Titel: | Ueber die continuirliche Destillation des Petroleums, der Mineralöle etc. bei constantem Niveau und fractionirter Condensation; von H. Fuhst, Civilingenieur in Halle a. S. |
Autor: | H. Fuhst |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. LXXIX., S. 293 |
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LXXIX.
Ueber die continuirliche Destillation des
Petroleums, der Mineralöle etc. bei constantem Niveau und fractionirter Condensation;
von H. Fuhst, Civilingenieur in Halle a. S.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Fuhst, über die continuirliche Destillation des Petroleums, der
Mineralöle etc.
Die volle und ununterbrochene Arbeit bei Tag und Nacht, sie ist die Cardinalbedingung
einer hohen Rentabilität in allen denjenigen Industriezweigen, deren Natur überhaupt
eine ununterbrochene Arbeit zuläßt. Sie ist von ganz besonderer Wichtigkeit da, wo,
wie in der Petroleum-, Mineralöl- und Paraffinfabrication die
eigentliche Arbeit durch die Wärme hervorgebracht, und Menschenkraft nur zur
Erhaltung der Wärme resp. zur Controlle der durch sie hervorgebrachten Arbeit
gebraucht wird, so daß mit wenig Menschenkräften große Werthveränderungen resp.
Wertherhöhungen des Rohmateriales erzeugt werden. Die volle ununterbrochene Arbeit
gewährt auch allein die volle Ausnutzung des Anlage-Capitales sowohl, als
auch der Leistung der Menschenkräfte und der Apparate. Die Einführung derselben ist
aber noch um viel wichtiger und lohnender, wenn sie, wie hier, in ihrem Gefolge,
ohne irgend welche Nachtheile zu haben, noch qualitativ und quantitativ größere
Ausbeute, Ersparnisse an Feuermaterial, größere Haltbarkeit der Apparate etc.
bietet.
Diese Vortheile sind im Nachstehenden etwas weiter ausgeführt, sie sind für die
betreffenden Industriezweige von durchgreifend hoher Wichtigkeit.
Die continuirliche Destillation des Petroleums, der Mineralöle und der Paraffine bei
constantem Niveau mit fractionirter Condensation bietet gegenüber der jetzigen
Destillationsmethode folgende Vortheile:
1) Die Leistung jeder einzelnen Blase resp. Apparates, und
somit die Leistung der gesammten Oel- und Paraffin-Destillation und
Rectification wird auf mehr als das Doppelte erhöht.
2) Die Destillate erleiden eine geringere Zersetzung; es erhöht
sich die quantitative sowohl als auch die qualitative Ausbeute, indem sich der
Destillations-Verlust vermindert.
3) Es erhöht sich die Ausbeute durch Vermeidung wiederholter
Destillation desselben Productes.
4) Es wird wesentlich an Feuermaterial gespart.
5) Die Apparate werden trotz ihrer Mehrleistung weniger
angestrengt.
6) Die continuirliche Destillation ergibt durch Anwendung
kleinerer Apparate härteres Paraffin, bei gleicher quantitativer Leistung.
ad 1. – Die Leistung der Blasen
(Destillations-Apparate) wird erhöht:
a) durch Benutzung der gesammten gegebenen Zeit zur
Destillation selbst, während bisher kaum die Hälfte der vorhandenen Zeit die Blase
wirklich arbeitete und in der anderen Zeit theils abkühlte zum Ausschöpfen, theils
ganz ruhte oder im Anfeuern begriffen war;
b) durch fortwährend volle Destillation, während
dieselbe bisher beim Anfeuern der Blase, sowie in Folge des Sinkens des Niveau's
nicht voll arbeitete. Es hat dieß darin seinen Grund, daß bei Beginn der
Destillation die erforderliche Wärme noch nicht vorhanden ist, um voll destilliren
zu können, und daß beim Sinken des Niveau's der Weg vom Flüssigkeitsspiegel bis in
die Kondensation stetig länger wird und so die Destillate nur mit Aufwendung einer
größeren Zeitdauer in die Condensation gelangen können. Die Arbeit wird um so
schwächer, je tiefer das Niveau sinkt. Die Blasen arbeiten somit, trotzdem sie in
vollem Dienste sind, doch nicht voll. Beides fällt bei der continuirlichen
Destillation mit constantem Niveau fort.
