Titel: | Ueber Neuerungen an Wirkereimaschinen. |
Autor: | G. W. |
Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 59 |
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Ueber Neuerungen an
Wirkereimaschinen.
(Patentklasse 25. Fortsetzung des Berichtes Bd.
269 S. 1.)
Mit Abbildungen auf Tafel
4 und 5.
Ueber Neuerungen an Wirkereimaschinen.
Die Wirkerei bildet mit dem Stricken und Häkeln zusammen diejenigen gewerblichen
Arbeiten, welche Maschenwaaren herstellen; die Producte aller drei Arbeiten sind
deshalb in ihren Faden Verbindungen bisweilen einander so vollständig gleich, daſs
aus diesen Verbindungen allein in einzelnen Fällen nicht mit Sicherheit zu erkennen
ist, ob die eine oder andere Arbeit zur Herstellung verwendet worden ist. Das
Handstricken wird trotz der vielen Vervollkommnungen in der Wirkerei in manchen
Gegenden Deutschlands noch immer gewerbmäſsig betrieben, aber es kommen doch selten
Verbesserungen im Verfahren oder in den Hilfsmitteln vor.
Als eine solche Verbesserung zeigt sich jetzt ein Strickring von Frau Marie Wild in Furth
(Bayerischer Wald) (* D. R. P. Nr. 44069 vom 3. Februar 1888), welcher wie Fig. 1 Taf. 4
zeigt, an den Zeigefinger der linken Hand, der gewöhnlich den Faden führt, gesteckt
wird, eine Zufuhrrinne von mehr als einer Windung um den Finger herum bildet, bei
a1 eine Bremse und
bei c eine Oese trägt, so daſs der Faden mit
gleichmäſsiger Spannung und entsprechend der erforderlichen Menge geregelt zugeführt
wird, wodurch allerdings das Stricken eine gewisse Erleichterung erfahren mag.
Die Wirkerei selbst hat im verflossenen Halbjahre für die Handstühle nicht irgend
welche Neuerungen aufzuweisen, und für flache mechanische Stühle sind auch nur die folgenden zwei Fälle
zu verzeichnen:
Der mechanische Wirkstuhl für reguläre Waare von Gustav Heidler in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 43202 vom 5.
Juli 1887) enthält nur für die Umsteuerung der Bewegungen zum Maschenbilden in
diejenigen zum Mindern folgende neue Einrichtung: Die Triebwelle t (Fig. 2 Taf. 4) dreht, wie
in vielen Wirkmaschinen, entweder die Arbeitswelle a
zum Maschenbilden, oder die Minderwelle m zum Mindern
der Waarenbreite. Während der gewöhnlichen Reihenarbeit bleibt das Minderrad m1 still stehen, weil
es mit dem Bolzen b an den Schieber c stöſst und weil ihm an der Stelle m2 die Zähne fehlen.
Soll aber gemindert werden, so hat in den bisher verwendeten Stühlen das Minderrad
m1 auf der rechten
Seite ein Beschwergewicht, welches, sobald durch den Zählapparat der Schieber c vom Bolzen b entfernt
wird, niedersinkt, dabei m1 dreht und den Eingriff zwischen t1
m1 herstellt. Hiervon
verschieden ist die neue Einrichtung in der Weise, daſs beim Ausrücken der
Arbeitswelle a durch das Seitenexcenter e der Bolzen e1 an denjenigen d1 des Schiebers dc
trifft, den letzteren hebt und nun nicht bloſs c von
b entfernt, sondern mit c1 den Bolzen b empor drückt, also das Minderrad m1 direkt um ein Stück umdreht, so daſs es sicher mit
seinen Zähnen in diejenigen des Triebrades t1 eingreifen muſs. Es ist also die unsichere
Einrückung von m1 durch
seine einseitige Belastung in eine sichere durch direkte Drehung verwandelt
worden.
