Titel: | Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der Fabrikation von Stärke, Dextrin, Traubenzucker und verwandter Producte. |
Autor: | Bröſsler |
Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 133 |
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Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der
Fabrikation von Stärke, Dextrin, Traubenzucker und verwandter Producte.
Fortschritte auf dem Gebiete der Fabrikation von Stärke
u.s.w.
a) Kartoffelstärke.
W. H. Uhland in Leipzig-Gohlis construirte eine neue Reibe für Kartoffeln (D. R. P. Kl. 89 Nr. 37231 vom 15. Januar 1886). Bei dieser ist
die Vorreibe mit der Nachreibe zu einer Maschine vereinigt, indem mit einer Reibtrommel zwei hinter einander angeordnete
Einlauftrichter und Reibklötze combinirt sind; auch eine neue Mühle zum Zerkleinern
von Mais und Kartoffelreibsel hat Uhland construirt (D.
R. P. Kl. 89 Nr. 36250 vom 15. Januar 1886).
Crone in Dresden-Löbtau hat ein Verfahren angegeben, um
Kartoffeln mittels Sandstrahl zu schälen (D. R. P. Kl.
89 Nr. 35332 vom 13. Oktober 1885). Nach diesem Verfahren werden die rohen
Kartoffeln in einem zum Umkippen eingerichteten Trichter der Wirkung des von unten
kommenden Sandstrahles ausgesetzt und dabei automatisch in der Weise gedreht und
gewendet, daſs sämmtliche Parthien der Oberfläche der Kartoffeln getroffen werden.
Nach jeder der sehr rasch vor sich gehenden Operationen entleert man den Trichter
durch Umkippen, um ihn von Neuem zu füllen.
Ueber die Verwerthung der festen Rückstände der Kartoffelstärkefabrikation berichtet
die Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 S. 519,
daſs Saare die Verwerthung der Pülpe als Brennmaterial
empfiehlt. Nach dem Verfasser wird die Pülpe mit Wasser angerührt, in Formen
gestrichen und getrocknet. Die so erhaltenen Ziegel sollen sehr gut brennen und eine
Untersuchung derselben ergab, daſs 8 Centner Pülpekuchen 1,57 Centner Steinkohlen
ersetzen.
(Es erscheint sehr fraglich, ob bei einem solchen Werthe der Pülpekuchen die
Verarbeitung derselben auf trockene Ziegel noch rentabel ist. D. Ref.)
b) Weizenstärke.
In diesem Industriezweige hat sich in den meisten bedeutenden Fabriken (besonders
Oesterreich-Ungarns) ein Fortschritt in der rationellen Ausbeutung des Rohmateriales
sowie auch in der Durchführung der einzelnen Operationen der Fabrikation bemerkbar
gemacht. Heute kann man behaupten, daſs die Fabrikation von Weizenstärke zumeist in
industrieller und rationeller Weise betrieben wird, während noch vor wenigen Jahren
die Erzeugung der Weizenstärke an den meisten Orten in kleiner, gewerbsmäſsiger,
empirischer und wenig rationeller Weise gehandhabt wurde. Den Impuls zur rationellen
Fabrikation gaben jene Industriezweige, denen die Stärkefabrikation dient und welche
in stetem Fortschritte begriffen sind, nämlich die Färbereien, Druckereien und
Appreturen. In dem Maſse als eine Qualitätsbeurtheilung von Seite der consumirenden
Partei strengere Normen annahm, weil sie in wissenschaftlicher und richtiger Weise
von fachkundigen Organen geübt wurde, in demselben Maſse wurden höhere Anforderungen
an den Stärkefabrikanten gestellt. Um diesen zu genügen, muſste er trachten, die
einzelnen Operationen seiner Fabrikation rationell durchzuführen. Aber auch von
einer anderen, nicht minder wichtigen und eindrucksvollen Seite wurde darauf
hingewiesen das empirische, handlangermäſsige Fabrikationsverfahren zu verlassen,
nämlich von Seite der andrängenden Concurrenz. Das Sinken der Preise der Fabrikate
führte die Erzeuger darauf, das Rohmaterial rationell auszubeuten, um bei Erreichung
von Maximalausbeuten einigen Ersatz für den Entgang der früheren Mehreinnahmen zu
erzielen.
