Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 278 |
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 17. Fortsetzung des Berichtes Bd.
269 S. 422.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
I. Rohmaterialien und Malz.
Untersuchungen über mehlige und glasige Gerste hat W. Johannsen in Kopenhagen ausgeführt (Biedermann's Centralblatt für Agriculturchemie, Bd. 17
S. 551). Die Untersuchungen bestätigten die schon im J. 1870 von Petri und später von Grönland gemachte Beobachtung, daſs glasige Gerstenkörner durch Aufweichen
in Wasser mehlig werden können, führte aber weiter zu dem interessanten Resultate,
daſs auch diese Fähigkeit einer Gerste, durch Befeuchten mehlig zu werden, im
engsten Zusammenhange steht mit ihrem Stickstoffgehalte, derart, daſs je ärmer an
Stickstoff, um so mehliger die Gerste gemacht werden kann. (Daſs die Qualität der
Gerste für Brauereizwecke mit dem Stickstoffgehalte zusammenhängt, und daſs der
Stickstoffgehalt ein sehr beachtenswertes Merkmal für die Beschaffenheit der Gerste
abgibt, ist bekanntlich durch die während vier Jahren in der Provinz Sachsen unter
der Leitung Maercker's ausgeführten
Gerstenanbauversuche erwiesen. D. Ref.) Aus den Versuchen ergab sich ferner ein
Einfluſs der Zeit der Aussaat auf den Stickstoffgehalt, indem die frühe Aussaat die
relativ stickstoffärmste, die späte Aussaat die relativ stickstoffreichste Gerste
lieferte.
Ueber Cultur und Verarbeitung von Topinambur zur
Spiritusfabrikation berichten F. Schirmer in
Neuhaus, Leon Andrieux in Chicago und J. Jean Peyrusson in Lille in der Allgemeinen Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefe
Industrie, Bd. 9 S. 212 und 235.
Auf einen neuen Schädling an Kartoffeln macht L. Just im Wochenblatte des
landwirthschaftlichen Vereines Hessen, 1887 S. 283, aufmerksam. Es ist die
Larve eines Schnellkäfers (Corymbites aeneus L.);
dieselbe bohrt die jungen Knollen und auch die Stengel an, wodurch besonders die
Knollen vollständig werthlos werden. Auch auf anderen Pflanzen, z.B. Tabak, Hopfen,
kommt diese Larve vor. Dieselbe ist dem Drahtwurme einigermaſsen ähnlich und mit
diesem auch öfter verwechselt worden; ihre Farbe ist gelb, sie besitzt eine harte,
ziemlich feste Haut, die Gröſse ist verschieden, bis zu 3cm Länge. Ueber einen anderen Kartoffelschädling
berichtet Gannersdorfer in Mödling im Oesterreichischen landwirthschaftlichen Wochenblatte.
Verfasser hat den Kleekugelkäfer (Epilachna globosa) auch auf Kartoffeln beobachtet.
Er läſst es dahin gestellt, ob es ein zufälliges Befallen gewesen ist; bei der
Bedeutung, welche das neue Auftreten eines Feindes jedoch hat, ist jede Beobachtung
zu berücksichtigen.
Ueber die Wirksamkeit des Hafermalzes berichtet Sigmund Kaczander in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 113. Die Erfahrungen der
Praxis mit Hafermalz, welches besonders früher in Oesterreich wegen seiner Wirkung,
die Gährung zu forciren, die ausgedehnteste Anwendung fand, weichen ab von den
Resultaten, zu denen Morawski und Glaeser (vgl. 1888 269 276)
bei ihren Untersuchungen über die Wirksamkeit verschiedener Malzarten gelangten.
