Titel: | Neuerungen im Metallhüttenwesen. |
Autor: | W. Koort |
Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 17 |
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Neuerungen im Metallhüttenwesen.
Neuerungen im Metallhüttenwesen.
Blei, Silber, Gold, Wismuth, Arsen, Antimon.
Im Jahrbuche für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche
Sachsen, 1887 II. Theil S. 10, theilt Dr. Arnulf
Schertel Analysen von den Producten der fiskalischen Hüttenwerke bei
Freiberg mit, welche für den Hüttenmann von hohem Interesse sein dürften.
Die Bleigewinnung auf den Freiberger Hütten, der Muldner Hütte und der Halsbrückner
Hütte, wo nicht nur Bleierze verarbeitet werden, sondern auch eigentliche
Silbererze, sowie Kupfererze, Zinkerze, Schwefel- und Arsenkiese, zu denen noch
Rückstände von der Rothglasgewinnung und Zinkdarstellung kommen, beruht auf der
Rost- und Reductionsarbeit (vgl. Zeitschrift des Vereins
deutscher Ingenieure, 1888 S. 757).
Die Röstung der Erze geschieht in sorgfältigster Weise und wird je nach der Natur der
Erze in Kilns, Stadeln oder anderen entsprechenden Rösteinrichtungen, und zwar unter
Berücksichtigung der Gewinnung von Nebenproducten ausgeführt.
Die gerösteten Erze werden in Pilzöfen unter Zuschlag von gerösteten Kiesen,
Arsenikrückständen, Rückständen von der Zinkgewinnung, Silber und Blei haltigen
Abfällen der verschiedenen Hüttenverfahren und einer gröſseren Menge von Schlacken
auf Werkblei, Stein und Schlacken verschmolzen.
Das Werkblei wird zur Entfernung des Kupfers gesaigert und dann raffinirt. Das
raffinirte Werkblei wird auf der Muldner Hütte, wie schon jetzt bemerkt wird, dem
combinirten Pattinson- und Zinkentsilberungsverfahren
unterworfen, auf Halsbrückner Hütte nur pattinsonirt.
Der Stein wird geröstet und dann gemeinschaftlich mit der Schlacke von der Erzarbeit,
welche noch erhebliche Mengen von Blei und Silber enthält, in Pilzöfen der sogen.
Schlackenarbeit unterworfen, wobei man neben Werkblei absetzbare Schlacken und einen
an Kupfer angereicherten Bleistein erhält, welcher durch wiederholtes Rösten und
Schmelzen auf Kupferstein verarbeitet wird. Das Werkblei von diesen verschiedenen
Arbeiten wird in der nämlichen Weise behandelt wie das Werkblei von der Erzarbeit. Wegen der Freiberger Hütten
verfahren vgl. auch Capacci in den Annales des mines, Stölzel, Metallurgie, II. Theil S.
899 ff. und C. Plattner, Jahrbuch für Berg- und Hüttenwesen im
Königreiche Sachsen, 1883 S. 1 und 1886 S. 133. Was die Producte der
Bleiarbeit anbetrifft, so sind die Werkbleie verhältniſsmäſsig reich an Silber, aber
auch stark verunreinigt mit Kupfer, Zinn, Antimon und Arsen. Die. nachfolgenden
Analysen geben die Nebenproducte an:
I
Werkblei
von
reicher Erzarbeit der Muldner Hütte
II
„
„
gewöhnlicher Erzarbeit der Muldner Hütte
III
„
„
Schlackenarbeit der Muldner Hütte
IV
„
„
Erzarbeit der Halsbrückner Hütte
V
„
„
Schlacken arbeit der Halsbrückner Hütte.