ad 2. – Das Niveau der zu destillirenden
Flüssigkeit sinkt bei der Destillation einmaliger Füllungen permanent mit der
fortschreitenden Destillation. In Folge dessen wird der Steigeraum der Gase
fortwährend größer, die Gase müssen sich also entsprechend länger in der Blase
aufhalten, während gleichzeitig die oberen Partien der vom Feuer berührten Wandungen
der Blase sich im Inneren derselben immer mehr von der Destillationsflüssigkeit entblößen. Diese von der
Flüssigkeit entblößten Wandungen nehmen nun eine höhere Temperatur an, welche
schließlich bis zur Rothgluth geht, und die Gase müssen unmittelbar nach ihrer
Bildung, um zur Kühlschlange zu gelangen, diese glühenden Wandungen passiren. Es
tritt ein Moment ein, in welchem die Blase in der Nähe der Wandungen anfängt wie
Oelgasretorten zu arbeiten; die Gase werden zersetzt in Leuchtgase die als
Destillationsverluste entweichen und der ausgeschiedene Kohk vermehrt den werthlosen
Rückstand. Diese Eigenschaft der Blase, permanente Gase und Kohk statt flüssiger
Destillate zu liefern, wird um so größer, je mehr das Niveau sinkt, da mit diesem
Sinken ein immer größerer Theil der Wandungen erhitzt und der Steigeraum immer höher
wird, also die Zeit des Aufenthaltes der Gase zwischen den erhitzten Wandungen oder
die Zeit ihrer Zersetzung immer zunimmt. Es wird durch die Blase immer mehr
Leuchtgas und immer weniger flüssiges Destillat geliefert, je mehr die Destillation
ihrem Ende sich nähert. Aeußerlich ist dieß erkennbar durch den geringeren Ablauf
aus dem Kühlfasse, und durch den stärkeren Gasgeruch. Was sich nun an Kohk
ausscheidet oder als in Leuchtgas zersetzt verloren geht, ist zunächst directer
quantitativer Verlust; der Verlust ist aber auch qualitativ, da die specifisch
leichteren Producte immer zuerst zersetzt werden, also das werthvollere Product
jedesmal zersetzt verloren geht, während das minder werthvolle noch als Destillat
gewonnen wird.
Alle diese Uebelstände und Verluste werden durch die continuirliche Destillation bei constantem Niveau vermieden.
ad 3. – Es ist eine Thatsache, welche man bei
jeder Destillation in Glaskolben beobachten kann, daß ein Theil der Gase, während
sie den Steigeraum passiren, sich an den inneren Wandungen des Helmes resp. der
Blase niederschlägt und so in flüssiger Form wieder zurückfließt. Das rückfließende
Product wird in Folge der hohen Temperatur theilweise wieder vergast, und theilweise
zersetzt; der wieder vergaste Theil wird aber unter denselben ungünstigen
Verhältnissen nochmals vergast, es fließt ein Theil desselben wieder an den
Wandungen zurück u.s.w. Es entwickelt sich somit ein sich fortwährend wiederholender
Proceß ungünstigster Natur, der mit dem Sinken des Niveau's immer bedeutender wird,
und erst mit Beendigung der Destillation selbst endet. Die Folge dieser sich
fortwährend wiederholenden Vergasung, Condensation, Zersetzung und Wiedervergasung
ist (wie ad 2 bemerkt wurde) die Bildung von Leuchtgas
und Kohk, also wieder eine Minderausbeute.
Durch das constante Niveau kann nun zwar die Condensation an den Wandungen des Helmes
nicht ganz vermieden werden; es wird aber die Zersetzung des rückfließenden Productes in Leuchtgas
und Kohk unmöglich gemacht, da keine glühenden Wandungen vorhanden sind. Somit wird
auch dieser Minderverlust beseitigt.
ad 4. – Es wird wesentlich an Feuermaterial
erspart. Diese Ersparung an Feuermaterial ist doppelter Art. Es ist klar, daß eine
gewisse Quantität Kohlen erforderlich ist, um die frisch gefüllte Blase und das
umgebende Mauerwerk auf diejenige Temperatur zu bringen, bei welcher die
Destillation eintritt; es ist ferner klar, daß nach Beendigung der Destillation in
Folge des Abkühlens der Blase ein großer Theil der vorhandenen Wärme, welche ja
ihrerseits wieder eine Quantität Kohlen repräsentirt, verloren geht. Da nun bei der
continuirlichen Destillation das tägliche Anfeuern und Erkalten der Blase wegfällt,
so wird die Kohle zum Anfeuern nicht gebraucht, und diejenige welche beim Erkalten
ungenutzt verloren geht, kommt beim weiteren Nachlauf der Oele zur Verwendung. Dieß
sind directe Kohlenersparnisse. Es kommen jedoch noch indirecte Ersparnisse, welche
weit wichtiger sind, zur Geltung.