Dies veranlaſst den Verfasser zur Mittheilung von Beobachtungen, welche er in einer
südungarischen Brennerei zu machen Gelegenheit hatte. Es wurden dort im groſsen
Maſsstabe sehr exacte, vergleichende Versuche ausgeführt, welche für das Hafermalz
ein sehr günstiges Resultat ergaben. So wurden z.B. erhalten:
Literprocente Alkohol
Gerstenmalz allein
½ Gersten-, ½ Hafermalz
Für 1k Getreide
35,33
35,38
Für 1k eingemaischter
Stärke
57,78
58,10
Die Bottiche mit Hafermalz zeigten durchgängig eine um 0,2° bessere Vergährung. Der
Spiritusertrag war bei reinem Hafermalze, obgleich hier für 1 Bottich 10k Stärke weniger eingemaischt waren als bei der
Gerste, Dicht nur
nicht geringer, sondern sogar etwas höher, woraus hervorgeht, daſs das Hafermalz
eine vorzügliche Wirkung auf die Gährung ausgeübt hat. Aus diesen Versuchen ist aber
auch der Schluſs gerechtfertigt, daſs die Zucker bildende Kraft des Hafermalzes
derjenigen des Gerstenmalzes nicht nachsteht. Diese günstigen Beobachtungen hat man
nicht allein in Maisbrennereien, sondern auch da, wo gröſstentheils Kartoffeln in
Verbindung mit wenig Mais verarbeitet werden, gemacht. Das ungünstige Resultat,
welches für Hafermalz sich bei den Versuchen von Morawski und Glaeser ergab, ist vielleicht in
einer zu kurzen Dauer der Versuche, bei welchen eine Nachwirkung der Diastase nicht
mehr hervortreten konnte, zu suchen. Der Verfasser prüfte in drei Versuchsreihen den
Einfluſs einer längeren Zuckerbildungsdauer auf den Verlauf der Maltosebildung und
erhielt hierbei z.B. folgende Zahlen:
Nach
15
Minuten
11,50
Proc.
Maltose
„
½
Stunde
12,20
„
„
„
1½
„
12,51
„
„
„
2½
„
12,96
„
„
„
3½
„
13,05
„
„
Der Maltosezuwachs betrug also in der ersten halben Stunde 0,70, nach 1½ Stunden
1,01, nach 2½ Stunden 1,46 und nach 3½ Stunden 1,55 Proc. Ganz ähnliche Resultate
ergaben die beiden anderen Versuchsreihen. Wenn also auch durch kürzere Dauer der
Zuckerbildung und raschere Abkühlung auf die Gährungstemperatur eine minder
energische Maltoseverbindung hervorgerufen wird, so wird doch durch die niedrigere
Temperatur die Wirkung der Diastase immer nur verlangsamt, nicht aber aufgehoben, so
daſs die Nachwirkung während der ganzen Gährzeit noch stattfinden kann. Verfasser
ist nun der Ansicht, daſs die Diastase des Hafermalzes vielleicht zu Beginn der
Zuckerbildung etwas weniger energisch wirkt als die des Gerstenmalzes, daſs das
Hafermalz aber gegen die in der Praxis nothwendige hohe Zuckerbildungstemperatur von
62,5 bis 64° widerstandsfähiger und dadurch in hohem Grade befähigt ist, die
nachwirkende Kraft bei der Gährung zur Geltung zu bringen. Diese Annahme würde die
günstigen Beobachtungen der Praxis erklären. Verfasser führt noch verschiedene
andere Punkte an, durch welche das Hafermalz sich vortheilhaft vor dem Gerstenmalze
auszeichnete, so vor allem die einfachere Behandlung auf der Malztenne, die viel
seltener bei Hafer vorkommende Schimmelbildung, welche Eigenschaften besonders im
Sommer von hohem Werthe sind und selbst in der heiſsesten Zeit aus Hafer ein
vollkommen gesundes, schimmelfreies Malz zu gewinnen ohne Schwierigkeiten gestatten.
