Titel: | Ueber die Anwendung des Dampfstrahles zur Aspiration oder Compression der Gase; von C. W. Siemens in London. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. LXXIII., S. 265 |
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LXXIII.
Ueber die Anwendung des Dampfstrahles zur
Aspiration oder Compression der Gase; von C. W. Siemens in
London.Diese Abhandlung wurde vom Verfasser in der Generalversammlung der Institution of Mechanical Engineers vom 2. Mai 1872
vorgelegt. – Ueber Siemens'
Dampfstrahl-Luftexhaustor und dessen Anwendungen wurden im polytechn.
Journal Bd. CCV S. 521, und speciell über seine pneumatische
Depeschenbeförderung in Bd. CCVI S. 3 Notizen mitgetheilt.
Nach dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, Januar 1873, S. 50.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Siemens, über die Anwendung des Dampfstrahles zur
Aspiration.
So erfolgreich auch die Anwendung ist, welche der Dampfstrahl schon seit längerer
Zeit bei Locomotiven und anderen Dampfmaschinen für die Zwecke der
Dampfkesselspeisung gefunden, so hat sich das System doch in anderer Richtung bis
jetzt nur sehr wenig geltend gemacht. Und dennoch empfiehlt sich der Dampfstrahl
durch die Einfachheit seiner Wirkung insbesondere da, wo es sich um die Erzeugung
eines luftleeren Raumes oder um die Comprimirung von Gasen handelt. Aber in dieser
Beziehung hat seine Anwendung bei gleichem Dampfverbrauch bis jetzt immer weit
weniger befriedigende ökonomische Resultate geliefert, als der Betrieb einer
Luftpumpe durch Dampfmaschinenkraft, und dabei weder das Vacuum der Luftpumpe, noch
den Druck welchen die Hohofengebläse verlangen, erreichen lassen.
Nach einem Jahre unausgesetzter Studien und Versuche hat der Verfasser einen Injector
construirt, welcher mit Hülfe des Dampfes von nur 3 Atmosphären Spannung ein Vacuum
(luftverdünnten Raum) von 24 Zoll (61 Centimeter) Quecksilbersäule erzeugt, und
einen Nutzeffect gleich dem mit Gebläsen und selbst mit Luftpumpen erzielten
liefert.
Die Figuren 1,
2 und 3 stellen den
vervollkommneten Injector im Längendurchschnitte und in zwei Querschnitten dar. Der
neue Apparat bedarf nur eines sehr dünnen Dampfstrahles von der Form eines hohlen
Cylinders, welcher einer ringförmigen Mündung entströmt. Letztere wird durch die beiden conischen
Röhrenstücke A und B
gebildet, zwischen welche der Dampf aus der Zuleitungsröhre C tritt. Das innere Rohr A läßt sich mittelst
einer Handschraube D vor- und zurückschieben, um
den Querschnitt der Mündung verkleinern oder vergrößern und somit die Ausströmung
des Dampfes beliebig reguliren zu können. Die Luft oder das Gas, auf welche der
Dampf wirken soll, gelangt durch die Röhre E in den
Apparat und strömt durch eine zweite gleichfalls ringförmige Oeffnung, welche die
erstere umgibt, zugleich aber auch durch den mittleren hohlen Theil des Apparates.
Das Rohr G, welches den Dampfstrahl aufnimmt, erweitert
sich nach Innen conisch und bildet mit dem äußeren Röhrenstück B eine dritte ringförmige Oeffnung, von der aus die
durchströmende Luft sehr rasch gegen die Achse des Rohres G convergirt, und deren Querschnitt dadurch regulirt wird, daß man das
Rohr B mit Hülfe der an seinem hinteren Theile
befestigten Mutter H justirt. Von den ringförmigen
Ausströmungsöffnungen an bleibt das Rohr G immer noch
etwas conisch convergirend, und zwar auf eine Länge welche von dem Querschnitte der
äußeren Oeffnung und der angewendeten Dampfspannung abhängt. Die zweckmäßigste Länge
liegt zwischen der zwölffachen und zwanzigfachen Weite jener Oeffnung. Der Zweck
dieser Anordnung ist die Sicherung einer vollständigeren Mischung des Dampfes und
der Luft in dem fraglichen Raume (der Mischungskammer). Von da an nimmt der
Durchmesser des Rohres, wie Fig. 4 zeigt, stetig zu,
indem dasselbe in die Form eines sanft divergirenden Conus, oder noch besser eines
Paraboloides übergeht. Um die Entstehung einer Art Wirbelbewegung in der Mitte der
sich vereinigenden Ströme zu verhindern, bringt man auch öfters in der Mitte des
inneren Rohres A einen spitz zulaufenden Dorn I an.