Von der wirklich entwickelten Wärme kommt ein mit dem Sinken des Niveau's immer
größer werdender Theil, zur Erwärmung der Wandungen der Blase zur Verwendung. Die
gutleitenden Wandungen sind aber durch das Sinken des Niveau's im Inneren von der zu
destillirenden Flüssigkeit entblößt und können somit die Wärme nicht zur
Destillation der Füllung abgeben, sondern müssen dieselbe in den Steigeraum
transmittiren. Die Folge hiervon ist, wie sich aus den Bemerkungen ad 2 und 3 ergibt, eine Zersetzung in Leuchtgas und
Kohk. Dieser, mit dem Sinken des Niveau's immer größer
werdende Theil der Wärme resp. das durch ihn repräsentirte Quantum Kohlen, leistet
also keine productive Arbeit, er kommt der Destillation nicht zu Statten, er ist
aber auch nicht ein einfacher Verlust, wie beim Anfeuern und Erkalten der Blase,
sondern es dient der Wärmeeffect dieses Kohlenquantums direct zur Zerstörung der
bereits gebildeten Producte, indem er aus denselben Leuchtgas und Kohk bildet.
Bei der continuirlichen Destillation mit constantem Niveau sind die vom Feuer
umspülten Wandungen der Blase im Inneren stets mit Flüssigkeit bedeckt, es kann also
während der Destillation nie die entwickelte Wärme jene zerstörende Wirkung
haben.
ad 5. – Gußeiserne Apparate, wie die Blasen,
leiden nicht dadurch, daß sie einer gleichmäßigen hohen Temperatur ausgesetzt
werden, bei welcher die einzelnen Atome sich gleichmäßig ausdehnen, sondern sie
leiden dadurch, daß sie ungleichmäßigen Temperaturen und raschen Temperaturwechseln
ausgesetzt werden. Man hat dieß früher schon erkannt und treibt die Blasen deßhalb
nicht mehr bis zur Trockne ab. Jetzt liegt die Hauptgefahr für die Blase darin, daß
die beim Sinken des Niveau's von der Flüssigkeit entblößten Wandungen eine höhere
Temperatur annehmen, als diejenigen Theile der Wandungen welche noch von der
Flüssigkeit bedeckt sind. Da das Niveau sich fortwährend verändert, so ist der
Aggregatzustand der Atome der Blase ebenfalls einer fortwährenden Veränderung
unterworfen, bis schließlich durch Ausbauchungen und Risse die Blase unbrauchbar
wird.
Während der continuirlichen Destillation treten Schwankungen im Aggregatzustande der
Blase nur durch ungleichmäßiges Feuern ein; diese Schwankungen sind jedoch so
unbedeutend, daß man wohl mit Recht annehmen kann, daß 48 Stunden continuirliche
Destillation die Blase nicht so viel angreifen, als eine Destillation bei sinkendem
Niveau. Die Blase würde also, ohne mehr angegriffen zu werden, 180 Ctr.
continuirlich verarbeiten können, während sie bei sinkendem Niveau einmaliger
Füllung 35 Ctr. verarbeitet.
ad 6. – Bei der jetzigen Methode der Destillation
einmaliger Füllungen hat man, um eine volle Tagesschicht zu arbeiten, fast allgemein
Blasen von 35 Ctr. Füllraum im Gebrauche. Es ist nun Thatsache, daß vor allen Dingen
Paraffin, also das werthvollste Product welches erhalten wird, sich in weicheres
Paraffin und Oel zersetzt, sobald es der Einwirkung der Wärme ausgesetzt wird.
Hieraus geht hervor, daß es rathsam ist Paraffin in möglichst kleinen Partien zu
destilliren, um nicht gleichzeitig größere Füllmassen der Einwirkung der Wärme
auszusetzen. Würde man z.B. Blasen von 12 Ctr. Füllung, statt jener von 35 Ctr.
