Titel: | Ueber die natürlichen Farben und die Verfärbungen heller Ziegelsteine; von Dr. H. Seger. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CV., S. 379 |
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CV.
Ueber die natürlichen Farben und die Verfärbungen
heller Ziegelsteine; von Dr. H. Seger.
Seger, über die natürlichen Farben heller Ziegelsteine und die
Verfärbungen welche solche Steine zeigen.
Wo es darauf ankommt, Ziegelmaterial als äußere Bekleidung von Bauwerken zu benutzen,
ist stets darauf Bedacht zu nehmen, daß dieselben wenigstens innerhalb bestimmter,
nicht zu weit auseinander liegender Grenzen eine gleichmäßige Farbe erhalten. Wenn
auch eine gewisse Monotonie in dem Aussehen vermieden wird, wenn die einzelnen
Steine sich durch geringe verschiedene Nüancirungen von einander markiren, so sollen
diese doch den einzelnen Stein, als Ganzes betrachtet, stets einfarbig erscheinen
lassen; scharfe Contraste, namentlich wenn sie an einem und demselben Stein
auftreten, bewirken einen unangenehmen Eindruck auf das Auge des Beschauers.
Es ist deßwegen mit Recht die Frage nach der Entstehung der Farben von Ziegelsteinen,
nach den Umständen unter welchen Mißfärbungen und Anflüge entstehen, nach Mitteln,
einen willkürlichen Einfluß auf die Steinfarben zu üben, eine brennende geworden,
welche andauernd zu großartigen, leider zu oft fruchtlosen und kostspieligen
Experimenten mit verschiedener Ofenconstruction, Brennmaterialien etc. Veranlassung
gibt. Wir machen daher gern im Nachstehenden auf die von Dr. H. Seger in Berlin über diesen Gegenstand
angestellten Versuche aufmerksam, über welche derselbe im „Notizblatt des
deutschen Vereines für Fabrication von Ziegeln etc.“ berichtet. Dr. Seger hat besonders die
hellfarbigen Ziegelmaterialien berücksichtigt, da diese in Bezug auf Massen-
wie Oberflächenfärbung dem Ziegler die größten Schwierigkeiten entgegenstellen. Er
unterscheidet folgende vier Erscheinungen, welche aus sehr verschiedenen Processen
sich herleiten, nämlich:
1) die Färbung der Masse des Steines, erkennbar auf dem
Bruch;
2) die Färbung der Masse des Steines an oder in der Nähe der
Oberfläche, insofern als diese von der Färbung des Inneren oder der Hauptmasse
abweicht;
3) die Färbung der Oberfläche durch der Steinmasse fremde oder
aus deren Inneren während des Trocknens, Schmauchens oder Brennens hervorgetretene
Substanzen, also Anflüge, Ueberzüge etc.;
4) die Färbung der Oberfläche durch der Steinmasse fremde
Substanzen, welche nach dem Brennen, während des Lagerns oder nach der Vermauerung
sich auf der Oberfläche bildeten.
1. Die Thonsubstanz in ihrem reinsten Vorkommen, wie Porzellanerde oder Pfeifenthon,
enthält wenig oder keine färbenden Bestandtheile und erscheint deßwegen nach dem
Brennen stets als eine rein weiße Masse. Ein solches Material kommt natürlich aus
naheliegenden Gründen für die Ziegelfabrication nicht in Betracht und würde auch mit
seinem kalten Weiß die ästhetischen Bedürfnisse wenig befriedigen. Alle Materialien,
welche für die Ziegelfabrication einen praktischen Werth haben, enthalten jedoch
außer Thonerde, Kieselsäure und Wasser, eine Anzahl anderer Stoffe, welche dem
daraus erbrannten Stein je nach ihrer Art und Menge eine bestimmte, oft sehr
intensive Färbung ertheilen oder einen Einfluß auf die Oberflächenfärbung ausüben.
Es sind dieß vor Allem Verbindungen des Eisens und des Mangans, ferner Kalkerde,
Bittererde, Alkalien, Chlor- und Schwefelsäure- oder
Schwefelverbindungen.