I
II
III
IV
V
Silber
1,790
0,470
0,430
0,830
0,516
Kupfer
0,632
0,225
0,121
0,328
0,699
Wismuth
0,034
0,019
0,022
0,047
0,032
Cadmium
–
–
0,002
–
0,003
Zinn
1,490
1,354
0,078
0,650
0,871
Arsen
1,159
1,826
0,134
0,540
0,388
Antimon
6,215
0,958
0,480
0,976
0,358
Nickel und Kobalt
–
–
0,010
0,011
Eisen
0,005
0,007
–
–
–
Zink
0,003
0,002
0,008
–
–
Schwefel
–
0,051
0,015
–
–
Um das Kupfer möglichst aus dem Bleie wegzubringen, wird ein Saigerprozeſs
angewendet, durch welchen ungefähr 90 Proc. des Kupfergehaltes, sowie Nickel, Kobalt
und Eisen mit Schwefel und einer entsprechenden Menge Arsens mit den Saigerdörnern
ausgeschieden werden. Um auch Zinn, Arsen und Antimon zu entfernen, werden die
gesaigerten Bleie auf dem Raffinirherde eingeschmolzen und mit Hilfe eines gegen die
Oberfläche gerichteten Luftstromes gegen Ende des Prozesses mittels eingeleiteten
Wasserdampfes einer theilweisen Oxydation unterworfen, bei welcher vorzugsweise
Verbindungen der Zinnsäure, Arsensäure und Antimonsäure mit Bleioxyd gebildet
werden. Es gehen aus diesem Prozesse 74 bis 82 Proc. des vorgelaufenen gesaigerten
Erzbleies, 78 bis 90 Proc. des Schlackenbleies als raffinirte Werkbleie hervor.
Dieselben enthalten dann noch die unter VI, VII, VIII, IX angegebenen fremden
Bestandtheile:
wobei VI
sich
auf
raffinirtes
Erzblei der Muldner Hütte
VII
„
„
„
Schlackenblei der Muldner Hütte
VIII
„
„
„
Erzblei der Halsbrückner Hütte
IX
„
„
„
Schlackenblei der „ „ bezieht.
VI
VII
VIII
IX
Silber
1,76
0,84
1,063
0,775
Kupfer
0,157
0,102
0,209
0,104
Wismuth
0,122
0,064
0,098
0,114
Arsen
Spur
Spur
0,002
0,001
Antimon und Zinn
0,019
0,011
0,026
0,017
Von den nachstehenden drei Weichbleianalysen bezieht sich X auf die
Nebenbestandtheile von Weichblei, wie es durch Pattinsoniren auf der Muldner Hütte
erhalten wird, XI auf Weichblei, wie es aus der Zinkentsilberung auf der Muldner
Hütte hervorgeht, und XII auf Weichblei, wie es durch das Pattinsonverfahren auf der Halsbrückner
Hütte gewonnen wird. Nr. XI stammt aus den raffinirten Bleien von VI und VII, Nr.
XII aus VIII und IX.
X
XI
XII
Kupfer
0,0275
0,0008
0,077
Wismuth
0,0198
0,023
0,031
ZinnAntimon
0,00020,0004
0,005
0,0006
Eisen
0,0005
Spur
0,0003
Zink
0,0004
0,0006
0,0006
Das Zink wird auf der Muldner Hütte, wie üblich, in drei auf einander folgenden
Theilen in das zu entsilbernde Werkblei eingetragen und der nach jedem Zusätze
gebildete Schaum abgehoben. Die folgenden Analysen geben die Zusammensetzung von
drei solchen aus einer Post Werkblei gewonnenen Reichschäumen.
XIII
XIV
XV
Gold
0,024
0,006
0,003
Silber
3,82
3,33
1,69
Kupfer
3,28
0,49
0,36
Wismuth
0,01
0,01
0,01
Blei
56,45
44,54
44,52
Zink
34,02
49,69
50,77
Eisen
1,31
0,57
0,85
Antimon
Spur
Spur
–
Schwefel
Spur
–
–
Sauerstoff (aus dem Verluste)
1,09
1,37
1,80
–––––––––––––––––––––––
100,00
100,00
100,00
Dr. Schertel hat einen wichtigen Versuch über das
Verhalten der im Werkbleie enthaltenen Elemente ausgeführt. Er füllte einen eisernen
Cylinder von etwa 1m Höhe mit geschmolzenem
Werkbleie und lieſs dasselbe 24 Stunden in einem Raume, dessen Temperatur höher lag
als der Schmelzpunkt des Bleies, stehen. Hierauf lieſs man es erkalten und nahm von
oben und unten entsprechende Scheiben zur Analyse.
