Titel: | Neue Vorbereitungsstrecken (Kettenstrecken) für Seilgarn-Spinnmaschinen, von Sam. Lawson und Söhne in Leeds; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. LXXVI., S. 285 |
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LXXVI.
Neue Vorbereitungsstrecken (Kettenstrecken) für
Seilgarn-Spinnmaschinen, von Sam. Lawson und Söhne in Leeds; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Lawson's Kettenstrecken für
Seilgarn-Spinnereien.
Im vergangenen Jahre haben die renommirten Constructeure von Flachs-,
Werg-, Hanf- und Jutespinnereimaschinen, Sam. Lawson und Söhne in Leeds ein neues System von
Strecken für Verarbeitung von Flachs, Hanf, Jute u. dergl. zu Seilgarnen eingeführt,Diese Vorbereitungsmaschinen für Flachs, Hanf, Jute und dergl. sind dem
Amerikaner John Good in Brooklyn
(New-York) im Jahre 1871 unter Nr. 2211 in England patentirt worden
und dieses Patent wurde von der Firma S. Lawson
und Söhne in Leeds erworben. welches sich rasch in den bedeutendsten Seilfabriken Englands Eingang
verschafft hat und nach Erachten des Referenten nicht nur für mechanische
Seilereien, sondern auch für Spinnereien von starken Fadennummern von Bedeutung
ist.
Bei den vorliegenden Vorbereitungsmaschinen, an welche sich unmittelbar die
Spinnmaschine anschließt, finden sich zwei nach einander
folgende Sätze von Hechelstäben, von welchen der zweite Satz mit bedeutend größerer
Geschwindigkeit sich vorwärtsbewegt und dabei das von den ersten Hecheln zugebrachte
Band auskämmt, verzieht und zu den Abzugswalzen weiterführt.Zwei Hechel- oder Kammsätze hintereinander mit Voreilung des zweiten
Kammsatzes finden wir schon in Clough's
doppeltwirkender Vorbereitungsstrecke für lange
Wollen, welche im polytechn. Journal, 1871, Bd. CCI S. 197
beschrieben wurde.
Die erste Maschine dieses Systemes ist eine Band- oder Anlegemaschine, auf
welcher das in üblicher Weise zubereitete Spinnmaterial in einzelnen Partien
aufgegeben und in ein endloses Band umgewandelt wird. Mehrere dieser Bänder gehen
sodann zur zweiten, ganz ähnlich gebauten Maschine (Grobstrecke); das Streckband
doublirt kann erforderlichen Falles noch eine dritte solche Maschine (Feinstrecke)
passiren, um zum Schluß auf der Spinnmaschine in einen dicken Faden verwandelt zu
werden.
Um die Einrichtung der neuen Maschinen annähernd kennen zu lernen, genügt es die
Bandmaschine, die sogen. Patentmaschine Nr. 1, näher in's Auge zu fassen, da die
Maschinen Nr. 2 und 3, abgesehen von Dimensionen und Stärke der Hechelnadeln und der
abweichenden Anordnung der Abzugswalzen, die gleiche Einrichtung wie Nr. 1
haben.
Fig. 25 zeigt
einen Längenschnitt durch die Bandmaschine, und Figur 26 und 27
versinnlichen die nähere Einrichtung der Kette zur Bewegung der Hechelstäbe.
Das Material, welches auf das Zuführbret oder endlose Speisetuch A in einzelnen, gehörig über einander greifenden Risten
vom Ballen weg aufgelegt wird, kommt durch die Einziehwalzen B zur langsam fortschreitenden Hechelkette C,
in deren Nadeln die Fasern durch die Stäbe der rotirenden Trommel D gehörig eingelegt werden.
Von den Hecheln C wird das Band durch die zweite, mit
bedeutend (12 bis 18mal) größerer Geschwindigkeit sich bewegende Hechelkette E abgenommen, wobei die Fasern ausgestreckt, parallel
gelegt und nach Maaßgabe des Voreilens der zweiten Hechelstäbe ausgezogen werden.
Die Ableitung des endlosen Bandes geschieht durch die Abzugswalzen F und H, zwischen welchen
der Trichter G eingeschaltet ist.
Aus der Abbildung ist von vorn herein zu entnehmen, daß bei dem besprochenen
Maschinensysteme statt der Schraubenführung für die Hechelstäbe, welche bei der
Verarbeitung von gröberem Material einige Nachtheile besitzt, wieder die Kettenführung, allerdings in einer so verbesserten
Anordnung und Ausführung eingeführt wurde, daß an deren dauernden Beibehaltung für
diese Art von Maschinen nicht zu zweifeln ist.