Nur die beiden ersteren können als direct färbende Bestandtheile aller Ziegelthone
angesehen werden, da nur ihren Verbindungen eine ausgeprägte Färbung eigenthümlich
ist, die jedoch, je nach ihrer Quantität oder der gleichzeitigen Anwesenheit
anderer, namentlich des Kalkes, der Bittererde und Alkalien, endlich nach dem
physikalischen Zustand der Masse, die größte Verschiedenheit zeigen kann; dagegen
können die vorher genannten weiß gefärbten Verbindungen von Kalk, Bittererde und
Alkalien hier nur insofern als maaßgebend herangezogen werden, als sie nüancirend
auf die ersteren wirken, während Chlor- und Schwefelverbindungen einzig für
die Oberflächenfärbung, Anflüge und Auswitterungen in Betracht kommen.
Die Färbungen, welche durch Verbindungen des Eisens hervorgerufen werden, durchlaufen
je nach der Oxydationsstufe, in welcher sich diese befinden, bei vorkommenden
Eisenoxydulverbindungen alle Nüancen von Grün bis Schwarz, bei Vorhandenseyn von
Eisenoxyd von Rosa bis Schwarzroth, bei gleichzeitigem Vorhandenseyn größerer Mengen
Kalk (und wahrscheinlich ebenso Magnesia) alle Nüancen von Gelb. Das Mangan tritt
stets in Begleitung des Eisens auf, und zwar nur in verhältnißmäßig geringen Mengen,
und durchlaufen die Färbungen der Oxyde desselben alle Nüancen von Braun bis
Schwarz.
Es ist bekannt, daß das Eisenoxyd, welches hier in den überwiegend meisten Fällen die
einzige färbende Substanz ist, je nach seinem Zustand der Vertheilung eine große
Reihe von Nüancen, von Gelbroth bis Violettschwarz, hervorbringen kann, und wird
eine dunklere Färbung desselben stets dann auftreten, wenn der Thon einer hohen
Temperatur ausgesetzt war. Bei niedriger Temperatur aus einem reinen Eisensalz, z.B.
Eisenvitriol, dargestelltes Eisenoxyd hat eine mennigrothe Farbe, welche bei
gesteigerter Temperatur immer dunkler wird und bei der intensivsten Weißgluth, die
mit der stärksten Verdichtung desselben verbunden ist, eine dunkelviolette Farbe
annimmt.
Es ist demnach von vorn herein aus dieser Eigenschaft des Eisenoxydes abzunehmen, und
die Erfahrung bestätigt dieß, daß es (unter sonst gleichen Verhältnissen) Ziegelerde
um so dunkler färben wird, je höher diese erhitzt wurde, und dient deßhalb dem
praktischen Ziegler die Hervorbringung einer erfahrungsmäßig festgestellten Farbe
seiner Steine stets als Maaßstab für die Vollkommenheit seines Brandes.
Diese Eigenschaft der Rothfärbung behält das Eisenoxyd bei, so lange die Masse des
Thones ihren irdenen, porösen Charakter bewahrt, und geht erst bei dem Uebergange in
den klinkerartigen Zustand oder beim Schmelzen in die Färbung über, welche größere
Eisenmengen an Glasflüsse ertheilen, nämlich Schwarz.
Anders verhält es sich, wenn die farblose Thonsubstanz außer dem Eisenoxyd auch noch,
wie dieß häufig der Fall ist, kohlensauren Kalk enthält. Der Kalk wirkt in der Hitze
als ein Flußmittel und verursacht eine bedeutend frühere Sinterung, als das Material
ohne dessen Anwesenheit erleiden würde, es bildet sich ein Silicat, welches neben
den Bestandtheilen des Thones das Eisenoxyd und den Kalk aufnimmt, welche Verbindung
bei einem gewissen Verhältniß zwischen Kalk und Eisenoxyd eine weiße oder gelbe
Färbung hat. Diese Verbindung entsteht erst mit der beginnenden Sinterung und die
färbende Kraft des Eisenoxydes wird erst bei diesem Punkte vernichtet, während
dieselbe noch bei niedrigerer Temperatur erhalten bleibt. Es nimmt demnach kalk-
und eisenhaltiger Thon bei schwachem Glühen die rothe Färbung an, welche das
Eisenoxyd ihm ertheilt; diese verschwindet bei weiterer Erhitzung immer mehr und
geht schließlich durch Fleischroth und Weiß in ein mehr oder weniger intensives Gelb
oder Gelbgrün über, das schließlich bei eintretender vollständiger Verglasung in
Grün oder Schwarz übergeht. Daß ein gewisses Verhältniß zwischen Eisenoxyd und Kalk
obwalten muß, um die rothfärbenden Eigenschaften der Eisenverbindungen zu
vernichten, ist selbstverständlich, doch geht aus den bisherigen Thonanalysen etwas
Bestimmtes in dieser Beziehung nicht hervor.
