Titel: | Ueber die Beheizung der Personenwaggons bei den Eisenbahnen; von Joh. Haag, Maschinen- und Röhrenfabrikant in Augsburg. |
Autor: | Johannes Haag |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CXVII., S. 433 |
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CXVII.
Ueber die Beheizung der Personenwaggons bei den
Eisenbahnen; von Joh. Haag, Maschinen- und
Röhrenfabrikant in Augsburg.
Mit Abbildungen auf Tab.
IX.
Haag, über die Beheizung der Personenwaggons bei den
Eisenbahnen.
Das Bedürfniß, die Coupé's der Personenwaggons in der kalten Winterszeit etwas
zu erwärmen, stellte sich heraus, nachdem größere Eisenbahnnetze dem Betriebe
übergeben waren und die Reisenden anfänglich Tag und Nacht, jetzt mehrere Tage und
Nächte continuirlich dieselben benutzen konnten. Die ersten zu diesem Zweck
angewandten Mittel bestanden darin, daß mit heißem Sand gefüllte blecherne Kästen
auf den Hauptstationen in die Coupé's eingeschoben wurden; ferner daß runde
oder ovale geschlossene Röhren mit heißem Wasser gefüllt und dieselben ebenfalls auf
den größeren Stationen in die Coupé's der Art eingeschoben wurden, daß die
Reisenden die Füße darauf stellen konnten. Diese Mittel wurden aber nur bei den
Eilzügen in der ersten Classe und später auch in der zweiten Classe von einigen
Bahnen eingeführt. Als jedoch die Bahnen auf immer größere Entfernungen
correspondirend durchgeführt wurden und die Anzahl der Züge sich stetig vermehrte,
machte allmählich das in der zweiten und dritten Classe reisende Publicum dieselben
Ansprüche auf erwärmte Waggons zur Winterszeit, wie ursprünglich die Reisenden der
ersten Classe.
Bei den Waggons welche nach dem amerikanischen System gebaut waren, wie in
Württemberg und in der Schweiz, konnte diesem Verlangen dadurch entsprochen werden,
daß man in jeden Waggon einen oder zwei eiserne Heizöfen einsetzte und einige Paar
Sitze der Passagiere hierfür cassirte, weil bei diesem amerikanischen System sehr
lange ungetheilte Räume vorhanden sind und nicht einzelne, mit zwei Thüren versehene
Coupés, wie bei den sogenannten Coupéwagen; letzteres
Coupésystem ist
jedoch, außer in Amerika und in Württemberg und der Schweiz, bei sämmtlichen Bahnen
eingeführt worden.
Die Erwärmung mit solchen eisernen Oefen im Inneren der Waggons ist aber, abgesehen
von dem Platzverluste, mit vielen Unannehmlichkeiten verbunden; namentlich haben
jene Passagiere, welche genöthigt sind in der Nähe des Ofens zu sitzen, eine sehr
große Hitze auszuhalten, während diejenigen in den entgegengesetzten Entfernungen
frieren und in Folge des Oeffnens und Offenstehenlassens der Thüren von Seite der
Conducteurs, und manchmal der Fenster auf jeder Station, einem sehr starken Zug
ausgesetzt sind; überdieß ist auch die Anordnung von einer bis zwei Feuerstellen in
jedem Waggon, stets mit Feuersgefahr verbunden, wozu noch die mehr oder weniger
große Abnutzung der Oefen und die jährlich erforderliche Renovirung der Waggons im
Inneren kommt.
Bei den Coupéwaggons war die Einführung eiserner Heizöfen deßhalb nicht
möglich, weil zu viel Oefen per Waggon erforderlich
wären und daher zu viel Platz verloren ginge, abgesehen von den bereits erwähnten
Uebelständen solcher Oefen.
Das ursprüngliche Erwärmungssystem mit heißem Sand und heißen Wasserflaschen, wurde
bei der immer größer werdenden Frequenz als nicht mehr genügend und als im Betriebe
ziemlich kostspielig befunden, und im Jahre 1867 die Generalverwaltung der
Eisenbahnen von dem damaligen königl. bayerischen Handelsminister Herrn v. Schlör aufgefordert, die Herstellung einer
zweckmäßigeren, ausgiebigeren und anhaltenderen Erwärmungsmethode anzustreben.
