Titel: | Ueber die Verwendbarkeit des Aluminiums zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen für Nahrungs- und Genussmittel. |
Autor: | G. Rupp |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 20 |
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Ueber die Verwendbarkeit des Aluminiums zur
Herstellung von Gebrauchsgegenständen für Nahrungs- und Genussmittel.
Von G. Rupp.
Ueber die Verwendbarkeit des Aluminiums zur Herstellung von
Gebrauchsgegenständen etc.
Die Aluminiumindustrie hat in letzter Zeit neben der Bearbeitung des Metalles zu den
verschiedensten Gebrauchsgegenständen auch ihr Augenmerk auf die Herstellung von
Ess- und Trinkgeschirren, insbesondere auf die Anfertigung von Feldflaschen für die
Truppen, welche sich im Vergleich zu den jetzt gebräuchlichen Feldflaschen aus
starkem Glas ihrer Leichtigkeit wegen besonders eignen dürften, gerichtet.
Die Gewichtsdifferenz zwischen einer gläsernen Feldflasche und einer solchen aus
Aluminium hergestellten ist sehr bedeutend. Bei gleicher, äusserer Form fassen die
bisher bei der Armee gebräuchlichen Feldflaschen aus Glas ½ l und wiegen mit
allem Zubehör, Becher, Lederriemen, 800 g, während die von der Metallpatronenfabrik
Karlsruhe hergestellten Aluminiunifeldflaschen mit ¾ l Inhalt mit Becher,
Lederriemen und Karabinerhaken ein Gewicht von 250 bis höchstens 300 g besitzen.
Diese Frage ist von solcher Bedeutung, dass es mir angezeigt schien, die
Widerstandsfähigkeit des Aluminiums gegenüber den bei einer Verwendung als Behälter
für Nahrungs- und Genussmitteln in Betracht kommenden Stoffen einer genauen Prüfung
zu unterziehen, insbesondere da auch in neuester Zeit Bedenken laut wurden
hinsichtlich der Verwendbarkeit des Aluminiums, namentlich in hygienischer
Beziehung, welche sich jedoch nach dem Ergebniss meiner jetzt abgeschlossenen
Untersuchungen als nicht begründet herausgestellt haben.
Zu meinen Versuchen verwendete ich theils gezogene Gefässe aus Aluminium, theils
Aluminiumblech von 1 mm Dicke und führte dieselben in folgender Weise aus:
Die sorgfältig gereinigten, bei 100° C. getrockneten und gewogenen Gefässe
(Feldflaschen, Becher) wurden mit den betreffenden Nahrungs- oder Genussmitteln
beschickt und unter täglich öfterem Umschütteln oder Umrühren 4–8–28 Tage bei
Zimmertemperatur mit denselben in Berührung gelassen.
In derselben Weise wurden die Aluminiumbleche der Einwirkung der unten genannten
Flüssigkeiten bezieh. Lösungen in mit Glasstöpseln versehenen Flaschen
ausgesetzt.
Hierauf wurde der Inhalt der Gefässe in Bechergläsern oder in Platinschalen
gesammelt, um für die chemische Prüfung auf einen Gehalt an in Lösung gegangenes
Aluminium verarbeitet zu werden.
Die Aluminiumgefässe bezieh. -Bleche wurden wieder sorgfältig mit destillirtem Wasser
gereinigt, bei 100° C. getrocknet und nach dem Erkalten im Exsiccator gewogen.
Die Gewichtsdifferenz, bei welcher selbstverständlich auch die Abnutzung der
betreffenden Gegenstände, welche durch Reibung beim Schütteln, sowie beim Reinigen
derselben verursacht wird, berücksichtigt werden muss, ergibt die grössere oder
geringere Widerstandsfähigkeit des Metalls.
Das zu meinen Versuchen verwendete Material, als Aluminiumfeldflaschen, Becher und
Aluminiumblech wurde mir in dankenswerther Weise von der Metallpatronenfabrik Karlsruhe überlassen.
Eine Analyse desselben führte zu folgenden Resultaten:
100 g Metall enthalten:
Aluminium
99,66
Silicium
0,04
Eisen
0,30
––––––
100,00 g.
Das spezifische Gewicht des Metalls betrug 2,658.
Das Ergebniss der von mir in der oben beschriebenen Weise ausgeführten Versuche habe
ich in folgender Tabelle zusammengestellt:
Textabbildung Bd. 283, S. 20Aluminiumgegenstand; Art der
Beschickung; Dauer der Beschickung; Gewicht des Aluminiumgegenstandes;
Gewichtsdifferenz; Chemische Reaction auf Thonerde; Aeussere Beschaffenheit
der Flüssigkeit u.s.w. nach dem Versuche vor dem; Versuch, nach Reinige u.