Ueber den Einfluß des Mangans wie der Bittererde fehlen ebenfalls alle näheren
Beobachtungen; dieselben beanspruchen aber auch weniger Interesse, da sie in den
Thonen verhältnißmäßig nur in geringen Mengen vorkommen, und wenn sie vorhanden
sind, stets nur in Begleitung von überwiegend größeren Mengen Eisenoxyd oder Kalk
auftreten, die einen augenfälligen Einfluß auf die Färbung, welche sie ausüben,
nicht leicht aufkommen lassen.
Mit diesen scheinbar so einfachen Factoren ist die ganze weite Scala der
Steinfärbungen gegeben; wenn man jedoch bedenkt, wie vielfach die färbenden
Einflüsse in Wirklichkeit Variationen in Bezug auf die Quantitäten der färbenden
Stoffe, auf den physikalischen Zustand der Masse und den verschiedenen Grad der
Erhitzung unterworfen sind, so ist damit der Reichthum an verschiedenen Nüancen,
selbst wenn man von durch Aschenanflüge und Auswitterungen etc. hervorgebrachten
Mißfärbungen ganz absieht, hinlänglich erklärt.
2. Die vorhergenannten Grundzüge für die Steinfärbungen haben nur für die Steinmasse,
also das Innere, Geltung, da dieselbe äußeren chemischen und physikalischen
Einflüssen während der Operationen welchen der Ziegelstein unterworfen wird, um
Handelswaare zu werden, mehr oder weniger entzogen bleibt; es ist deßhalb die Nüance
der Färbung fast einzig dem größeren oder geringeren Grade der Hitze unterworfen.
Anders dagegen ist es mit der Färbung in der Nähe der Oberfläche; hier können
oxydirende oder reducirende Wirkungen leichter eintreten, alle Stoffe welche aus der
Feuerluft aufgenommen werden, bleiben hier concentrirt, und es gehen deßhalb hier
häufig alle möglichen Farben durcheinander, während die Färbungen des Inneren eine
gewisse Constanz zeigen. Hierbei ist zwischen solchen Färbungen wohl zu
unterscheiden, welche die Thonmasse selbst in der Nähe der Oberfläche betroffen
haben, und solchen welche dadurch hervorgebracht sind, daß sich eine anders gefärbte Schicht der
Thonmasse aufgelagert hat. Die Erscheinungen der ersteren Art sind eigentliche
Verfärbungen, die letzteren Anflüge.
Verfärbungen, bei rothen Ziegelsteinen, hervorgerufen durch eine chemische Wirkung
von Bestandtheilen der Feuergase auf den Thon, zeigen sich in weniger störender
Weise, als dieß bei den in ihrer Farbe viel empfindlicheren, hellfarbigen,
namentlich gelben Steinen der Fall ist, und besonders aus dem Grunde, weil sowohl
die eigentliche Thonsubstanz, als das färbende Eisenoxyd den in den Feuergasen
enthaltenen Stoffen gegenüber sich ziemlich unempfindlich zeigen.
Anders dagegen ist es mit dem in gelben Steinen enthaltenen Kalk, welcher eine
ausgeprägte und energische Verwandtschaft zu einigen der stets wiederkehrenden
Verunreinigungen der Feuerluft besitzt.