Nachdem ich hiervon Kenntniß erhalten hatte, brachte ich für die Beheizung der
Waggons sofort die Dampfheizung in Vorschlag; ich hatte
nämlich schon mehrere Jahre vorher für die Waggons Sr. Majestät des, Königs von
Bayern, wo der Königliche Zug nur aus zwei Waggons bestand, eine Heißwasserheizung
ausgeführt, dann aber, als dieser Zug sich auf vier und mehr Waggons vergrößerte und
deßhalb die Heißwasserheizung für denselben nicht mehr als praktisch anzurathen war,
der königl. bayerischen Eisenbahndirection die Pläne für eine Dampfheizung desselben
eingereicht, welche auch s. Z. durch die Erbauer der Königlichen Waggons, die Herren
Klett und Comp. in
Nürnberg, ausgeführt wurde.
Die Aufgabe, eine Centralheizung zu construiren, welche für die nunmehr zu großer
Anzahl herangewachsenen Züge der königl. bayerischen Staatsbahnen sich als praktisch
erweisen und als solid und dauerhaft im Betriebe bewähren sollte, war eine
schwierigere, als nur für einen einzelnen Zug, wenn derselbe auch aus mehreren
Waggons bestand; es ist mir jedoch gelungen, dieses Problem zu lösen.
In demselben Jahre 1867 habe ich der bayerischen Generaldirection der
Verkehrsanstalten in München Pläne und Kostenvoranschläge über eine Dampfheizung für
die Eisenbahnwaggons erster, zweiter und dritter Classe eingereicht und das Gesuch
gestellt, einen Probezug nach meinem vorgeschlagenen System einrichten zu dürfen,
welches auch im Herbst 1868 genehmigt wurde, so daß ich im Jahre 1869 die erste
Probefahrt machen konnte; diese fiel der Art zur Zufriedenheit aus, daß im
darauffolgenden Sommer mir der ehrenvolle Auftrag von hoher Generaldirection der
bayerischen Verkehrsanstalten zu Theil wurde, diese Centraldampfheizung für alle Züge der kgl. bayerischen Staatsbahn
einzurichten und die Arbeit so zu beschleunigen, daß schon den kommenden Winter
1869–70 dieselben zur Benutzung gelangen können. Diese Aufgabe wurde von mir
vollkommen erfüllt und traten in dem ersten Winter nur einige Klagen von Seite des
reisenden Publicums über zu große Erwärmung der Coupé's ein, welchen bei
etwas vorsichtigerer Dampfeinströmung leicht von Seite des Heizers hätte begegnet
werden können; es zeigte sich jedoch das Bedürfniß, die Einrichtung welche ich schon
beim Probezug i. J. 1868/69 getroffen hatte, um in jedem einzelnen Coupé den
Dampf beliebig einströmen lassen oder absperren zu können, für alle Waggons in
sämmtlichen Zügen herzustellen, was auch i. J. 1870/71 und 71/72 bei allen Waggons
erster und zweiter Classe ausgeführt wurde.
Die königl. bayerische Staatsbahn hat somit das Verdienst, in der Erwärmung der
Eisenbahnwaggons mit einer zweckmäßigen, feuersicheren Heizmethode in großem
Maaßstabe allen anderen Eisenbahnen Europas vorangegangen zu seyn; bald darauf
ließen die großherzogl. badischen Bahnen, dann die königl. schwedischen Bahnen, die
königl. priv. bayerischen Ostbahnen, die kais. russische Bahn und die k. k. priv.
galizischen Bahnen diese Erwärmung mit Dampf in großer Ausdehnung nach meinem nun in
mehreren Ländern patentirten System herstellen. Viele andere Bahnen, z.B. die
bayerisch-pfälzische Ludwigsbahn, die oberschlesischen, niederschlesischen,
sächsischen Bahnen, die Ferdinand's Nordbahn, die Breslauer,
Wiener-Warschauer Bahnen etc. ließen nur probeweise einige Waggons nach
meinem Systeme mit Dampfheizung einrichten; zugleich machten letztere Gesellschaften
auch Versuche mit anderen Heizmethoden.
