Titel: | Ueber die erregenden Salze, deren sich Voisin und Dronier für ihre Volta'schen Batterien mit doppelt-chromsaurem Kali bedienen; Bericht von Du Moncel. |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CXXX., S. 483 |
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CXXX.
Ueber die erregenden Salze, deren sich Voisin und Dronier für ihre Volta'schen Batterien mit doppelt-chromsaurem Kali
bedienen; Bericht von Du Moncel.
Aus dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, März 1873, S. 114.
Du Moncel, über Voisin und Dronier's erregende Salze für
Bichromat-Batterien.
Seit meinem Berichte über die galvanischen Batterien mit doppeltchromsaurem Kali im
Allgemeinen und die Systeme von Chutaux und Delaurier insbesondere,Polytechn. Journal, 1872, Bd. CCIII S. 375. haben diese Apparate in praktischer Hinsicht mehrere Verbesserungen
erfahren.
Schon im November 1871 hatte Chutaux im Hinblick auf die
Unannehmlichkeiten welche die Anwendung einer in bestimmten Verhältnissen
dargestellten und immerhin schwer zu transportirenden Flüssigkeit im Gefolge haben
kann, darnach getrachtet, sich ein festes doppelt-chromsaures Salz zu
verschaffen, welches unter solchen Bedingungen angesäuert ist, daß man behufs der
Präparirung der erregenden Flüssigkeit nur eine genügende Quantität dieses Salzes in
das Wasser zu werfen braucht. Er erreichte diese Absicht jedoch nur bis zu einem
gewissen Grade, indem er ein Gemisch von gleichen Gewichtstheilen Wasser,
Schwefelsäure und doppelt-chromsaurem Kali erhitzte und beinahe bis zur
Trockne abdampfte.
Voisin und Dronier (in Paris,
41 rue Saint-Fargeau) dagegen gelangten, indem
sie die Frage vom Gesichtspunkte der chemischen Aequivalente aus behandelten, und
die in die Zusammensetzung ihres erregenden Salzes eintretenden Producte so
combinirten daß der Sauerstoff der Chromsäure vollständig verwerthet wird, zu weit
befriedigenderen Resultaten, wie man aus dem Ergebniß der Versuche, worüber ich nun
berichten werde, schließen kann.
Ursprünglich waren es viererlei Salze, welche Voisin und
Dronier mir zustellten; aber nach reiflicher Prüfung,
insbesondere nach den Versuchen deren Resultat ich ihnen mittheilte, hielten sie
sich an ein einziges dieser Salze, welches gegenwärtig ihr stehender
Fabricationsartikel und durch folgende Formel zu bezeichnen ist:
NaO, SO³ + 7 (SO³, HO) + KO, 2 CrO³.
Dieses Salz enthält, wie man aus vorstehender Formel ersieht, schwefelsaures Natron,
welches bei dem die Elektricität erregenden chemischen Vorgange gar keine oder
höchstens eine sehr unbedeutende Rolle spielt, dessen Gegenwart aber nothwendig ist,
um mit dem doppeltchromsauren Salze und der Schwefelsäure eine jener festen Verbindungen von Schwefelsäure und Chromsäure zu
erzeugen, welche von Gay-Lussac entdeckt wurden
und allein die unmittelbare Lösung der Aufgabe liefern können, welche Voisin und Dronier sich
gestellt hatten.
Das schwefelsaure Natron kann in der That gewissermaßen als ein Säureträger betrachtet werden, und wenn es in festem Zustande mit 7
Aequivalenten Schwefelsäure und 1 Aequivalent doppelt-chromsaurem Kali in
Verbindung getreten ist, so spaltet sich das Product in Berührung mit Wasser; die
Schwefelsäure und Chromsäure werden dann frei, wie wenn die Lösung direct mit
Schwefelsäure bereitet worden wäre.
Wie man aus der Zusammensetzungs-Formel dieses Salzes ersieht, enthält
dasselbe die Anzahl von Schwefelsäure-Aequivalenten welche nöthig ist, um
allen nutzbaren Sauerstoff der Chromsäure verwenden zu können, so daß man nach
gänzlicher Erschöpfung der Säule ein schwefelsaures Doppelsalz von Kali und Chrom
hat, welches nicht Chromalaun ist, weil die Oxydationsstufe des Chroms, welche sich
alsdann an der negativen Elektrode bildet, Chromoxydul und nicht Chromoxyd ist. In
der That wird die Flüssigkeit, nachdem die Batterie eine gewisse Zeit lang in
Thätigkeit war, anfangs grünlich, dann mehr und mehr blau, ohne violette
Chromalaunkrystalle abzusetzen, und die Kohlenplatten zeigen sich nie mit einer
Chromsalzablagerung überzogen. Voisin und Dronier sind der Ansicht, daß nach der Darstellung ihres
Salzes dessen Formel wird:
(KO, 2SO³) + (NaO, 2SO³) + 2 (CrO, 2SO³) +
7HO.