Die Gesammtheit dieser Anordnungen gewährt bei den verschiedenen Anwendungen einen
weit größeren Nutzeffect, als man glauben sollte, und es ist nicht schwer, den Grund
dafür anzugeben. Erstens beschleunigt der mit Annäherung an die ringförmigen
Ausströmungsmündungen immer enger werdende Luftcanal die Bewegung der Luft, bevor
sie mit dem Dampf in Berührung kommt, in dem Maaße, daß der
Geschwindigkeitsunterschied zwischen den beiden Fluiden, da wo sie zusammentreffen,
bedeutend reducirt erscheint, ein Umstand welcher die beinahe vollständige
Beseitigung der erwähnten Wirbelbewegung zur Folge hat. Dann befördert die Ringform
der Dampfausströmungsöffnung, indem sie die Berührungsfläche zwischen Dampf und Luft
bedeutend vergrößert, die Abführung der letzteren und trägt außerdem zur
Verminderung der Wirbel bei. Drittens endlich vermindert das lange parabolische oder
conische Rohr,
welches den vereinigten Dampf- und Luftstrom aufnimmt, nach und nach die
Geschwindigkeit der Gasmolecüle und verwandelt ihre lebendige Kraft in Arbeit des
Druckes.
Eine lange Reihe von Versuchen, welche vom Verf. mit einem derartigen Injector zum
Zwecke sowohl der Herbeisaugung als auch der Comprimirung der Luft angestellt worden
ist, hat auf nachstehende Schlußfolgerungen geführt:
1) Die Quantität der durch einen Injector in einer Minute herbeigesaugten Luft hängt
bei einer gegebenen Dampfspannung von der zwischen der Luft und dem Dampf bis an die
Grenze der Dampfstrahlwirkung stattfindenden Berührungsfläche ab.
2) Die Vollständigkeit des erlangten luftleeren Raumes und die Intensität des
erreichten Druckes hängen unter gleichen übrigen Umständen von der Spannung des
angewendeten Dampfes ab.
3) Die Quantität der durch einen bestimmten Apparat (innerhalb der Grenzen seiner
Leistungsfähigkeit) per Minute gelieferten Luft steht im
umgekehrten Verhältniß zum Gewichte der letzteren; man erhält folglich bei der
Evacuirung bessere Resultate, als bei der Comprimirung.
4) Für eine gegebene Dampfspannung sind die Grenzen der erreichbaren Spannung der
Luft bei der Compression und bei der Aspiration die nämlichen, bis man in letzterem
Falle das vollkommene Vacuum erreicht.Wir lassen hier einige durch Hrn. Siemens
constatirte Thatsachen folgen:Indem man ein Gemisch von Luft und Dampf in die Atmosphäre ausströmen ließ,
trieb man in der Minute mit einer Dampfspannung von 5 Pfund das nämliche
Gewicht Luft hinaus, wie mit einer Spannung von 60 Pfund; der einzige
Unterschied bestand darin daß man mit einer geringen Spannung das Maximum
der Verdünnung oder der Verdichtung, welches der Injector erzeugen kann,
schneller erreichte. Dieses Maximum, d.h. das Maximum der Spannungsdifferenz
zwischen der Luft an dem Punkte wo der Dampfstrahl beginnt, und der Luft in
dem zum Versuch genommenen Recipienten, war genau doppelt so groß mit Dampf
von 100 Pfund, als mit Dampf von 50 Pfund Spannung. Je weiter die
Luftverdünnung vorgerückt war, desto beträchtlicher war der Nutzeffect. Man
brauchte, als man mit der Evacuirung eines Recipienten begann, eben so viel
Zeit, um die Spannung der Luft um ein erstes Pfund unterhalb des Druckes der
Atmosphäre zu vermindern d.h. um die Spannung von 15 auf 14 Pfund zu
bringen, als zu der gleichen Reduction der Spannung in irgend einer anderen
Periode der Operation, z.B. zu der Reduction derselben von 8 auf 7
Pfund.