Diese anderen Heizmethoden sind in erster Linie jene mit präparirter Kohle, dann jene
mit Luftheizung und einige auch mit Wasserheizung.
Die nachfolgende Beschreibung der zwei am meisten in Ausführung gebrachten Heizmethoden, nämlich
der Dampfheizung nach meinem System und der Heizung mit präparirter Kohle, dürfte
jeden Techniker in Stand setzen, selbst ein Urtheil darüber zu fällen, welche dieser
beiden Methoden die solidere, gefahrlosere, gesündere und ökonomischere ist.
Mein Dampfheizungssystem für Eisenbahnwaggons besteht im
Allgemeinen darin, daß der Dampf, welcher entweder von der Locomotive entnommen oder
in einem besonderen kleinen Dampfkessel erzeugt wird, mittelst schmiedeeiserner
Röhren unterhalb der Waggons von einem Waggon zum anderen geführt wird, und diese
Röhrenleitung nur durch einen kurzen Gummischlauch zwischen den Waggons unterbrochen
ist, welcher das Zusammenschieben und Auseinanderziehen der Waggons gestattet.
Von diesen unter den Waggons befindlichen schmiedeeisernen Röhren, welche zum Schutz
gegen Abkühlung mit schlechten Wärmeleitern gut umwickelt sind, zweigen sich die
kleinen Dampfröhren ab, welche den Dampf in die eigentlichen, unter den Sitzbänken
befindlichen Wärmröhren leiten, die mittelst Regulirventilen (welche im Inneren der
Coupé's von den Reisenden beliebig geöffnet und geschlossen werden können)
den Dampf einströmen lassen oder abschließen. Da in jeden: Coupé unter jeder
Sitzbank ein solches Dampfwärmrohr sich befindet und jedes einzelne regulirt werden
kann, so ist es möglich nur die eine oder andere Hälfte des Coupé's warm zu
erhalten oder auch beide mit einander, sowie ganz kalt zu fahren. Die Röhren unter
den Sitzbänken sind ebenfalls von Schmiedeeisen, mit zugeschweißten Enden, so daß im
Inneren der Waggons nur ganz wenige kleine Röhrenverbindungen sich befinden, die
jedoch sämmtlich, Metall an Metall sich verbinden, so daß dieselben durch die Länge
der Zeit niemals undicht werden können, sondern im Gegentheil immer dichter werden.
Diese Construction hat sich bereits seit 4 Wintern resp. 4 Jahren auf das
Glänzendste bewährt, und ist außer den Gummischläuchen fast gar keine Reparatur an
der Dampfheizung in den Waggonsund den Waggons seit Jahren erforderlich gewesen.
Die Behandlung der Dampfheizung ist eine sehr einfache. Der Zugführer, oder wenn ein
besonderer Dampfkessel den Dampf liefert, der Heizer, hat nur sein Augenmerk darauf
zu richten, den Dampf langsam in die Leitungen einströmen zu lassen und von Zeit zu
Zeit auf den größeren Stationen, wo der Zug anhält, bei den Condensationshähnchen
oder selbstthätigen Condensationsventilen am tiefsten Punkt der Gummischläuche durch
Oeffnen derselben nachzusehen, ob alles Condensationswasser aus der Leitung durch
den hindurchziehenden Dampfstrom bei den letzten kleinen Hähnen mit fortgerissen
worden ist und die Röhren sämmtlich mit reinem Dampf gefüllt sind, was bei richtiger
Anlage stets der Fall
ist. Auf Stationen wo Waggons abgehängt oder angehängt werden, hat der Bedienstete
welcher die Ketten und Spannschrauben auseinander schraubt, nur die beiden Hähne die
an jedem Ende des Waggons an dem unten durchgehenden Rohr angebracht sind, mittelst
eines Schlüssels zu schließen und dann den Schlauch abzuschrauben, eine Operation
welche in einigen Secunden bewerkstelligt ist, wornach die Waggons abgefahren werden
können; in dem Falle wo neue Waggons zukommen, hat er in gleicher Weise den
Verbindungsschlauch anzuschrauben und die Hähne wieder zu öffnen.