Der Kettenwirkstuhl für Plüschmusterwaare von Döring in Berlin (* D. R. P. Nr. 43419 vom 19. Juni
1887) ist ein flacher mechanischer Kettenstuhl (Fig. 31
Taf. 4) mit lothrechten Nadeln a auf beweglicher
Nadelbarre b, welcher nach Art der Fangkettenstühle
(sogen. Raschel-Maschinen) hinter der Stuhlnadelreihe a
eine zweite Reihe von Nadeln c, aber ohne Haken, also
glatte Drahtstäbchen enthält, wie sie sonst bereits zur Plüschwirkerei benutzt
werden. Die Neuheit der vorliegenden Einrichtung besteht nun darin, daſs diese
Plüschstäbchen c in der fest liegenden Abschlagschiene
e einzeln beweglich sind und zwar durch die
Platinen einer Jacquardmaschine einzeln gehoben werden können; sie stehen also im
Allgemeinen unter der Abschlagkante e und arbeiten in
dieser Stellung nicht, denn sie erhalten in derselben nicht Faden von den
Kettenmaschinen df. Da, wo also die Plüschstäbchen c in der tiefsten Lage verbleiben, bildet die
Nadelreihe a allein die Grundwaare aus den Fäden von
df, wo aber einzelne Stäbchen c gehoben werden, wie in Fig. 32
, da legen sich die Plüschfäden der Maschine f
mit um diese Stäbchen, sie bilden dort lange Schleifen i, welche erst nach Beendigung der nächsten Maschenreihe auf d von den Stäben c frei
gelassen werden (Fig. 33
), also dann in ihrer Länge verbleiben und die Futter- oder Plüschdecke der
Waare bilden. Da diese Decke aber nur da hervorgebracht wird, wo die Stäbchen c in die Arbeitslage gehoben werden, so kann man sie eben
vereinzelt an den verschiedenen Waarenstellen erzeugen und kann mit ihr also eine
Verzierung der Waare oder ein Muster bilden. Die Plüschseite wird dann natürlich zur
Vorderoder Auſsenseite der Waare genommen.
Eine andere als die eben besprochene Art des gewirkten Plüsches, der sogen.
Kulirplüsch, wird am Rundstuhle in der Weise hergestellt, daſs man eine Reihe
gewöhnlicher kurzer Schleifen mit einer Reihe recht langer Schleifen zusammen vor in
die Nadelhaken schiebt und die alten Maschen über diese beiden Henkel abschlägt, so
daſs die langen Platinenmaschen auf der Rückseite als Plüschhenkel hervorstehen.
Damit diese Henkel auch geschnitten werden, so hat R.
Stahl in Feuerbach-Stuttgart einen Rundstuhl zur
Herstellung von Plüschwaare (* D. R. P. Nr. 45060 vom 13. März 1888) mit
einer Kreisschere hh1
(Fig. 4
Taf. 4) versehen, welche an einer Stelle des Stuhlumfanges festgehalten und deren
Scheibenmesser hh1 vom
Nadelkranze n des Stuhles selbst umgedreht werden.
Durch das Abschlagen der Waare sind die Maschen weit nach auſsen getrieben worden
und die langen Plüschhenkel i stehen vor den
Nadelköpfen nach auſsen hin und werden bei der Stuhldrehung zwischen die Scheiben
hh1 geführt, welche
ihre äuſseren Bogenlagen abschneiden, so daſs offene Plüschfäden entstehen.
Auf französische Rundwirkstühle beziehen sich weiter noch folgende Erfindungen: Ein
Stoffabzug-Apparat von R.
Stahl in Feuerbach-Stuttgart (* D. R. P. Nr. 43172 vom 23. Juli 1887)
erspart das zeitraubende und lästige Aufheben und Einbinden der bisher
gebräuchlichen Gewichtsscheibe und besteht in folgender Einrichtung: Am Nadelkranze
a (Fig. 5 Taf. 4) wird ein
Ring b entweder angegossen oder sonst durch Anklemmen
oder Schrauben befestigt, in dessen keilförmiger Nuth die Waare w liegt, gehalten durch eine Anzahl am Umfange des
Stuhles gleichmäſsig vertheilter Gummirollen f. Die
Rollen oder Walzen f enthalten je eine Metallröhre und
drehen sich mit derselben um eine Lederschnur oder Darmsaite g, welche dicht um die Waare herumgebunden ist. Zu beiden Seiten einer
jeden Walze f ist eine Drahtöse h gelagert, in welcher ein Hebel i so hängt,
daſs er sich mit einer Kante e auf die Walze stützt.