Der in der Regel niedrigere Preis des Hafers, der durch den höheren Fett- und oft
auch höheren Proteingehalt erhöhte Nährwerth der Schlampe lassen die Verwendung von
Hafer vortheilhaft erscheinen. Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, daſs Hafermalz
bekanntlich ein vielfach mit Erfolg gegen Schaumgährung angewandtes Mittel ist. Der
Verfasser empfiehlt
bei der Einführung von Hafermalz, dasselbe zunächst nur für die Zuckerbildung zu
verwenden, und zwar zunächst im Verhältnisse von ⅔ Gerstenmalz zu ⅓ Hafermalz,
später von ½ Gerstenmalz zu ½ Hafermalz. Ueber die Zweckmäſsigkeit der Verwendung
des Hafermalzes zur Hefe fehlt es dem Verfasser an verläſslichen Mittheilungen. Zu
gleich günstigen Resultaten mit Hafermalz gelangte Ernst
Brauer in Coesterlitz (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 210), welcher ebenfalls Versuche im Groſsen
ausführte. Es mögen aus diesen Versuchen hier nur die folgenden Zahlen Platz
finden:
Saccharometeranzeige
Alkoholertragfür 1l Maisch-raum
in der süſsen
in der vergohrenen
Maische
Reines Gerstenmalz
20,3
1,9
8,94
½ Roggen-, ½ Hafermalz
20,2
1,3
9,15
Reines Hafermalz
20,1
0,8
9,30
„ „
21,5
0,9
10,16
Bei allen Versuchen wurde das betreffende Malz sowohl für die Maische, als auch für
die Hefe verwendet. Unerwähnt darf nicht bleiben, daſs die verwendete Gerste nicht
von besonders guter Beschaffenheit war, indem dieselbe nur eine Keimfähigkeit von 88
Proc. zeigte, während der Hafer 97 Proc. Keimfähigkeit ergab und überhaupt von
selten guter Beschaffenheit war. Immerhin dürfte nach dem Verfasser das Hafermalz
dem Gerstenmalze mindestens gleichwerthig in der Wirkung sein, ferner aber das
Hafermalz in Folge seiner gröſseren Widerstandsfähigkeit, sowie der anderen schon
von Kaczander erwähnten guten Eigenschaften den Vorzug
verdienen. Dagegen zeigte der Hafer auch eine unvortheilhafte Seite, indem derselbe
für Dickmaischung in Folge seines hohen Gehaltes an Cellulose unbequem wird, ein
Uebelstand, der jedoch durch Entschalung der Maische leicht zu beseitigen ist.
Besonders empfiehlt der Verfasser Hafermalz zu Beginn der Campagne; er macht ferner
darauf aufmerksam, daſs es stets zweckmäſsig ist, nicht frisches, sondern altes
Getreide bei frühem Beginne zu verwenden, und glaubt, daſs man dann mit Hafer
ebenfalls bessere Resultate als mit Gerste erzielen wird.
Die erste mechanisch pneumatische Mälzereianlage für eine
Brennerei ist, wie Schrohe in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 172,
mittheilt, jetzt ausgeführt. Ende April 1888 ist die complette Einrichtung für eine
derartige Anlage, gebaut nach dem Systeme der Trommelmälzerei von Galland, über Hamburg nach Conchitas bei Buenos Ayres
in Argentinien abgegangen. Wenn es auch fraglich ist, ob dieses Verfahren für die
eigenthümlichen Verhältnisse der deutschen Spiritusindustrie geeignet ist, so
unterliegt es doch, nach Ansicht des Verfassers, keinem Zweifel, daſs dasselbe für
die Groſsindustrie der Preſshefefabrikation groſse Vortheile mit sich bringen würde;
für eine norddeutsche Preſshefefabrik soll eine derartige Anlage nahe bevorstehen
(vgl. auch 1888 269 275).
Ueber die Anwendung von Grünmalz in Hefefabriken
schreibt G. Francke in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 187. Der Verfasser hebt die
vielen Vorzüge, welche das Grünmalz gegenüber dem Darrmalze besitzt, nochmals hervor
und kommt bei seinen Ausführungen zu dem Schlusse, daſs auch für die Hefefabrikation
das Grünmalz vorzuziehen sei, und daſs die dem Grünmalze vielfach von Seiten der
Hefefabrikanten entgegengebrachten Bedenken unbegründet sind.
II. Dämpfen und Maischen.
Die Frage, ob es möglich ist, bei Herstellung stark
concentrirter Maischen mit Malzersparung zu arbeiten, beantwortet Heſse in Czerbienzin in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 159, in bejahendem Sinne.
Durch Aufwendung gröſster Sorgfalt beim Ausblasen und beim Malzzusatze ist es dem
Verfasser gelungen, auch bei Dickmaischen mit 3k
Malz auf 100k Kartoffeln nicht nur gut
auszukommen, sondern auch noch kleine Ersparnisse an Malz zu machen.