Binnen 6–10 Minuten können mittelst meiner Dampfheizung die sämmtlichen
Wärmröhren in 8–10 Waggons erwärmt werden. Bei großer Kälte, wenn die Waggons
im Freien placirt waren, muß man natürlich den Dampf entsprechend früher vor der
Abfahrt einströmen lassen, als bei geringer Kälte.
In den Fällen wo der Dampf von der Locomotive genommen wird, ist ein
Dampfdruckreductionsventil angebracht, welches den Dampf in dem Locomotivkessel von
8–10 Atmosphären auf 3–4 Atmosphären selbstthätig reducirt. Mit dieser
Spannung läßt man den Dampf langsam in die Rohrleitungen der Waggons einströmen, so
daß er in den Wärmröhren höchstens einen Druck von 1 Atmosphäre erhält. Die
Wärmröhren, Leitungsröhren und Ventile sind auf 20 Atmosphären Druck erprobt, die
Schläuche auf 8–10 Atmosphären, so daß die Rohrleitung unter den Waggons und
in denselben, wenigstens die 15 bis 20 fache Sicherheit darbietet; auch ist bis
jetzt, wo bereits mehr als 1000 Waggons mit dieser Dampfheizung eingerichtet sind
und die Hälfte davon schon 2–4 Winter im Betriebe ist, meines Wissens noch
nicht ein Fall vorgekommen, daß eine Röhre im Inneren undicht geworden wäre.
Der Brennmaterial-Verbrauch ist ein sehr unbedeutender; ein Zug von 8 Waggons
à 4 Coupé's erfordert nämlich während
24 Fahrstunden circa 600 Pfd. Steinkohlen, welche circa 80 Kubikfuß Wasser verdampfen, also per Stunde und per
Coupé nur circa 0,85 Pfd. Steinkohlen. Rechnet
man den Centner Kohlen bei den königl. Bahnen zu 36 kr., so kosten 8 Waggons in 24
Fahrstunden für Heizmaterial 3 fl. 36 kr., also per
Stunde per Waggon 1 1/8 kr., und per Stunde per Coupe 1 1/4 Pfennig.
Die Waggonsheizung mit präparirter Kohle besteht darin,
daß man statt der geschweißten schmiedeeisernen Dampfröhren unter den Sitzbänken
durchlöcherte blecherne Kästen von Außen einschiebt, welche mit dieser präparirten
Kohle gefüllt sind und welche entweder vorher schon angeheizt werden, oder erst
während des Fahrens sich erhitzen, das heißt glühend werden. Nun müssen aber
Luftzuführungs- und Abführungsröhren angebracht werden, damit die Kohle im
brennenden Zustand beharrt; ferner müssen sich über diesen Blechkästen wieder andere
Blechkästen im Inneren der Waggons befinden, um in letzteren die mit diesen
brennenden Kohlen stattfindende Feuersgefahr zu verhüten. Diese Einrichtung mit den
doppelten Gehäusen von Blech, dann dem hermetisch zu schließenden Thürchen an den
Waggonkästen, der Anbringung der Zu- und Ableitungen der Luft durch Röhren,
kostet per Coupé mindestens so viel als die
Dampfheizungseinrichtung. Nun denke man sich die große Arbeit in Bahnhöfen, wo
4–6 Züge oft zu gleicher Zeit ankommen und ebenso in kurzen Intervallen
wieder abgehen; welche Anzahl solcher geheizter Kohlenkästen muß parat seyn, welches
Personal gehört dazu, alle diese Kästen aus den Waggons herauszunehmen und wieder
andere hineinzuschieben. Es kommen z.B. 4 Züge, jeder mit 10 Waggons à 5 Coupé's an, so sind per Waggon 10 Kästen, also in 10 Waggons 100 Stück per Zug, somit für 4 Züge 400 Stück solcher Kästen
vorher anzuheizen und dann mit den erkalteten auszuwechseln. Wenn der Aufenthalt auf
einer Station wie bei Eilzügen 10 Minuten währt, so muß eine große Anzahl von
Dienstleuten vorhanden seyn, um diese Arbeit zu bewältigen. Ferner wird bald der
gleiche Nachtheil zum Vorschein kommen, wie früher bei den Sandkästen und den
Warmwasserflaschen, daß durch das häufige Herausnehmen, Fallenlassen und
Herumschleppen die Kohlenkästen beschädigt werden und somit eine fortwährende
Reparatur erheischen; viele dürften auch ungeheizt eingeschoben werden und sich dann
nicht mehr entzünden, somit kalt bleiben.