Das der Anwendung des Dampfstrahles zu Grunde liegende Princip selbst hatte bis zum
Jahr 1858 die öffentliche Aufmerksamkeit wenig auf sich gezogen. Erst durch die
Erfindung der Giffard'schen Dampfstrahlpumpe, welche
Wasser in einen Dampfkessel von hoher Dampfspannung mit Hülfe eines Dampfstrahles
von gleicher oder sogar geringerer Spannung schafft, ist diese interessante Frage
angeregt worden. Die Erklärung dieses merkwürdigen Phänomens stützt sich auf das
Princip der Erhaltung
der lebendigen Kraft in dem vereinigten Dampf- und Wasserstrahl. Indessen
unterscheidet sich die Art der Einwirkung des Dampfstrahles auf das Wasser
wesentlich von seiner Wirkungsweise in Anwendung auf das Forttreiben der Luft, weil
in dem ersteren Falle der Dampf bei seiner Berührung mit dem Wasser condensirt wird,
und in dem Momente seines Austrittes aus der Mündung aufhört ein elastisches Fluidum
zu seyn, während im zweiten Falle der Dampf mit der Luft ein Gemisch bildet, welches
den gewöhnlichen Gesetzen der Elasticität unterworfen ist.
Folgende Tabelle zeigt die Resultate, welche mit des Verfassers Apparat als Aspirator
bei der Evacuirung eines Recipienten von 225 Kubikfuß (6,378 Kubikmeter) Inhalt
erzielt worden sind. Die vier letzten Columnen zeigen den Grad der Luftverdünnung,
nach Millimetern Quecksilbersäule geschätzt, während die erste Columne die Zeit
bezeichnet, während welcher der Aspirator wirksam war. Die Dampfspannung im Kessel
betrug 45 Pfund per Quadratzoll (3,24 Kilogrm. per Quadratcentimeter) und der Querschnitt der
ringförmigen Dampfausströmungsöffnung variirte von 0,05 bis 0,20 Quadratzoll (32 bis
129 Quadratmillimeter).
Tabelle I.
Versuche mit Siemens' Injector zur
Herstellung eines luftleeren Raumes in einem geschlossenen Behälter.
Textabbildung Bd. 207, S. 268
Dauer der Operation; Durchschnitt
der ringförmigen Mündung dos Injectors in Quadratmillimetern; Minuten;
Luftverdünnung nach Millimetern Quecksilbersäule.
Man stellte endlich eine Reihe von Versuchen mit dem nämlichen Injector an, um die
Luft in dem nämlichen Recipienten zu comprimiren. Bei diesem Versuche wurde das
conische Rohr (delivery tube) durch eine 3 Zoll (7 1/2
Centimeter) im Durchmesser haltende, mit einem Hahn versehene Leitungsröhre mit dem
fraglichen Recipienten in Verbindung gesetzt. Diese Leitungsröhre empfing mit Hülfe eines
kleinen Rohres von 1/2 Zoll (13 Millimeter) Durchmesser, und unter einem Drucke von
40 Pfd. per Quadratzoll (2,81 Kil. per Quadratcentimeter), eine kleine Quantität kalten
Wassers behufs der Condensation des Dampfes bei seinem Austritte aus dem Injector;
dieses Wasser gelangte gleichzeitig mit dem Dampf in die Leitungsröhre. Der
Querschnitt der für die Passage der Luft bestimmten äußeren ringförmigen Oeffnung
betrug 0,20 Quadratzoll, derjenige der Passage im Inneren des Dampfstrahles selbst
0,16 Quadratzoll, im Ganzen also 0,36 Quadratzoll (232 Quadratmillimeter). Der
Querschnitt der für den Dampf bestimmten Oeffnung variirte bei den verschiedenen
Versuchen, deren Resultate die folgende Tabelle enthält, von 0,07 bis 0,12
Quadratzoll (45 bis 77 Quadratmillimeter).
Tabelle II.
Versuche mit Siemens' Injector, um die Luft
in einem geschlossenen Behälter zu comprimiren.