Längs beider Seiten der Maschine sind die Gelenkketten C
bezieh. E angebracht, durch welche die Hechelstäbe a (Figur 26 und 27)
mitgenommen werden. Die Endzapfen dieser Stäbe stecken in den Augen der Glieder b und c, doch in solcher
Weise, daß auf die Stäbe a kein nachtheiliger Zug sich
äußern kann. Zu diesem Behufe greifen die einzelnen Kettenglieder mittelst
angegossener Büchsen in einander ein, wie dieß in Figur 27 wohl deutlich
genug dargestellt ist, und pflanzt sich dergestalt der Zug direct von einem
Kettengliede zum nächsten weiter, ohne hierbei die lose in dem Auge der
Kettenglieder b steckenden Hechelstäbe zu
beanspruchen.
Da nun die Hechelnadeln nahezu senkrecht in die Fasern eintreten und aus denselben
ebenso austreten sollen, so sind an beiden Enden der Stäbe a neben den Ketten kleine Arme d befestigt, an
welchen die Zapfen e und i
zu bemerken sind.
Dort wo die Hechelstäbe nach aufwärts in die obere Reihe steigen, findet sich eine
entsprechend gekrümmte Führungsschiene I, gegen welche
die Zapfen e sich anlegen und dadurch die Arme d bezieh. die Hechelnadeln in die erforderliche Stellung
bringen. Analog ist durch Anbringung der Führungsleisten K am anderen Ende der Hechelkette Vorsorge getroffen, daß die Hechelstäbe
nicht sofort umschlagen und die Fasern verwirren. Gegen diese Führungsschienen K legen sich die Arme d mit
den Zapfen i an. Zwischen I
und K liegt zur Sicherung der senkrechten Stellung der
Hechelnadeln die gerade Führungsschiene L, auf welcher
die Zapfen d hingleiten, wenn nicht nebenbei auch das
Mittel gewählt wurde, daß die Arme d mit einem Schlitz
in die Führungsleiste der Schiene L eingreifen, wie dieß
in Figur 27
im Schnitt angedeutet wurde.
Da die zweite Hechelkette E sich mit großer
Geschwindigkeit bewegt, so wird zur Entlastung derselben und um ein Umschlagen der
Hechelstäbe zu verhüten, ein Theil der unteren Hälfte durch die links und rechts am
Maschinengestell angebrachte Bahn M getragen.
Was den Antrieb der Maschine anlangt, so sitzt an der Achse der unteren Abzugswalze
F die Treibscheibe und werden von dieser Achse aus
durch kleine Riemenscheiben die vorderen Abzugswalzen H,
durch Zahnräder aber die Kettenscheiben N₁ in
Bewegung gesetzt. Die Bewegung wird durch die Ketten E
auf die Scheiben N₂ und von der Achse derselben
durch Zahnräder und Wechsel auf die Kettenscheiben N₃ bezieh. auf die Ketten C übertragen. Von
der Achse der hintersten Kettenräder N₄ werden
die Einzugswalzen B durch Zahnräder angetrieben. Die
Einlegetrommeln D werden durch die Hechelzähne einfach
mitgenommen.
Es ist einleuchtend, daß die Ausführung der Hechelketten mit Sorgfalt erfolgen muß.
Die genannte Firma hat auch hierzu eigene Maschinchen aufgestellt, welche die
Kettenglieder, die Arme etc. rasch, billig und sehr exact herrichten, wie überhaupt
die Maschinen von S. Lawson und Söhne durch ihre solide Herstellung bekannt sind.
Einen Satz der besprochenen Maschinen fand Referent in der mechanischen Seilerei der
HHrn. Jackson, Ronald und Coltart in Liverpool, und war man dort von der Wirkungsweise und
Leistungsfähigkeit derselben so befriedigt, daß sämmtliche Schraubenstrecken durch
die neuen Kettenstrecken ersetzt werden.
Preis, Leistungsfähigkeit und Raumerforderniß betreffend, seyen nachstehende Daten
(in englischen Einheiten) mitgetheilt.
Zur Verarbeitung von 40 Centner Material in 10 Arbeitsstunden waren im Gange:
eine Bandmaschine (Patentmaschine Nr. 1);
eine Strecke (Patentmaschine Nr. 2);
neun Spinnmaschinen per 6 Spindeln, also 54 Spindeln, im
Gesammtpreis von 2990 Pfund Sterling.
In einem anderen Falle wurden pro Tag 80 Centner Material
verarbeitet und zwar mit:
einer Bandmaschine
(
Patentmaschine
Nr. 1);
zwei Grobstrecken
(
dto.
Nr. 2);
zwei Feinstrecken
(
dto.
Nr. 3);
achtzehn Spinnmaschinen per 6 Spindeln, also 108
Spindeln.
Der Preis dieses Maschinensatzes beträgt 5630 Pfund Sterling.
Die Bandmaschine (Nr. 1) ist 19 Fuß 8 Zoll lang und 6 Fuß 9 Zoll breit; die Strecke
(Nr. 2 oder 3) ist 21 Fuß 3 Zoll lang und 6 Fuß breit.
Die Spinnmaschine per 6 Spindeln nimmt etwa 6 Fuß im
Gevierte ein.
Der mittlere Verzug auf den Maschinen beträgt 16 bei Nr. 1, 21 bei Nr. 2 und 3, und
auf den Spinnmaschinen 10 bis 18.