Ein weiterer Uebelstand bei diesem System ist der, daß bis zu dem Zeitpunkt wo die
präparirten Kohlen zum Effect gelangen, die Kälte sehr oft Außen schon bedeutend
abgenommen hat und keine Möglichkeit vorhanden ist, die inzwischen in den
Coupé's bedeutend gestiegene Wärme zu reguliren. Diese Kohlen sollen aber 8
Stunden lang ihre Wirkung ausüben; bis sie jedoch sämmtlich völlig in Gluth kommen,
dürften einige Stunden Fahrzeit vergehen, so daß immer eine höchst ungleichmäßige
Erwärmung stattfinden wird. Bei der Dampfheizung nach meinem System kann jeder
Passagier im Inneren eines Coupé, wenn es ihm zu warm wird, den Dampf zur
Hälfte oder ganz absperren; bei der Kohlenheizung kann er sich aber gar nicht
helfen, bis der Zug auf einer Hauptstation anlangt, wo der Wechsel der Kästen
überhaupt stattfindet.
Ein sehr zu beachtender Umstand ist ferner der, daß wenn die Kohle nicht ganz gut
präparirt ist, sie gern spritzt oder raucht. Die Eisenbahndirectionen sind daher ganz von den
Kohlenpräparateurs abhängig; und wenn bei den Massen, welche große Gesellschaften
von diesen Kohlen brauchen, ein Theil derselben nicht vollkommen präparirt ist, so
kann ein sehr ungesunder Rauch in's Innere der Coupé's eindringen, welchem
man während der Fahrt durch Oeffnen der Fenster kaum wird begegnen können.
Weiter ist bei dieser Kohlenheizung die große Feuersgefahr zu berücksichtigen, welche
beim Zusammenstoßen der Züge eintritt, wo nothwendig die Waggons in Feuer aufgehen
müssen, während bei der Dampfheizung die Schläuche entzwei gehen und dann lediglich
der Dampf in's Freie ausströmt, wie sich dieß bei einigen Eisenbahnunglücken bereits
erwiesen hat.
Nun sind noch die Betriebskosten im Vergleich zu jenen bei der Dampfheizung in
Betracht zu ziehen. Zu der Zeit wo die Steinkohlen noch sehr wohlfeil waren,
kosteten 100 Centner präparirte Kohle 9 Thaler = 15 3/4 fl. Ein Coupé
erfordert während 10stündiger Fahrt 6 Pfd. solcher Kohlen, was circa 56 1/2 kr. oder per
Stunde per Coupé 5,65 kr. = circa 23 Pfennige beträgt, somit das Zwanzigfache der
Dampfheizung. Die Beheizung eines Zuges von 8 Waggons à 4 Coupé's = 32 Coupé's kostete in 24 Stunden mit
präparirter Kohle noch vor einem Jahre 72 fl. 19 kr., während mit Dampf derselbe Zug
in gleicher Zeit um ungefähr 3 fl. 36 kr. beheizt werden konnte. Bei Zügen wo der
Dampf von der Locomotive genommen wird, sinken diese Kosten jedenfalls auf die
Hälfte herab, also auf 1 fl. 48 kr., weil auf den Stationen der Dampf für die
Waggons benutzt wird, welcher gewöhnlich in die freie Luft ausgelassen werden muß.
