschiedenen
wässerigen Flüssigkeiten waren von einer schmutzig orangerothen Färbung und besaßen
einen sehr stechenden, die Augen und die Nasenschleimhaut stark angreifenden
Geruch.
Die ölartigen Antheile wurden von den wässerigen mittelst eines Scheidetrichters
getrennt.
Das von der wässerigen Flüssigkeit (a) abgeschiedene Oel
verhielt sich beim Destilliren in folgender Weise:
Zwischen
60 und 76° C.
gingen
über
17,9
Vol.-Proc.
unter
86°
„
„
9,7
„
„
96°
„
„
5,9
„
„
110°
„
„
6,0
„
„
120°
„
„
5,9
„
„
130°
„
„
6,0
„
„
140°
„
„
5,9
„
„
155°
„
„
7,6
„
–––––––––––––
64,9
Der im Kolben zurückgebliebene Antheil roch stark nach Kreosot.
Der von der Fraction (a) herrührende wässerige Antheil
gab beim Destilliren:
unterhalb
70° C.
3 Vol.-Proc.
„
80°
2 „
„
85°
2 1/2 „
„
90°
7 1/2 „
„
99°
17 „
––––––––––
32
Der im Kolben gebliebene Rückstand ließ sich bei Anwendung einer Flamme nicht
entzünden.
Der von der Fraction (b) herrührende wässerige Antheil
gab:
unterhalb
70° C.
0
Vol.-Proc.
„
80°
0
„
„
85°
0
„
„
90°
0
„
„
99°
12
„
Der wässerige Antheil von der Fraction (c) gab:
zwischen 90 und 100° C. 28 Vol.-Proc. eines
schwachen, fast ganz klaren und farblosen Holzgeistes, und 5,8 Vol.-Proc.
eines orangefarbigen Oeles, im Ganzen also 33,8 Vol.-Proc. Destillat.
Aus diesen Destillationsversuchen schließe ich, daß das beim Destilliren von
Holztheer Uebergehende ein mit Wasser stark verdünntes Gemisch von Holztheer mit
Kreosot und anderen Körper von hohem Siedepunkte ist. Diese erst bei hoher
Temperatur siedenden ölartigen Substanzen scheiden sich von dem wässerigen Antheile
des Destillates ab, wobei sie eine größere oder geringere Menge Holzgeist in Lösung
zurückhalten. Eine Quantität Holzgeist bleibt auch in den wässerigen Antheilen
zurück, von denen jene Oele sich beim Stehen trennen. Diese Holzgeistantheile lassen
sich durch Rectification sowohl aus den Oelen, als auch aus der schwachen wässerigen
Lösung gewinnen, wie aus den obigen Versuchen hervorgeht.
Holzgeist und essigsaurer Kalk. – Zur Gewinnung
des Holzgeistes aus dem rohen Holzessig kann der letztere mittelst Dampf oder durch
directe Feuerung in einer kupfernen oder eisernen Blase der Destillation unterworfen
werden. (Natürlich dürfen eiserne Destillirgefäße nur dann angewendet werden, wenn
ein Eisengehalt der darzustellenden Holzessigsäure für die Zwecke zu denen dieselbe
bestimmt ist, nicht nachtheilig ist, wie z.B. wenn der Fabrikant sein Product zur
Darstellung von Eisenbeizen verwerthen will). Bei diesem Verfahren wird die
Destillation fortgesetzt, bis ein Theil des Destillates sich nicht mehr entflammt,
wenn es in's Feuer gegossen wird. Nach einer anderen Methode sättigt der Fabrikant
zunächst seinen rohen Holzessig mit Kalkhydrat und destillirt dann die aus rohem
holzessigsaurem Kalk bestehende Lösung in einer schmiedeeisernen Blase. –
Nach der Ansicht Vieler wird bei diesem Verfahren der Holzgeist leichter in einer
concentrirteren Form und mit geringerem Verluste gewonnen, als bei Befolgung der
ersten Methode. Der in der Retorte bleibende Rückstand von rohem holzessigsaurem
Kalk wird in Pfannen zur Trockne verdampft und gibt den schwarzen holzessigsauren
Kalk. Dieses Product wird zur Darstellung von Essigsäure benutzt. Bei dem
erstgedachten Verfahren, nach welchem der Holzessig für sich destillirt wird, läßt
man die zurückbleibende Holzessigsäure, sofern sie auf Essigsäure verarbeitet werden
soll, zunächst eine Zeit lang stehen, damit die Beimischungen von Theer etc. sich
abscheiden und zu Boden sinken können; sie wird dann in einen Behälter abgezogen, in
demselben mit Kalkmilch gesättigt und wiederum eine Zeit lang sich selbst
überlassen. Nachdem die Flüssigkeit sich durch Absetzen hinlänglich geklärt hat,
wird sie durch Heber oder Pumpen in eine Abdampfpfanne übergehoben und abgedampft.
Dabei rührt man sie von Zeit zu Zeit um, und zieht den ausgeschiedenen Theer nebst
dem entstandenen Schaum ab. Nach längerer Zeit bildet sich auf der Oberfläche der
Flüssigkeit ein Häutchen von essigsaurem Kalk: dasselbe wird mittelst einer hierzu
bestimmten Kelle oder einem Löffel abgenommen. Dieses Abziehen des Salzhäutchens
wird ununterbrochen fortgesetzt, und das Salz auf eine Trockenbühne oder in Körbe
geschafft, aus denen die anhaftende Mutterlauge in die Pfanne zurücklaufen kann. Das
auf diese Weise gewonnene Essigsäuresalz wird grauer
holzessigsaurer Kalk benannt und ist selbstverständlich viel reiner als das schwarze
Salz.
Der bei der ersten Destillation erhaltene schwache Holzgeist wird durch Rectification
mit Kalk in einer kupfernen Blase weiter gereinigt und concentrirt. Diese Blasen
werden durch Schlangenrohre geheizt, in denen Wasserdämpfe circuliren. Gewöhnlich
sind zwei Rectificationen genügend. Das specifische Gewicht des so erhaltenen Spiritus schwankt zwischen
0,850 und 0,880.
1770 Gallons roher Holzessig gaben bei der ersten Destillation 247 Gallons schwachen
Spiritus. Diese erste Destillation wurde in einer durch directes Feuer geheizten
kupfernen Blase ausgeführt.
Diese 247 Gallons wurden mit Kalk mittelst Dampfheizung rectificirt; auf diese Weise
erhielt man 30 Gallons stärkeren Spiritus; dieselben wurden nochmals mit Kalk
rectificirt und gaben 18 Gallons rectificirten Holzgeist von 0,880 spezifischem
Gewichte.
Dieß war ohne Zweifel eine ungenügende Ausbeute, und der Grund liegt, wie ich glaube,
darin, daß bei der ersten Destillation eine zu geringe Menge von schwachem Holzgeist
übergetrieben wurde. Es hätte ungefähr ein Fünftel des Holzessigs abdestillirt
werden sollen, um sicher zu seyn, daß der ganze Holzgeistgehalt zur Extraction
gelange.
Die aus der Rectificirblase übergehenden letzten Antheile haben eine citronengelbe
Farbe und zeigen meistens das specif. Gewicht = 0,880.
Wird diese gelbe Flüssigkeit mit Aetznatronlösung geschüttelt, so erhält man ein
schön orangefarbenes Magma.
Diese gelbgefärbten letzten Antheile des Destillates haben einen sehr stechenden
Geruch und greifen die Augen und Nasenschleimhaut heftig an.