XVIOben
XVIIUnten
Spec. Gew.
10,321
10,824
Silber
0,421
0,403
Kupfer
1,324
0,034
Wismuth
0,132
0,042
Zinn
0,941
?
Arsen
2,164
1,980
Antimon
0,700
0,749
Eisen
0,103
0,009
Nickel
0,029
–
Zink
0,016
0,003
Schwefel
0,500
–
Diese Analysen berechtigen also zu dem Schlusse, daſs sich oben vorzugsweise Kupfer,
Wismuth., Eisen, Nickel nebst Schwefel anreichern. Das Silber ist oben in gröſserer
Menge enthalten als unten. Es würde sich sicherlich in noch viel gröſserem Maſse
oben angereichert haben, wenn nicht auch die die sogen. Saigerdörner
zusammensetzenden Elemente sich dort angesammelt hätten. Eine aus der Mitte des Cylinders ausgeschnittene
Scheibe zeigte 0,430 Proc. Silber.
Was die Schlacken von der Bleiarbeit anbetrifft, so bezieht sich:
Nr.
I
auf
absetzbare Schlacke von der Muldner Hütte
„
II
„
Schlacke von Erzarbeit der Muldner Hütte, aus
besonders zinkreicher Beschickung gefallen,
„
III
„
Schlacke von der Erzarbeit auf der Halsbrückner Hütte
„
IV
„
dieselbe Schlacke aus der ersten Schlackenarbeit
„
V
„
eine absetzbare Schlacke aus dem zweiten Schlackenschmelzen.
I
II
III
IV
V
Kieselsäure
34,80
27,15
28,85
33,00
33,10
Silber
0,001
0,013
0,036
0,005
0,001
Bleioxyd
2,39
3,86
6,18
3,93
1,32
Kupferoxyd
0,18
0,60
1,05
1,00
0,65
Zinnoxyd
–
–
0,42
0,12
0,10
Eisenoxydul
36,38
38,58
38,47
35,28
40,72
Manganoxydul
–
2,36
3,30
3,30
2,93
Zinkoxyd
13,25
17,83
10,27
11,23
9,06
Thonerde
8,1
2,55
2,45
4,10
4,20
Baryt
–
0,32
0,56
0,62
0,88
Kalk
0,50
3,15
4,88
4,35
4,77
Magnesia
2,66
1,06
0,57
1,18
1,02
Schwefel
1,37
2,27
4,00
1,71
1,33
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
99,63
99,73
101,00
99,82
100,08
Sauerstoff, äquival. Schwefel
– 0,68
– 1,13
– 2,00
– 0,85
– 0,66
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
98,95
98,60
99,00
98,97
99,42
Die Schlacke II wurde beim Verschmelzen sehr zinkreicher fremder Erze erhalten.
Dieselbe zeigte, wie schon wiederholt an Schlacken mit hohem Zinkgehalte beobachtet
worden ist, groſse Neigung, sich in Kugelschalen abzusondern. Nach kurzer Zeit
begann sie bröckelig zu werden. Solche zinkreiche Beschickungen können nach
sorgfältigem Abrösten im Pilzofen verschmolzen werden.