Unter den Verfärbungen welche helle Steine zeigen, sind am häufigsten solche, welche
sich auf den freien Flächen als rothe oder rothbraune Flächen markiren, während die
sich deckenden Theile gelb erscheinen. Wenn auch bei Benutzung eines jeden
Brennmateriales sich diese Verfärbungen nachweisen lassen, so treten sie doch am
intensivsten bei Steinkohlenfeuerung auf und es ist deßwegen vielfach, besonders
beim Ringofenbetriebe, Regel geworden, die Benutzung von Steinkohlen für die
Erzeugung guter Heller Steine möglichst zu vermeiden. Es ist hier ein Unterschied zu
machen zwischen rothen Färbungen, welche durch ein unvollkommenes Brennen
hervorgerufen werden und daran kenntlich sind, daß sie, wenn sonst der Stein eine
belle Farbe angenommen hat, im Steinkerne oder an den im Ofen bedeckt gewesenen
Theilen sich zeigen, und solchen welche durch den Einfluß der Feuerluft an den
freien Theilen sich gebildet haben und durch das stärkste Feuer nicht verschwinden.
Zuweilen zeigen sich beide Erscheinungen an demselben Stein, und zwar so, daß
derselbe einen rothen Kern hat, die äußeren Theile gelb sind und die äußerste
Oberfläche wiederum roth erscheint. Beide Erscheinungen der Rothfärbungen haben
verschiedene Ursachen; die eine, innere, ist dadurch hervorgerufen, daß die
Temperatur nicht hoch genug gestiegen ist, um durch Bildung eines Kalksilicates die
rothe Färbung des Eisenoxydes zu vernichten; die äußere, meist intensivere, ist
dadurch entstanden, daß der Kalt an der Oberfläche unfähig gemacht ist, in die
besprochene Silicatbildung einzugehen, weil er anderweitig bereits gebunden ist. Die
rothen Verfärbungen gelber Steine sind auf dem Bruche als eine meist Papier-
bis millimeterdicke Schicht sichtbar, welche an der Steinfläche stets am
intensivsten gefärbt ist; zuweilen nimmt man auch große Stärken wahr. Ein besonders
schönes Exemplar dieser Art, mit einer an einzelnen Stellen circa 5 Millimet. starken Verfärbungsschicht, von der Ziegelei des Hrn. Hecht in Neuhof bei Stralsund, bei welchem das
Steininnere rein gelbweiß gefärbt, die Außenfläche dunkel blutroth war, mit einer
allmählichen Abschattirung nach dem Inneren, ergab:
im rothgefärbtenTheile
im gelbgefärbtenTheile
Kieselsäure
63,71 Proc.
71,25 Proc.
Thonerde
9,81 „
8,60 „
Eisenoxyd
5,16 „
5,92 „
Kalkerde
8,72 „
9,24 „
Bittererde
2,20 „
1,89 „
Schwefelsäure
8,49 „
0,61 „
ManganChlor
Spuren
Spuren
Alkalien und Verlust
1,90 „
2,49 „
––––––––––
––––––––––
100,00
100,00
Der Unterschied in den Analysen ist in Bezug auf den Gehalt an Schwefelsäure im
höchsten Grade auffallend und charakteristisch. Die Schwefelsäure ist in beiden
Fällen als an Kalk gebunden zu betrachten und würde im gelben Theile der Steine
einem Gypsgehalt von 1,04 Proc. entsprechen, während derselbe im rothen Theile auf
14,43 Proc. gestiegen ist. Berechnet man die Sauerstoffverhältnisse zwischen dem
nicht an Schwefelsäure gebundenen Kalk – der gebundene fällt hier ganz für
die Silicatbildung außer Betracht, da der Gyps bei der Temperatur bei welcher
Ziegelsteine gebrannt werden, noch nicht zerlegt wird – und dem Sauerstoff
des Eisenoxydes, so stellt sich ein Verhältniß von Eisenoxyd zu Kalk im rothen
Theile von 1: 0,34, im gelben dagegen wie 1: 1,58 heraus; es ist demnach in dem
gelben Theile, auf gleiche Mengen Eisenoxyd bezogen, nahezu die 5fache Menge Kalt
für die Bildung des gelbfärbenden Silicates vorhanden.