Fast in den meisten Fabriken hat sich die Rohstärke-Centrifuge sowohl, wie auch die
Raffinir-Centrifuge Eingang verschafft und auch das Trocknungsverfahren findet
zumeist sorgfältige Beobachtung.
Ein näheres Eingehen auf die vergleichsweise Besprechung der älteren und neuen
Methoden der Fabrikation behalten wir uns vor.
Trotz allem Fortschritte und trotz rationellerer Fabrikation jedoch, ist die Lage
dieser Industrie in Deutschland und in den anderen Culturländern Europas viel
günstiger als in Oesterreich-Ungarn. Wir wollen hier nicht des Näheren ausführen,
welches die Gründe sind, die eine Prosperität dieses Industriezweiges in den meisten
anderen Culturländern möglich machen, sondern nur eine Parallele zwischen
Deutschland und Oesterreich-Ungarn ziehen. In früherer Zeit, etwa vor zehn bis zwölf
Jahren, war die deutsche Stärkefabrikation nicht in dem Maſse für die heimische
Textilindustrie beschäftigt, wie etwa jetzt bezieh. seit der vor einem Decennium
errichteten Zollschranke zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Die frühere
Zollpolitik gestattete eine bedeutende Einfuhr an Weizenstärkefabrikaten nach Deutschland und in
Oesterreich-Ungarn blühte das Stärkegeschäft. An der Erhöhung des Einfuhrzolles von
Oesterreich-Ungarn nach Deutschland erhielten die deutschen Stärkefabrikanten eine
nie geahnte Hilfe zur Erhöhung der Preise ihrer Fabrikate. Es kostet heute der
metrische Centner prima Weizenstärke in Deutschland 38 M. gegen 26,5 in
Oesterreich-Ungarn! Dieser enorme Preisunterschied, bei wenig höheren
Gestehungskosten, ist die Quelle der Prosperität der deutschen Stärkefabrikation.
Trotzdem muſs rühmend hervorgehoben werden, daſs es in Deutschland keiner
gewaltsamen Antriebe bedurfte, um rationellen Einrichtungen und Verfahren Eingang zu
verschaffen.
Die Ueberproduction an Stärkefabrikaten in Oesterreich-Ungarn, welche noch nicht
genügende Abzugskanäle nach anderen Ländern gefunden hat, führte eine
Preisschleuderei herbei, wie man sie bislang nicht gekannt hatte. Eine Sanirung
dieser höchst ungesunden Verhältnisse kann nur durch gemeinsames Vorgehen der
Fabrikanten, durch entsprechende Betriebserniedrigungen und durch fixirte Preise der
Fabrikate erzielt werden.
In der Verwerthung der Abfälle, Abwässer und Abfallfabrikate der
Weizenstärkefabrikation ist kein nennenswerther Fortschritt zu verzeichnen. Einige
Untersuchungen von Sauerwässern und Weizentrebern sollen hier kurz angeführt
werden:
a) Einweichwässer: Acidität (1/10 norm. KOH) 92
bis 110cc, Verdampfungsrückstand (bei 100°
getrocknet) 0,98 bis 4g,83, Aschengehalt 0,3 bis
0g,49, alles auf 100cc Sauerwasser bezogen. Dieses Sauerwasser wurde
erhalten, indem Weizen 4 Tage lang in einem und demselben Wasser bei 15° geweicht
wurde. Die groſsen Differenzen in der Quantität des Verdampfungsrückstandes mögen
ihren Grund haben in der Verschiedenheit jener Eiweiſskörper, welche den
Weizenkleber zusammensetzen und welche in verschiedenem Grade in der sauren
Flüssigkeit löslich sind. Die Untersuchungen über diesen Gegenstand werden
fortgesetzt und insbesondere muſs dahin getrachtet werden, möglichst gleiche
Quantitäten von Weizen gleicher Herkunft und Beschaffenheit den Untersuchungen zu
Grunde legen zu können.
b) Weizentreber: Ueber die Zusammensetzung derselben
liegen uns mehrere Untersuchungen vor; dieselben beziehen sich auf nasse, frische
Treber, erhalten aus der Fabrikation von Weizenstärke nach dem sogen. süſsen
Verfahren.