Wegen des Gewichtes vom unteren Hebelende i1 wird der Hebel für gewöhnlich die punktirt
gezeichnete Lage einnehmen. Von der festen Scheibe des Stuhles getragen hängen
ferner die Arme l herab, an denen sich die Scheiben k drehen, welche den mit dem Stuhle umlaufenden Hebeln
i so weit im Wege stehen, daſs diese Hebel durch
sie in die Lage wie ausgezogen gedrückt werden. Bei dieser Schwingung drückt aber
die Kante e gegen den Umfang der Gummiwalze, dreht
diese Walze ein wenig und zieht dabei den Stoff in Richtung n von den Nadeln ab. Es muſs ausprobirt werden, daſs die Reibung zwischen
den Walzen f und der Waare nicht gröſser ist als die
gröſste Spannung, welche die Waare erhalten soll.
Spannschloſs für die Schnur der Abzugsscheibe an
Rundwirkmaschinen von Wilhelm Heidelmann in
Stuttgart (* D. R. P. Nr. 44596 vom 25. Februar 1888). Der vom französischen
Rundstuhle herabhängende Waarencylinder wird gewöhnlich an eine innerhalb desselben
liegende Scheibe angebunden, die sein Abzugsgewicht bildet. Man knüpft dabei einfach
die Enden der Schnur zusammen und dreht sie wohl durch ein hindurch geschobenes
Drahtstäbchen mehrmals zu einer Schleife zusammen, um sie thunlichst stark
anzuspannen. Zur Erreichung einer zuverlässigeren und besser aussehenden Verbindung
soll nun das in Fig.
6 Taf. 4 gezeichnete Spannschloſs dienen: Dasselbe besteht aus der
gekrümmten Rinne a, in welcher bei c das eine Ende d der
Schnur eingeschraubt oder in sonst einer Weise befestigt ist und welche die Lager
b für einen Hebel eb
trägt. Das andere Ende d1 der Schnur ist in einem Haken f befestigt,
welcher an einen Bolzen des Hebels eb angehängt wird.
Die Schnur hat eine solche Länge, daſs sie mit f in den
Hebel, wenn er in der punktirten Stellung sich befindet, leicht eingehängt werden
kann; legt man ihn dann nach rechts hin um, so spannt er die Schnur straff und wird
zugleich durch deren Spannung in seiner geschlossenen Lage erhalten.
Der französische Rundwirkstuhl mit automatischer
Ausrückvorrichtung von Wilhelm Heidelmann in
Stuttgart (* D. R. P. Nr. 44267 vom 16. Juli 1887) enthält folgende neue Vorrichtung
zum Anzeigen eines während der Arbeit vorkommenden Fehlers in der Waare oder in der
Nadelreihe und zur Mittheilung desselben an den bekannten Ausrückapparat derart,
daſs der Stillstand des Stuhles eintritt. Diese Anzeige- und
Vermittelungsvorrichtung besteht aus einem Stäbchen s
(Fig. 7
Taf. 4), welches, in Verbindung mit einem zweiten Stabe o, durch eine Feder leicht an die Waare w
dicht unter den Nadeln n gedrückt wird, so daſs im
Allgemeinen diese Waare an s vorbei streicht. Ist aber
eine Masche abgefallen, also eine Kettelmasche entstanden, oder der Faden zerrissen,
so daſs ein Loch sich gebildet hat, oder eine Nadel durch Miſspressen tief gezogen
worden u.s.w., so dringt der Stab s durch die Waare
hindurch oder wird sonst von ihr oder der Nadel erfaſst und ein Stück seitlich mit
fort gezogen, wobei sein Tragrahmen r um die Achse a sich dreht und der Haken b vom Stifte c hinweg rückt, mit welchem er
bisher die Platte d hielt. Diese Platte d fällt nun herab, wird von einer Schraube p des Nadelkranzes mit fort genommen und schiebt dabei
mit ik den Ausrückstab v
des Stuhles fort, welcher in bekannter Weise den Stillstand des letzteren
veranlaſst. Da man indessen bisweilen Waaren arbeitet, welche an einzelnen Stellen
Laufmaschen enthalten, so ist folgende Vorkehrung getroffen worden, um diese
Laufmaschen ohne Einwirkung auf den Taster s an ihm
vorbei zu führen: Der Stuhl trägt kurz vor dem Taster so an den Armen ay (Fig. 72
Taf. 4) drehbar den Stab l mit der gekrümmten
Platte m und auf dem Nadelkranze den Winkel p über derjenigen Waarenstelle, welche die Laufmasche enthält. Kommt nun
diese Stelle an den Taster s hinan, so treibt p durch den Arm ql die
Platte m schnell ein Stück seitlich fort und die
letztere tritt dem Stabe o gegenüber und drückt ihn und
s wenig nach auſsen zurück, verhindert also das
Eintreten von s in die Laufmasche. Schlieſslich gleitet
p an q vorbei und Im schwingt wieder in die alte Lage zurück.