Textabbildung Bd. 207, S. 269
Dauer der Operation; Durchschnitt
der ringförmigen Mündung des Injectors in Quadratmillimetern; Mit
Condensationswasser; Ohne Condensationswasser; Minuten; Compression nach
Millimetern Quecksilbersäule; Endtemperatur der Luft in dem geschlossenen
Behälter
Nach Ablauf der vierten Minute schloß man den Hahn der Zuleitungsröhre, und sperrte
zugleich den Ausfluß des Condensationswassers ab. Die Tabelle zeigt, daß die
Spannung in dem Recipienten von diesem Momente an in Folge der Condensation einer
kleinen Quantität des restirenden Dampfes ein wenig abnahm. Bei dem dritten Versuch,
welcher ohne Anwendung des Condensationswassers angestellt wurde, zeigte sich eine
bedeutend größere Abnahme der Spannung, und in dem Recipienten eine höhere
Endtemperatur der Luft. Die Spannung im Dampfkessel betrug 50 Pfund per Quadratzoll
(3,51 Kil. per Quadratcentimeter).
Wir gehen nun zur Betrachtung einiger Anwendungen des vervollkommneten Dampfinjectors
über.
1. Transmission von Depeschen mit Hülfe
atmosphärischen Druckes.
Bei der Transmission von Depeschen in Röhren hat der Injector in Anbetracht seiner
Einfachheit, seiner billigen Herstellungskosten und des geringen Raumes welchen er
einnimmt, einen großen Vorzug vor der durch eine gewöhnliche Dampfmaschine in
Betrieb gesetzten Luftpumpe. Die Raumersparniß insbesondere ist in stark bevölkerten
Städten, wo die für Aufstellung einer Dampfmaschine beanspruchte Räumlichkeit nicht
so leicht zu finden ist, von großer Wichtigkeit.
Die Postverwaltung in London hat dem Verfasser eine Circulationsröhre von 3 Zoll (76
Millimeter) Durchmesser zur Verfügung gestellt, welche zwischen der Centralstation
des Telegraphen in der Telegraph street und Charing Cross, mit Zwischenstationen am General Post Office und in der Nähe von Temple Bar, gelegt war. Die Gesammtlänge der Röhre
beträgt 6890 Yards oder ungefähr 4 engl. Meilen (6720 Meter). In dieser Röhre kann,
wie in der Skizze Fig. 5 angedeutet ist, mit Hülfe einer durch Dampfkraft in Betrieb
gesetzten Luftpumpe A ein luftverdünnter Raum erzeugt
werden. Zunächst wird der Recipient V evacuirt und die
auf diese Weise herbeigesaugte Luft in dem Recipienten P
comprimirt. Letzterer steht mit dem ersteren durch die Röhre T selbst in Communication, wie es die Pfeile andeuten. Der Zweck dieser
Recipienten ist, die Röhre vor den Unzuträglichkeiten zu bewahren, welche die
intermittirende Thätigkeit der Maschine darbietet; sie sind selbstverständlich
unnütz, wenn der Dienst mit Hülfe des Injectors vor sich geht. Die den Courierdienst
versehenden Kolben (les pistons-courriers),
welche in Folge der erzeugten Luftverdünnung in der Röhre circuliren, sind, wie aus
den Figuren 6
und 7
ersichtlich ist, cylinderförmig; sie bestehen aus einem mit Halbwollenzeug überzogenen Futteral von
Gutta-percha, und haben solche Dimensionen daß sie sich leicht fortbewegen
können.
Es wurde auf dieser Linie mit drei Injectoren E, E, E
Figur 5. von
der in Fig. 1
dargestellten Gattung experimentirt, welche so angeordnet waren, daß alle drei die
Luft aus der Röhre T saugten, während der Dampf aus der
Leitung G herbeiströmte. Als die drei Aspiratoren
zugleich arbeiteten, betrug die mittlere Geschwindigkeit eines die Röhre zwischen
Charing Cross und Telegraph
street durchlaufenden Depeschenkolbens 14 1/2 Meilen (23 Kilometer) per Stunde. Die in der Röhre stattfindende
Luftverdünnung war äquivalent 10 Zoll (254 Millimeter) Quecksilbersäule, die
Dampfspannung betrug 40 Pfund per Quadratzoll (2,81 Kil. per Quadratcentimeter), und der Kohlenverbrauch behufs der
Dampfkesselspeisung 56 Pfund (25,37 Kil.) per Stunde.
Bei langen Linien würde es sich empfehlen, einen Aspirator an jedem Ende
aufzustellen.