Der Bleistein von der Muldner Hütte (Nr. 1), ein Spurstein (Nr. II) und ein
Concentrationsstein (Nr. III) zeigten die nachstehende Zusammensetzung:
I
II
III
Silber
0,27
0,29
0,31
Kupfer
25,30
55,43
73,95
Blei
19,29
16,86
4,85
Wismuth
Spur
–
0,02
Antimon
0,66
0,22
0,06
Arsen
3,77
–
0,18
Eisen
21,88
3,50
0,13
Nickel, Kobalt
0,24
0,41
0,21
Zink
6,87
3,44
–
Schwefel
20,46
10,12
18,98
–––––
–––––
–––––
98,74
99,85
98,69
Ein krystallisirter Stein von dort ist ungefähr nach der Formel PbS. 3Cu2S zusammengesetzt.
Eine Bleispeise von der Muldner Hütte war wie folgt zusammengesetzt:
Silber
0,15
Blei
20,64
Kupfer
22,65
Eisen
14,90
Nickel, Kobalt
6,82
Zink
4,91
Antimon
8,80
Arsen
19,88
Schwefel
1,19
–––––
99,94
Die gesammte Kupferproduction der Freiberger Hüttenwerke wird zu Kupfervitriol
verarbeitet.
In solch einem Vitriole waren enthalten:
Silberoxyd
Spur
Kupferoxyd
31,681
entspricht
99,801
CuSO4
+
5H2O
Eisenoxydul
0,036
„
0,121
FeSO4
+
5H2O
Zinkoxyd
0,003
„
0,010
ZnSO4
+
5H2O
Nickel- und Kobaltoxyd
0,003
„
0,008
NiSO4
+
5H2O
Bleioxyd
0,004
„
0,006
PbSO4
––––––––––––––––––––––––
Schwefelsäure
31,946
„
99,946
Die Arsenerze werden auf metallisches Arsen, sogen. Fliegenstein und Rothglas von
folgender Zusammensetzung verarbeitet:
Fliegenstein
Rothglas
Arsen
99,70
63,200
Blei
0,014
0,103
Eisen
0,175
0,161
Schwefel
0,051
36,504
––––––
––––––
99,940
99,968
Der Flugstaub von den verschiedenen Rost- und Schmelzverfahren wird auf arsenige
Säure verarbeitet, welche als Arsenikmehl und als Weiſsglas in den Handel kommt. Das
Weiſsglas enthält 99,88 Proc., das Arsenikmehl 99,70 Proc. As2O3.
Die als Nebenproduct auf den Freiberger Hütten erhaltene H2SO4 enthält bis 0,175 Proc. Arsen. Durch
die Behandlung der Kammersäure mit Schwefelwasserstoff in den von Gerstenhöfer angegebenen Füllungsthürmen wird das Arsen
so weit entfernt, daſs dasselbe in der Säure von 66° B. nicht 0,0002 Proc. erreicht.
Der Bleigehalt der concentrirten Säure beträgt 0,058 Proc. In der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1888 S.
758, theilt C. Schnabel noch mit, daſs die Ausscheidung
der Bestandtheile des Bleirauches auf Hüttenwerken mit Hilfe von Elektricität sich
nicht bewährt habe, weil es nicht möglich war, aus bewegten Rauchmassen erhebliche
Mengen von Blei bezieh. Bleiverbindungen niederzuschlagen (vgl. später die
englischen Einrichtungen).
Charles Henry Theodore Havemann in Paris, welcher die
bekannte Niederschlagsarbeit etwas abgeändert hat (1886 260 379), empfiehlt jetzt ein Verfahren zur Gewinnung von Blei und Silber
aus Schwefelverbindungen dieser Metalle in Flammöfen ohne vorherige Röstung. Das
Wesen dieses Verfahrens beruht in der Behandlung der betreffenden Mineralien mit
Aetznatron oder auch einem Natronsalze und nachfolgender Wiedergewinnung von Aetznatron
bezieh. Natriumcarbonat, wodurch die Gestehungskosten vermindert werden sollen.
