Titel: | Die photographischen Goldsalze; von Alexander Lainer. |
Autor: | Alexander Lainer |
Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 31 |
Download: | XML |
Die photographischen Goldsalze; von Alexander Lainer.
Lainer, die photographischen Goldsalze.
Die am meisten im Gebrauche stehenden Goldsalze des Handels sind das Chlorgold, das
Chlorgoldkalium und das Chlorgoldnatrium bezieh. das Goldsalz.
Will man eines dieser Goldsalze durch ein anderes in einem Goldbadrecepte ersetzen,
so pflegt man sich gewöhnlich an die in den Lehrbüchern der Photographie angegebenen
Aequivalentzahlen zu halten, wobei allerdings chemische Reinheit der Goldsalze
vorausgesetzt wird.
Nach den Aequivalentzahlen sind folgende Mengen der Goldsalze gleichwerthig, d.h. sie
enthalten gleiche Quantitäten Gold (64g,9):
100g
Chlorgold,
131g
Chlorgoldnatrium,
136g,4
Chlorgoldkalium.
Es fragt sich nun, ob die käuflichen Salze diesen Aequivalentzahlen entsprechen, ob
sie also chemisch rein sind und wenn nicht, in welchen Verhältnissen sie sich dann
gegenseitig ersetzen.
Eine wichtige Frage ist ferner die, ob die Goldsalze des Handels verfälscht sind. Dr.
Just sagt in seinem Rathgeber für den Positivprozeſs S. 51:
"Es liegen allerdings keine neueren Analysen über die jetzt im
Handel vorkommenden Goldsalze vor, aber noch im J. 1863 fand Prof. J. Pohl in einer Handelswaare neben 53,22 Proc. reinem
Natriumgoldchlorid 46,78 Proc. als Fälschung zugesetztes Chlornatrium. Es ist kaum
anzunehmen, daſs Fälschungen in diesem Ausmaſse heutzutage noch vorkommen, immerhin
findet man aber auch heute noch bei der Prüfung mit Alkohol und Aether in vielen
käuflichen Goldsalzen Chloralkalien."
Ich unterscheide nun zwischen Fälschungen und überschüssig zugesetzten Chloralkalien
insofern, als ja trotz des letzteren Falles der Preis des Salzes ein reeller sein
kann, wenn gewisse Grenzen nicht überschritten werden.
Um nun obige Frage beantworten zu können, analysirte ich die drei gebräuchlichen
Goldsalze des Handels, nämlich Chlorgold, Chlorgoldkalium und Chlorgoldnatrium
bezieh. das Goldsalz und bespreche die erhaltenen Resultate nach einer dreifachen
Richtung.
1) Vom chemisch-analytischen Standpunkte. Sind die
käuflichen Salze chemisch rein und einer Formel entsprechend oder sind es
Salzgemenge?
Darstellungsmethoden.
2) In pecuniärer Richtung. Wie sind die
Preisverhältnisse, und welches Goldsalz ist das billigste bei gleichem
Goldgehalte?
Sind die Goldsalze verfälscht?
3) Vom photographisch-praktischen Standpunkte; bezüglich
des gegenseitigen Ersatzes in den Goldbädern und den Goldbadverstärkungen.
I.
a) Das Chlorgold. Nicht selten kommt es vor, daſs beim
Auflösen des Chlorgoldes ein brauner Rückstand bleibt. Derselbe rührt von
ausgeschiedenem Golde her und resultirt aus der Darstellungsweise. Löst man Gold in
Königswasser auf und dampft die Lösung ein, so zersetzt sich ein Theil des
entstandenen Goldchlorides, indem etwas Goldchlorür entsteht; beim weiteren starken
Erhitzen wird direkt Gold abgeschieden. Löst man ein derartiges überhitztes Salz in
Wasser auf, so bleibt natürlich das Gold ungelöst; aber selbst das nicht überhitzte
Salz, welches Goldchlorür enthält, zerfällt leicht in Goldchlorid und Gold. Bei der Darstellung von
wasserfreiem Goldchloride der Formel AuCl3 muſs obige abgedampfte Lösung mit Wasser erwärmt
werden; dann filtrirt man vom abgeschiedenen Golde ab, verdampft neuerdings
vorsichtig und erhitzt schlieſslich auf 150°. Man erhält eine dunkelrubinrothe oder
rothbraune Masse, welche Lackmus röthet. Die chemische Zusammensetzung entspricht
folgenden Zahlen:
Au
197
oder
64,91
Cl3
106,5
„
35,09
––––––––––––––––––––
303,5
oder
100,00
Wenn man obige wässerige Lösung eindampft, bis sich eine Krystallhaut bildet, so
erhält man beim Erkalten dunkel orangefarbene, groſse spröde Krystalle von der
Formel AuCl3 + 2H2O,
welche an feuchter Luft zerflieſsen und in trockener Luft verwittern.