Um die Curierkolben in der Röhre unterzubringen, oder sie an den verschiedenen
Stationen S, S
Fig. 5
aufzunehmen, ohne den Luftstrom zu unterbrechen, bedient man sich des in Fig. 8, 9 und 10
dargestellten Auffängers (intercepteur). Dieser Apparat besteht aus zwei ziemlich kurzen Röhren B und C, welche in einem
beweglichen Gestell neben einander angeordnet sind, und so verschoben werden können,
daß die eine oder die andere einen integrirenden Bestandtheil der Röhrenleitung
selbst bildet. Die beiden Enden des beweglichen Gestelles sind ebene Flächen und mit
der größten Sorgfalt polirt; jede derselben gleitet genau anschließend über der
ähnlichen Fläche einer an jedem Ende der Auffangstelle angebrachten Platte. Um das
Eindringen der Luft so vollständig wie möglich zu verhindern, hat man außerdem in
der letztgenannten Fläche drei ringförmige Rinnen angebracht, worin die
correspondirende Fläche des beweglichen Gestelles gleitet. Das Rohr B, welches zum Entsenden der Depeschen dient, ist ganz
einfach ein hohler Cylinder von gleichem inneren Durchmesser wie die
Circulationsröhre T. Wenn er mit der letzteren einen Körper bildet, so kann ein Depeschenkolben ohne
Aufenthalt durch den Apparat gehen. Das andere Rohr C
dient als Auffänger und ist, wie aus Fig. 9 und 10 ersichtlich, an dem
vorderen Ende mit einer durchlöcherten Scheidewand versehen, welche, wenn das Rohr
in die Röhrenleitung eingeschaltet ist, die Kolben aufhält. Dieses zweite Rohr
enthält ein Glasfenster, durch welches man die Ankunft des Depeschenkolbens
beobachten kann. Damit die Circulation der Luft in der Röhrenleitung nicht
aufgehalten werde, wenn man das Auffangrohr nach Wegnahme der Depeschen an seinem Orte läßt, ist eine
Seitenröhre F angeordnet, welche mit der Hauptleitung an
beiden Enden des Auffangrohres communicirt.
2. Wasserhebung.
Wenn man Wasser auf eine, 20 Fuß (6,10 Meter) nicht überschreitende Höhe heben will,
so kann man in Fällen wo ein System gewöhnlicher Pumpen nur schwer und mit großen
Kosten aufzustellen wäre, oder wo es sich um eine vorübergehende Arbeit, z.B. um
eine Entwässerung handelt, mit Vortheil den Injector als Saugpumpe anwenden. In
einem solchen Falle sollte der Apparat in der in Fig. 11 angedeuteten
Weise eingerichtet werden. In einer Höhe von 16 bis 20 Fuß (5 bis 6 Meter) oberhalb
des Niveau's des zu hebenden Wassers sind zwei geschlossene Kammern A und B angeordnet. Das
durch die Saugröhre D aufsteigende Wasser tritt durch
die Bodenventile C in diese Kammern; der Ausfluß des
gehobenen Wassers erfolgt durch die Ventile G. Der
Injector E, in welchen der Dampf durch die Leitung H strömt, erzeugt durch Vermittlung der Röhre F abwechselnd in den Kammern A und B den luftverdünnten Raum. Zu dem Ende
ist die Röhre F mit einem Drehventil L ausgestattet, welches so angeordnet ist, daß es
abwechselnd jede Kammer mit dem Injector in Verbindung setzen kann. Das Ende der
mittelst einer Klappe verschließbaren Dampfausströmungsröhre steht durch die Röhre
K und das eben erwähnte Ventil L gleichfalls mit den Kammern in Verbindung. In der
Kammer A befindet sich ein Schwimmer M, dessen Spindel den Kipphebel N in Bewegung setzt, welcher seinerseits wieder vermittelst der
geschlitzten Stange R auf den Gewichthebel des Ventiles
L wirkt.
Folgendes ist nun das Spiel des Apparates. Die Dampfstrahlpumpe E saugt die Luft durch die Röhre F aus der Kammer B; das Wasser steigt daher
unter dem Einflusse des atmosphärischen Druckes durch die Saugröhre D in diese Kammer und füllt sie. Zugleich gelangt das
entweichende Gemisch von Dampf und Luft durch die Röhre K oben in die mit Wasser gefüllte Kammer A und
treibt vermöge seines Druckes das Wasser durch das Ventil G aus der Kammer. Zur Bestimmung dieses Druckes genügt es, den oberen
Theil des Ausströmungsrohres des Injectors zu schließen; die Abflußröhre, in welche
das Wasser durch das Ventil G entweicht, kann alsdann
ihre Mündung oberhalb des Niveau's in der Kammer A
haben. Mit dem Wasser in der Kammer A sinkt auch der
Schwimmer M, wirkt auf den Hebel N und bringt
ihn in verticale Lage. Wenn sich die Kammer entleert hat, so kippt der Hebel in die
nach der anderen Seite geneigte Lage über und führt dadurch das Ventil L in die seiner Anfangsstellung entgegengesetzte Lage.