1) Analyse der Landwirthschaftlichen chemischen
Versuchsstation in Wien.
2) Analyse von R. Schütze (Treber einer Hallense'schen
Stärkefabrik).
3) Unsere eigenen Untersuchungen im technischen Laboratorium.
ad 1)
Wasser
70,84
Proc.
Trockensubstanz
29,16
„
In der Trockensubstanz enthalten:
Rohfaser
2,54
Proc.
Fett
1,77
„
Proteïn
4,96
„
Kohlehydrate
17,19
„
Asche
1,86
„
Sand
0,24
„
––––––––––
28,56
Proc.
Auf Trockensubstanz berechnet:
Rohfaser
8,72
Proc.
Fett
6,08
„
Proteïn
17,00
„
Kohlehydrate
60,97
„
Asche
6,39
„
Sand
0,84
„
ad 2)
Wasser
74,69
68,07
Proc.
Stärke
11,08
7,39
„
Rohproteïn
3,94
4,35
„
Rohfett
1,25
1,25
„
Rohfaser
3,35
3,14
„
N-freie Substanz
15,33
15,33
„
Asche
0,35
0,38
„
Acidität in Cubikcentimetern in 1/10 Norm.-Kalilauge
17,7
19,4
Proc.
ad 3)
Wasser
71,04
Proc.
Trockensubstanz
28,88
„
In der Trockensubstanz enthalten:
Rohfaser
3,44
Proc.
Rohfett
1,32
„
Rohproteïn
3,85
„
Kohlehydrate
16,45
„
Asche
1,50
„
Sand
0,14
„
Auf Trockensubstanz berechnet:
Rohfaser
11,91
Proc.
Rohfett
4,57
„
Rohproteïn
13,32
„
Kohlehydrate
56,96
„
Asche
5,19
„
Sand
0,48
„
Zur Conservirung von Weizentrebern wurden vielfache Vorschläge gemacht, jedoch ist es
uns nicht bekannt, daſs in der Praxis eine Methode sich als brauchbar erwiesen hat.
Die groſse Elasticität der Weizenschalen setzt dem auf dieselben wirkenden Drucke
einen groſsen Widerstand entgegen, so daſs es schwer gelingt, frische Weizentreber
in feste Form zu bringen. Wenn dies letztere gelänge und damit der Wassergehalt der
Treber bedeutend reducirt würde, so wäre das Trocknen der Treberkuchen nicht zu
kostspielig, um die Treber auf diese Art zu conserviren. Alsdann bildeten
getrocknete Weizentreber einen Handelsartikel als Futtermittel und der Fabrikant
wäre nicht genöthigt, dieselben um jeden Preis
verwerthen zu müssen.
Einen Trockencylinder für Abfälle aus Brauereien, Stärke- und Glucosefabriken construirte Fr.
W. Wiesebrock in New-York (D. R. P. Kl. 89 Nr.
34950 vom 4. Juli 1886).
Das zu trocknende Gut durchläuft einen innen mit Rührleisten besetzten, wagerecht auf
Gleitrollen rotirenden Cylinder, während ihm heiſse Luft entgegen strömt. Durch den
Trockencylinder führt achsial ein weites Luftzuführungsrohr mit Hohlzapfen, welche
halbrunden, hohlen, durchlochten Flügeln als Achse dienen, durch welche sich die
heiſse Luft in dem zu trocknenden Gute vertheilt. Die Flügel sind oben durch eine
Zugstange mit einem durch Zahnstange verstellbaren Hebel verbunden, mittels welchem
sie in verschiedener Weise geneigt werden können, je nachdem das Material den
Cylinder mit verschiedener Geschwindigkeit durchlaufen soll.