Englische Rundstühle, d.h. solche mit senkrecht auf einer Kreislinie stehenden
Nadeln, eignen sich vorherrschend zur Herstellung enger Waarenschläuche; haben sie
feststehende Nadeln, so enthalten sie gewöhnlich nur ein System der Maschenbildung,
bei einzeln beweglichen Nadeln aber kann die Menge der Systeme bis zu acht vermehrt
werden. Diese Anzahl gestattet schon die Herstellung mannigfaltiger bunter
Ringelwaaren, man hat indeſs auch an diesen Stühlen mit einzeln beweglichen Nadeln
noch besondere Ringelapparate angebracht und einen solchen enthält der Bundwirkstuhl für Ringelwaare von Friedrich Bruno Woller in Stollberg i. S. (* D. R. P.
Nr. 43882 vom 19. Oktober 1887). Es ist bei demselben darauf gerechnet, daſs man
einen Farbenwechsel zwischen mehr als zwei Fäden erreichen kann ohne die nicht
arbeitenden Fäden von der Waare abschneiden zu müssen; deshalb liegt über dem
Rundstuhle und in gleicher Achsenrichtung mit ihm ein Fadenführerund Spulenapparat,
welcher gleichmäſsig mit dem Stuhle gedreht wird. Die nicht arbeitenden Fadenführer
hängen mit ihren Fäden innerhalb und der arbeitende Führer hängt auſserhalb der
Nadelreihe, die ersteren liegen in einer Scheibe, welche sich mit dem Nadelkranze
dreht und der letztere bleibt fest an seinem Platze. Hierdurch wird es möglich, die
Fäden innen an der Waare von einer Stelle zur anderen frei hängen zu lassen.
Mit den englischen Rundstühlen von kleinem Durchmesser haben die Rundstrickmaschinen
nach Form und Arbeitsweise manche Aehnlichkeit; auf ihnen soll aber nicht wie auf
ersteren, nur ein Waarenschlauch von gleichbleibender Weite gewirkt werden, sondern
man will thunlichst genau die Form eines Strumpfes herstellen, hat zu dem Zwecke
bisweilen flach zu arbeiten, wobei das Schloſs nicht stetig umdrehend, sondern hin
und her schwingend um den Nadelkranz zu bewegen ist und man hat endlich die Breite
eines solchen flachen Waarenstückes zu vermindern und zu vermehren, weshalb einzelne
Nadeln vorübergehend aus- und wieder eingerückt werden müssen. Das letztere
selbsthätig von der Maschine verrichten zu lassen, ist die Neuheit in der Rundstrickmaschine von William
Henry Kelly in Woonsocket, Rhode Island, Nordamerika (* D. R. P. Nr. 43358
vom 8. Februar 1887). Das Schloſs dieser Strickmaschine, denn nur durch dessen
Einrichtung wird der eben genannte Zweck erreicht, ist in Fig. 8 Taf. 4 abgebildet;
dasselbe enthält die zwei Seitenexcenter bc; sein
unteres Mittelstück a wird zunächst und für die neue
Anordnung nicht gebraucht, das obere Mittelexcenter aber besteht aus dem festen
Theile d und den beiden beweglichen Stücken ef, es sind ferner vorhanden zwei feststehende Excenter
gh und zwei um z1 schwingende Sectoren ik mit den an ihnen befestigten Zungen i1
k1. Die Seitentheile
ef liegen im Allgemeinen unten auf b und c. Bewegt sich nun
das Schloſs nach links in der Pfeilrichtung a, so
laufen die Nadeln n in der Richtung x an b empor und gelangen
auf e. Die erste Nadel aber, welche an e stöſst, wird diesen Theil e, da er beweglich ist, vor sich her drängen und heben bis er, wie
punktirt gezeichnet, an d stöſst und diese erste Nadel
1 wird dann an e und
d weiter in die höchste Lage, also über das ganze
Schloſs empor gehoben und ausgerückt (z), sie arbeitet
in dieser Lage nicht mit, da sie vom Schlosse gar nicht mehr getroffen und bewegt
werden kann. Die nächsten Nadeln n aber, von 2 ab nach links hin, stoſsen nun an die untere Kante
des gehobenen Seitentheiles e, gleiten an dieser
abwärts und gehen in der Richtung xx ihren gewöhnlichen
Arbeitsweg zur Maschenbildung; sie heben das bewegliche Stück c, um rechts unter ihm austreten zu können. Somit ist
es möglich, bei jedem Schloſshube eine und zwar immer die erste Nadel auszurücken.