Sollte daher die präparirte Kohle um die Hälfte wohlfeiler werden, so ist die
Heizung mit derselben, gegenüber der Dampfheizung, immer noch um das Zehnfache
theurer.
Ferner kommt noch die Aufbewahrung dieser präparirten Kohle in Betracht, welche sehr
hygroskopischer Natur ist und daher, wenn sie nicht in ganz trockenen Localen (die
große kostspielige Räumlichkeiten erfordern, welche ebenfalls in Rechnung zu bringen
sind) aufbewahrt werden kann, schnell 50–60 Proc. Wasser aus der feuchten
Luft, wie sie besonders im Herbst und im Frühjahr stattfindet, einsaugt.
Das Einzige, was für die präparirte Kohle zur Beheizung der Eisenbahnwaggons
gegenüber der Centraldampfheizung als Vortheil geltend gemacht werden kann, ist, daß
bei deren Anwendung keine Verbindungsschläuche erforderlich sind; dagegen findet
eine Abnutzung der Kohlenkästen statt, und statt der An- und Wegschraubung
der Schläuche beim
Anhängen oder Ausstoßen eines Waggon, eine viel länger andauernde Arbeit durch das
Auswechseln der Kohlenkästen an den Stationen.
Die Zukunft muß lehren, welches von beiden Systemen sich als das zweckmäßigere und
bessere bei ausgedehntem Betrieb von Eisenbahnlinien erweisen wird; ich bezweifle
aber nicht, daß bezüglich des Kostenpunktes und der Feuersicherheit, sowie als
solide und zweckentsprechende Construction, die Dampfheizung den Vorzug vor der
Heizung mit präparirter Kohle verdient.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1 zeigt
einen ganzen Zug im senkrechten Durchschnitt; aus derselben ist ersichtlich, wie die
Anlage seyn muß, wenn man den Dampf von der Locomotive entnehmen will. Bei aA ist in Fig. 1 das Dampfdruckreductionsventil ersichtlich; bB ist das auf dem Scheitel der Locomotive angeschraubte
Dampfeinströmungsventil.
Fig. 2 zeigt
denselben Zug im Grundriß.
B, Fig. 1 und 2, zeigt, daß
an den entgegengesetzten Enden dieses Zuges ein Gepäckwagen mit einem kleinen
senkrechtstehenden Dampfkessel und Wasserreservoir versehen ist. Diese Einrichtung
muß getroffen werden, besonders bei gemischten Zügen, wo viele Gepäckwagen nach der
Locomotive angereiht werden.
Viele Eisenbahndirectionen ziehen es vor, statt den Dampf überhaupt von der
Locomotive zu entnehmen, jene besonderen Heizkessel für alle Züge anzuschaffen. Bei
den königl. bayerischen Staatsbahnen, den großherzoglich badischen Bahnen, der k. k.
priv. galizischen Carl Ludwigsbahn und den russischen Bahnen ist dieses der Fall.
Dagegen haben die königl. schwedischen Bahnen, sowie die königl. bayerische priv.
Ostbahnen-Actiengesellschaft die Dampfentnahme von der Locomotive
angeordnet.
C, Fig. 1 und 2, zeigt einen
Personenwaggon mit zwei schmiedeeisernen geschweißten Röhren von kleinerem
Durchmesser unter den Sitzbänken, wo jedes Rohr für sich regulirt werden kann; in
Fig. 7 ist
die Construction derselben näher ersichtlich, sowie das im Inneren der
Coupé's angebrachte Kästchen zum beliebigen Reguliren der Wärme durch die
Reisenden, je nach der Stellung des Porzellanknopfes K:
„warm,“
„halbwarm“ oder „kalt.“ Bein: Punkte
„kalt“ ist der Dampf für beide Röhrchen r, r' abgeschlossen; bei „halbwarm“
kann er durch den im Gehäuse a beweglichen Piston in das
Röhrchen r einströmen, r'
bleibt aber noch abgeschlossen; ist der Knopf K beim
Punkt „warm“ angelangt, so findet die Dampfeinströmung in
beiden Röhrchen r und r'
statt. Die unter den
Sitzen befindlichen Wärmröhren w und w' sind mit gußeisernem Support fest am Boden befestigt
und an ihren beiden Enden zugeschweißt. Die Verbindung der Röhrchen r und r' mit w und w' ist ebenfalls
Metall an Metall, ohne jede Gummi- oder Hanfdichtung.