Füllung anwenden, so würden die Füllmassen behufs ihrer Destillation nur 1/3 der
Zeit der Einwirkung der Wärme ausgesetzt seyn; man müßte aber die dreifache Anzahl
von Blasen haben, um dasselbe Quantum Paraffin wie bisher zu bewältigen. Ganz anders
stellt sich jedoch die Sache bei Einführung der continuirlichen Destillation. Das
Quantum Paraffin, welches man mit einer Blase in gegebener Zeit destilliren kann,
ist nämlich nicht abhängig von dem Füllquantum der Blase, sondern von der Größe der
feuerberührten Fläche derselben. Zwei Blasen von gleicher feuerberührter Fläche, von
denen aber die eine 36 und die andere 12 Ctr. Füllung hat, destilliren pro Stunde bei demselben Aufwande an Feuermaterial
gleiche Mengen Paraffin über. Da nun der continuirliche Nachfluß die dreifache
Anzahl der Apparate, welche bei der Destillation einmaliger Füllung nothwendig
werden, ersetzt, so gestattet die continuirliche Destillation die Benutzung kleiner
Blasen, sie entzieht also 2/3 des zu destillirenden Paraffins der schädlichen
Einwirkung der Wärme,
und gibt somit eine größere Ausbeute an hartem Paraffin, ohne das Quantum der
Production herabzuziehen.
Die Condensation trennt mit größter Pünktlichkeit die Destillate nach ihren:
specifischen Gewichte, und zwar hat der Fabrikant es ganz in der Hand, nach Maaßgabe
der von ihm übernommenen Lieferungsverpflichtungen in Bezug auf das specifische
Gewicht der Oele, die Condensation einzustellen.
Beschreibung des Apparates.
Die Skizze Fig.
1 ist dazu bestimmt, die Idee ohne Rücksicht auf die Anordnung in der
Fabrik, welche in Fig. 2 angegeben ist, zu veranschaulichen.
Durch das Rohr A wird von den Absatzständern her,
zunächst das Bassin B gefüllt. Die Größe dieses Bassins
ist an und für sich gleichgültig, nur muß dafür gesorgt werden, daß es nicht leer
wird, weil es das Haupt-Speisebassin ist. Hierauf zu achten, ist die einzige
Mühe des Arbeiters bei der ganzen Manipulation. Um noch sicherer zu gehen, ist es
leicht einen kleinen Alarmapparat anzubringen, welcher sich in Thätigkeit setzt,
wenn die Füllung des Bassins nahezu verbraucht ist. Unter dem Bassin B ist ein Apparat C
angebracht, welcher den Zweck hat, in Verbindung mit dem Schwimmer F ein constantes Niveau hervorzubringen und zwar in
folgender Weise: Unter dem Bassin B befindet sich das
Bassin E, welches durch das Rohr H mit der Blase K communicirt. In Folge dieses
Communicirens haben Blase K und unteres Bassin E stets gleiche Niveauhöhe der Füllmasse. In dem Bassin
E ist nun der Schwimmer F durch den gleicharmigen Hebel G und die
verticale Stange C in Verbindung mit dem aus verzinntem
Blech gefertigten Rohre D. Dieses Rohr (man s. Fig. 3) tritt
mit seinem unteren Ende in die ringförmige Aussparung des unter dem Bassin B befindlichen Apparates C,
welcher mit Quecksilber gefüllt ist. Am unteren Ende des Rohres D befinden sich die Oeffnungen a,
a, a.
Ist nun in der Blase K das normale Niveau vorhanden, so
ist im Bassin E das gleiche Niveau, und es sind der
Schwimmer F und das Rohr D
so mit einander in Verbindung gesetzt, daß die oberen Kanten der Oeffnungen a, a, a eben den Spiegel des Quecksilbers berühren.