In diesem Momente verwandelt sich die Einwirkung des Injectors auf die beiden
Kammern in die umgekehrte, indem er die Luft aus der soeben vom Wasser entleerte
Kammer A saugt und dagegen den Dampf- und
Luftstrahl in die inzwischen mit Wasser gefüllte Kammer B bläst. Auf diese Weise werden die beiden Kammern abwechselnd geleert und
gefüllt; die Thätigkeit des Apparates ist also eine ununterbrochene. Wenn das
Ausströmungsrohr offen bleibt, so kann man das durch den Dampf- und
Luftstrahl veranlaßte heftige Geräusch dadurch verhüten, daß man an dem oberen Ende
dieses Rohres einen Schallbrecher (sound killer) S anbringt. Dieser besteht aus einer Art Metalltrommel,
welche inwendig mit einem System durchbrochener Scheidewände versehen ist, eine
Anordnung welche erfahrungsgemäß für den beabsichtigten Zweck vollkommen
hinreicht.
Folgendes sind die Resultate, welche bei einem zum Zweck der Wasserhebung
angestellten Vorversuch mit dem in Fig. 12 dargestellten
rohen Apparat erzielt wurden. Der Injector E stand durch
eine zwei-zöllige Röhre F mit einem geschlossenen
Behälter A von 10,3 Kubikfuß (291,5 Liter) Inhalt in
Verbindung, in welchen das Wasser durch eine gleichfalls zweizöllige Saugröhre D aus verschiedenen Höhen gehoben wurde. Der Querschnitt
der für die Luftpassage bestimmten äußeren ringförmigen Oeffnung des Injectors
betrug 0,35 Quadratzoll und der Querschnitt der inneren centralen Oeffnung 0,16
Quadratzoll, der Gesammtquerschnitt also 0,51 Quadratzoll (339 Quadratmillimeter).
Mit einem Querschnitte der Dampföffnung von 0,09 Quadratzoll (58 Quadratmillimeter)
und mit einem Drucke von 60 Pfund per Quadratzoll (4,21
Kil. per Quadratcentimeter) in dem speisenden
Dampfkessel hob der Injector 10,3 Kubikfuß Wasser auf eine Höhe von 12 Fuß (291,5
Liter auf eine Höhe von 3,65 Met.) in 40 Secunden, und die nämliche Quantität auf
eine Höhe von 17 1/2 Fuß (5,32 Met.) in 75 Secunden. Mit dem nämlichen Querschnitte
für die Luft, und mit einem Querschnitte von 0,08 Quadratzoll (52 Quadratmillimeter)
für den Dampf und 50 Pfund Druck (3,51 Kil. per
Quadratcentimeter) im Dampfkessel wurden jene 10,3 Kubikfuß Wasser in 40 Secunden
auf eine Höhe von 15 Fuß (4,56 Met.) gehoben. Die Höhe, auf welche das Wasser
gehoben wird, hängt von der Dampfspannung und der Quantität desselben, zum Theil von
der Weite des Strahles ab.
3. Verdampfung bei der
Zuckerfabrication.
Die mit dem neuen Apparate erlangten ausgezeichneten Resultate brachten Hrn. R. A.
Robertson in London auf den Gedanken, denselben bei
den Siedepfannen für die Zwecke der Zuckerfabrication in Ostindien anzuwenden; wir
geben seine hierauf bezüglichen Mittheilungen im Folgenden.
Man hat den Versuch gemacht, und zwar mit ausgezeichnetem Erfolg, die Luftpumpen bei
den Pfannen worin der Syrup im luftverdünnten Raum eingekocht wird, durch den
Dampfstrahlinjector zu ersetzen. Die Einfachheit der ganzen Anordnung sichert dieser
neuen Anwendung eine große Zukunft in den Colonien.