Ein Verfahren zur Herstellung vergährbarer Maischen bei
Umwandelung von Stärke mittels einer Mineralsäure haben sich Emil Bauer in Kolin, Carl
Kruis in Prag und Richard Jahn, in Firma Bowack und Jahn, in Prag-Bubna patentiren lassen.
(Patentschrift Nr. 43689; patentirt im Deutschen Reiche vom 30. September 1887 ab.)
Der Patentanspruch geht dahin, bei der Verzuckerung von Stärke haltigen Materialien
mittels Mineralsäuren behufs Darstellung vergährbarer Maischen für die Hefe- und
Spiritusfabrikation einen Zusatz von so viel Alkalien oder alkalischen Erden zur
heiſsen Maische zu verwenden, daſs die Säure neutralisirt und auſserdem eine
Alkalinität von etwa 2 Vol.-Proc. Normallauge hervorgerufen wird; darauf Filtriren
und Versetzen der Würze mit etwa 0,3 Vol.-Proc. Salzsäure zu dem Zwecke, die bei der
Verzuckerung mit Mineralsäure gebildeten gährungshemmenden Substanzen unschädlich zu
machen.
Eine gleichzeitige Verarbeitung stärkereicher und stärkearmer
Kartoffeln, um auf diese Weise noch concentrirtere Maischen zu erhalten,
d.h. Maischen mit mindestens 18k Stärke auf 100l, empfiehlt Wittelshöfer in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 263. Ein solches Verfahren wird auch den
Vorzug haben, daſs man immer mit gleichen Kartoffelmengen würde arbeiten können,
während heute je nach dem Stärkegehalte die verwendeten Kartoffelmengen an den
einzelnen Tagen erheblich schwanken, wodurch die Controle über den
Kartoffelverbrauch sehr erschwert wird.
Zu der schon so oft erörterten Frage: Wie hoch dürfen
Dickmaischen sich erwärmen? (vgl. 1888 267 523),
liegen wieder zwei Mittheilungen aus der Praxis vor. Heſse in Marzdorf (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. HS. 287) hält für die Hauptgährung 28,8 bis
höchstens 29,4° für die geeignetste Temperatur; die Grenze von 29,4° dürfe
keinenfalls überschritten werden, weil unzeifelhaft constatirt werden konnte, daſs eine länger
andauernde Temperatur von 30° unter allen Umständen schädlich auf Vergährung und
Ausbeute einwirkte. Zwei Versuchsreihen bestätigten diese Beobachtungen, wie
folgende Zahlen zeigen:
Saccharometeranzeige
vergohreneExtract-mengeProc.
Alkohol
Nr.
Temperatur
in dersüſsen
in dervergohrenen
Proc.
für 1k Stärke
Maische
I
29,4
25,87
1,19
24,68
12,61
60,91
II
30,6–31,3
26,85
1,86
24,99
12,64
59,07
Besonders für die Ausbeute für 1k Stärkemehl war
also die höhere Temperatur von groſsem Nachtheile. Ob noch eine weitere Erniedrigung
der Temperatur auf 27,5°, wie Delbrück dieses
vorgeschlagen hat, zu empfehlen ist, müssen erst weitere Versuche in der Praxis
zeigen. C. Bennewitz (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 293) glaubt nach seinen
Beobachtungen, daſs die Temperatur allein nicht maſsgebend ist, sondern die Reinheit
der Säure im Hefegute von groſsem Einflüsse dabei ist. Er ist der Ansicht, daſs eine
Maische anstandslos einer Temperatur von 30,6 bis 31,3° ausgesetzt werden kann, wenn
die Hefe eine Säurebildung bei hohen Temperaturen durchgemacht hat, während bei
niedrigen Säuerungstemperaturen auch die Temperatur bei der Gährung zurückgehalten
werden muſs. Eine Temperatur von über 31,3° wirkte jedoch nachtheilig- 28,8° wirkte
weniger günstig. Mit Recht macht Verfasser darauf aufmerksam, daſs bei der
Gährungsführung sehr viele Factoren eine groſse Rolle spielen und daſs es aus diesem
Grunde wohl schwer halten dürfte, für zwei Betriebsstätten einen gleichen Maſsstab
anzulegen.