Beim Auflösen von Gold in Königswasser mit viel überschüssiger Salzsäure entsteht Wasserstoffgoldchlorid, welches nach genügender
Concentration und Stehenlassen (am besten über Aetzkalk) nach ThomsonBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1877 S. 1833. Krystalle von der Formel AuCl3.HCl + 4H2O und
nach WeberPoggendorff's Annalen, Bd. 131 S. 445. von der Formel AuCl3.HCl + 3H2O gibt,
die an feuchter Luft zerflieſsen. Die Analyse von zwei Goldchloriden verschiedener
Firmen ergab folgende Resultate:
Au
196,5
oder
49,94
a) 41,11
b) 51,75 Proc.
Cl4
142,0
„
36,09
H
1
„
0,25
3H2O
54
„
13,72
–––––––––––––––––––
393,5
oder
100,00
Das analysirte sogen. Goldchlorid des Handels a) enthielt 42,11 Proc. Gold oder 64,79
Proc. Goldchlorid, auſserdem enthielt dieses Salz 26,60 Proc. andere Beimengungen,
der Hauptsache nach Kaliumchlorid.
Dieses Goldchlorid war somit kein reines Salz, sondern ein
Salzgemenge.
Das mit b) bezeichnete Goldchlorid war nur durch etwas Kupfersalz (etwa 0,5 Proc.)
verunreinigt.
b) das Goldchloridkalium AuCl3KCl + 2H2O. Dieses Salz erhält man beim
Verdunsten und Erkalten der neutralen oder schwach sauren Goldchloridlösung und der
der Formel AuCl3,KCl entsprechenden Menge von
Kaliumchlorid als groſse durchsichtige, rhombische Tafeln, welche an der Luft rasch
zu einem schwefelgelben Pulver von wasserfreiem Salze verwittern.
Die Analyse des Handelssalzes ergab:
Au
196,5
47,52
44,17
Cl3
106,5
25,75
–
KCl
74,5
18,02
27,15
2H2O
36
8,71
–
––––––
100,00
Diese Analyse zeigt, daſs dieses Salz nicht chemisch rein
war, indem einem Goldgehalte von 44,17 Proc. nur 16,75 Proc. Kaliumchlorid
entsprechen, während der Rückstand der Chloride nach Fällung des Goldes 27,15 Proc.
betrug, also 10,40 Proc. als Zusatz zu betrachten sind. Der Ueberschuſs an Kalisalz
ergab sich auch beim Ausschütteln des Handelssalzes mit Aether, wobei eine weiſse
unlösliche Salzmasse zurückblieb.
c) Das Goldchloridnatrium NaCl.AuCl3 + 2H2O. Man erhält
dieses Salz, wenn man 4 Th. Gold in Königswasser auflöst und hierauf zur Trockene
abdampft, den Rückstand in 8 Th. Wasser löst, 1 Th. Kochsalz zufügt, auf 4 Th. durch
Erwärmen concentrirt und behufs Kristallisation erkalten läſst. Die Krystalle sind
pomeranzengelb und luftbeständig.
Analyse der Goldsalze
Au
196,5
49,43
a) 17,73
b) 20,55 Proc.
Cl3
106,5
26,79
NaCl
58,5
14,72
2H2O
36
9,06
––––––
100,00
Das Goldsalz des Handels besteht, wie allgemein bekannt ist, aus Goldchloridnatrium,
welchem ein Ueberschuſs von Natriumchlorid zugesetzt ist. Die Analyse ergab 17,73
Proc. Gold.