Daſs man Natriumcarbonat als Schmelzmittel bei Laboratoriumsversuchen angewendet hat,
ist bekannt. Zwei Vortheile sind es, die den Erfinder auf die angedeutete Idee
gebracht haben, nämlich die groſse Fähigkeit des Natrons, Schwefel aufzunehmen, und
die Schmelzbarkeit desselben unter Rothglut.
Behufs Wiedergewinnung des Natrons wird das Mineral mit etwa 5 bis 10 Proc. Eisen
oder Schwefeleisen gemischt, falls das Mineral solches nicht schon enthält. Dieses
hat den Zweck, eine Doppelverbindung von Schwefeleisen und Schwefelnatrium zu
erzeugen, welche alsdann den Hauptbestandtheil der Schlacke bildet.
Wird diese Schlacke einer Kohlensäure haltigen Atmosphäre ausgesetzt, so bildet sich
Natriumcarbonat, und die Schlacke zerfällt hierbei in Staub. Das Natriumcarbonat
läſst sich mit den anderen etwa vorhandenen Schwefelverbindungen durch Wasser
ausziehen, während das Schwefeleisen und die anderen unlöslichen Bestandtheile
zurückbleiben. Durch Eindampfen kann aus der Lösung Soda gewonnen werden. Im
Interesse des Verfahrens liegt es aber, vor dem Eindampfen die Soda auf bekannte
Weise in Aetznatron zu verwandeln.
Ohne Zusatz von Eisen oder Schwefeleisen würde es nöthig sein, die Schlacke behufs
Lösung des Natrons zu pulverisiren, was nicht leicht sein dürfte. Man bedenke,
welche Schwierigkeiten allein schon wegen der Staubbildung beim Mahlen der
Thomasschlacke sich einstellen. Die Lösung müſste aber mit Kohlensäure behandelt
werden, was jedoch für die Praxis zu kostspielig sein würde.
Die Ausführung des Verfahrens geschieht nun in folgender Weise:
Das zu behandelnde Mineral wird in den Ofen gebracht, ein Drittel oder die Hälfte der
zu verwendenden Natronmenge hinzugethan und das Ganze sorgfältig durchgerührt.
Nachdem nun die Masse halbflüssig geworden und die Hauptreaction vorüber ist, was
nach ungefähr einer halben Stunde eintritt, gibt man den Rest des Natrons dazu,
wodurch fast augenblicklich eine Verflüssigung der ganzen Masse eintritt, so daſs
sich das Blei leicht absondert; darauf läſst man die ganze Beschickung
abflieſsen.
Behufs Mischung des Minerales mit dem ersten Theile des zu verwendenden Natrons vor
der Beschickung auſserhalb des Ofens kann man eine starke Natronlösung mit ungefähr
35 bis 40 Proc. Natrongehalt anwenden. Hierdurch spart man bei der Wiedergewinnung
des Natrons an Kosten, da der gröſste Theil der letzteren auf die Verdampfung der
ätzend gemachten Laugen zu rechnen ist.
Man kann auch, um die Kosten zu verringern, eine geringe Menge Kohle dem Minerale
zumischen, wodurch man eine gröſsere Menge Blei gewinnen bezieh. an Natron sparen
kann.
Dieses ergibt sich daraus, daſs zuerst das Natron durch die Kohle zu Natrium reducirt
wird und dieses dann augenblicklich aus dem Schwefelblei das Blei in Freiheit setzt.
Ebenso kann man, um an Natron zu sparen, auch das Mineral mit Bleiglätte mischen,
welche, da sie zur Entschwefelung dient, eine gewisse Ersparniſs an Natron
bedingt.
Auch kann man Chlornatrium mit Bleiglätte und Wasser mischen, um einen Theil des
Chlornatriums in Aetznatron zu verwandeln. Darauf mischt man das Ganze, ohne vorher
das Aetznatron auszuziehen, mit dem betreffenden Minerale und schmilzt diese
Mischung unter Zugabe von Natron. So erhält man das in der Glätte enthaltene Blei
gleichzeitig mit dem Bleie des Schwefelbleies.