Auf ein neues Verfahren zur Herstellung von Dünnmaischen für
die Preſshefefabrikation macht Schohe in der
Allgemeinen Zeitschrift für Spiritus- und
Preſshefeindustrie, Bd. 9 S. 11, aufmerksam. Das neue Steuergesetz
gestattet auch für Deutschland die Herstellung dünner Maischen von etwa 11° Sacch.
zum Zwecke der Preſshefefabrikation. Verfasser empfiehlt zu diesem Zwecke, dem
Roggenschrote einen Theil der Stärke durch Aussichten zu entziehen. Hierdurch wird
der beabsichtigte Zweck, eine dünnere Maische zu erhalten, erreicht, daneben hat man
andererseits den Vortheil, daſs die Maische nicht ärmer, sondern im Gegentheile
relativ reicher an Proteinstoffen wird, was bekanntlich für die Hefefabrikation von
groſsem Werthe ist.
Ueber Maischtemperatur und Zuckerbildung macht Ig. Kriesser in der Allgemeinen
Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefeindustrie, B. 9 S. 145,
Mittheilungen, welche jedoch nichts wesentlich Neues enthalten. Dagegen ist von
Interesse eine Beobachtung, welche G. Mischke in
Waplitz in derselben Zeitschrift S. 173 bringt. Derselbe hält nach seinen
Beobachtungen eine Temperatur von 70° für die beste Maischtemperatur und führt zum
Beweise dafür folgende Zahlen an:
Temperatur der Maische
Saccharometer
Ausbeute
im Vor-maisch-bottich
im Gähr-bottich
höchsteErwärmung
frisch
reif
Liter
auf 1 l Maische
61,3
15
32,5
24
1,5
435
10,5
61,3
15
33,1
24
1,4
442
10,5
61,3
15
32,5
24,5
2
432
10,4
68,8
15
33,8
24
0,8
439
10,5
70,0
15
33,8
24,5
1,2
446
10,6
72,5
15
30,6
24
5
380
9,0
Die Temperatur von 70° erscheint nach den bisherigen Anschauungen als eine sehr hohe.
Wir erinnern jedoch an die Beobachtungen, welche Mittenzwey in Belgien gemacht hat, wo man noch bei 71° gute Resultate
erzielt, allerdings nur bei sehr concentrirten Maischen (vgl. unser Referat 1887 266 427). Da es sich auch im vorliegenden Falle um
concentrirte Maischen von mindestens 24° Sacch. handelte, ist die vom Verfasser
gemachte Beobachtung wohl erklärlich.
III. Gährung und Hefe.
Ueber Vergährung von Dickmaischen theilt Max Letzring in der Zeitschrift
für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 104, Erfahrungen mit; derselbe suchte,
veranlaſst durch die Versuche von Heſse (vgl. 1888 269 324), die zuckerspaltende Kraft der Hefe dadurch zu
vermehren, daſs er die Hefe der Maische, nachdem dieselbe im Vormaischbottich auf
31,3° abgekühlt war, zusetzte und von da ab langsamer kühlte, so daſs vom Zusetzen
der Hefe bis zum Abstellen des Bottichs 1¼ Stunden vergingen. Parallelversuche
ergaben für dieses Verfahren ein sehr günstiges Resultat; die nach demselben
bereiteten Maischen waren immer um 2 Stunden früher angegohren, hatten im Ganzen
eine lebhaftere Gährung, gebrauchten 2 bis 3cm
Steigraum weniger, lieferten durchschnittlich 0,4 Proc. Alkohol nach Analyse mehr,
zeigten aber 0,1 bis 0,3cc Säure mehr als die bei
gewöhnlichem Betriebe bereiteten Maischen, bei welchen die Hefe kurz vor Schluſs des
Kühlens zugesetzt wurde. In Betreff der Bereitung der verwendeten Hefe müssen wir
auf das Original verweisen.
Ein Verfahren zur Vergährung von Maischen unter Anwendung von
beweglichen Wärm- und Kühlschlangen hat sich R.