Sinkt jetzt in Folge der fortschreitenden Destillation das Niveau in der Blase und
damit dasjenige im Bassin E, so sinkt ebenfalls der
Schwimmer F und bringt seinerseits ein Steigen des
Rohres D hervor; es heben sich die Kanten der Oeffnungen
a, a, a von dem Quecksilber ab, und gestatten somit
einen Durchlauf der Füllung des Bassins B
nach dem Bassin E. Das Niveau im Bassin E
und in der Blase K und mit ihnen der Schwimmer F steigen in Folge dessen so lange bis das normale
Niveau wieder erreicht ist, in welchem Momente der Schwimmer veranlaßt, daß die
obere Kante der Oeffnungen a, a, a auf das Quecksilber
tritt, und so den Nachfluß abschließt. Tritt dagegen ein Steigen des normalen
Niveau's in der Blase ein, so fließt ein Theil der Blasenfüllung zurück nach dem
Bassin E (in Folge dessen wird das Schwanken des
normalen Niveau's bedeutend gemindert), es steigt der Schwimmer F, zieht die Oberkanten der Oeffnungen a, a, a in das Quecksilber hinein, und schließt den
Nachfluß so lange ab, bis durch die fortschreitende Destillation das Plus über dem normalem Niveau in der Blase und im Bassin
E sich in Gasform entfernt hat.
Man wird sich auf den ersten Blick sagen müssen, daß dieser Nachlaufapparat in Folge
der Einfachheit seiner Construction und bei dem gänzlichen Wegfall jeder Reibung
absolut zuverlässig arbeiten muß, daß Störungen des Betriebes durch ihn nicht wohl
möglich sind. Es ist dieß eine Hauptbedingung, welche für die Sicherheit des
Betriebes verlangt werden muß, und es ist dieß gerade die Klippe, an der frühere
Bestrebungen, die continuirliche Destillation bei constantem Niveau durch Hähne oder
Ventile einzuführen, gescheitert sind.
Nachdem so das constante Niveau durch den continuirlichen Nachfluß gesichert ist,
handelt es sich weiter um die Blase selbst. Es sind zwei Bedingungen, welche bei der
continuirlichen Arbeit erfüllt werden müssen, und zwar muß einmal die Möglichkeit
gegeben seyn, während der continuirlichen Arbeit und zwar ohne Unterbrechung
derselben, den zu destillirenden Oelen den entsprechenden Procentsatz an
Chemikalien, über welche sie destillirt werden sollen, zuzuführen, und ferner muß
die Möglichkeit gegeben seyn, ebenfalls ohne Unterbrechung der continuirlichen
Arbeit, die während derselben sich ausscheidenden flüssigen Rückstände und fremden
Beimischungen zu entfernen.
Die Zuführung der Chemikalien in den inneren Raum der Blase erfolgt durch den auf dem
Mannlochdeckel befindlichen Kastenaufsatz. Derselbe hat oben einen Deckel N mit Wasserverschluß. Dieser Deckel N wird abgehoben, und der obere Raum O mit dem bestimmten Quantum Chemikalien gefüllt;
alsdann wird der Deckel N wieder aufgelegt und der obere
Schieber (resp. Drosselklappe) d geöffnet. Die
Chemikalien fallen in den Raum M, von welchem aus sie,
nachdem der Schieber d wieder geschlossen ist, durch
Oeffnen des zweiten Schiebers (resp. Drosselklappe 1) in die Blase fallen. Sie
erreichen jedoch nicht den eigentlichen Boden der Blase, sondern fallen auf den in
die Blase lose hineingestellten falschen Boden L, welcher
siebförmig durchlöchert ist und auf vier Füßen b, b
steht. Das Mannloch der Blase ist so groß, daß man den falschen Boden L leicht herausnehmen und wieder in die Blase einsetzen
kann.
Dieser falsche Boden soll es zunächst möglich machen, daß unter ihm die sich zu Boden
setzenden flüssigen Rückstände und fremden Beimischungen, ohne daß das Absaugrohr
sich durch die Chemikalien versetzt, während des Betriebes aus der Blase entfernt
werden können; er bietet aber außerdem noch zwei wesentliche Vortheile, welche dem
Betriebe gleichzeitig zu Statten kommen. Indem nämlich einmal die Chemikalien auf
dem durchlöcherten falschen Boden, statt auf dem massiven eigentlichen Boden der
Blase und zwar 6 Zoll über dem letzteren liegen, werden dieselben von allen Seiten
von dem Destillate berührt, und können somit weit besser und energischer auf das
Destillat einwirken, wodurch eine bessere Ausnutzung der Chemikalien herbeigeführt
wird. Es können ferner die Chemikalien nicht auf dem eigentlichen und vom Feuer
berührten Boden der Blase festbrennen, was seinerseits wieder den doppelten Vortheil
hat, daß eine Zerstörung der Chemikalien durch die Einwirkung des rothglühenden
Bodens auf sie vermieden wird, wodurch zunächst wieder eine Ersparniß an Chemikalien
eintritt, und daß andererseits diese Chemikalien sich nicht, wie sie es jetzt
namentlich durch ihr Anbrennen an den Blasenboden thun, als schlechte Wärmeleiter
zwischen den Boden der Blase als feuerberührte Fläche und die zu destillirenden
Producte legen. In Folge dessen wird die Haltbarkeit des Bodens wesentlich erhöht,
und es bleibt die gesammte vom Feuer berührte Fläche, welche gleichbedeutend ist mit
dem Leistungsvermögen der Blase, stets activ.
