Titel: | Ueber Anwendung der Titration zur praktischen Bestimmung der Alkalinität von Säften bei der Zuckerfabrication; von Ferdinand Jicinsky. |
Autor: | Ferdinand Jicinsky |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CXI., S. 408 |
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CXI.
Ueber Anwendung der Titration zur praktischen
Bestimmung der Alkalinität von Säften bei der Zuckerfabrication; von Ferdinand Jicinsky.
Mit einer Abbildung.
Jicinsky, Titrirmethode zur praktischen
Alkalinität-Bestimmung der Säfte.
Das Journal „La sucrerie
indigène“ brachte im Jahrgang 1872 eine Abhandlung von
Vivien über eine einfache Umgestaltung der
Titrirmethode zur praktischen Alkalinitäts-Bestimmung der Säfte.Vivien's Verfahren wurde in diesem Bande des polytechn. Journals S. 148 mitgetheilt (weites
Januarheft 1873). Ich wende schon seit längerer Zeit für Empiriker oder Nichtanalytiker ein
ähnliches Verfahren an, welches hinsichtlich der Zubereitung und Vorrichtung auf
noch größere Einfachheit Anspruch machen dürfte.
Das Anstellen der zweckdienlichen Säure geschieht folgendermaßen. Man verwendet eine
Salpetersäure von 1,200 spec. Gewicht und verdünnt 10 Kubikcentimeter derselben mit
1810 Kub. Cent. Wasser; die Verdünnung ist hiermit eine 150 fache und daher auch für
den Ungeübten eine mehr als genügende.
1 Kub. Cent. dieser Säure entspricht bei Anwendung von 10 Kub. Cent. Saft genau 0,01
Proc. Alkalinität (bezogen auf Kalk). Die Salpetersäure von 1,20 spec. Gew. enthält
nämlich nahezu 30 Proc. wasserfreier Säure und nach der Verdünnung 0,20 Proc. Säure;
oder 1 Kub. Cent. = 0,002 Grn. wasserfreier Säure, entsprechend 0,00103 Grm. Kalk.
Für 100 Kub. Cent.
Saft gibt also 1 Kub. Cent. Säure das Zehnfache oder 0,01 Proc. Alkalinität.
Um die Zugabe von Lackmustinctur für jede Probe zu ersparen, wird dieselbe in die
Verdünnung mit einbezogen, d.h. die Säure wird bereits mit Lackmus angestellt und in
einer Flasche A (Fig. 1)
mit Heberrohr und Quetschhahn aufbewahrt.
Textabbildung Bd. 207, S. 408
Zur Titration dienen enge Cylindergläschen a mit zwei
Markenbund c. Dieselben sind oben trichterförmig etwas
erweitert und mit Ausguß versehen, um das Spitzfilter d
aufnehmen zu können.
Die Marke b bestimmt den Bedarf an Normalsäure, welche
roth gefärbt ist; die Marke c den Bedarf an filtrirtem
Saft. Der Zwischenraum von b und c hat also stets 10 Kub. Cent. Inhalt. Der Zwischenraum zwischen Boden und
der ersten Marke b richtet sich nach der zu erzielenden
Alkalinität; für 0,10 Proc. Alkalinität beträgt er 10 Kub. Cent., für 0,05 Proc.
Alkalinität 5 Kub. Cent. u.s.f.
Es wird also zunächst ein Cylindergefäß bis zu b mit
Säure gefüllt, das Filter aufgesetzt, Saft filtrirt bis zur zweiten Marke c, und nachgesehen ob mit dem letzten Tropfen vom Filter
die blaue Farbe der Säure wieder hervortritt.
Es blieb noch zu ermitteln, ob die Lackmustinctur, welche zur deutlichen Rothfärbung
in ziemlicher Quantität zugegeben werden muß, mit der Zeit nicht eine Aenderung der
Normalsäure herbeiführe.
Die nach dem üblichen Verfahren bereitete Lackmuslösung wird schwach sauer; eine mit
Lackmus geröthete Normalsäure sollte demnach an Acidität zunehmen. Behufs eines
Versuches wurden 100 Kub. Cent. der früher erwähnten Normalsalpetersäure mit 20 Kub.
Cent. Lackmustinctur versetzt. Die Neutralität ließ sich für 20 Kub. Cent. dieser
Säure wiederherstellen:
mit
7,80
Kub. Cent. 1/10
Normalkali:
nach
6
Tagen
„
8,00
„
„
„
12
„
„
8,00
„
„
„
16
„
„
8,00
„
„
„
20
„
„
8,20
„
„
Die Säure hat sich also ganz unbedeutend geändert, und unterliegt das Anstellen von
Normalsäure mit Lackmus daher keinem Anstand. Trotzdem empfiehlt sich eine öftere
Erneuerung derselben, namentlich für die Saturation, wobei eine zufällige
Verunreinigung der Normalsäure leicht vorkommen kann.
Der Vorschlag, dem Arbeiter selbst die Alkalinitäts-Bestimmungen zu
übertragen, ist bei der Wichtigkeit einer gleichförmigen Saturation offenbar sehr
beachtenswerth; es dürfte sich aber in der Fabrikpraxis herausstellen, daß auf
diesem Wege der beabsichtigte Zweck in der Regel verfehlt wird.
Bredow, im Februar 1873.