Ein nicht minder charakteristisches Bild der Erscheinung liefert die Analyse eines
Ziegelsteines von der Ziegelwerks- und Ballgesellschaft in Szegedin. Derselbe
bildet eine, aus einem mageren, schluffigen und sehr feinen Thon dargestellte, sehr
poröse und leichte Masse, die im Inneren schwefelgelb, außen intensiv dunkel
Violettroth gefärbt ist. Die nahezu 10 Millimet. starke Verfärbungsschicht ist an
der Außenfläche am dunkelsten und schattirt sich nach Innen durch Roth in Gelb ab.
Die Analysen der äußeren dunkelsten Partien und des gelben Inneren ergaben:
im rothvioletten Theile
im gelben Theile
Kieselsäure
45,73 Proc.
56,07 Proc.
Thonerde
10,22 „
14,02 „
Eisenoxyd
4,49 „
5,49 „
Kalkerde
12,81 „
16,53 „
Bittererde
3,53 „
4,50 „
Schwefelsäure
19,58 „
0,74 „
Alkalien und Verlust
2,24 „
2,66 „
Wasser
1,40 „
0,39 „
––––––––––
––––––––––
100,00
100,00
Der außerordentlich hohe Schwefelsäuregehalt in dem verfärbten Theile läßt auch hier
dieselben Ursachen wie in dem vorher besprochenen Falle erkennen, nur daß hier der
Proceß der Bindung des Kalkes noch weiter fortgeschritten ist. Den 19,58 Proc.
Schwefelsäure entsprechen zur Bildung von Gyps 13,70 Proc. Kalkerde. Es ist demnach
sämmtlicher Kalk an Schwefelsäure gebunden anzunehmen, und mußte noch ein Theil der
Bittererde (0,64 Proc.) in schwefelsaures Salz verwandelt seyn. In dem gelben Theile
des Steines stellt das Verhältniß von Eisenoxyd und Kalkerde in dem gelben
Steininneren sich auf 1: 2,86, also für die Vernichtung der Rothfärbung des
Eisenoxydes noch günstiger, als bei dem Steine von Neuhof. Das Verhältniß in der
Verfärbungsschicht ist dagegen auf 1: 0 herabgesunken, d.h. der Kalk hat hier
überhaupt die Fähigkeit verloren, durch Eintritt in eine kieselsaure
Kalkeisenverbindung auf die gewöhnliche Eigenschaft des Eisens zur Rothfärbung
Einfluß zu üben, da er vollständig an Schwefelsäure gebunden ist.
Der auffallend hohe Schwefelsäuregehalt der äußeren Theile des verfärbten Steines
rührt unzweifelhaft aus der Feuerluft her. Alle Brennmaterialien, mit Ausnahme des
Holzes, Torf am wenigsten, mehr Braunkohle und am meisten Steinkohle, enthalten
Schwefel, welcher bei der Verbrennung in Gestalt von schwefliger Säure verflüchtigt
wird. Unter günstigen Bedingungen kann nun diese schweflige Säure, namentlich,
vielleicht ausschließlich, während des Schmauchprocesses, wenn hier Gelegenheit
gegeben wird, daß sich Wasserdämpfe auf den Steinflächen condensiren, unter dem
gleichzeitigen Einflusse des Kalkes, der Thonmasse und des überschüssigen
Sauerstoffes der Feuergase, sich zu Schwefelsäure oxydiren und dadurch den Kalk für
die Bildung eines stark kalkhaltigen, gelb gefärbten Eisenoxydkalksilicates
entziehen, so daß die ursprüngliche färbende Kraft dem Eisenoxyd erhalten
bleibt.
3. Nicht zu verwechseln mit den eben beschriebenen Verfärbungen sind diejenigen,
welche in Form von weißen oder grauen Ueberzügen sich auf den Steinflächen während des
Brennens bilden, jedoch nicht eigentliche Färbungen der Steinmasse darstellen, nicht
in das Innere derselben eindringen. Bei der Bildung dieser scheinen die chemischen
Eigenschaften des Thones weniger in Betracht zu kommen, als die physikalischen.