Der Betrieb wird am bequemsten so eingerichtet, wie er in Zuckerfabriken üblich ist,
so daß die Sonntags-Tageschicht Ruheschicht ist. Während dieser Ruheschicht
wird der falsche Boden mit den darauf befindlichen Chemikalien aus der Blase
herausgenommen und von denselben gesäubert wieder eingesetzt.
Die zweite Bedingung, welche behufs continuirlicher Destillation zu erfüllen ist, war
die, daß die Möglichkeit gegeben seyn muß, ohne Unterbrechung des Betriebes die
flüssigen Rückstände und fremden Beimischungen zu entfernen. Davon ausgehend, daß
ein bekanntes Rohproduct welches zu verarbeiten ist, einen bestimmten Procentsatz
jener Rückstände und Beimischungen hat, so scheidet sich in jeder Arbeitsschicht,
die ihrerseits einem bestimmten und immer gleichen verarbeiteten Quantum Rohmaterial
entspricht, ein bekanntes Quantum Rückstände etc. aus. Dem Volumen dieses Quantums
entspricht nun das Volumen des luftdicht gearbeiteten Wagens P. Dieser
Wagen trägt oben eine kleine Handluftpumpe und kommt in folgender Weise zur
Verwendung: Das Rohr S, welches zwischen den falschen
und den eigentlichen Boden der Blase eingeführt ist, trägt oben außerhalb der Blase
den Hahn R und das Kugelgelenk Q.
Bei jedem Schichtwechsel läßt der Feuermann die Blase etwas zur Ruhe kommen, so daß
die Ausscheidungen an Rückständen und fremden Beimischungen zu Boden fallen; der
Arbeiter fährt dann den Wagen P vor die Blase, verbindet
denselben durch die Doppelmutter g mit dem Kugelgelenke
Q, öffnet den Hahn R im
Rohre s, sowie das Ventil f
am Wagen P und pumpt den letzteren luftleer. In Folge
dessen steigt ein dem Volumen des Wagens gleiches Volumen an Rückständen aus der
Blase in den Wagen. Der Arbeiter schließt das Ventil f,
löst die Verbindung zwischen dem Wagen und dem Rohre S,
und entleert nun den Wagen an einem hierzu bestimmten Bassin. Der Hahn R wird geschlossen und der Feuermann nimmt seine normale
Thätigkeit wieder auf. Diese Entleerung ist leicht, sicher und zuverlässig zu
bewerkstelligen und es ist auch keine Gefahr vorhanden, daß das Rohr S sich verstopfen könnte, da die Chemikalien von
demselben durch den falschen Boden abgehalten sind, und bei einer Entleerung von 12
zu 12 Stunden und dem continuirlichen Nachflusse feste Rückstände sich nicht bilden.
Zum Ueberfluß kann das Rohr von 8 zu 8 Tagen in der Sonntags-Tagesschicht
revidirt werden.
Zur fractionirten Condensation übergehend, so beruht
dieselbe darauf, daß die verschiedenen Destillationsproducte, welche
gemeinschaftlich mit einander überdestilliren, verschiedene Siedepunkte haben, und
somit bei verschiedenen Temperaturgraden condensiren, je nach ihrem specifischen
Gewichte. Diese Thatsache, daß die Siedepunkte der Destillate ihren specifischen
Gewichten direct proportional sind, gewährt allein die Möglichkeit einer Trennung
der Destillate nach ihren specifischen Gewichten. Ein Oel, welches einen Siedepunkt
von 240° C. hat, wird und muß da flüchtig bleiben, wo ein Oel mit einem
Siedepunkte von 350° C. schon zu condensiren beginnt.