Sollen nun diese ausgerückten Nadeln n1 nach und nach wieder in Thätigkeit kommen, so
werden die Sectoren ik, welche bis dahin durch eine
Schraube in senkrechter Stellung fest gehalten wurden, durch Lösen der Schraube dem
Federzuge y frei gegeben und in die schiefe Lage, wie
punktirt angedeutet, gebracht. Bewegt sich nun das Schloſs nach links, so stöſst die
erste Nadel I mit ihrem Fuſse an die Zunge k1 (punktirt), sie
drückt gegen diese Zunge und veranlaſst ein Schwingen von k und k1,
wobei die Nadel I nach unten geführt wird, so weit,
daſs sie nun beim nächsten Hube wieder vom Schloſstheile h erfaſst und zur Maschenbildung bewegt wird, diese Nadel ist also wieder
eingerückt. Bei dem Schwingen um z haben sich aber k und k1 gesenkt, die nächste Nadel neben I trifft also k1 nicht mehr und sie sowie alle übrigen Nadeln n1 bleiben oben stehen.
Damit ist es also möglich, diese unthätigen Nadeln nach und nach wieder zur Arbeit
einzurücken.
Die Rundstrickmaschine für mehrfadige Musterwaare von
Max Stephan in Berlin (* D. R. P. Nr. 44874 vom 13.
Juli 1887) ermöglicht die Herstellung von unterlegten Farbmustern oder von einer
Verbindung unterlegter mit plattirten Farbmustern durch Verwendung von abwechselnd
geraden Nadeln a (Fig. 91
und 92
Taf. 4) und einwärts abgebogenen Nadeln b in
irgend einer Reihenfolge neben einander. Den geraden Nadeln a wird der gewöhnliche Strickfaden c und den
abgebogenen b ein, vielleicht andersfarbiger
Musterfaden d vorgehalten. Wenn aber die Nadeln sich
senken, so drängen sich die abgebogenen b an der
Abschlagkante e auch nach vorn und erfassen, wie Fig. 92
zeigt, auch den gewöhnlichen Strickfaden c mit,
so daſs sie also plattirte Maschen bilden.
Da der Plattirungsfaden d indeſs unter oder hinter den
geradstehenden Nadeln liegt, so ist die Fadenverbindung auch zu den unterlegten
Waaren zu rechnen und folglich eine Combination unterlegter und plattirter
Farbmuster. Sollen jedoch plattirte Maschen nicht entstehen, so verwendet man als
abgebogene Nadeln b solche mit besonders langen Haken,
wie b3 in Fig. 92
zeigt; damit wird erreicht, daſs die Hakenöffnung bereits unterhalb des
gewöhnlichen Strickfadens c liegt, wenn die Nadel b3 bis vor an diesen
Faden gedrängt worden ist, womit also ein Einlegen dieses Fadens c in b3 vermieden wird. Die Nadeln b bilden dann Maschen nur aus d und
diejenigen a Maschen nur aus c und es entsteht rein unterlegte Waare. Fig. 92
verdeutlicht ferner, wie man durch Einführen eines nicht steil liegenden
Fadens e, welcher unter die Zungen von b und zwischen beide Nadelreihen ab gelangt, auch Futterwaare arbeiten kann.