Berechnet man das dem gefundenen Golde entsprechende Goldchloridnatrium, so ergibt
sich, daſs in obiger Handelswaare ein Zusatz von etwa 64 Proc. Natriumchlorid
vorhanden war.
Das mit b) bezeichnete Salz enthielt einen gröſseren Goldgehalt von 20,55 Proc.; auch
dieses Salz enthielt Spuren von Kupfer.
II.
Die Frage der Fälschung kann erst nach Erörterung der Preisverhältnisse der
verschiedenen Goldsalze in Betracht gezogen werden; doch halte ich es für alle Fälle
nicht correct, daſs ein Goldchlorid als solches bezeichnet wird, wenn es über 26
Proc. Alkalisalze enthält.
Die Goldsalze werden bekanntlich in kleinen Fläschchen zu 2g in den Handel gebracht, das analysirte Chlorgold
(2g) kostete 2 fl. 40 kr., ebenso viel das
Chlorgoldkalium, das Goldsalz (2g) kostete 1 fl. 4
kr.
1g
Goldchlorid
(a)
enthielt
0,4211g
Gold,
kostete
1
fl.
20
kr.
1
„
(b)
„
0,5175
„
„
1
„
20
„
1
Goldchlorkalium
„
0,4417
„
„
1
„
20
„
1
Goldsalz
(a)
„
0,1773
„
„
–
„
52
„
1
„
(b)
„
0,2055
„
„
–
„
55
„
Bei der Annahme, daſs das Goldchloridkalium einen Normalpreis repräsentirtEs ist im gegebenen Falle unter den a-Salzen das billigste in Bezug auf den
Goldgehalt. und 1g desselben
bei einem Goldgehalte von 0g,4417 1 fl. 20 kr.
kostet, so berechnet sich der Werth von
1g
Goldchlorid
(a)
mit
0,4211g
Gold
zu
1
fl.
15
kr.
statt
1
fl.
20
kr.
1
„
(b)
„
0,5175
„
„
1
„
46
„
„
1
„
20
„
1
Goldsalz
(a)
„
0,1773
„
„
–
„
48
„
„
–
„
52
„
1
„
(b)
„
0,2055
„
„
–
„
55
„
„
–
„
55
„
Es ergibt sich aus diesen Berechnungen, daſs der Preis der Goldsalze a) in Bezug auf
deren Goldgehalt so ziemlich übereinstimmt. Von Fälschungen
im eigentlichen Sinne kann nicht die Rede sein; jedoch erscheint das
Goldchlorid b) auffallend billiger, da es nach der Berechnung im Vergleiche zu den
anderen Salzen 1 fl. 46 kr. werth wäre und nur 1 fl. 20 kr. kostete.
Was das volle Gewicht von 2g der Salze anbelangt,
so nahm ich behufs Constatirung desselben beim Goldchloridkalium und
Goldchloridnatrium sehr genaue Wägungen in der Art vor, daſs ich zuerst die
Fläschchen sammt dem Inhalte wog, dann das Salz auflöste, damit jede Spur desselben
in Betracht komme und nach dem Trocknen die Fläschchen wieder auf die Wage
brachte.
Es ergab sich in beiden Fällen ein kleiner Abgang und zwar:
beim Goldchloridkalium
von 0g,0538
beim Goldsalze
von 0g,0361.
Dieser Abgang repräsentirt im ersten Falle einen Werth von 6 kr., im zweiten Falle
nicht ganz 2 kr. Die b-Salze zeigten ein geringes Uebergewicht zu Gunsten des
Käufers.
III.
Für die photographische Praxis ergibt sich aus der Analyse, daſs man die Goldsalze
nicht nach ihren Aequivalentzahlen gegenseitig in den Recepten der Tonbäder ersetzen
kann, daſs selbst bei gleichen Salzen aus verschiedenen Bezugsquellen verschiedene
Wirkungen resultiren, besonders da auch der Gehalt an freier, den Salzen anhaftender
Salzsäure verschieden ist.
Man pflegt gewöhnlich die Goldsalze 1 : 50 aufzulösen, d.h. man bringt den Inhalt
eines Fläschchens (2g) nach dem Auflösen durch
Verdünnung mit destillirtem Wasser auf 100cc.