Um alle Gase, welche in einer gegebenen Zeit aus der Blase entweichen, zu
condensiren, muß die Oberfläche resp. Kühlfläche des Condensationsapparates so groß
seyn, daß sie im Stande ist das Quantum latenter Wärme, welches durch die
Condensation der Gase frei wird, abzuleiten.
Eine Kühlschlange, wie sie jetzt üblich ist, hat ungefähr eine Condensationsfläche
von 70 Quadratfuß; die Oberfläche kann bei der Wasserkühlung nie mehr als
100° C. erreichen, und genügt, wie die Erfahrung zeigt, vollkommen zur
Condensation aller übergehenden Gase. Zur Erreichung einer fractionirten
Condensation ist nun aber eine Wasserkühlung nicht zu gebrauchen, weil die
Temperatur der Condensationsoberfläche tiefer liegt als der Siedepunkt der
leichtesten Oele, welche übergehen. Wenn, wie bei der continuirlichen Destillation,
sämmtliche Gase der verschiedensten Siedepunkte zu gleicher Zeit überdestillirt
werden und dieselben treten dann in eine Condensation deren Temperatur niedriger
ist, als der niedrigste Siedepunkt, dann tritt natürlich sofort eine
gemeinschaftliche Condensation aller Gase ein, und eine Trennung nach den
Siedepunkten ist nicht mehr möglich.
Es muß, um die Trennung nach den Siedepunkten für den fabrikmäßigen Betrieb mit
Sicherheit zu erreichen, dafür Sorge getragen werden, daß die Condensation
abfallende Temperaturen annimmt, welche mit nahezu der Temperatur des höchsten
Siedepunktes beginnen, und unter dem niedrigsten Siedepunkte enden. Dieß ist der
Schlüssel zum Wesen der fractionirten Condensation.
Die Construction der Condensation ist nun die folgende:
Am Rüssel der Blase befindet sich ein Exhaustor, durch welchen die Gase in ein System
stehender Condensationsrohre geführt werden. Jedes Rohr dieses Systemes hat unten
eine kleine Kühlschlange mit besonderem Ausfluß. Oben sind die Rohre so mit einander
verbunden (man s. Fig. 2), daß die Gase, soweit sie uncondensirt geblieben sind, alle Rohre
einzeln bis zum letzten durchlaufen müssen. Die Kühlschlangen unter den einzelnen
Rohren haben hierbei nur den Zweck, die condensirten heißen Oele vor ihrem Ausfluß
möglichst abzukühlen, sie haben nichts mit der Condensation der Gase zu thun. Es muß
diese Condensation natürlich in Folge ihrer höheren Temperatur eine entsprechend
größere Kühlfläche haben, als die Kühlschlange der Wassercondensation hat. Diese
Nothwendigkeit kommt dem vorliegenden Systeme insofern zu Statten, als man, ohne zu
kleine Dimensionen zu bekommen, eine genügende Anzahl von Abflüssen zur Trennung der
Oele einfügen kann. Im vorliegenden Falle sind ungefähr 150 Quadratfuß
Condensationsoberfläche, repräsentirt durch sechs Cylinder, angenommen. Es ist dieß
das Doppelte der Condensationsfläche der Wasserkühlung.
Die Gase treten nun in den Cylinder 1; was hier nicht condensirt an Gasen, weil der
Cylinder eine höhere Temperatur hat als der Siedepunkt derselben, tritt aber nach
Cylinder 2; das hier nicht Condensirte nach Cylinder 3 und so fort; aus dem Cylinder
6 entweichen dann nur noch die uncondensirbaren permanenten Gase. Auf diese Weise
bilden sich die abfallenden Temperaturen von dem Eintritte der Gase in die Condensation nach dem
Austritte derselben hin ganz von selbst, und es gibt in Folge dessen jeder einzelne
Cylinder durch seinen Ausfluß ein seiner Temperatur entsprechendes, nach dem Ende
der Condensation zu immer leichter werdendes Oel.