Die von ihnen für die Lösung dieser Salze angegebenen Verhältnisse sind 20 Gramme
Salz auf 100 Gramme Wasser, wornach also 1/5 Gewichtstheil des Salzes auf 1 Gewichtstheil
Wasser kommt. Somit sind die verschiedenen constituirenden Elemente dieser Lösung
darin in folgenden Verhältnissen repräsentirt:
Wasser
83,33
Schwefelsäure
9,83
doppelt-chromsaures Kali
4,50
schwefelsaures Natron
2,33
–––––
99,99
Je nach den verlangten Leistungen der Säule müssen jedoch diese Verhältnisse
variiren. Für mehr oder weniger lang andauernde Wirkungen empfiehlt es sich, nicht
allzu salzreiche Lösungen anzuwenden; denn die mittlere elektromotorische Kraft
wird, wie ich mich selbst überzeugt habe, dadurch nicht erhöht, und nach den
Untersuchungen von Voisin und Dronier ist der Zinkverbrauch und die Schwächung der Bichromatlösung bei
starken Lösungen in einer gegebenen Zeit beträchtlicher, als bei schwachen. Verlangt
man jedoch von der Säule eine energischere unmittelbare Thätigkeit, so unterliegt es
keinem Zweifel, daß die an doppelt-chromsaurem Kali und an Säure
reichhaltigsten Lösungen die wirksamsten sind, wie ich durch directe Versuche
constatirt habe.
Man könnte vielleicht diese mit einander in Widerspruch stehenden Wirkungen der
Thätigkeit des Chromalaunes zuschreiben, welcher von dem Zeitpunkt an, wo seine
polarisirende Wirkung auftritt, hinsichtlich der Entwickelung der elektromotorischen
Kraft kräftig und in dem nämlichen Sinne wie das Bichromat Wirten kann. In der That
kann der Chromalaun selbst eine elektromotorische Kraft entwickeln, welche
derjenigen des Daniell'schen Elementes in den ersten
Momenten seiner Thätigkeit sehr nahe kommt, und diese Kraft resultirt aus der
theilweisen Desoxydation des im Chromalaun als Sulfat enthaltenen Chromoxydes oder
aus der Umwandlung des schwefelsauren Chromoxydes in schwefelsaures
Chromoxyd-Kali. Aus dieser doppelten Reaction folgt nun daß nachdem das
Bichromat seine erste Wirkung hervorgebracht hat, was in den ersten Momenten der
Thätigkeit der Säule der Fall ist, letztere in nahezu unveränderlichen: Zustande
bleibt, ob sie anfangs mit einer größeren oder geringeren Quantität
doppelt-chromsauren Kalis beschickt worden seyn mag; es wird nur im einen
Falle eine größere Consumtion von Bichromat stattgefunden haben, als im anderen,
eine Consumtion welche im ersten Augenblicke eine größere elektrische Wirkung und
daher einen größeren Zinkverbrauch zur Folge gehabt haben wird. Wenn ferner die
Lösung, wie diejenige von Voisin und Dronier, mit Rücksicht auf eine bessere Verwerthung des Sauerstoffes
der Chromsäure zusammengesetzt ist, so ist es leicht zu begreifen, daß man in den
Rückständen derselben nach Verlauf einer gegebenen Zeit mehr
doppelt-chromsaures Kali wiederfinden muß, als in einer Lösung worin der
Sauerstoff der Chromsäure rascher absorbirt wird.
Aus den zahlreichen Versuchen welche ich mit der Chromsalzbatterie angestellt habe,
geht hervor, daß die Chutaux'sche Sandbatterie mit der
Salzlösung von Voisin und Dronier nach einmonatlichem Gebrauche eine größere elektromotorische Kraft
entwickelt und zugleich eine constantere Wirkung zeigt, als mit der angesäuerten
Lösung von doppeltchromsaurem Kali, obgleich diese reichhaltiger an Bichromat und
Schwefelsäure ist.