Diese Ueberzüge bestehen entweder aus Salzauswitterungen, welche beim Trocknen oder
Schmauchen entstanden und während des Brennens durch Zersetzung der Salze fixirt
sind, oder aus Flugasche, welche an den Steinflächen anhaftet. Mittelst des
Mikroskopes lassen sich die Unterschiede zwischen beiden Entstehungsarten leicht
feststellen. Die ersteren sind besonders fetten Thonen eigen und lassen sich bei
aufmerksamer Beobachtung häufig schon auf den lufttrockenen Steinen, besonders an
den Kanten erkennen; sie treten um so leichter auf, je glatter und dichter die
Oberflächen sind und erscheinen deßhalb am häufigsten auf nachgepreßten Steinen und
den glatten Flächen der Maschinensteine, selten auf den rauhen Flächen von in Sand
geformten gewöhnlichen Hintermauerungssteinen. Mit bewaffnetem Auge erkennt man sie
als warzenförmige, meist weiße Absonderungen auf der Oberfläche. Ihre Entstehung ist
dadurch zu erklären, daß das Wasser, welches den Thon durchdringt, namentlich wenn
dieser Schwefelsäure oder Chlor enthält, lösliche Salze enthält, welche bei der
Verdunstung desselben sich wieder in fester Form ausscheiden. Ist nun der Thon mager
und porös, so kann diese Verdunstung nicht allein an der Oberfläche, sondern in der
Steinmasse selbst stattfinden, die ausgeschiedenen Salze vertheilen sich demnach auf
einen großen Raum. Ist dagegen die Oberfläche des Steines sehr dicht, oder sind, wie
es bei unvorsichtigem Schmauchen geschieht, die Poren an der Oberfläche mit Wasser
gefüllt, so daß Luft durch Diffusion in das Steininnere nicht dringen kann, so kann
eine Verdunstung auch nur auf der Oberfläche und mithin auch nur hier eine
Ablagerung der Salze aus dem Wasser stattfinden, während aus dem Inneren immer neues
durch die Capillarität herangezogen wird.
Es werden demnach für diesen Fall besonders die Verunreinigungen des Thones schädlich
auf die Farbe der Oberfläche einwirken, welche zur Bildung löslicher Salze
Veranlassung geben, und dieß sind Schwefelsäure (resp. Schwefelkies), Chlor,
Bittererde und Alkalien.
Da in vielen Fällen diese Auswitterungen erst beim Schmauchen entstehen, und zwar
dann, wenn Wasserdämpfe sich auf den Steinen condensiren, so lassen sie sich durch
eine sorgfältige Leitung des Schmauchprocesses in vielen Fällen vermeiden.
Doch nicht allein die im Thon enthaltenen löslichen Salze können Veranlassung zur
Auswitterung und damit zu Anflügen geben, sondern häufig treten auch solche von
außen während des Brennens hinzu und werden von den feuchten Flächen der
schmauchenden Steine aufgenommen.
Der Schwefelsäure, als hierzu Veranlassung gebend, ist in dem Vorhergehenden bereits
Erwähnung geschehen; häufig sind es aber Alkalien, welche, aus den
Aschenbestandtheilen im Vollfeuer verflüchtigt, sich an den kälteren Theilen wieder
ablagern. Häufig zeigen sich an den Heizdeckeln und in den Heizrohren der Ringöfen
weiße, zarte Anflüge; ein solcher in dem Kalkringofen des Baumeisters Fr. Hoffmann am Nordhafen in Berlin auftretender Anflug
erwies sich als ein Gemenge von schwefelsaurem Kali und Natron, Chlorkalium und
Chlornatrium. Von diesen am häufigsten auftretenden Anflügen lassen sich die durch
Flugasche hervorgebrachten leicht unterscheiden; während die ersteren meist weiße,
unter dem Mikroskop warzenförmige Ausscheidungen darstellen, sind die letzteren
dunkler, meist grau oder braun gefärbt und aus kleinen splitterigen Körpern
zusammengesetzt, welche, wenn sie während des Schmauchens auf einer feuchten
Steinecke angeflogen sind, meist an dieser festhaften, im anderen Fall aber nur lose
mit dem Thon verbunden sind, ja sich häufig noch von einem klinkerartig gesinterten
Stein ohne beträchtlichen Rückstand abwischen lassen.
