Titel: | Sebor's Methode der Zuckergewinnung aus Melasse. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CXIII., S. 410 |
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CXIII.
Sebor's Methode der
Zuckergewinnung aus Melasse.Von Hrn. Sebor als Separatabdruck aus der in Prag
erscheinenden „Zeitschrift für Zuckerindustrie“ (1873, Heft 10) mitgetheilt.
Ueber Sebor's Methode der Melassenverwerthung.
Der früheren Mittheilung über die Sebor'sche Methode der
Melassenverwerthung (polytechn. Journal, 1872, Bd. CCIV S. 496) lassen wir nun zwei
Berichte über mit diesem neuen Verfahren angestellte praktische Versuche
nachfolgen.
Der erste Bericht stammt aus der Brieger Zuckerfabrik
„Concordia“, in welcher aus einer ziemlich bedeutenden
Quantität Melasse Kalksaccharat abgeschieden und dasselbe weiter direct auf Zucker
verarbeitet wurde. Den in Prag eingelangten Füllmassen und Zuckerproben wurde
allerseits von Fachmännern die Anerkennung zugesprochen und war die Zusammensetzung
der letzteren eine befriedigende, indem dieselben bei 2,02 Wassergehalt eine
Polarisation von 93,4 aufzuweisen hatten. Sowohl die Füllmassen als auch die
Rohzucker sind von hellblonder Farbe.
I.Resultate der Verarbeitung der
Melasse nach dem Patente von Franz Sebor in der Zuckerfabrik
„Concordia“ in Brieg.
Zur Verarbeitung gelangten 250 Ctr. Melasse mit einer Durchschnittspolarisation von
45 Proc. Zucker (8,97 Proc. Alkalien). Daraus wurden erzeugt 450 Ctr.
Zuckerkalk.
Behufs Sicherstellung der Zuckerausbeute, sowie andererseits des Zuckerverlustes
wurde die Menge des abgehenden Diffusionswassers nach den abgetriebenen
Monte-jus genau bestimmt, mehrere Durchschnittsproben genommen und ein
durchschnittlicher Zuckergehalt von 3 Proc. gefunden.
Verarbeitete 250 Ctr. Melasse von 45
Proc. Zuckergehalt enthielten
112,50
Ctr.
Zucker,
abgetrieben 1700 Ctr. Diffusionswasser à 3 Proc. Zucker
51
„
„
––––––––––––––––––
bleibt als Nettoausbeute
61,50
Ctr.
Zucker,
welcher in dem gereinigten Zuckerkalt enthalten ist,
entsprechend 24,48 Proc. Zuckerausbeute.
Behufs Sicherstellung der Qualität des erzeugten Zuckerkaltes wurde ein Theil
desselben saturirt, der Saft filtrirt und auf Fadenprobe eingekocht.
Die Saturation des Zuckerkalkes bietet wohl keine Schwierigkeiten, dauert aber sehr
lange, wenn man sicher gehen will, um allen Zuckerkalk zu zerlegen.
Wenn man aber den Zuckerkalk für sich auf Zucker verarbeitet, so bietet die
Schlammstation nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten; man erhält pro 1 Ctr. Melasse durchschnittlich 200–206 Pfd.
Schlamm und diesem entsprechend große Zuckerverluste, welche sich bei der
Schlammstation auf 6–8 Proc. Zucker pro 1 Ctr.
Melasse nach dem Durchschnitt mehrerer Analysen beziffern.
Schon aus diesem Grunde und wegen der großen mechanischen Schwierigkeiten muß der
Gedanke auf die directe Verarbeitung des Zuckerkalkes auf Rohzucker aufgegeben
werden.
Nachstehendes Beispiel soll zur Aufklärung dienen:
Gesetzt den Fall, man verarbeitet 100 Ctr. Melasse täglich bei 25
Proc.
Ausbeute, ergibt
25
Ctr. Zucker,
Verlust in der Schlammstation
7
„
„
––––––––––––––––––
bleiben gewinnbar bloß
18
Ctr. Zucker.
Dabei hat man 200 Ctr. Schlamm zu bewältigen, wozu wohl kaum 6 Filterpressen genügen
würden. Bei der Benutzung von Zuckerkalk als Scheidemittel des Rübensaftes, welcher
Weg überhaupt die rationellste Verarbeitung des Saccharates ermöglicht, gewinnt man
dagegen volle 25 Proc. Zucker, und erleidet somit keine Verluste; die Saturation
überschreitet nicht die normale Zeitdauer, wenn man entsprechend der Kalkzugabe
ebenso viel Zuckerkalk anwendet.
In der hiesigen Fabrik wurde zu diesem Versuche die bestehende Fabrikseinrichtung
benutzt, und es läßt sich erwarten, daß bei einer, den Erfordernissen des Verfahrens
entsprechenden Einrichtung auch das Resultat sich noch günstiger gestalten wird. Es
muß hauptsächlich betont werden, daß die Einmaischung vollständiger durchgeführt,
ferner daß durch passende Einrichtung auch mehr Diffusionswasser entfernt wird, um reineren
Zuckerkalk, eventuell reinere Säfte zu erhalten, was bei dem Wesen des Verfahrens
sehr leicht durchzuführen ist, hier jedoch unmöglich war, da bei der gewöhnlichen
Fabrikseinrichtung die passende Vorrichtung fehlte.