Jedermann kennt den bedeutenden Verlust in qualitativer und quantitativer Hinsicht,
welcher durch die hohe Temperatur herbeigeführt wird, auf die man den Saft des
Zuckerrohres zu bringen genöthigt ist, wenn man die Abdampfung nach dem älteren
Verfahren in großen offenen Pfannen vornehmen will. Man hat mehrere sinnreich
construirte Pfannen vorgeschlagen und zum Theil auch in Anwendung gebracht, um die
Abdampfung bei niedriger Temperatur vor sich gehen zu lassen. Da diese
vervollkommneten Pfannen aber einerseits weit kostspieliger sind, andererseits eine
viel größere Sorgfalt erfordern, so ist man beinahe überall auf die alte Methode,
trotz ihrer Mißstände, zurückgekommen. Von allen Einrichtungen, welche adoptirt
worden sind, um die Abdampfung bei einer niedrigen Temperatur zu realisiren, ist die
sogenannte Vacuumpfanne, in Verbindung mit einem System von Luftpumpen, noch die
beste, wenn sie sorgfältig ausgeführt wurde. Sind die Umstände günstig, so läßt sich
mit ihr eine sehr rasche Abdampfung bei einer niedrigen Temperatur erzielen. In den
Zuckersiedereien der Colonien sind jedoch beinahe alle Umstände dieser Methode
ungünstig. Das zur Condensation des Dampfes nothwendige Wasser hat in diesen
Klimaten eine so hohe Temperatur, daß man genöthigt ist, dasselbe in großen
Quantitäten anzuwenden; hieraus ergibt sich das Bedürfniß mächtiger Pumpen, welche
neben der Evacuirung der Pfannen gewaltige Wassermassen herbeizuschaffen haben.
Kurz, es knüpft sich hieran ein Aufwand an sehr kostspieligen Hülfsmitteln, welche
einer sorgfältigen Ueberwachung bedürfen und häufige Reparaturen im Gefolge
haben.
Dagegen gestaltet sich die Anwendung der nämlichen Pfanne sehr einfach, wenn man das
Vacuum mit Hülfe eines Injectors in der durch die Figuren 13 und 14
angedeuteten Weise erzeugt. In diesem Falle bedarf es nur einer gewissen Quantität
Wasserdampfes von mäßiger Spannung, um einen Strahl in A zu treiben, und auf
diese Weise die durch das Sieden des Syrupes oder irgend einer anderen in dem Kessel
B eingeschlossenen Flüssigkeit erzeugten Dämpfe
aufzusaugen. Diese Dämpfe streichen mit dem durch die Röhre E herbeigeleiteten Dampfe des injicirten Strahles durch die Heizröhren D des Kessels, und tragen mit zur Beförderung der
Verdampfung bei. Das Handrad C dient zur Regulirung des
Querschnittes der Dampfstrahlöffnung. In Folge dieser Combination ist man der
seitherigen kostspieligen Erzeugung des Vacuums mittelst Luftpumpen, welche durch
Dampfmaschinen oder andere Motoren in Betrieb gesetzt werden, überhoben, und die
Speisung eines Condensators, in gewissen Fällen eine Hauptfrage, fällt hinweg. Alles
dieses ersetzt der Dampfinjector, ein verhältnißmäßig einfacher und billiger
Apparat, der kaum einer Beaufsichtigung bedarf und seinen Dienst regelmäßig
versieht.
Die mit dem vorstehenden Abdampfungsverfahren angestellten Versuche sind von so gutem
Erfolge begleitet gewesen, daß man gegenwärtig einen Kessel nach einem von uns
construirten Modell baut, welcher die Verdampfung von 50 Kubikfuß (14 Hektoliter)
Wasser in 24 Stunden, und die Erzeugung einer anhaltenden Luftverdünnung von 18 bis
20 Zoll (450 bis 500 Millimeter) Quecksilbersäule gestattet.
Die in Fig. 14
dargestellte Verdampfungspfanne zeigt den Injector in seiner einfachsten Anordnung.
Derselbe kann aber auch mit gleichem Vortheile bei den sogenannten Abdampfapparaten
mit doppelter oder dreifacher Wirkung in Anwendung gebracht werden. – Man hat
sich desselben mit Erfolg bedient, um das Vacuum in einer Pfanne zu erzeugen, zu
welcher ein Condensator gehörte, der hoch genug über dem Boden angeordnet war, um
das Wasser, worin die Dämpfe des Syrupes sich condensirt hatten, einfach durch seine
Schwere auf die Vacuumkammer fließen zu lassen; der Injector hatte in diesem Falle
nur die Luft und eine kleine Menge der Syrupdämpfe zu entführen.