Es ist klar, daſs in den Hüttenwerken, welche für die Bleiglätte keine bessere
Verwendung haben als zur Bleigewinnung, dieses letztere Verfahren eine
bemerkenswerthe Ersparniſs an Natron bewirkt.
Die Schlacke, die bei dem beschriebenen Verfahren erhalten wird, ist im Allgemeinen
frei von Blei; sollte dieselbe dennoch etwas Blei enthalten, so findet man es nach
Auflösung der Schlacke im Bodensatze der Lauge, wovon es mit Leichtigkeit getrennt
wird.
Ein Theil der in den Mineralien etwa vorhanden gewesenen Kieselsäure ist, da die
angewendete Temperatur nicht hoch war, frei geblieben; ein anderer Theil freilich
hat sich mit dem Natron zu löslichem Natriumsilicat verbunden, welches jedoch, wie
oben beschrieben, durch Kohlensäure in Carbonat verwandelt wird; dadurch wird die
Kieselsäure frei und die Trennung findet beim Auslaugen statt.
Ein Theil des in der Schlacke enthaltenen Natrons ist in Schwefelnatrium verwandelt,
ein anderer Theil in Natriumcarbonat, besonders wenn man einen Zusatz von Kohle
angewendet hat; ein weiterer Theil des Natrons findet sich in der Schlacke als
Sulfat.
Selbstverständlich werden der Boden und die Wände des Flammofens, da sie für
gewöhnlich aus Silicaten zusammengesetzt sind, sehr stark durch das Natron
angegriffen. Diesem kann man vorbeugen, wenn man in dem Ofen vor seiner
Inbetriebsetzung Natron bei einer so hohen Temperatur schmilzt, daſs die Wände und
der Boden in Silicat verwandelt werden. Dieses wird alsdann während des Betriebes,
wo nur eine niedrige Temperatur zur Anwendung kommt, nicht mehr angegriffen.
Alle in der Schlacke enthaltenen Verunreinigungen, welche sich nicht mit Natron
verbunden haben, sind im Wasser unlöslich und daher beim Auslaugen behufs
Wiedergewinnung des Natrons leicht zu entfernen.
Um das Natron zu regeneriren, stellt man zweckmäſsig zwei Reservoirs, das eine etwas
höher gelegen als das andere, aus Ziegeln her und verputzt dieselben mit
hydraulischem Kalke, so daſs die Wände derselben vollkommen dicht werden.
In dem höher gelegenen Bassin ordnet man etwa in halber Höhe Träger an, auf welche
man Platten oder durchlöcherte Tafeln oder Eisengitter legt, die zum Aufbringen der
Schlackenstücke dienen, nachdem man den unteren Theil des Bassins mit Wasser gefüllt
hat. Hierauf wird das Bassin mit Platten oder Eisenblech zugedeckt. In einer
zweckmäſsig im oberen Theile einer der Wände angebrachten Oeffnung wird ein Kost
derart angeordnet, daſs die Verbrennungsgase des Koks oder anderer geeigneten
Brennmaterialien, welche auf diesem Roste verbrennen sollen, zwischen dem
Schlackenlager und der Decke des Reservoirs hinstreichen.
Durch die Einwirkung: dieser Gase, welche Kohlensäure enthalten, wird die Schlacke,
wie oben geschildert, zersetzt und dieselbe fällt alsdann durch die Oeffnungen der
Unterlage als ein Pulver in das darunter befindliche Wasser, von welchem sie gelöst
wird. Sobald sich die unlöslichen Bestandtheile zu Boden gesetzt haben, ward die
Lösung in das andere Bassin hineingelassen, wo sie auf bekannte Weise ätzend gemacht
wird.