Es ist bekannt, daß die Mineralöle und Paraffine eine sehr geringe latente Wärme
haben; in Folge dessen könnte wider Erwarten die Temperatur der ersten
Condensationsrohre so niedrig bleiben, daß in ihnen schon eine Condensation von
mehreren Destillaten gleichzeitig eintritt, die der Fabrikant schon getrennt zu
haben wünscht. Sollte dieser Fall eintreten, so kann man leicht die Temperatur in
den Condensationsrohren entsprechend erhöhen, indem man dieselben mit einem
schlechten Wärmeleiter umgibt und sie so verhindert ihre Temperatur abzugeben.
Indem sich so die Temperatur des ersten Condensationsrohres mehr dem höchsten
vorhandenen Siedepunkte nähert, bleiben die Destillate mit niedrigerem Siedepunkte,
welche früher in demselben Condensationsrohre condensirten, flüchtig und condensiren
in den folgenden Cylindern getrennt von dem ersten schweren Producte. Es bedeutet
dieß eine Verlängerung des Condensationsweges, um die Anzahl der activen Abzüge und
mit ihnen die Zahl der verschiedenen in ihren specifischen Gewichten differirenden
Destillate zu vermehren. In gleichem Sinne wirkt nun auch der zwischen Condensation
und Blasenrüssel sich befindende Exhaustor. Derselbe soll einmal die producirten
Gase möglichst rasch aus der Blase entfernen, um sie vor Zersetzungen zu schützen,
er soll aber auch andererseits und hauptsächlich in der Condensation eine größere
Geschwindigkeit in die Gase bringen.
Eine gegebene Condensationsfläche kann in einer bestimmten Zeit nur eine ganz
bestimmte Wärmemenge transmittiren, resp. ein bestimmtes Volumen Gase condensiren.
Ist nun die Geschwindigkeit der Gase in den Condensationsröhren eine beschleunigte,
so verkürzt sich die Zeit der Einwirkung der Kühlfläche auf die Gase, dieselben
müssen einen längeren Weg bis zu ihrer Condensation machen, sie gestatten somit in
Folge der Einwirkung des Exhaustors eine schärfere Trennung nach ihren specifischen
Gewichten und es wird diese Trennung um so schärfer seyn, je rascher man den
Exhaustor arbeiten läßt. Die Wirkung des Exhaustors unterstützt somit die Wirkung
der Bekleidung der ersten Condensationsrohre mit einem schlechten Wärmeleiter; beide
erzielen gegenüber der geringen latenten Wärme der Gase eine präcise Trennung der
Oele nach ihrem specifischen Gewichte.
Was nun den Ausfluß der Oele anbetrifft, so ist derselbe aus den Cylindern so
angeordnet, daß die Kühlschlangen der hinteren zwischen denen der vorderen Cylinder nach
vorn treten, so daß die Ausflüsse geordnet nebeneinander immer leichtere Producte
geben. Indem nun verschiedene nebeneinander befindliche Abflüsse in ein
gemeinschaftliches Ganze vereinigt werden, dadurch daß man sie nach einem Bassin
hinleitet, kann man jedes beliebige specifische Gewicht erzielen. Es läuft z.B.
Ablauf 3 mit einem specifischen Gewichte von 0,840, Ablauf 4 mit 0,830, Ablauf 5 mit
0,825, so ergibt Ablauf 3 und 4 zusammen ein specifisches Gewicht von 835, während 4
und 5 zusammen Oel von 0,8275 geben.
Für die fabrikmäßige Anlage eignet sich am besten die in Fig. 2 im Grundriß
dargestellte Anordnung, bei welcher das Zufluß-Reservoir am Giebel des
Blasenhauses steht und von demselben aus eine Speiseleitung nach den Blasen,
zwischen diesen und den Condensationen geht, an welche jede Blase mittelst eines
Dreiweghahnes angeschlossen ist. Durch diese Dreiweghähne hat der Fabrikant es in
der Hand, einzelne Blasen aus dem Betriebe auszuschalten, ohne die hinter ihnen
liegenden, welche erst nach ihnen gespeist werden, gleichzeitig dem Betriebe
entziehen zu müssen.
Ferner dürfte es für den Betrieb von Vortheil seyn, ein Zuflußbassin an beiden
Giebeln des Blasenhauses aufzustellen, damit in einem Blasenhause verschiedene
Producte verarbeitet werden können, wenn die Dispositionen es wünschenswerth
erscheinen lassen.