Man hofft, der Injector werde sich, in Folge seiner Billigkeit und Einfachheit, in
den Colonien behufs der Trennung der Melasse vom Zucker sehr nützlich bewähren.
Indem er die Luft unterhalb des durchlöcherten Bodens der Behälter, in denen sich
die feuchte Zuckermasse befindet, aufsaugt, nöthigt er den Syrup oder die Melasse
unter dem Einfluß des atmosphärischen Druckes durch den Behälterboden abzufließen.
Dieses Verfahren bietet einen Ersatz für die rohe und unvollkommene Methode, die
Flüssigkeit vermöge ihrer eigenen Schwere abzuführen, und ebenso für die allerdings
vollkommenere aber kostspieligere Methode des Deckens durch Centrifugalkraft.
4. Siemens' Gasofengebläse.
Der Verfasser hat Gelegenheit gehabt, den Injector häufig in der in Fig. 15 und 16
dargestellten Weise als Gebläse anzuwenden, um die Verwandlung des Brennmateriales
in brennbare Gase in seinen Gasöfen (Gas-Generatoren) zu beschleunigen. Das
Gebläse B ist in einer der Seitenmauern des Ofens
angebracht, und der vereinigte Luft- und Dampfstrom tritt durch die Oeffnung
A in den durch die Thür D abgeschlossenen Raum C unterhalb des Rostes.
Die geringe mit der Luft eintretende Dampfmenge reicht gerade hin, um die Erzeugung
des brennbaren Gases zu erleichtern. Indem nämlich der Dampf durch das weißglühende
Brennmaterial streicht, verwandelt er sich in Wasserstoff- und Kohlenoxydgas.
Der Dampf gelangt in den Injector durch ein Seitenrohr E, welches sich von der Hauptröhre F abzweigt.
Letztere speist nämlich eine Anzahl für eine ganze Reihe von Oefen bestimmter
Apparate. Das in dem Rohr E angebrachte Ventil G hat den Zweck, den Dampf von den außer Betrieb
befindlichen Injectoren abzusperren, und ein kleiner Hahn L dient zum Ablassen des in der Röhrenleitung sich bildenden
Condensationswassers.
Diese Gebläse, in Anwendung auf die Generatoren brennbarer Gase für Heizzwecke,
gewähren folgende Vortheile. Sie gestatten die Anwendung von Kohlenpulver der
geringsten Qualität; zugleich steigern sie die Gaserzeugung jedes Ofens, welcher
dieses geringwerthige Brennmaterial consumirt, von 1 1/2 Tonne vergasten
Brennmateriales auf 3 Tonnen innerhalb 24 Stunden; endlich verbessern sie die
Qualität des Gases durch die Erzeugung von Wasserstoffgas aus den der Luft
beigemischten Wasserdämpfen.
Vorstehende Beispiele der Anwendung mögen als Beleg für die Wirksamkeit und den Werth
des Injectors genügen. Andere nützliche Anwendungen bieten sich von selbst in allen
denjenigen Fällen dar, wo es sich um die Evacuirung oder Comprimirung von Luft oder
anderen Gasen handelt. Schließlich glaubt der Verfasser darauf aufmerksam machen zu
dürfen, daß, obgleich die Anwendung des Dampfstrahles als mechanisches Agens an sich
nicht neu ist, sondern bereits zu verschiedenen Zwecken und unter verschiedenen
Formen Eingang gefunden hat, doch die mechanischen Bedingungen, unter welchen der
Dampfstrahl das Maximum des Nutzeffectes zu entwickeln im Stande ist, bis jetzt noch
nicht klar gestellt oder in der Art praktisch realisirt worden sind, daß sie
Resultate darböten, welche mit den durch eine Dampfmaschine und Luftpumpe erzielten
vergleichbar wären. Ein solches Resultat läßt sich aber jetzt mit dem Dampfstrahl
erreichen, indem man die elastische Kraft des Dampfes in die Triebkraft eines
Gemisches von Dampf und Luft umwandelt und diese dann als Compressionskraft
verwerthet, ohne irgend einen Verlust an Nutzeffect durch Wirbel, Schall-
oder Wärmeerzeugung zu erleiden.