4. Die vierte Classe von Steinfärbungen betrifft solche, welche erst nach der
Herstellung der Ziegel oder nach deren Verwendung sich bilden und ihnen in den
meisten Fällen den Stempel der Vergänglichkeit aufdrücken. Dieselben bestehen zum
größten Theil in Salzausblühungen, welche durch wiederholtes Verschwinden und
Wiederherstellen der krystallinischen Form im Stillen ihr Werk der Zerstörung
treiben, oder in organischen Bildungen, welche dasselbe Ziel in längerer Zeit und
mit weniger Energie erreichen. Das Element beider ist die Feuchtigkeit. Die
Zerstörung der Steine durch Salzbildungen, welche aus dem Inneren auf die Oberfläche
treten, zeigt sich besonders an porösem, schwach gebranntem Material, bei dessen
Herstellung die Hitze nicht erreicht wurde, um die löslichen Salze zu zerstören,
welche in dem Thon vorhanden waren, oder ihre Elemente in unlösliche Verbindungen
der Kieselsäure überzuführen.
Diese gewöhnlich Salpeter genannten Salzausblühungen bestehen in vielen Fällen aus
doppelt-kohlensaurem Natron, schwefelsauren Salzen, namentlich von Natron und
Bittererde, Chlorverbindungen etc., enthalten jedoch nur dann Salpeter, wenn die
Steine mit faulenden organischen Substanzen in Berührung kommen. Das Auftreten des
sogen. Salpeters einem Einfluß niederer Organismen zuzuschreiben, wie es vielfach
geschieht, dazu liegt wohl keine Veranlassung vor. Bei hellfarbigen Steinen, und zwar ausschließlich
bei diesen, nicht bei rothen oder dunkel gefärbten, sehen wir jedoch das Wirken von
Organismen, welches sich hier in besonders unangenehmer Weise durch eine intensive
Grün- oder Gelbfärbung der Steinflächen bemerkbar macht. Es sind dieß
mikroskopisch kleine Gewächse, Algen, welche, auf den feuchten und porösen
Steinflächen wuchernd, ihre Nahrung ziehen und deren absterbende Generationen den
Stein mit einer schwarzen humosen Substanz überziehen. Es scheint, als ob es weniger
die Beschaffenheit des Materiales als die Farbe desselben ist, welche das Wachsthum
dieser Organismen begünstigt, denn sie erscheinen nicht allein auf den gewöhnlichen
gelben Steinen mit kalkhaltiger Masse, sondern auch auf feuerfesten Thon- und
Chamottesteinen mit großer Regelmäßigkeit, wenn dieselben der Feuchtigkeit
ausgesetzt und vor dem directen Sonnenlicht geschützt sind. Dabei zeigen sie sich
nur auf den hellen Partien der Steine, sind aber nie auf solchen Stellen zu finden,
wo dunkle Anflüge vorhanden sind. Es erscheint schwierig, sich gegen einen Feind,
wie diesen, zu schützen, welcher sich oft erst bemerklich macht, wenn die Steine,
bereits in untadelhafter Farbe vermauert, beim Eintreten der Färbung nicht leicht
mehr zugänglich sind, nm die Vegetation zu zerstören. Das einzige Mittel, diesen
Feind der Farbe Heller Ziegelsteine zu zerstören, erscheint eine Tödtung durch
Aetzmittel, und Dr. Frühling
hat als solches kürzlich den Anstrich des von dem grünen Anflug befallenen
Mauerwerkes mit Schwefelcalciumlösung als bewährt empfohlen, doch bleibt es
dahingestellt, ob dieser lange schützen wird, da er selbst einer schnellen
Veränderung unterworfen ist. Es wäre hier vielleicht ein andauernder wirkendes Gift
für organische Gebilde, wie Zinkvitriol (nicht Chlorzink wegen der zu fürchtenden
Salzauswitterungen) oder Arsenik zu substituiren. (Deutsche Industriezeitung, 1873,
Nr. 6.)