D, Fig. 1 und 2, zeigt die
Anwendung der Dampfheizung mit einem größeren Rohr unter den Sitzbänken, anstatt
zwei kleinen: die Wärmfläche ist annähernd dieselbe, nur ist die ganze Construction
einfacher und der Dampf verbreitet sich in diesem weiteren Rohre etwas schneller,
was durch das Einsetzen eines kupfernen Röhrchens im Inneren ermöglicht ist, welches
bei den kleineren Röhren nicht mehr angebracht werden kann. Jedes dieser Rohre ist
mittelst meiner, in Fig. 5 und 6 gezeichneten patentirten
Regulirventile regulirbar; man kann somit die Wärme im Coupé auf die Hälfte
moderiren, indem man das Rohr auf einer Seite ganz abschließt und nöthigenfalls auch
das Rohr auf der anderen Coupéseite. – An den Zwischenwänden der
Coupés sind die Regulirkästchen K (Figur 4 und
5)
ersichtlich. Wenn der Porzellanknopf q (Fig. 5) oben am Punkt
„warm“ steht, ist das Ventil v
mittelst des Hebels h geöffnet; wenn er abwärts
geschoben ist auf „kalt,“ ist das Ventil geschlossen.
Die Röhren unter den Sitzbänken sind 1600 Millimet. lang und haben 100 Millimet.
äußeren Durchmesser; sie ruhen ebenfalls in einem gußeisernen Support, welcher
mittelst zwei Stellschrauben s, s (Fig. 5) das
schmiedeeiserne Rohr festhält, so daß es während der Fahrt nicht vibriren kann.
Diese Wärmröhren sind geschweißte schmiedeeiserne Röhren, an beiden Enden ebenfalls
zugeschweißt. Alle Verbindungen sind Metall an Metall, wodurch die grüßte Solidität
erzielt ist.
Fig. 6 zeigt
eine Construction, wo das Ventil v im Inneren mittelst
des Knopfes bei dem Kästchen K (Fig. 5) und des
Stängelchens t und Hebels h
(Fig. 5
und 6)
regulirt werden kann; auch kann es durch den zweiten abwärtsgehenden Hebel h' mittelst des Griffes g
und der kleinen Kurbel l von Außen durch den Conducteur
oder Heizer geöffnet und geschlossen werden. Man kann also die Einrichtung treffen,
daß der Passagier von Innen und der Conducteur von Außen die Ventile zu öffnen und
zu schließen im Stande ist.
Bei den Waggons dritter Classe – G, Fig. 1, 2 und 10 –
sind die Wärmröhren in der Mitte der zwei Sitzbänke angebracht und von 146 Millimet.
Durchmesser, jedoch immer nur ein Rohr für zwei Bänke, damit die Reisenden ihr
Handgepäck unter die Bänke noch unterbringen können; deßhalb werden diese Röhren
ohne Absperrvorrichtungen ausgeführt, oder nur von Außen absperrbar gemacht, wie Fig. 4 und 10 theilweise zeigen.
E, Fig. 1 und 2, ist ein
Waggon mit mittlerer Passage ohne Seitenthüren und sehr oft ohne
Coupéeintheilung, wie die amerikanischen und größtentheils auch die
russischen Waggons construirt sind. Hier konnte man die Wärmröhren längs den Wänden
anbringen, welche mit Gitterwerk maskirt werden, damit die Passagiere sich nicht
brennen. Diese Wärmröhren von 70 Millimet. Durchmesser sind ebenfalls
schmiedeeiserne, an beiden Enden zugeschweißte Röhren, und mit inneren kleineren
Dampfvertheilungsröhrchen versehen; sie haben in der Mitte der ganzen Länge einen
gußeisernen Kopf, in welchen der Dampf einströmt und an welchem auch das
Regulirventil angebracht ist, wie Fig. 8a und b in größerem Maaßstabe zeigen.