Heſse in Marzdorf patentiren lassen (D. R. P. Nr. 44372 vom 21. Januar
1888). Nach dem Patentansprüche ist das Verfahren charakterisirt durch: 1) Langsames
Angährenlassen der Maische. 2) Beschleunigung der Hauptgährung durch Erwärmung der
Maische mittels der Schlangen auf 27,5 bis 28,7°. 3) Halten dieser Temperatur durch
darauf folgendes Kühlen und 4) Bewegen der Maische durch Heben und Senken der
Schlangen. Die Einzelheiten seines Verfahrens erörtert Verfasser sehr eingehend
durch Vorführung von Versuchen und Beobachtungen aus der Praxis in einer
ausführlichen Darlegung in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 240, 247 und 256 (vgl. auch 1888 269 324). Wir müssen uns hier darauf beschränken, die
Hauptresultate dieser Versuche mit den Worten des Verfassers wie folgt
wiederzugeben: 1) Die Menge der in einem Bottich zu verarbeitenden Kartoffeln wird
gesteigert, und zwar um mindestens 4,5 bis 5k für
100l Maischraum. 2) Das Stärkequantum kann bis
auf eine Concentration von 20k und darüber für
100l Maischraum gebracht werden. Die daraus
entstehenden Maischen bis 28,5 Proc. und mehr am Saccharometer werden anstandslos zu
einer guten Vergährung gebracht. 3) Die Verringerung des Steigraumes hat aus
besonderen Gründen nur etwa ⅖ des bisher erforderlichen Raumes betragen. Der
Verringerung bis auf die Hälfte steht jedoch nichts entgegen. 4) Die Vergährung der
Bottiche wird allgemein bedeutend gleichmäſsiger und dadurch besser. Hier hat die
Differenz gegen das alte Verfahren in der vergangenen Campagne 0,3 Proc. betragen.
5) Die Verarbeitung von stark eingedickten Maischen, bei welchen die
Wasserentziehung bis zu einer scheinbaren Concentration von über 8 Proc. gebracht
ist, unterliegt keinen Schwierigkeiten. 6) Die Ausnutzung des Materiales wird bei
Anwendung des Verfahrens eine viel vollständigere. Die hiervon abhängige Steigerung
im Ertrage hat in der vergangenen Campagne über ¼ Proc. vom Raume betragen. 7) Die
Folgen des in manchen Jahren zu hohen Säuregehaltes der Kartoffeln werden durch
Anwendung der beweglichen Gährbottichkühlung fast ganz aufgehoben und die Ausbeute
dem Satze normaler Jahre nahe gebracht. 8) In Folge der genannten Einzelvortheile
hat sich eine Steuerersparniſs und ein Mehrerlös für Spiritus in Folge besserer
Materialausnutzung ergeben.
In der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 293,
äuſsert sich Wittelshöfer ausführlich darüber, wie weit sich die Wirksamkeit des Heſse'schen Patentes erstreckt, und faſst seine Betrachtungen dahin
zusammen, daſs das Heſse'sche Patent sich nur auf die
Zusammenfassung einzelner, gröſstentheils bekannter Mittel zu einer neuen Verbindung
bezieht und daſs auch diesem combinirten Verfahren nur
der Patentschutz gewährt ist, ohne den Einzelnen in der Benutzung der schon
bekannten Theile des Verfahrens irgendwie zu beschränken. Neu und eigenthümlich an
dem Heſse'schen Verfahren ist aber, daſs er es durch
geschickte Verbindung bekannter Erscheinungen erreicht hat, den erforderlichen
Steigraum einzuschränken und die Zeit, in der die Kühlschlangen in Bewegung sein
müssen, so zu verschieben, daſs die Maschine zu diesem Zwecke nur innerhalb der
gewöhnlichen Betriebszeit in Anspruch genommen wird. Die hierzu erforderliche
eigenartige Verbindung der einzelnen Manipulationen ist als seine eigene Erfindung
zu betrachten und ihm daher auch mit Recht geschützt worden.