Wie oben erwähnt, wurde aus dem Safte, welcher durch Saturation des Zuckerkalkes
resultirte, ein kleiner Sud Zucker gekocht, die Füllmasse ohne jede Decke
geschleudert, und es resultirte ein Rohzucker, welcher 93,225 Proc. polarisirte. Der
Saft über die Filter filtrirt war schwach gelblich gefärbt, wie der beste
Rübendünnsaft; seine Dichte war 8 Proc. Brix,
Polarisation 6,5 Proc., er kochte sich im Vacuum sehr gut ein, die Füllmasse
polarisirte 70,12 Proc.
Um die Durchführung nicht aufzuhalten, wurde der Saft nicht früher im Robert'schen Apparate eingedickt, sondern direct im
Vacuum nebst den Absüßwässern auf Füllmasse eingekocht.
O. Peller, Chemiker
der Zuckerfabrik „Concordia“ in Brieg.
Der zweite Bericht, datirt aus der Swojschitzer Zuckerfabrik, welche bereits mehrere
Versuche mit dem Zuckerkalke angestellt hat und demnächst im großen, fabrikmäßigen
Maaßstabe die Melassenverarbeitung nach Sebor's Patent in
Angriff nehmen wird:
II.
In der hiesigen Fabrik (Swojschitz) wird der Saft geschieden, dann saturirt, wozu die
Kohlensäure in einem Kindler'schen Ofen erzeugt wird. Zur
Scheidung wird Kalkmilch von 20° B. verwendet, deßgleichen zur Saturation,
und zwar bei der Scheidung Heuer, wo der Saft weniger Kalk als sonst verträgt, 2/3
Proc. Kalk oder pro 21–22 Ctr. Rübe pro Scheidekessel bei einer Dichtigkeit des Saftes von
9–9,5 Proc. Ball. Saccharometer 14 Pfd.
ungelöschten Kaltes, und 1/3 Proc. = 6–7 Pfd. ungelöschten Kalkes bei der
Saturation. Behufs des Sebor'schen Verfahrens wurde
constatirt, daß 36 Pfd. Zuckerkalk im feuchten Zustande in den Scheidekesseln
dieselbe Wirkung hervorrufen, als 14 Pfd. Aetzkalk. Bei der Saturation sind 20 Pfd.
Zuckerkalk = 7 Pfd. Aetzkalk.
Der Zuckertalk wurde mit Saft eingemaischt, und bei 68° Reaumur in den
Scheidekessel eingetragen.
Zur Untersuchung wurde der Saft vor der Zugabe des Scheidemittels aus dem
Scheidekessel bei circa 50° R. entnommen, ebenso
eine Probe vom geschiedenen und dem saturirten Saft, davon die Polarisation und
Alkalinität unter gleichen Temperaturverhältnissen bestimmt.
Die Scheidung mit dem Zuckerkalke ging sehr gut von statten, fast besser als mit
bloßem Kalk; ebenso die Saturation.
I. Scheidekessel:
a) Rohsaft aus dem Scheidekessel
bei 14° R.
Saccharometer
= 9,7 Proc.
Polarisation
= 7,7 Proc.
–––––––––
Differenz
= 2,0 Proc.
b) Derselbe mit Zuckerkalk
(36 Pfd.) geschieden.
Saccharometer
= 9,90 Proc.
Pluspolarisation
als Rohsaft
Polarisation
= 8,05 Proc.
= 0,3 Proc.
––––––––––
Differenz
= 1,85 Proc.
Alkalinität
= 0,145
c) Derselbe Saft saturirt
(mit 14 Pfd. Zuckerkalk).
Saccharometer
= 10,0 Proc.
Pluspolarisation
als Rohsaft
Polarisation
= 8,1 Proc.
= 0,4 Proc.
––––––––––
Differenz
= 1,9 Proc.
Alkalinität
= 0,1008
II. Scheidekessel:
a) Rohsaft.
Saccharometer
= 10,30 Proc.
Polarisation
= 8,25 Proc.
––––––––––
Differenz
= 2,05 Proc.
b) Derselbe mit Aetzkalk
geschieden.
Saccharometer
= 10,30 Proc.
Polarisation
= 8,20 Proc.
Alkalinität
0,179
––––––––––
Differenz
= 2,10 Proc.
c) Derselbe mit Aetzkalk
saturirt.
Saccharometer
= 10,00 Proc.
Polarisation
= 8,30 Proc.
Alkalinität
0,112
––––––––––
Differenz
= 1,7 Proc.
Aehnlich verhielten sich die meisten angestellten Versuche, wornach also eine Zunahme
an Zucker entsprechend dem angewendeten Zuckerkalke festgestellt ist. Außerdem sey
noch bemerkt, daß sowohl die geschiedenen als auch die saturirten Säfte nichts zu
wünschen übrig ließen; sie waren blank und feurig, und durchaus nicht mehr gefärbt,
als die mit Aetzkalk behandelten.
Swojschitz, 20. September 1872.
Graf Althann'sche Zuckerfabrik
Carlschal bei Swojschitz. N. Westermaier.