Unter allen Personenwagen wird, nach beiden Enden des Waggon geneigt, das
Dampfleitungsrohr durchgeführt, welches man mit schlechtem Wärmeleiter umwickelt.
Jedes dieser Rohre hat an jedem Ende der Waggons einen Hahn o, an welchem die Schläuche mittelst Schlauchverschraubung, wie die
Schläuche bei den Feuerspritzen befestigt werden.
Diese Schläuche können entweder ganz aus vulcanisirtem Gummi mit innerer Spiralfeder
hergestellt werden, wie Fig. 9a zeigt, oder man versieht nur die Gelenke mit Gummischläuchen
und bringt inzwischen ein eisernes Verbindungsrohr an, wie Fig. 9b zeigt; ganz solid werden sie, wie Fig. 9c; zeigt, mit Kugelgelenken nach meinem Patent hergestellt. Die
billigste Methode ist, sie anfangs ganz von Gummi herzustellen, wie Fig. 9a zeigt; wenn dann der Schlauch durch längeren Gebrauch an einer
Stelle undicht wird, kann man denselben zerstückeln und das schmiedeeiserne Rohr
Fig. 9b benutzen, und so die guten Schlauchstücke
hierzu noch verwenden.
Bei dem letzten der zu heizenden Waggons ist an dem Schlauchhahn ein kleines Hähnchen
w, Fig. 1
B, angeschraubt, das während des Heizens stets geöffnet
seyn muß und durch welches das Condensationswasser mit dem cursirenden Dampf
entweichen muß.
Bei sehr langen Zügen von zwölf und mehr geheizten Waggons ist es zweckmäßig, wenn
der Kesselwagen in der Mitte der geheizten Waggons angeordnet wird, weil dann eine
raschere und gleichmäßigere Vertheilung der Dampfcirculation ermöglicht wird, als
wenn der Dampf von einem Punkt aus alle diese Waggons zu passiren hat.
Da mit ziemlicher Gewißheit anzunehmen ist, daß die Dampfheizung für die Erwärmung
der Eisenbahnwaggons in Zukunft als die allgemein einzuführende gewählt werden wird
und daß mit der Zeit alle Bahnen auch hierin ein einheitliches System durchführen werden, wie sie es bereits
bei vielen Einrichtungen durchgesetzt haben, so ist es jetzt schon den sich nach und
nach für diese Heizung entschließenden Eisenbahndirectionen zu empfehlen, daß sie
hinsichtlich des Kalibers und Gewindes der Schlauchverschraubung sich den Bahnen
anschließen, welche schon eine sehr große Anzahl Waggons mit Centraldampfheizung
eingerichtet haben. Bis jetzt haben alle deutschen und österreichischen Bahnen,
welche die Waggons mit meiner patentirten Dampfheizung versehen ließen, ein und
dasselbe Kaliber an den Schlauchverbindungen; nur die Waggons in Rußland, welche
bekanntlich wegen der dortigen breiten Spurweite nie auf den deutschen Bahnen
circuliren können, haben ein anderes Kaliber.
Die Ventilirung kann bei den Coupéwaggons durch die über den Thüren
angebrachten Jalousien genügend hergestellt werden, wie C und D, Fig. 1, zeigen, oder auch
durch eigens aufgesetzte Ventilationsröhren, wie E, Fig. 1,
versinnlicht. Da weder die Fenster noch die Thüren hermetisch schließen, so wird
hauptsächlich während der Fahrt stets frische Luft hereindringen, besonders wenn ein
Abzug der Luft durch Oeffnen der Jalousien oder der zu diesem Zweck angebrachten
Luftröhren hergestellt worden ist.
Bei diesem Anlasse empfehle ich allen verehrlichen Eisenbahndirectionen, welche sich
entschließen die Dampfheizung zur Erwärmung der Waggons einzuführen, mein nach den
vieljährigen Erfahrungen nun sehr vervollkommnetes und praktisch bewährtes System,
und werde mich stets bemühen, die mir ertheilten Aufträge prompt auszuführen.
Augsburg, im März 1873.