Eine eigenthümliche Verbindung zweier glatten Waarenschläuche liefert die Bundstrickmaschine für doppelfadige Schlauchwaare von
Thomas Henry Carroll in Philadelphia, Nordamerika (* D. R. P. Nr. 43596 vom 28. Juni 1887). Der Nadelcylinder a (Fig.
101
und 102
Taf. 4) dieser Maschine enthält Nuthen von verschiedener Tiefe und in diesen
die Führungsbleche d1
e1 von verschiedener
Breite, so daſs die Nadelreihen de zwei concentrische
Kreise bilden. Jeder Nadelreihe d und e wird entweder durch einen Fadenführer b mit zwei Oeffnungen oder durch zwei getrennte Führer
bb1 (Fig. 103
Taf. 4) je ein Faden gf zugeführt und es bildet
auch jede Nadelreihe ihren Waarencylinder für sich. Da aber doch, wie Fig. 101
und 103
zeigen, die Maschen der inneren Nadeln d
zwischen den Maschen der äuſseren Nadeln e hinabgezogen
werden, so steckt eine Reihe immer in der anderen und beide Waarenstücke bilden
einen einzigen zusammenhängenden Waarencylinder, dessen Zusammensetzung verschieden
sein wird, je nachdem die äuſseren und inneren Nadeln in verschiedener Reihenfolge,
1 und 1 wie gezeichnet
oder 2 und 1, 2 und 2 u.s.w. mit einander abwechseln. Endlich können noch
durch besondere Führer 00 (Fig. 103
), welche von den Zähnen eines sich drehenden Rades schwingend bewegt werden,
weitere Fäden hi vor und hinter die Nadeln de gelegt werden, worauf diese sich nur bis in die
Fangstellung senken, damit diese Fäden nicht Maschen bilden, sondern als Füller-
oder Füllfäden zwischen den Maschen des Doppelschlauches liegen. Ein wesentlicher
Vortheil und eine specielle Verwendung dieser eigenthümlichen Waare ist nicht
angegeben und nicht zu ersehen.
Die Lamb'sche Strickmaschine endlich findet wegen ihrer
groſsen Verwendbarkeit zum flachen und runden Stricken immer mehr Eingang in der
Wirkerei und unterliegt deshalb auch immer weiteren Veränderungen, durch die sie zu
den mannigfachsten Arbeiten geeignet gemacht wird. Von zwei verschiedenen Firmen ist
z.B. eine Lamb'sche Strickmaschine für Doppelrandwaare angegeben worden und zwar von
Sander und Graff in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 43974 vom
5. Juni 1887) und von G. F. Groſser in Markersdorf bei Burgstädt i. S. (* D. R. P. Nr. 44028 vom 2. November 1887). Für beide Fälle ist der
Name „Doppelrandwaare“ nicht streng richtig, es war vielmehr die Waare
„Preſsmusterwaare“ zu nennen, wie es im Texte der Groſser'schen Patentschrift auch richtig geschehen ist, denn unter
Doppelrandwaare versteht man eben eine Waare, in welcher Doppelränder als Muster
vorkommen und Doppelränder entstehen nur in der Weise, daſs eine glatte Waare nach
etlichen Reihen zu einer Röhre umgebogen wird, indem man eine nächstfolgende Reihe
als Randreihe arbeitet oder, bei nur einer Nadelfontur, die erste Maschenreihe
dieses glatten Waarenstückes mit zur letzten Reihe auf die Nadeln aufhängt. Nur
dadurch bilden sich die Ausbiegungen des Doppelrandes oder die sogen. Raupenstreifen
(Fig. 111
Taf. 4). In den vorliegenden Fällen wird aber immer auf beiden Nadelreihen
gearbeitet, auf der vorderen entstehen Maschen und auf der hinteren Henkel, also
mehrfache Doppelmaschen, man kann damit niemals eine Röhre, sondern nur eine
Ausbiegung, wie Fig. 112
zeigt, erhalten, in welcher jede Maschenreihe des vorderen Stückes a mit der hinteren hängenbleibenden Masche b durch einen Henkel verbunden ist. Die neuen Angaben
zur Erzielung solcher Fangmaschen oder Preſsmuster sind nur eine Fortsetzung
derselben Angaben zu gleichem Zwecke, wie sie vor Jahren die Patentschrift Nr. 19515
(1883 247 * 366) in gröſserer Auswahl brachte. Nach Sander- und Graff besteht das Mitteldreieck aus drei
Stücken abc (Fig. 113
Taf. 4), von denen das kleine Dreieck b in
bekannter Weise in die Schloſsplatte emporgezogen, also ausgerückt werden kann und
die Zunge c drehbar ist, von einer Feder f aber immer an b
herangezogen wird. Geht nun z.B. das Schloſs nach rechts und b ist gesenkt, also eingerückt, so steigen die Nadeln zur
Einschlieſsstellung empor und bilden neue Maschen, ist aber b gehoben, also ausgerückt, so gelangen die Nadeln nur auf die Höhe xx in die sogen. Fangstellung und bilden Doppelmaschen.