Trocknen bei 100° C.; Aluminiumflasche; Weisswein; Klar; Rothwein; Geringe
Spuren; Bier; Schwach getrübt; Kirschwasser; Cognac; Kaffee; Thee;
Aluminiumbecher; Milch; Geronnen und Sauer; Butter; Ranzig; Aluminiumblech;
Honig; Unverändert; Eingemaehte Früchte; Trinkwasser; Trinkwasser
(Siedetemperatur); Weinsäure; Gerbsäure; Essigsäure; Al.-Blech, fein
geraspelt; Blech; Borsäure; Carbolsäure; Salicylsäure; SodalösungWie aus dem Ergebniss der vorstehenden Versuche ersichtlich ist, war die
Einwirkung der angewendeten Substanzen auf die Gegenstände aus Aluminium, wie schon
aus der äusserst minimalen Gewichtsabnahme derselben hervorgeht, so gering, dass,
selbst wenn man die schon oben erwähnte Abnutzung der Metalle innerhalb 1–4
Wochen nicht in Betracht zieht, von einer Bedenken erregenden Löslichkeit des
Aluminiums in Berührung mit solchen Stoffen kaum die Rede sein kann.
Auch die chemische Untersuchung hat gezeigt, dass nur in seltenen Fällen
deutliche Reactionen auf das Vorhandensein von Aluminium in den mit den
Aluminiumgefässen in Berührung gewesenen Substanzen zu beobachten waren, geschweige
denn dass eine quantitative Bestimmung des gelösten Metalles möglich gewesen
wäre.
Selbst bei der Digestion von fein geraspeltem Aluminiumblech mit 10 procentiger
Essigsäure, ein Fall, der in der Praxis nie vorkommen dürfte, ging ein so geringer
Theil von Aluminium in Lösung, dass eine irgend erhebliche Abnutzung der
Gebrauchsgegenstände aus Aluminium in massig saueren Flüssigkeiten und somit eine
Verunreinigung der letzteren durch das Metall ausgeschlossen gelten muss.
Aber auch selbst, wenn geringe Spuren von Aluminium in Berührung mit Nahrungs- und
Genussmitteln in diese übergehen, so glaube ich nach dem Ergebniss meiner Versuche
aussprechen zu dürfen, dass von hygienischen Bedenken keine Rede sein kann,
besonders wenn man bedenkt, dass wir beim Genuss mancher Speisen und Getränke
(Trinkwasser) Aluminiumsalze in den Organismus aufnehmen, ohne eine
gesundheitsstörende Wirkung wahrzunehmen.
Auch beim Gebrauche von Gefässen aus Kupfer, Messing, Zinn, Legirungen aus Zinn und
Blei, Nickel, Neusilber u.s.w. werden Spuren dieser Metalle in die Speisen und
Getränke übergehen.
Die im Eingang meiner Mittheilung erwähnten, in Nr. 39 der Pharmaceut. Centralhalle veröffentlichten Versuche von Stabsarzt Dr. Lübbert und Apotheker Roscher am hygienischen Laboratorium der Albertstadt in Dresden sind mit
Blattaluminium ausgeführt worden, welches
theilweise ganz andere Eigenschaften zeigt als compactes Aluminium. Während das
Metall in fein vertheiltem Zustande (Blattaluminium) sich schon in kochendem Wasser
unter Wasserstoffentwickelung oxydirt, verändert sich compactes Aluminium unter
denselben Umständen nicht.
Andererseits wird es leicht begreiflich erscheinen, dass durch eine qualitative
Reaction mit Sicherheit nicht nachzuweisen ist, ob die angewendeten Lösungsmittel
wirklich Aluminium aufgenommen haben, namentlich wenn man bedenkt, dass eine
Thonerdebestimmung in Aschen, wie z.B. in der Wein-, Thee- und Kaffeeasche, in
welcher neben Eisen- und Mangansalzen Alkalien und Erdalkalien enthalten zu sein
pflegen, mit grossen Schwierigkeiten verknüpft ist.
Dann ist es nicht ausgeschlossen, selbst wenn man annimmt, dass Thonerde, welche im
Boden so verbreitet ist, nur von einigen Pflanzen aufgenommen wird, doch in Spuren
in den oben genannten Nahrungs- und Genussmitteln enthalten sein kann und die
qualitative Nachweisung beeinflusst.
Nur durch eine quantitative Trennung und Bestimmung der Thonerde in den Substanzen
vor und nach der Berührung mit Aluminium ist es möglich, mit Sicherheit
festzustellen, ob die gefundenen Spuren von Aluminium aus den Aluminiumgefässen
herrühren.
Selbstverständlich eignen sich Aluminiumgeräthschaften für die Aufbewahrung von
alkalischen Flüssigkeiten, in welchen das Metall bekanntlich leicht löslich ist,
nicht. Ebenso wirken verschiedene Metallsalzlösungen, wie Platin, Quecksilber
(Sublimat), Zinn u.s.w. zersetzend auf Aluminium ein.
Es wird sich empfehlen, auch anderwärts Versuche in der Art anzustellen und ich
bin überzeugt, dass alle Bedenken gegen die Verwendung des vor vielen Metallen durch
seine Leichtigkeit sowie durch seine Beständigkeit an der Luft sich auszeichnenden
Aluminiums zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen für menschliche Nahrungs- und
Genussmittel schwinden werden.
Grossherzogl. Bad.
Lebensmittelprüfungsstation Karlsruhe im November 1891.