Will man für die Mineralbehandlung Natriumcarbonat anwenden, so ist eine
Aetzendmachung unnöthig. Will man dagegen Aetznatron verwenden, so muſs man die
Lösung bis zu einem gewissen Grade eindampfen. Hat man die Lauge bis auf etwa 36
Proc. Natron gebracht, so kann man dieselbe in dem flüssigen Zustande mit dem
Minerale vermischen und dann dasselbe im Ofen behandeln. Sollte jedoch nicht
genügend alkalische Substanz mittels dieser Lauge mit dem Erze vermischt sein, um
die Reduction desselben mit Leichtigkeit zu erwirken, was jedoch von der Natur und
der Feinheit des Erzes abhängt, so ist es nothwendig, daſs ein Theil festes Natron
zugesetzt wird, und zu dem Zwecke wird ein Theil der Lauge für solche Fälle bis zu
dem Grade abgedampft, bei welchem dieselbe nach Erkaltung steif wird.
Zu einem Bleiglanze mit etwa 70 Proc. Blei, welcher noch Schwefelkupfer, -zink,
-antimon, -eisen und Kieselsäure enthält, sollen an Natron ungefähr 25 Proc. des
Mineralgewichtes genügen.
Würde man zu jeder Operation neue Mengen Natron zum Marktpreise gebrauchen, so wäre
dies allerdings ein kostspieliges Verfahren. Da man aber das Natron immer wieder
gewinnt, so kann man nach Angabe des Erfinders den thatsächlichen Preis für 1t des regenerirten Natrons, Verluste eingerechnet,
auf 40 M. veranschlagen. Bei Benutzung von 25 Proc. stellt sich der Preis (für das
wiedergewonnene, inclusive das den Verlust ersetzende neue Natron auf ungefähr 10 M.
für 1t Erz.
Wie die jüngsten Vorschläge Havemann's, so muſs auch
dieser, so verlockend das Verfahren auch, namentlich für kohlenarme Gegenden wegen
des geringen Kohleverbrauches sein mag, wohl mit groſser Vorsicht aufgenommen
werden, bis wiederholte Versuche, von denen bis jetzt nichts verlautet, dargethan haben, ob es sich
lediglich um eine theoretische Spekulation oder um ein praktisch verwerthbares
Verfahren handelt. Havemann hat für das vorstehend
beschriebene Verfahren das D. R. P. Nr. 43868 vom 28. September 1887 mit folgendem
Patentansprüche erworben:
„Bei der Gewinnung von Blei und Silber aus den ihre Schwefelverbindungen
enthaltenden Mineralien durch Schmelzung der letzteren mit Aetznatron,
Natriumcarbonat oder diese Stoffe enthaltenden Substanzen ein Verfahren,
gekennzeichnet durch den Zusatz von Schwefeleisen vor der Schmelzung und die
Behandlung der entstandenen Schlacke bis zum Zerfallen derselben mit Kohlensäure
nach der Schmelzung, worauf die zerfallene Schlacke mit Wasser ausgelaugt und
aus der Lauge durch einfaches Eindampfen Natriumcarbonat oder durch
Kaustificiren Aetznatron gewonnen werden kann.“
Während des Jahres 1886 wurden nach Landsberg an Blei
und Bleiglätte in Deutschland producirt:
Bleit
Glättet
Stolberger Gesellschaft
14390
83
Rheinisch-Nassauische Gesellschaft
4790
–
Mechernicher Bergwerksverein
22809
–
Commerner Bergwerksverein
–
–
A. Pönsgen und Söhne (Hütte zu Call)
3650
–
Remy und Hoffmann (Hütte bei Ems)
4926
–
S. B. Goldschmidt (Hütte bei Braubach)
4351
–
Rothenbacher Hütte bei Siegen
39
222
Walther-Croneckhütte bei Rosdzin
5817
792
Friedrichshütte bei Tarnowitz
15061
1697
Oberbergamt Clausthal, Oberharz
8427
–
Unterharzer Hütten
3194
205
Oberhüttenamt Freiberg
4359
479
Die Bleiproduction von Nordamerika für 1886 wird (C.
Schnabel) auf 127008t angegeben.
W.
Koort.