Sind dabei alle Nadeln über a hinweggegangen, so
schlieſst sich die Zunge c wieder und beim nächsten
Schübe rückwärts, also nach links würden diese Nadeln an c zur höchsten Stellung und zur Bildung von Maschen gehoben werden. Will
man aber auf mehrere Reihen an den Nadeln Henkel oder mehrfache Doppelmaschen
bilden, so bringt man an der Seite der arbeitenden Nadeln n noch etliche Drahtstifte n1 ohne obere Haken in die Maschine und schiebt nun
das Schloſs nur so weit wie gezeichnet nach rechts hin, d.h. so weit, daſs noch
Drahtstäbchen n1 unter
der Zunge c bleiben, dann wird für die Umkehr und den
neuen Ausschub nach links auch die Zunge c geöffnet
bleiben und das Schloſs die Nadeln n auch in dieser
Reihe nur bis in die Fangstellung heben.
In der Einrichtung von G. F. Groſser besteht das
Mitteldreieck auch aus
drei Stücken abc (Fig. 114
und 12
Taf. 4), von denen c fest liegt, a in die Schloſsplatte emporgezogen und ausgerückt, b aber um das Gelenk d in
die Schloſsplatte hineingedreht und erforderlichen Falles auch mit seinem
Gelenkstücke d und Träger e am Bolzen f in die Schloſsplatte
hinaufgezogen werden kann. Wenn nun a emporgehoben ist
und das Schloſs sich von rechts nach links bewegt, so heben sich die Nadeln an c nur bis m, bis in die
Fangstellung, sie treffen in m eine Rinne oder einen
vertieften Theil von b, welcher nach rechts hin
ansteigt und drücken auf dieser Bahn den Theil b empor
(Fig. 12)
und kommen endlich an h wieder herab. Ist das Schloſs
an allen Nadeln vorbeigegangen, so klappt b, durch die
Feder g gedrückt, wieder nieder und hebt beim Schübe
nach rechts hin die Nadeln auf die Höhe der Einschlieſsstellung, so daſs nun Maschen
gearbeitet werden; sollen aber bei diesem Schübe auch Henkel, also mehrfache
Doppelmaschen entstehen, so zieht man eben b auch in
die Schloſsplatte empor und arbeitet folglich mit dem kleinen Mitteldreiecke c allein.
