Titel: | Neue Ablesevorrichtung für Kreistheilungen an Theodoliten. |
Autor: | R. |
Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 508 |
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Neue Ablesevorrichtung für Kreistheilungen an
Theodoliten.
Neue Ablesevorrichtung für Kreistheilungen an
Theodoliten.
Das Prinzip der neuen Ablesevorrichtung, welches von Carl
Theodor Heyde in Dresden (D. R. P. Nr. 39128 vom 10. August 1888) herrührt,
und welches auch schon mehrfach angewendet und praktisch erprobt wurde, wird leicht
verständlich, wenn man sich einen Mikroskoptheodolit gewöhnlicher Einrichtung
vorstellt mit der Abänderung jedoch, daſs die Mikroskopkasten fehlen, sowie auch die
mit Ablesetrommeln versehenen Mikrometerschrauben, welch letztere bekanntlich dazu
dienen, die parallelen Fäden auf einen bestimmten Theilstrich der Kreistheilung
einzustellen. Bei der neuen Ableseeinrichtung sind die beiden parallelen Fäden in
jedem der (ebenfalls diametral angeordneten) Mikroskope unveränderlich
(Indexmikroskope) und werden die Mikroskope selbst verstellt, um die parallelen
Fäden auf einen bestimmten Theilstrich einzustellen, was mit einer einzigen
Mikrometerschraube bewirkt wird. Die Mikroskope sind zu diesem Behufe an einer
hohlen Büchse, welche genau passend die Alhidadenachse umgibt, befestigt und auf
einen an der Büchse angebrachten Arm wirkt eine genau gearbeitete Mikrometerschraube
(und Gegenfeder) so,
daſs eine kleine Verstellung der Mikroskope um die Alhidadenachse ermöglicht ist.
Die Ganghöhe dieser Schraube ist im Winkelmaſse genau gleich dem kleinsten
Theilungsintervalle des Limbuskreises, und auf der auf der Schraube festsitzenden
Trommel, welche in Minuten und Zehntelminuten getheilt ist, werden an einem Zeiger
die weniger als einen Limbustheil betragenden Winkelgröſsen abgelesen. Der Vorgang
beim Gebrauche des Instrumentes ist nun einfach folgender: Ist das Instrument gut
aufgestellt und wagerecht gestellt, so wird mittels grober und feiner
Alhidadenbewegung das Fernrohr auf das anzuvisirende Object genau eingestellt. (Bei
der Drehung der Alhidade bewegen sich die Ablesevorrichtungen wie bei allen
gewöhnlichen Instrumenten mit.) Sodann werden mit Benutzung der erwähnten
Mikrometerschraube die Mikroskope so bewegt, daſs zunächst zwischen den beiden
parallelen Fäden des einen der nächste vorausgehende Limbustheilstrich genau in die
Mitte kommt, und zu der dem Limbustheile entsprechenden Ablesung hat man die an der
Trommel gemachte hinzuzufügen; ebenso verfährt man mit dem zweiten Mikroskope. Um
Fehler im Winkel zu vermeiden, ist die Bewegung der Schraube auf drei Limbustheile
beschränkt, d. i. auf drei Gänge, und hat man ferner darauf zu achten, daſs man bei
Ausführung von Richtungsbeobachtungen oder einer Winkelmessung natürlich einen und
denselben Gang der Schraube benutzt, um nicht Fehler, die dann einen bis zwei
Limbustheile betragen können, zu begehen; daſs man mit demselben Schraubengange
arbeitet, dieses zu beobachten ist an dem für die Trommelablesung dienenden Zeiger
ermöglicht.
Die vorbeschriebene Ablesevorrichtung läſst sich selbstverständlich für
Horizontalkreise und Höhenkreise einrichten und ist dieses auch bei den nach Heyde construirten Theodoliten thatsächlich der Fall.
Die Anwendung der Schraube zur Messung kleiner Höhenwinkel ist schon lange bekannt
und zuerst den berechtigten Anforderungen entsprechend von Stampfer in Wien ausgeführt worden, der auch die bekannte, auf die
Anwendung einer Mikrometerschraube beruhende, nach ihm benannte besondere Methode
des Nivellirens erfand. Auch Theodolitconstructionen, bei welchen die
Höhenwinkelmessung mit Hilfe einer Schraube wenigstens für kleine Winkel ermöglicht
war, sind schon vor vielen Jahren in Gebrauch gewesen und insbesondere für
umfangreiche Höhenaufnahmen in Verwendung gestanden (vgl. Studien und Benutzung hypsometrischer Aufnahmen von Carl Koristka. Prag 1858) und diese Instrumente gaben
den Anstoſs zur Ausführung der hier in Rede stehenden Einrichtung.
Durch diese werden die bisher unübertroffenen Ablesemikroskope keineswegs verdrängt
und überflüssig; sie bleiben nach wie vor für genaue und für groſse Instrumente das
beste Ablesemittel; aber bei den Fortschritten in der Herstellung genauer
Kreistheilungen ist es wünschenswerth, auch bei Instrumenten mit kleineren Kreisen eine gröſsere
Genauigkeit zu erreichen, als dies mit Nonien der Fall ist, und selbst bei gröſseren
Instrumenten ist ein Mittel für die Ablesung, welches von der bei der Beobachtung
mit Loupen zu befürchtenden Parallaxe, sowie von der ermüdenden Beurtheilung, um den
coincidirenden Theilstrich zu finden, befreit, ein Gewinn. Ein guter Ersatz für die
Nonien besteht seit ungefähr 10 Jahren in den Scalenmikroskopen nach Heusoldt und nach Hahn
(vgl. Zeitschrift für Vermessungswesen, 1879 S. 479 und
D. p. J., 1880 235 239
und 462), mit welchen das Ablesen einfacher wird und wobei die obgenannten
Uebelstände entfallen. Ein weiterer Ersatz für die Nonienablesung ist durch die hier
besprochene Einrichtung geboten. Ist die Theilung des Kreises in ⅓ Grade, also von
20 zu 20 Minuten, so wird die Trommel der Mikrometerschraube in 20 Haupttheile,
jeder eine Minute, jeder solche noch in 10 Theile getheilt. Im Falle als der Kreis
von 10 zu 10 Minuten getheilt ist, enthält die Trommel 100 gleiche Theile, je 10
eine Minute angebend und dem entsprechend beziffert. Man kann somit an dem Zeiger
Zehntelminuten direkt und Hundertstel durch Schätzung ablesen. Untersuchungen,
welche mit solchen Instrumenten verschiedener Gröſse ausgeführt wurden, haben als
mittleren Fehler einer Winkelmessung etwa ± 0,05 bis ± 0,09 Minuten ergeben, ein
Resultat, welches für die praktische Brauchbarkeit spricht.
R.