Von neueren Apparaten zur Fabrikation von Weizenstärke sind es besonders Centrifugen,
in denen neuartige Constructionen vorliegen. Die Bemühungen der Constructeure gehen
dahin, ein continuirliches Arbeiten mit der Maschine zu ermöglichen. Wer die
Bedürfnisse der Praxis kennt, wird zu beurtheilen in der Lage sein, wie schwer es
ist, eine continuirlich arbeitende Centrifuge zu construiren, welche den
nothwendigen Anforderungen entspricht. Handelte es sich lediglich darum, die
Rohstärke vom Wasser und dem darin suspendirten Kleber, Schmutztheilen u.s.w. zu
trennen, um die erhaltene Rohstärke dann nochmals zu raffiniren, so würde sowohl die
schon bekannte continuirliche Centrifuge von Albert
Fesca in Berlin als auch die neuere continuirliche Centrifuge von Müller und Decastro
vollkommen entsprechen. Es soll aber die Arbeit mit der Centrifuge nicht nur den
erstgenannten Zweck erfüllen, sondern es muſs zugleich eine vollkommene Trennung der
an der Innenseite des gebildeten festen Stärkemantels sich anlagernden Kleberstärke
von der eigentlichen Stärke erfolgen können. Diese Trennung wird aber kaum mittels
automatisch wirkender Ausräum- und Abkratzvorrichtungen zu erreichen sein. Der
geschulte Arbeiter vollführt diese Trennung in einer sehr kurzen Zeit und in
vollkommen befriedigender Weise. Der erste Theil der Centrifugenarbeit, nämlich das
continuirliche Zuflieſsen des Stärkewassers bis zu jenem Zeitpunkte, wo der feste
Stärkemantel, der sich an der Wandung der Centrifugentrommel ansetzt, eine genügende
Dicke erreicht hat, kann von den sogen. continuirlichen Centrifugen besser geleistet
werden als von den bis jetzt zumeist in Gebrauch befindlichen Rohstärkecentrifugen
von Albert Fesca und C. Rudolph
und Cie.
Zur Abscheidung bezieh. Gewinnung des Albumins aus dem Fruchtwasser der
Stärkefabriken hat Marie Moll in Berlin (D. R. P. Nr.
35482 Kl. 89 vom 17. Mai 1886) einen Apparat construirt, in welchem mittels direktem
Dampfe das Albumin zur Fällung gebracht wird. (Es muſs sehr fraglich erscheinen, ob
ein solches Verfahren wegen seiner Kostspieligkeit einen praktischen Werth hat, da
man es stets mit einer groſsen Flüssigkeitsmenge zu thun hat, in welcher die Eiweiſsstoffe theilweise
suspendirt und theilweise gelöst enthalten sind, und welche Flüssigkeitsmenge auf
die Gerinnungstemperatur des Albumins erhitzt werden muſs! Der Kohlenverbrauch wird
gewiſs in keinem Verhältnisse stehen zur erhaltenen Menge des verwerthbaren
Albumins.)
c) Maisstärke.
Zur Verarbeitung des Rohmateriales schlägt J. C.
Schumann (Nordamerikanisches Patent Nr. 341282 vom 4. Mai 1886) vor, den
Mais kurze Zeit zu dämpfen, dann mittels Desintegratoren Schale und Keim zu
entfernen. Die auf diese Weise erhaltenen Schrote werden nun eingeweicht, um dann zu
einer feinen Milch vermählen zu werden. Derselbe (J. C.
Schumann) construirte auch einen Desintegrator (Nordamerikanisches Patent
Nr. 34620 vom 27. Juli 1886), welcher seitliche Oeffnungen zum automatischen
Entleeren des Mahlgutes besitzt, damit sich die Zwischenräume zwischen den Messern
nicht verstopfen.
J. C. Schumann (Nordamerikanisches Patent Nr. 345926 vom
20. Juli 1886) stellt auch Maisschrote zu Futterzwecken in der Weise her, daſs er
Mais in warmem Wasser so lange weicht, bis die Körner bezieh. deren weiche Theile
genügend voll gesogen sind; dann wird der Mais getrocknet und gemahlen. Beim
Mahlprozesse werden erhalten: Schalen, Mehl und hornige Schrote.
Zur Conservirung von Maismehl schlägt F. Dorsey
(Nordamerikanisches Patent Nr. 343163 vom 8. Juni 1886) vor, dasselbe einem sehr
hohen Drucke, bis 5000 Pfund, auszusetzen; dadurch wird das in dem Maismehle
enthaltene Fett an die Oberfläche getrieben, oxydirt sich, verharzt und bildet auf
diese Weise eine gute und undurchdringliche Schutzdecke für das Innere.
Bröſsler.
(Fortsetzung folgt.)