Die Frage: welche Factoren hauptsächlich auf die Gröſse des
Steigraumes einwirken, erörtert C. Heſse in
Czerbienzin in der Zeitschrift für Spiritusindustrie,
Bd. 11 S. 187. Die Bedeutung dieser Frage ergibt sich daraus, daſs nach den
Erfahrungen des Verfassers bis zu 0,5 Proc. mehr von demselben Maischraume
gezogen werden können, wenn der Steigraum durch wgenaue Beachtung der ihn
beeinflussenden Momente auf ein Geringes beschränkt werden kann. Als Factoren,
welche für Kartoffelmaischen den Steigraum ungünstig beeinflussen, führt Verfasser
die folgenden an: 1) Hohe Concentration der Maische; die Differenz im Steigraume bei
Maischen von rund 25 Proc. gegen solche von nur 22,5 Proc. beträgt 2cm oder etwa 1¼ Proc. 2) Die verschiedenen
Kartoffelarten; so verlangen z.B. Kartoffeln mit dicken Schalen und compactem
Zellgewebe (Daber, Champion) einen weitaus gröſseren Steigraum als solche mit feinen
Schalen (Seed). Durch gemischtes Verarbeiten solcher verschiedene Kartoffeln, z.B.
Dabersche mit Seedkartoffeln, kann schon bedeutend an Steigraum gespart werden. 3)
Die mechanischen Beimengungen, welche der entweichenden Kohlensäure gröſseren
Widerstand entgegensetzen. Dieser Widerstand findet seinen Ausdruck in einem
stärkeren Ansteigen der Maische und dem deshalb gröſser zu belassenden Steigraum. 4)
Das schwache Dämpfen; schwach gedämpfte Kartoffeln erfordern einen gröſseren
Steigraum. Sind die Kartoffeln nicht gar gedämpft, so wird ein enormer Steigraum
gebraucht, daher auch erfrorene Kartoffeln, welche nie so gleichmäſsig gar gedämpft
werden, bekanntlich einen groſsen Steigraum verlangen. 5) Schlechte
Vormaischbottiche, welche stets dickflüssige, viel Steigraum beanspruchende Maischen
erzeugen, wahrscheinlich in Folge davon, daſs die in solchen Maischen im Vergleiche
zum Zucker gröſsere Menge Dextrin dem Entweichen der Kohlensäure hinderlich ist. 6)
Der Maischer selbst trägt häufig die Schuld, denn da man durch langsames,
vorsichtiges Maischen auch mit schlechten Vormaischbottichen Maischen erzeugen kann,
in denen Dextrin und Maltose in normalem Verhältnisse zu einander stehen, so kann
der Maischer selbst den Steigraum günstig oder ungünstig beeinflussen. Ebenso
verlangen die Maischen bei Verarbeitung von sehr frischem oder schlechtem Malze,
sowie bei zu weit getriebener Malzersparniſs immer einen besonders hohen Steigraum
in Folge anormaler Zuckerbildung.
Als günstig wirkende Momente sind zu nennen: 1) Die Anwendung der Gährbottichkühlung,
welche eine Ersparniſs von etwa 1 Proc. und 2) das Entschalen der Maische, welches
eine Ersparniſs von etwa 2 Proc. der Maische gibt. 3) Hohe Bottiche. 4) Das
Zubrennen von Mais. 5) Maischen mit abnorm hohem Säuregehalte, weil durch denselben
die Gährung verlangsamt wird. 6) Maischen, welche sich im Anfangsstadium der
Schaumgährung befinden: dieselben verlangen nur einen minimalen Steigraum und
liefern auch stets sehr hohen Ertrag. Natürlich sind hiermit nicht Maischen mit
wirklich vorhandener Schaumgährung gemeint. Unter Berücksichtigung der hier näher
dargelegten Punkte gebraucht Verfasser im Groſsen und Ganzen nur einen Steigraum von
13 bis 14cm, entsprechend rund 9 Proc; nur im
Winter, bei erfrorenen
Kartoffeln, muſs eine Steighöhe von 16cm = 10,5
Proc. gelassen werden.
Ueber den Einfluſs der Kohlensäure auf die Gährung hat
Duvin Untersuchungen angestellt (Norddeutsche Brauer-Zeitung, Bd. 12 S. 1437). Danach
ist jeder Ueberschuſs an Kohlensäure der Gährung schädlich, so daſs dieselbe in
schlecht gelüfteten Lokalen binnen 12 Stunden zum Stillstande kommen kann.
Luftzutritt dagegen ist ein gutes Förderungsmittel und kann man z.B. bei tiefen,
wenig gefüllten Bottichen durch Entfernung der Kohlensäure mittels eines Luftstromes
mangelhafte Gährung wieder in richtigen Gang bringen.
(Fortsetzung folgt.)