Der Werth der elektromotorischen Kraft einer Chutaux'schen
Sandbatterie mit der Lösung von Voisin und Dronier, kann durch 1,97 dargestellt werden, die
elektromotorische Kraft der Daniell'schen Batterie = 1
gesetzt, und der mittlere Widerstand entspricht ungefähr 900 Metern Telegraphendraht
von 4 Millimetern Dicke, für einen Widerstand des Schließungsbogens von 12
Kilometern per Element. Mit einem derartigen Widerstand
des Schließungsbogens und unter der Voraussetzung daß die Säule mit Flüssigkeit gut
versorgt wird, d.h. mit einem Ausfluß von 64 Kubikcentimetern per Tag, bleibt die Intensität und die elektromotorische Kraft derselben
bei geschlossener Kette neun Tage hintereinander constant; dieses ist ein sehr
schönes Resultat.
Wenn die Flüssigkeiten viermal nach einander durch die Batterie passiren, was wegen
der nützlichen Wirkung des Chromalaunes ohne nachtheilige Folgen geschehen kann, so
sind die Unterhaltungskosten einer solchen Batterie zu 1 Fr. 28 Cent. per Jahr und per Element
anzunehmen, und zwar für eine intermittirende Arbeit, welche einen Schluß der Kette
von nur 6 Stunden per Tag bedingt, und einen
Schließungsbogen welcher einen Widerstand von 12 Kilometern per Element repräsentirt; in diesem Preis ist die Ausgabe für Zink mit 36
Centimes inbegriffen. Handelt es sich aber um eine bedeutendere Arbeit und um eine
Kette von geringem Widerstande, so kann der Kostenaufwand bis auf 4 Fr. 36 Cent.
sich steigern, wobei derjenige des Zinkes mit 58 Cent. figurirt. Der Zinkverbrauch
beläuft sich, selbst wenn die Säule nicht in Function ist, im Minimum auf 200 Gramme
per Jahr, und es ist die Lösung von Voisin und Dronier, welche am
wenigsten Zink consumirt.
Das Verfahren von Voisin und Dronier bei Bereitung ihres Salzes ist folgendes. Zuerst lösen sie unter
Erwärmung das schwefelsaure Natron in der Schwefelsäure auf, und setzen dann das
doppeltchromsaure Kali
langsam zu. Beim Erkalten erstarrt die Masse; bevor sie jedoch erkaltet, wird sie in
Formen gegossen, welche so angeordnet sind, daß der Inhalt leicht herausgenommen
werden kann. Die Masse wird sodann in kleine Stücke zertheilt oder pulverisirt,
wornach sie eine mehr oder minder intensive zinnoberrothe Farbe besitzt. Diese
Darstellung erfordert jedoch gewisse Kunstgriffe und speciell chemische
Bekanntschaft mit derlei Producten, ohne welche ein guter Erfolg nicht zu erzielen
ist. In der That erhält man sehr oft statt eines festen Salzes einen syrupartigen
Brei, dessen Zusammensetzung niemals homogen ist, und welcher nicht die im
Vorhergehenden erwähnten Vortheile in sich vereinigt.
Ich will schließlich nur noch bemerken, daß die Säule mit doppeltchromsaurem Kali
vier Systeme chemischer Reactionen, welche in demselben Sinne wirken, und ein
fünftes leider ziemlich energisches, in entgegengesetztem Sinne wirkendes System in
sich vereinigt. Letzteres ist dasjenige, aus welchem die Bildung von Chromalaun an
der negativen Elektrode resultirt, und zwar in Folge der Oxydation (auf Kosten der
Chromsäure) des an dieser Elektrode abgelagerten Chromoxyduls und seiner Verbindung
als Chromoxyd mit der Schwefelsäure und dem aus dem doppelt-chromsauren Kali
frei gewordenen schwefelsauren Kali. Die vier anderen Reactionen sind: 1) die
Oxydation des Zinkes; 2) die Reduction des Bichromats durch den in Folge dieser
Oxydation frei gewordenen Wasserstoff; 3) die Umwandlung des schwefelsauren
Chromoxydes in schwefelsaures Chromoxydul; 4) das theilweise Freiwerden des
schwefelsauren Kalis. Man begreift sonach, warum die Wirkungen dieser Säule so
complicirt und manchmal sogar einander widersprechend sind.