Ich möchte mir den Vorschlag erlauben, die Verdünnung zu verdoppeln und die
Vorrathslösung 1 : 100 herzustellen, indem dann die vorkommenden Ungenauigkeiten
beim Ansetzen und Verstärken der Goldbäder weniger in Betracht kommen.
Folgende Tabelle zeigt, wie die Salze bei chemischer Reinheit und andererseits, wie
sie nach den Resultaten der Analyse einander ersetzen dürfen:
Aequivalentbei
chemischerReinheit
Gleichwertig nach dem
wirklichenGoldgehalte
a-Salze
b-Salze
chemischreine Salze
Goldchlorid-Lösung
100cc
100cc
81cc
65cc
Goldchloridkalium-Lösung
136,4
95
–
89
Goldchloridnatrium-Lösung bezieh. Goldsalz
131
237
205
85
Für die Praxis wäre bei dem gefundenen Goldgehalte der analysirten Handelssalze 1cc Chlorgold (a) oder 0cc,8 (b) gleich 1cc Chlorgoldkalium gleich 2cc,4 Goldsalz
(a) (Chlorgoldnatrium) oder 2cc (b) zu nehmen.
Haltbare Goldbäder sind von Zeit zu Zeit zu verstärken. Wenn der Goldbedarf für den
Bogen mit 0g,025 Chlorgold oder 0g,0162 Gold angenommen werden kann, so wären von
der Vorrathslösung 1 : 100 für den Bogen folgende Mengen zur Verstärkung zu
nehmen:
bei
Chlorgold
4cc
(a)
oder
3,2cc
(b)
oder
2,6cc
chemisch
rein
„
Chlorgoldkalium
4
(a)
„
–
–
„
3,6
„
„
„
Chlorgoldnatrium
9,5
(a)
„
8,2
(b)
„
3,4
„
„
Schlieſslich möchte ich hier noch bezüglich des Goldsalzes (Chlorgoldnatrium)
erwähnen, daſs ein sehr groſser Kochsalzgehalt desselben beim Tonen der Bilder
schädlich wirken kann, indem das Natriumchlorid einen fuchsigen Ton veranlaſst,
worauf auch in den Photographischen Mittheilungen, XX.
Jahrgang S. 279, aufmerksam gemacht wurde.
Häufig besitzen die Goldsalze des Handels in Folge unrichtiger Darstellungsweisen
viel freie Salzsäure, welche sich schon beim Oeffnen der Fläschchen durch den
stechenden Geruch bemerkbar macht. Diese freie Salzsäure erzeugt beim Tonen sehr
schädliche Wirkungen, indem sie die Tonung auſserordentlich verzögert und zur
Blasenbildung des Albumins Veranlassung gibt. Die Bilder sehen nach dem Tonen sehr
unschön und „zerfressen“ aus. Sucht man durch Neutralisation mit den
bekannten Alkalisalzen die freie Salzsäure zu binden, so entsteht Natriumchlorid,
welches sich auf diese Weise im Goldbade unliebsamer Weise anhäuft.
Bezüglich des Kupfergehaltes bemerkt Herr JoppPhotographische Mittheilungen, XX. Jahrgang S.
278., daſs das Kupfer nicht nur unschädlich beim Tonen wirkt,
sondern im Gegentheile dazu beiträgt, den Bildern einen besseren Ton zu geben, so
daſs er bei Anwendung eines kupferfreien Goldsalzes dem Tonbade Kupferchlorid
zuzusetzen pflegt.
Der verschiedene Goldgehalt, sowie überhaupt die verschiedene Zusammensetzung
gleichnamiger Goldsalze dürfte eine Hauptursache der Entstehung ungezählter
Goldbadrecepte sein, da hier das sogen. „Abstimmen“ der Lösungen zur
Nothwendigkeit wird.
Jene Photographen, welche sich ihre Goldsalze regelrecht selbst bereiten, haben den
Vortheil für sich, stets mit gleichwerthigen Salzen zu arbeiten; aber für den Käufer
wäre es höchst wünschenswerth, eine gleichartige möglichst neutrale Waare zu
erhalten, was er durch den Ankauf von krystallisirten Goldsalzen noch am sichersten
erreicht.
Laboratorium der k. k. Lehr- und
Versuchsanstalt für Photographie und Reproductionsverfahren in
Wien, im December 1888.