Lamb'sche Strickmaschine für
Schlauchwaare von G. F. Groſser in Markersdorf bei Burgstädt i. S. (* D. R. P. Nr. 44806 vom 6. Januar 1888). Wenn glatte Rundwaare
gestrickt wird, so arbeitet beim Ausschube nach links die vordere Nadelreihe v (Fig. 13 Taf. 5), das
Schloſs a ist also geöffnet und das hintere Schloſs a1 ist geschlossen,
beim nächsten Ausschube nach rechts hin muſs aber die hintere Nadelreihe h arbeiten, also a1 sich öffnen und a
sich schlieſsen. Diese Umsteuerung erfolgt immer an den Enden der Nadelreihen durch
die Riegel in den Seitenwänden der Maschine. Es ist nun unbequem, das Schloſs
deshalb auf die ganze Länge der Nadelreihe zu verschieben, wenn man nur einen
Schlauch von geringer Weite zu arbeiten hat und damit in solchem Falle die
Umsteuerung an beliebiger Stelle durch die im Betriebe befindlichen Nadeln selbst
erfolgt, so sind Riegel und Schloſsschieber überhaupt entfernt und von dem
Mitteldreiecke ist unten eine Ecke b abgeschnitten
worden, vorn rechtsseitig und hinten linksseitig. Die Dreiecke aa1 führen sich wie
bisher mit Zapfen in einem senkrechten Schlitze der Schloſsplatte und werden nur
durch eine schwache Feder nach unten gezogen. Gehen nun die Schlösser nach links, so
sind sie zunächst beide offen (a1 wie punktirt angegeben), am vorderen a steigen die Nadeln in gewöhnlicher Weise empor und
arbeiten, am hinteren a1 aber treffen die Nadeln gegen die schräge Seite d1
c1, sie drücken gegen
dieselbe und schieben das Excenter a1 empor, schlieſsen das Schloſs und arbeiten also
nicht. Ist der Schub über die wenigen überhaupt arbeitenden Nadeln erfolgt, so sinkt
a1 auch wieder
herab. Beim Schübe nach rechts gehen nun die hinteren Nadeln an a1 empor und arbeiten
und die vorderen v stoſsen gegen cd und treiben a empor,
schlieſsen also selbsthätig ihr Schloſs und arbeiten nicht.
Eine Strickmaschine mit mechanischem Minderapparate von
Frank Wilcomb
in San Francisco,
Nordamerika (* D. R. P. Nr. 43491 vom 13. Oktober 1886) enthält als Decknadeln die
gewöhnlichen Spitzendecknadeln a (Fig. 141 Taf. 5), deren Spitze in den hinter dem
Nadelhaken befindlichen Schlitz für die Zunge eingesenkt wird, während die
abzudeckende Masche auf der zurückliegenden Zunge hängt; a überdeckt also nur den Haken der Zungennadel und nicht auch die Zunge
mit, wie bei Webendorfer, Patent Nr. 21008 (1883 249 111). Die abgedeckten Nadeln n1 (Fig. 142 und 143) werden dadurch von der weiteren Thätigkeit ausgerückt, daſs
man sie in dem Schlitze einer Schiene b, welche sich
nach und nach verschiebt, fangt und dadurch wenig empordrängt, so daſs zwischen
ihnen und der arbeitenden Nadelreihe n der Fadenführer
c noch hinweggehen kann; der letztere legt dann den
Faden auf n, führt ihn aber auf beiden Seiten unterhalb
der Nadeln n1 fort. Das
Mindern wird während der Reihenbildung vorgenommen; es beginnt an einer Seite, wenn
der Schlitten die Hälfte des Weges nach der anderen Seite hin durchlaufen hat und
wird während der ersten Hälfte des Rückweges vom Schlitten beendet.
Verfahren zur Herstellung von Plüsch auf der Lamb'schen
Strickmaschine von Seyfert
und Donner in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 43721 vom 5. November 1887). Die
zwei Nadelreihen der Strickmaschine arbeiten jede für sich ein Waarenstück und
gleichzeitig werden von einem Faden auf beiden Nadelreihen lange Henkel gebildet,
die also beiden Waarenstücken gemeinsam angehören und beim Abzüge von der Maschine
selbsthätig zerschnitten werden, so daſs zwei Plüschstücken entstehen. Die Maschine
enthält auf jeder Seite kurze und lange Nadeln nn1 (Fig. 15 Taf. 5) und für
jede Sorte zwei Schlösser hinter einander; die vorangehenden Schlösser heben die
Nadeln in die Fangstellung und ein Führer legt ihnen gemeinsam den Faden in die
Haken, den sie beim Sinken als Henkel mit ihren alten Maschen vereinigen. Die
folgenden Schlösser bewegen die Nadeln in gewöhnlicher Weise zur Maschenbildung
derart, daſs diejenigen der einen Reihe vor denen der gegenüberliegenden wieder
etwas vorlaufen, weil jede Nadelreihe ihre Maschenreihe für sich herstellen muſs.
Die Doppelwaare ww1
wird nach unten abgezogen und ein Messer p, welches man
nach jeder Reihe einmal zur Seite fortzieht, zerschneidet die quer zwischen w und w1 liegenden Henkel, so daſs die Waarenstücke w und w1 nun getrennt von einander aus der Maschine
kommen.
G.
W.